Projekt 02042/01

Entwicklung eines optimierten Verfahrens zur mikrobiellen Metallmobilisierung aus Bergbaualtlasten

Projektträger

Universität HamburgInstitut für Allgemeine Botanik und Botanischer GartenAbteilung Mikrobiologie
Ohnhorststr. 18
22609 Hamburg
Telefon: 040/42816-423

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die in mineralischen Altlasten wie Bergwerkshalden natürlich und unkontrolliert ablaufende bakterielle Haufenlaugung führt zur Bildung Schwermetall belasteter Sauerwässer (acid mine drainage). Die in den Altlasten ablaufenden mikrobiellen Laugungsprozesse sollen untersucht werden, um einerseits ein Verfahren zur Entfernung von Schwermetallen zu entwickeln, andererseits Wege zur Verhinderung oder Unterdrückung der Prozesse aufzuzeigen. Das Know-how soll dazu dienen, Umweltbelastungen, wie sie z.B. durch den sächsisch-thüringischen Uranerzbergbau verursacht worden sind, zu verringern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der Zeit von April bis Oktober 1993 wurden auf dem Gelände der Wismut GmbH bei Ronneburg in Thüringen fünf Beprobungen auf der Absetzer(A.)-halde und auf der für ca. 15 Jahre biologisch gelaugten Gessen(G.)-halde mittels Rammkernsondierungen bis zu 5 m Tiefe durchgeführt, um die Zusammensetzung der lithoautotrophen und chemoorganotrophen Bakterienflora zu bestimmen. Die Proben wurden auf den Gehalt von aerob und anaerob lebenden Mikroorganismen untersucht sowie die mikrobielle Stoffwechselaktivität (Laugung) unter aeroben und anaeroben Bedingungen mittels Mikrokalorimetrie ermittelt. Weiterhin wurden 16 Perkolationsexperimente zur Hemmung der biologischen Laugung durchgeführt. Dabei wurde der Einfluß der Zusätze SDS (Laurylsulfat), Calciumfluorid und Alkalien (Beton, Kalk) auf die biologische Laugung untersucht. Hierzu wurde die Wärmeleistung als Maß für die mikrobielle Aktivität sowie die Zellzahl, das Metallausbringen, der pH-Wert und das Redoxpotential bestimmt. Die Beimpfung erfolgte mit einer Mischkultur aus Thiobacillus ferrooxidans, Leptospirillum ferrooxidans und T. thiooxidans. Tastversuche zur Haldenabdichtung mittels mineralischer, sich selbst bildender Sperrschichten sowie zur Auswirkung von Flutungsbedingungen im Erzkörper auf die biologische Laugung wurden ebenfalls in Perkolatoren durchgeführt. Zur Übertragung von Laborergebnissen in einen (klein)technischen Maßstab wurde ein Laugungsexperiment mit Uranerz aus dem Tagebau Ronneburg in einer 300 l - Perkolationsanlage mit einem Temperaturgradienten von 25°C bis 57°C durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Die mikrobiologische Bestandsaufnahme ergab, daß aerob lebende lithotrophe Bakterien in den Ronneburger Halden dominierten. Zusätzlich konnten auch chemoorganotrophe Mikroorganismen sowie anae-rob lebende Bakterien nachgewiesen werden. Die Zellzahlen sowie die Häufigkeit des Vorkommens nahm bei allen Gruppen mit der Tiefe ab. Mikrobielle Aktivität war überwiegend in den oberen 1,5 - 2 m der Halden nachzuweisen. Gegenüber Vergleichsstandorten war die mikrobielle Aktivität am Standort Ronneburg um etwa 90 % reduziert. Die durch die Pyritoxidation entstehende Wärme führte in manchen Haldenbereichen zur Erhitzung mit Temperaturen von teilweise über 100 °C. An diesen Stellen konnte ein thermoacidophiles Archaeonbakterium nachgewiesen werden. Zum ersten Mal konnte in Naturproben von Laugungsstandorten Tetra- und Pentathionat nachgewiesen werden, vorwiegend in schwach alkalischen Proben. Elementarer Schwefel konnte in den meisten Proben nachgewiesen werden. Die Exhalation von Radon wird wahrscheinlich durch die mikrobielle Laugungsaktivität verstärkt. Haldenbereiche mit den höchsten Strahlungswerten wiesen auch die höchsten Zellzahlen von Thiobacillus ferrooxidans auf. In Perkolationsversuchen konnte die biologische Laugung von Armerzen durch Mischkulturen von Thiobacillus ferrooxidans, Leptospirillum ferrooxidans und Thiobacillus thiooxidans mit verschiedenen Zusätzen gehemmt werden. Während mit SDS nur eine zeitlich begrenzte Hemmwirkung erzielt wurde, konnte mit Calciumfluorid, Calciumcarbonat und Beton eine dauerhafte Hemmung erreicht werden. Tastversuche in Perkolatoren zeigten, daß eine Haldenabdichtung mittels mineralischer, sich selbst bildender Sperrschichten prinzipiell möglich ist. Tastversuche zur Auswirkung von Flutungsbedingungen im Erzkörper auf die biologische Laugung zeigten, dass keine Hemmung eintritt, wenn der Sauerstoffbedarf durch die Laugungslösung gedeckt wird. In Simulationsversuchen konnte die Haufenlaugung von zwei unter-schiedlichen Erztypen in einer Versuchsanlage unter Einstellung eines Temperaturgradienten von 25 °C bis 57 °C nachgestellt werden. Die Übertragung von Laborergebnissen in einen (klein)technischen Maßstab war somit erfolgreich.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Veröffentlichungen:
1) W. Sand, T. Gehrke, R. Hallmann, A. Schippers (1995). Sulfur chemistry, biofilm, and the (in)direct attack mechanism - a critical evaluation of bacterial leaching. Appl. Microbiol. Biotechnol. 42,961-966.
2) A. Schippers, R. Hallmann, S. Wentzien, W. Sand (1995). Microbial diversity in uranium mine waste heaps. Appl. Environ. Microbiol. 61, 2930-2935.
3) A. Schippers, H. v. Rège, W. Sand (1996). Impact of microbial diversity and sulfur chemistry on safe-guarding sulfidic mine waste. Minerals Engineering 9, 1069-1079.
Fachvorträge (Auswahl):
1) Im Rahmen der Konferenz Minerals Bioprocessing II. Microbial diversity in uranium mine waste heaps strongly influences the rehabilitation concept. Salt Lake City, Utah, USA, 1994.
2) Im Rahmen der VAAM-Frühjahrstagung. Diversity of microorganisms in two uranium mine waste piles. Hannover, 1994.
3) Auf der 95. ASM-Jahrestagung. Bacterial leaching and the sulfur cycle : evidence for the indirect mechanism only. Washington, USA, 1995.
4) Im Rahmen der DECHEMA-Jahrestagungen ´95. Mikrobielle Umsetzungen erhöhen das Gefährdungspotential von Altlasten des Uranbergbaus. Wiesbaden, 1995.


Fazit

Die Untersuchungen zur mikrobiologischen Bestandsaufnahme von zwei Armerzhalden des ehemaligen Uranbergbaus der Wismut GmbH haben gezeigt, dass sämtliche Gruppen von Mikroorganismen nachweisbar sind, die oxidative und/oder reduktive Umsetzungen an Metallionen und/oder -verbindungen durchführen können. Das bedeutet, dass trotz der Fleckenhaftigkeit des Auftretens vieler Gruppen bei einer Umlagerung des Haldenmaterials sämtliche Mikroorganismen im Material verteilt würden. Die Laugungsprozesse konnten wirkungsvoll mit CaF2, Kalk und Beton gehemmt werden. Bei den beiden letztgenannten war sogar eine Immobilisierung der Schwermetalle feststellbar. Die vorliegenden Befunde scheinen darauf hinzudeuten, dass eine positive Korrelation zwischen Radonexhalation der Halden und den Aktivitäten und Zellzahlen von Thiobacillus ferrooxidans bestehen könnte. Zur Erhärtung der Annahme sind jedoch noch weitere Untersuchungen erforderlich.

Übersicht

Fördersumme

99.446,27 €

Förderzeitraum

01.04.1993 - 05.05.1998

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik