Projekt 07147/01

Innovative Hochwasserreduzierung durch dezentrale Maßnahmen am Beispiel der Saar

Projektträger

Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH
Rennbahnallee 109 A
15366 Dahlwitz-Hoppegarten
Telefon: 03342/3595-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Vorhabens ist, den Nachweis zu führen, daß die dezentrale Bewirtschaftung des Regenwassers in Siedlungsgebieten nicht nur den unmittelbaren Interessen der Siedlungswasserwirtschaft - der hydraulischen Entlastung der Kanalnetze, der Mischwasserbehandlung und der Minimierung der Kosten - dient, sondern auch einen Beitrag zur Reduzierung von Hochwasserabflüssen leisten kann. Dieses soll durch simulationstechnische Berechnungen nachgewiesen werden. Am Beispiel der Partnergemeinden des Projekts soll gezeigt werden, dass ein signifikantes Umsetzungspotenzial und eine Umsetzungsmotivation besteht. Der zu erwartende Einfluss auf den natürlichen Wasserhaushalt im allgemeinen und den Hochwasserabfluss im besonderen wird über die Anwendung von Niederschlag-Abfluss-Modellen ermittelt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die vier Beispielgebiete des Projekts wird zunächst der Sanierungs- und Ausbaubedarf der Entwässerungssysteme ermittelt. Zur Lösung werden konventionelle und dezentrale Bewirtschaftungsmaßnahmen einander gegenübergestellt und hinsichtlich der wasserwirtschaftlichen Resultate und der Kosten bewertet. Diese Untersuchungen beziehen sich auf die jeweiligen Gesamtgebiete der Gemeinden. Daraus werden die aus Sicht der Gemeinden vordringlichsten Maßnahmen abgeleitet. In den Projektgebieten Weiskirchen und Beckingen werden über die Siedlungsflächen hinaus auch die land- und forstwirtschaftlichen Flächen betrachtet und die dort in Frage kommenden dezentralen Maßnahmen simulationstechnisch angewendet. Um die Auswirkungen der verschiedenen Varianten auf den Hochwasserabfluss der Gewässer zu untersuchen, werden insbesondere in den Projektgebieten Weiskirchen und Beckingen die natürlichen Einzugsgebiete der Vorfluter durch hydrologische Niederschlags-Abfluss-Modelle abgebildet.


Ergebnisse und Diskussion

Bei den siedlungswasserwirtschaftlichen Untersuchungen in den Gemeinden hat sich gezeigt, dass besonders im Bereich der Mischwasserbehandlung Maßnahmen zur Sanierung erforderlich sind. In der Regel werden zur Einhaltung einer nach A 128 ermittelten CSB Entlastungsfracht Mischwasserbecken geplant und gebaut. Hier sind umfangreiche Arbeiten im Gang. Es haben sich in allen drei untersuchten Gemeinden Potenziale zur Regenwasserbewirtschaftung feststellen lassen. Aufgrund naturräumlicher und baustruktureller Ausgangsbedingungen variieren diese. Im Rahmen des Berichts konnte gezeigt werden, dass auch unter schwierigen Bedingungen Abkopplungspotentiale vorhanden sind, die in die siedlungswasserwirtschaftlichen Planungen integriert werden sollten. Bei Anerkennung dezentraler Maßnahmen als gleichwertige Maßnahme zum Beckenbau (wie es das Arbeitsblatt ATV A128 auch erlaubt) könnten die Gemeinden Kosten in Millionenhöhe sparen, weil es z.T. möglich ist, komplett auf einige Becken bei kon-sequenter Umsetzung dezentraler Maßnahmen zu verzichten. Im Gegensatz zu den Mischwasserbecken haben dezentrale Maßnahmen den Vorteil, dass sie eine positive Wirkung auf den Hochwasserschutz haben. Ebenso wird der hydraulische Stress für die Gewässer durch die Vermeidung und Drosselung von Abfluss gemindert. Die Wirkung dezentraler Maßnahmen in den Einzugsgebieten hängt von den getroffenen Einzelmaßnahmen ab. Mit zunehmender Jährlichkeit reduziert sich die Einflussnahme auf das Hochwassergeschehen jedoch deutlich. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass das realistische Abkopplungspotential von 35 % innerhalb der Gemeinde Weiskirchen nur einen Flächenanteil von 1 % am Ge-samteinzugsgebiet ausmacht, wovon wiederum 60 % mit gedrosselter Ableitung vorgesehen werden müssen. Dementsprechend ist bei extremen Hochwasserereignissen wie von 1993 und 1995 das Abflussvolumen und die Abflussspitze nur um 0,6 % reduzierbar. Die einzelnen außerörtlichen dezentralen Maßnahmen sind in ihrer Wirksamkeit abhängig von der Flächennutzung im Einzugsgebiet. Neben der Abkopplung von Straßen und Wegen außerhalb der Ortschaften wurde die konservierende Bodenbearbeitung1 und die Versickerung von Oberflächenwasser von Grünland mittels Schlitzgräben betrachtet. Während im Einzugsgebiet Kondeler Bach die konservierende Bodenbearbeitung den größten Einfluss auf den Abfluss ausmacht, sind es im Gebiet des Holzbachs die Minderung des Oberflächenabflusses von den Grünlandflächen aufgrund des hohen Grünlandanteils. Eine Kombination dezentraler Maßnahmen wirkt sich besonders positiv auf die Abflussminderung und Abflussspitzendämpfung aus. Je nach Maßnahme werden schnellere und langsamere Abflüsse einer Hochwasserwelle zurückgehalten. Im extremen Hochwasserfall (z.B. Januar 1995) verringert sich die prozentuale Reduzierung des Abflusses. Es ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede je nach betrachtetem Einzugsgebiet. Während im Einzugsgebiet Holzbach der Spitzenabfluss um ca. 2,3 % reduziert wird, sind es im Einzugsgebiet Kondeler Bach sogar 8 %. Ebenso wird das Abflussvolumen dort wesentlich deutlicher reduziert (14 %) als im Einzugsgebiet Holzbach (4,5 %).
Ergebnisse unter Vorbehalt: Bodenwasserhaushaltliche Änderungen beruhen auf Schätzungen!


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das laufende Forschungsprojekt wurde mit der DBU Tagung am 15./16.6.2000 ausführlich der Öffentlichkeit präsentiert. Neben zahlreichen Gemeindevertretern waren viele Fachleute aus Behörden und ansässigen Büros vertreten (insgesamt 120 Teilnehmer). Die Vorträge der Tagung und zusätzliche Beiträge weiterer Wissenschaftler wurden unter dem Titel Hochwasserschutz heute - Nachhaltige Wasserwirtschaft in der DBU-Buchreihe Initiativen zum Umweltschutz (Nr.31) im Erich Schmidt Verlag, Berlin, ISBN 3503060219, veröffentlicht.


Fazit

Durch das Projekt wurde eine wesentliche Erkenntnis für die Praxis der Siedlungswasserwirtschaft untermauert: Das Ziel, die Einleitung von ungereinigtem Mischwasser auf ein tolerierbares Maß zu verringern, kann durch Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in vielen Fällen effektiver und kostengünstiger erreicht werden als durch den bisher üblichen Bau von Mischwasserbecken. Hinzu kommen positive Auswirkungen auf die Kanalnetzhydraulik, Grundwasserneubildung und Qualität der Gewässer sowie auf die Minderung und Dämpfung der Hochwasserabflüsse. Es wird bei künftig notwendigen Aufwendungen in Bestandsgebieten (besonders beim Mischprinzip) empfohlen, die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung vor anderen Maßnahmen in Betracht ziehen. Die Auswirkung dezentraler Maßnahmen in Siedlungsgebieten auf den Hochwasserabfluss zeigt eine abnehmende Tendenz bei zunehmender Intensität der Abflussereignisse. Andererseits ist die Auswirkung kombinierter dezentraler Maßnahmen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft (u. a. konservierende Bodenbearbeitung) auch bei extremen Abflussereignissen noch signifikant.

Übersicht

Fördersumme

394.289,89 €

Förderzeitraum

01.05.1998 - 30.04.2001

Bundesland

Saarland

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik