Projekt 03790/01

Dokumentation von Benthosgemeinschaften in Flachwasserbereichen der unterschiedlich belasteten Nordrügenschen Boddengewässer.

Projektträger

Ernst-Moritz-Arndt-Universität GreifswaldInstitut für Ökologie
Schwedenhagen 6
18565 Kloster
Telefon: 038300/644-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Nordrügenschen Boddengewässer spielen als besondere Ausprägung der Küstenregion eine bedeutende Rolle als Erholungsgebiete und werden intensiv für wirtschaftliche Zwecke genutzt. Sie besitzen eine hohe Filter- und Pufferwirkung und dienen als Vorfluter für natürliche und anthropogene Belastungen zwischen den Süßwasserzuflüssen und der offenen Ostsee. Zur Charakterisierung benthischer Lebens-gemeinschaften werden Untersuchungen zum Stoffhaushalt und mikrobiellen Nahrungsgefüge eng mit bildgebender Dokumentation ihrer Veränderungen verbunden. Diese ermöglichen gezielte Probenentnahmen an definierten Standorten, jene beschreiben kausale Zusammenhänge für das Vorhandensein einer spezifischen benthischen Lebensgemeinschaft.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Durchführung der Benthosdokumentation und der Entnahme definierter Sedimentproben kamen die Forschungsschiffe Aldebaran und Prof. Fritz Gessner zum Einsatz, die über die erforderliche Schiffstechnik (Manövrierfähigkeit und Hebezeuge) und Navigationseinrichtungen (Satelliten-Navigation: GPS) verfügen. Nach der Auswahl der Untersuchungsgebiete wurden die bildgebenden Verfahren der Unterwasser-Videoaufzeichnung und -Fotografie entlang definierter Profile angewandt. Forschungstaucher er-stellten Direktbeobachtungen zur Kalibration der Aufzeichnungen und sammelten flächenbezogene Proben aus dem Makrophytobenthos zu Biomassebestimmungen. Zur Gewinnung ungestörter Sedimentproben kam ein Multicorer auf Positionen zum Einsatz, die vor und nach der Entnahme durch Forschungstaucher dokumentiert wurden.
Die Videoaufzeichnungen waren die Grundlage zur Bestimmung vegetationsbedeckter Flächen, der Vegetationsgrenzen und der Vegetationsdichte mit Hilfe elektronischer Bildanalyse (Leica-Quantimet) im interaktiven Modus. An den Sedimentproben fand die Bestimmung von Korngrößenverteilung, Wassergehalt und organischem Gehalt nach Standardverfahren statt. Zur Ermittlung der benthischen Biomasse wurden Konzentrationen von Chlorophyll a und Phospholipiden gemessen sowie der Anteil von Makrozoo- und Makrophytobenthos an der Gesamtbiomasse durch Ermittlung der Naßgewichte abgeschätzt. Mikrobielle Abbauaktivitäten von organischem Material wurden mit fluorimetrischen Methoden bestimmt.


Ergebnisse und Diskussion

Vegetationsstruktur: In der erranten Vegetationskomponente waren Algen des feinen buschförmigen Typs die wichtigsten Elemente. In der radikanten Komponente dominierten Seegras und Laichkraut als bestandsbildende Formen. Die adnante Vegetationskomponente war auf wenige Flächen mit primärem Hartsubstrat beschränkt. 32.3 % der untersuchten Fläche sind vegetationsbedeckt, die Vegetationsdichte auf diesen Flächen schwankt zwischen 12.5 % und 65.4 % und liegt im Mittel bei 36.2 %. Die Biomasse des Makrophytobenthos schwankt zwischen Werten von 11.6 und 208.2 g m-2 TG und liegt im Mittel bei 67.4 g m-2 TG. Der Anteil der erranten Vegetationskomponente wurde mit 24.18 g m-2 TG (entspricht 35.9 %) bestimmt.
Makrozoobenthos: Unter den Weichtieren waren die Muschel Mytilus und die Schnecke Littorina anwesend. Kleinere Formen traten mit wechselnden Häufigkeiten nebeneinander auf. Die Muschel Mya kam vereinzelt vor. Unter den Würmern sind Arenicola und Nereis zu erwähnen.
Struktur der Sedimente: Die großräumige Struktur wurde von sandigen Flächen bestimmt. Diesen schlossen sich mit zunehmender Tiefe sandigschlickige Areale an, schließlich schlickige, welche aber auch in den relativ tiefen Teilen der Flächen mit groben Sedimenten zu finden waren. Die großräumige Struktur wurde durch mosaikartige Verteilung der Sedimenttypen im kleinräumigen Maßstab wesentlich kompliziert.
Sedimentparameter: Der Wassergehalt nahm von 25 - 30 % in Fein- bis Grobsand auf über 65 % in Silt und Ton zu. Gleiches gilt für den organischen Kohlenstoffgehalt im Bereich von < 0.5 % bis > 2.5 %. Die Konzentrationen von Stickstoff lagen analog bei 0.025 bis 1.01 %. Das C/N-Verhältnis lag im Mittel zwi-schen 6.9 und 10.1.
Benthische Biomasse: Chlorophyll a wies Werte zwischen 11.5 und 38.7 µg cm-3 Sediment auf. Konzentrationen von Phospholipiden lagen zwischen 23 und 116 nmol cm-3 Sediment. Die benthische Gesamtbiomasse unterlag beträchtlichen Schwankungen zwischen 0.12 und 1.94 kg Naßgewicht pro m2 Sediment.
Benthische Aktivitäten: Die Sauerstoffzehrung betrug zwischen 2.8 und 81.4 mmol O2 m-2 d-1. Die potentiellen Abbauraten von organischem Material variierten zwischen 0.17 und 1.65 µmol cm-3 h-1 .
Die Verteilung der Sedimenttypen folgte einem großräumigen Muster, das durch kleinräumige Heterogenitäten überprägt wurde. Für diese sind die Organismen des Makrozoobenthos in ihrer Wechselwirkung mit Sedimenttyp und Wasserbewegung verantwortlich. Das Vorhandensein von Makrophytobenthos wird durch das Anheftungssubstrat und die Lichtverhältnisse bestimmt. Die errante Vegetationskomponente mit hoher Biomasse und Mobilität stellt für viele Organismen einen besonderen Lebensraum dar. Die Se-dimente lassen sich aufgrund der Konzentrationen von organischem Kohlenstoff vier Gruppen zuordnen. Diese Gruppierung korrelierte mit Korngröße und Wassergehalt sowie Konzentrationen von Stickstoff. Zwischen den Konzentrationen von Chlorophyll a und Phospholipiden sowie den potentiellen Abbauraten von organischem Material zeigten sich in sandigen und sandig-schlickigen bzw. schlickig-sandigen Sedimenten signifikante Beziehungen, wodurch die enge Kopplung zwischen Biomasse und Aktivität unter-strichen wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Aus dem Bildmaterial der Untersuchung wurde mit dem Projekttitel ein Fotoband zusammengestellt, der in allgemeinverständlicher Darstellung Einblicke in das Benthos der Untersuchungsräume bietet und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zur Verwendung in der Öffentlichkeitsarbeit zugestellt wurde. Dieser Band konnte - in limitierter Auflage - als Heft 4, 1996 der Zeitschrift BODDEN des Instituts für Ökologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das Video-Material der Untersuchung diente zur Herstellung eines Demonstrationsvideos mit den Mitteln des Instituts, das für Lehrzwecke und in der Öffentlichkeitsarbeit des Instituts eingesetzt wird, das aber wegen seines artesanalen Charakters nicht publizierbar ist. Das wissenschaftliche Material der Untersuchung ging in verschiedenen Teilaspekten in die Vorbereitung des Verbundprojekts ÖKOBOD ein und lieferte im besonderem hinsichtlich der erworbenen Kenntnisse zur Sedimentstruktur wichtige Grund-lagen.


Fazit

Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass der Methodenblock aus bildgebenden Verfahren, direkter Beobachtung durch Forschungstaucher, analytischer Bearbeitung des Bildmaterials und Einsatz der modernen Standardverfahren der Mikrobiologie mariner Sedimente die Kenntnis von komplexen Le-bensräumen erweitern kann. Damit tragen sie grundsätzlich zur Durchführung von Folgeprojekten bei, erlauben aber vor allem auch besseres Verständnis und adäquate Betrachtung angewandter Fragestellungen, wie sie in Gewässern der Küstenzone wegen der Bedeutung menschlicher Einflussnahme in ange-messenem Management immer wichtiger werden.

Übersicht

Fördersumme

71.063,46 €

Förderzeitraum

21.07.1993 - 24.08.1995

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik