Projekt 05110/01

Studie zur Abwasserbeseitigung in den neuen Bundesländern, erarbeitet am Beispiel der Abwasserbeseitigung im Einzugsgebiet der Helme (Sachsen-Anhalt)

Projektträger

Ingenieurbüro Pabsch & Partner GmbH
Barienroder Str. 23
31139 Hildesheim
Telefon: 05121/20940

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In den neuen Bundesländern bestehen enorme Defizite hinsichtlich der Abwasserentsorgung. Es kann eingeschätzt werden, daß nur ca. 1/3 des anfallenden Abwassers entsprechend den gesetzlichen Forderungen entsorgt wird. Ausgehend von dieser Sachlage wurden für die Kommunen bzw. gebildeten Abwasser-Zweckverbände Lösungskonzepte für die Abwasserentsorgung entwickelt, die häufig eine zentralisierte Abwasserentsorgung vorsehen.
Im Rahmen des geplanten Vorhabens sollten deshalb am Beispiel des Einzugsgebiets der Helme allgemeingültige Kriterien für die Planung kommunaler Abwasserentsorgungssysteme entwickelt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Für den Bereich der neuen Bundesländer konnten folgende Feststellungen abgeleitet werden, die bei der Entwicklung von Abwasserbeseitigungskonzepten im überwiegend ländlichen Raum berücksichtigt werden sollten:
Für die Ortsentwässerung müssen oft bis zu 80 % der gesamten Investitionskosten der Abwasserentsorgung aufgewendet werden. Fehlentscheidungen, z. B. bei der Wahl des Entwässerungsverfahrens führen in der Regel zu einer erheblichen Verteuerung der Abwassergebühren. Die Planung der Ortsentwässerung hat in zwei Schritten zu erfolgen:

1. Festlegung der von dem Anschluß an die kommunale Abwasserentsorgung freigestellten Grundstücke.
2. Wahl des Entwässerungsverfahrens durch eine Variantenuntersuchung.

Entscheidungskriterien sind Wirtschaftlichkeit und nichtmonetäre Aspekte wie z. B. Betriebssicherheit, Gewässerschutz und Auswirkung auf die Entwicklung der Kommunen.
Im Einzugsgebiet der Helme ergeben sich hinsichtlich der Ortsentwässerung nachstehende wesentliche Ergebnisse:

- In der Regel ist eine zentrale Entwässerungslösung einer Freistellung vorzuziehen.
- Eine kostenminimierte Freigefälleentwässerung, je nach örtlichen Verhältnissen im Misch- oder Trennsystem ausgeführt, ist in der Regel die wirtschaftlichste Lösung.

Die Abwasserbehandlung verursacht einen großen Teil der Betriebskosten, so daß für sie in Bezug auf Gruppenlösungen eine wirtschaftliche Optimierung erfolgen muß. In diesem Zusammenhang spielen die Investitions- und Betriebskosten für Abwassertransportleitungen, sowie deren praktische Durchführbarkeit, eine wesentliche Rolle.
Grundlage für die Realisierung ökonomisch und ökologisch akzeptabler Abwasserbeseitigungskonzepte ist die Bildung hinreichend großer Verbände (ca. ³ 2000 Einwohner).
In kleineren Verbänden haben die notwendigen Verwaltungskosten eine unvertretbar hohe finanzielle Belastung zur Folge.
Durch eine rechnergestützte Variantenberechnung können auf der Grundlage weniger, aber hinreichender Eingangsdaten aus einer Vielzahl technisch machbarer Varianten die kostengünstigsten (Invest- und Kapitalkosten) ausgewählt werden. Diese Vorgehensweise kann aber eine detaillierte Kostenplanung für die Variante der Wahl nicht ersetzen.
Im Ergebnis der im Untersuchungsgebiet durchgeführten Variantenbetrachtung können für die einzelnen Zweckverbände in der Regel Konzepte vorgeschlagen werden, die einen spezifischen Investaufwand von < 5.000,- DM/E erfordern und einen Abwasserpreis von < 6,- DM/m³ gewährleisten. Für die Berechnung des Abwasserpreises wurde eine Abwasseranfall von 150 l/E x d zugrunde gelegt. Würde der derzeit we-sentlich geringere Anfall an Abwasser auch mittel- und langfristig beibehalten werden, müßte mit einem entsprechend höheren Abwasserpreis gerechnet werden.
Die Entwicklung neuer Abwasserkonzepte kann vielfach aus ökonomischer Sicht nur in Teilschritten erfolgen.
Wegen der zentralen Bedeutung für das Untersuchungsgebiet wurde der Ausbau der Kläranlage Sangerhausen beispielhaft behandelt und eine Kostenvergleichsrechnung nach der LAWA-Studie durchgeführt. Als Varianten wurden untersucht:

- Rekonstruktion und Ausbau am vorhandenen Standort mit Einleitung in die Gonna, einen abflußarmen Nebenfluß der Helme, oder Neubau an einem neuen Standort an der Helme.
- Stufenweiser oder kompletter Ausbau.
- Die Wirtschaftlichkeit des Anschlusses der Gemeinden des Abwasserzweckverbandes Helmetal an die Kläranlage Sangerhausen.

Als kostengünstigste Ausbauvariante ergab sich der stufenweise Ausbau am vorhandenen Standort. Nur 0,7 % teurer und damit wirtschaftlich gleichwertig ist die Vorzugsvariante, die zunächst eine minimale Investition als Sofortmaßnahme am alten Standort und danach einen Neubau an der Helme unter Einbeziehung der Gemeinden des AZV Helmetal vorsieht.
Nicht monetäre Gründe, wie Probleme mit der Gewässergüte bei Einleitung in die Gonna, die Lage in der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes und die Lage im Westen der Stadt in unmittelbarer Nachbar-schaft zu Gewerbe- und Industrieflächen sprechen gegen die Beibehaltung des vorhandenen Standortes. Empfohlen wird der Neubau der Kläranlage Sangerhausen an der Helme.
Bei fachgerechten dezentralen Konzepten sind für die Gewässergüte (Grundwasser- oder Oberflächenwassereinleitung) die Grundsätze der DIN 4261 (Kleinkläranlagen) zu beachten, und es ist eine geordnete Beseitigung der Schlämme sicherzustellen. Bei zentralen Konzepten (Ortskanalisation mit zugehöriger Ortskläranlage) fehlen vielfach leistungsfähige Vorfluter mit ausreichender Niedrigwasserführung. In diesen Fällen ist von den Wasserbehörden zu prüfen, ob eine vorübergehende Güteverschlechterung bei einer zeitlichen Staffelung hinzunehmen ist, eine erhöhte Ablaufqualität der Kläranlage über den Normalanforderungen eine Güteverbesserung bringt und wirtschaftlich zu vertreten ist, oder eine Gruppenlösung (Zusammenfassung mehrerer Orte über Transportleitungen zu einem Gruppenklärwerk) an einen leistungsfähigen Vorfluter nicht ökonomisch und ökologisch anzustreben ist.
Die Einflüsse der Abwassereinleitung können in erster Näherung über eine einfache Verdünnungsrechnung ermittelt werden. Vielfach wird die Gewässergüte II der LAWA angestrebt.
Wird für die zentralen Konzepte, die vielfach kleinere Ortskläranlagen bedeuten, die Güteklasse II/III als erster Sanierungsschritt angesehen, so kann in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit im Vorfluter eine NH4-N-Konzentration von 0,5 bis 3 mg/l zugelassen werden, da nach der LAWA-Liste vielfach die kritische Verdünnung für diesen Parameter überschritten wird. Dies gilt aber nur, wenn das Oberflächengewässer nicht für die Trinkwasserversorgung genutzt wird.
Das Land kann nach § 7a WHG für die Übergangsregelung Fristen festlegen. Mittelfristig sollen güteorientierte Bewirtschaftungspläne aufgestellt werden.
Die Wahl von Verfahren für Abwasserbehandlungsanlagen wird an Randbedingungen wie z. B. Abwassermenge und -beschaffenheit, Güteanforderungen, Platzverhältnissen eingegrenzt. Das wirtschaftlich jeweils optimale Verfahren ist aber nur mit konkretem Bezug zur Situation zu ermitteln.
Generell bieten sich bei kleineren Anlagen mit ausreichenden Platzverhältnissen oft naturnahe Lösungen an, während mit wachsende Größe zunehmend technische Verfahren dominieren.Die angesprochene Zusammenfassung von Ortsnetzen zu Gruppenlösungen für die Abwasserbehand-lung kann unter den betrachteten Randbedingungen oft nur durch eine stufenweise Realisierung erreicht werden. In einem derartigen Prozeß ist es wichtig, bei allen Baumaßnahmen, z. B. auch beim Ausbau von Straßen, das angestrebte Ziel zu berücksichtigen. Bei der Planung von Abwasserbehandlungsanlagen ergeben sich wirtschaftliche Lösungen nur, wenn entsprechende Erweiterungsmöglichkeiten, oder eine Umwidmung bei Standortaufgabe, berücksichtigt werden.


Fazit

Die durchgeführten Kostenbetrachtungen haben gezeigt, daß eine Realisierung der Abwasserbeseitigung im Rahmen der Fördergrenzen des Landes Sachsen-Anhalt generell möglich ist.

Übersicht

Fördersumme

92.681,88 €

Förderzeitraum

31.08.1994 - 26.07.1996

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik