Projekt 01764/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Human/Veterinärhygiene der Kompostierung

Projektträger

Universität HohenheimInstitut für Umwelt- und Tierhygiene sowieTiermedizin mit Tierklinik
Garbenstr. 30
70599 Stuttgart
Telefon: 0711/459

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel der durchgeführten Untersuchungen war es einmal zu prüfen, ob Unterschiede im Hinblick auf die Hygienisierung von Komposten zwischen 6 verschiedenen angewendeten Prozessen bestehen, ob die Indikatorkeime und Prüfmodelle in verschiedenen Praxissituationen aussagekräftig bzw. anwendbar sind sowie in welchem Größenbereich die Luftkeimemissionen mit und ohne lufttechnische Schutzmaßnahmen in den verschiedenen Anlagenbereichen sind.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn vier Versuchsansätzen wurden zunächst Untersuchungen zur Auswahl von Indikatororganismen und deren Resistenzeigenschaften durchgeführt. Ein sich anschließender Modellkompostierungsversuch unter kontrollierten Bedingungen sollte Tendenzen zur Absterbekinetik von Salmonellen und ausgewählten Viren ergeben. Diese Versuche wurden in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner unter Anwendung von phytopathogenen Erregern abgewickelt. Als weitere Aktivität folgte die Untersuchung von Bioabfall- und Kompostproben aus sechs technisch unterschiedlichen Kompostierungsverfahren auf Indikatororganismen. Abschließend wurden Prozeßprüfungen entsprechend LAGA M 10 bzw. einem Entwurf zur BioAbfV. durch Einlage von Testorganismen (Phyto- und Seuchenerreger) zur Überprüfung ihrer Überlebensfähigkeit in sechs verschiedenen Kompostierungsanlagen während drei Untersuchungszeiträumen durchgeführt.
Gleichzeitig erfolgten in den Kompostierungsanlagen Luftkeimmessungen mit bis zu vier verschiedenen Meßgeräten an unterschiedlichen Arbeitsplatzbereichen zur Bestimmung ausgewählter bakteriologischer und mykologischer Parameter. Neben der Erprobung der Einsatzmöglichkeiten und der Vergleichbarkeit der Meßmethoden (Geräte und Nachweisverfahren für Bakterien und Pilze) unter den verschiedenen äußeren Bedingungen sollten im Hinblick einer verminderten Luftkeimbelastung in und außerhalb des Kompostwerkes Maßnahmen erarbeitet, in die Praxis umgesetzt und deren Effizienz auch hinsichtlich ihrer umweltrelevanten Auswirkungen überprüft werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, daß Enterobacteriaceen, Enterococcus faecium und das Enterovirus als Indikatorkeime nicht geeignet sind. Auch E. coli, der als Fäkalindikator im Trinkwasser gilt, erwies sich als wenig geeignet, weil E. coli auch wie die beiden anderen genannten Bakterien im Boden sowie in anderen Bereichen der Umwelt ubiquitär vorkommen und so das Fertigprodukt natürlicherweise besiedeln bzw. kontaminieren können. Enteroviren kommen nicht regelmäßig im Ausgangsmaterial vor und der Routinenachweis aus dem Sammelgut ist wegen der Inhomogenität des Materials zu unsicher und technisch zu aufwendig.
Salmonellen als Indikatorkeim zur Beurteilung der hygienischen Beschaffenheit von Komposten anzuwenden, erscheint nach den erzielten Ergebnissen aus Modellkompostierungs- und den Praxisuntersuchungen im Rahmen von Prozeßprüfungen nach LAGA M10 bzw. der im Entwurf vorliegenden BioAbfV. als sinnvoll. Salmonellen sind in den Kompostausgangsmaterialien mit großer Wahrscheinlichkeit zu finden (bis 90 %) und effiziente Nachweisverfahren ergeben eine hohe Nachweissicherheit auch bei einem inhomogenen Material, wie es Komposte immer darstellen. Durch die praxisüblichen Rottebedingungen werden Salmonellen i. d. R. abgetötet. Der negative Nachweis von Salmonellen nach Prozeßprüfungen von Kompostierungsanlagen und im Endprodukt Kompost erspart eine aufwendige Untersuchung auf sonstige möglicherweise vorkommende bakterielle oder virale Krankheitserreger. Werden Salmonellen im Kompost nachgewiesen, läßt dies auf mangelnde Rottebedingungen (ungenügende Temperatur/Zeiteinwirkung), schlechtes Management auf den Anlagen oder eventuell eine Rekontamination durch Gerätschaften (Radlader etc.) schließen. Rekontaminationen durch Böden sind auszuschließen, da diese Erreger natürlicherweise nicht im Boden enthalten sind. Damit erfüllen Salmonellen am besten die Anforderungen, die an Indikatorkeime für inhomogene Substrate wie Komposte zu stellen sind.
Fünf von sechs untersuchten Kompostierungsanlagen haben die Prozeßprüfungen unter Verwendung von S. Senftenberg W 775 als Testindikatororganismus bestanden. Die verwendeten Prüfmodelle ließen sich gut handhaben und auswerten, die gesammelten Erfahrungen können zur Weiterentwicklung der Prüfverfahren genutzt werden. Die Resultate wurden schon umgesetzt, indem sie direkt in die Gestaltung der Anlage II zur Bioabfallverordnung eingeflossen sind.
Die Untersuchungen zur Luftkeimbelastung in verschiedenen Arbeitsplatzbereichen mit unterschiedlichen Gerätschaften ergaben große Schwankungsbreiten in den gemessenen Werten, wobei geschlossene Kompostwerke, was die Luftkeimgehalte am Arbeitsplatz angeht, keine erkennbaren Vorteile gegenüber offenen Anlagen bringen.
Aufgrund der erarbeiteten Ergebnisse kann im Hinblick auf die Keimfreisetzung keines der untersuchten Kompostierungsverfahren bevorzugt werden, zumal die diskutierten Grenz- bzw. Richt- oder Überwachungswerte in allen Bereichen der beprobten Anlagen in Abhängigkeit der angewandten Meßmethoden meist überschritten wurden.
Die Forderung nach Luftkeimgehalten in Kompostierungsanlagen, die denen der Außenluft entsprechen, ist unrealistisch, nach vorliegenden Erfahrungen ist eine lufttechnische Maßnahme dann als erfolgreich anzusehen, wenn sie den Luftkeimgehalt am Arbeitsplatz um mindestens 2 Zehnerpotenzen senkt. Durch lufttechnische und organisatorische Maßnahmen kann der Luftkeimgehalt im Kompostwerk selbst sowie in der Abluft deutlich gesenkt werden.
Eine Beurteilung des möglichen gesundheitlichen Zustandes der Arbeitnehmer in Kompostierungsanlagen kann nur abgegeben werden, wenn parallel zu den lufthygienischen Messungen entsprechend begleitende spezifische arbeitsmedizinische Untersuchungen folgen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vortrag beim 5. Hohenheimer Seminar 1994
Messe Sinsheim - Umweltausstellung 1996
Faltblatt Keimemissionen bei der Abfallentsorgung und -verarbeitung
Fachlicher Input in Gremien zur Gestaltung der Bioabfallverordnung


Fazit

Die in dem Verbundvorhaben erarbeiteten Ergebnisse zeigen, daß bei guter Rotteführung und richtigem Management der Anlagen ein seuchenhygienisch unbedenklicher Kompost erzeugt werden kann. Als einfache und zuverlässige Methode zur Überprüfung der Hygienisierungswirkung eignen sich Salmonellen sowohl für die Prozeßprüfungen der Anlagen als auch für die Produktprüfung des Kompostes.
Die Keimbelastung der Luft ist an allen Arbeitsplätzen in der Kompostierung, auch wenn lüftungstechnische Maßnahmen erfolgreich angewendet werden, um 1 bis 2 Zehnerpotenzen höher als in der Außenluft. Technische und organisatorische Maßnahmen zur Absenkung des Luftkeimgehaltes sind aus Gründen des Arbeitsschutzes notwendig und erfolgreich.

Übersicht

Fördersumme

207.981,27 €

Förderzeitraum

14.06.1993 - 03.02.1998

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik