Projekt 01205/01

Einsatz von Weißfäulepilzen – Pilzbioluftfilter zum Abbau von Schadstoffen aus der Abluft

Projektträger

Georg-August-Universität Göttingen Forstbotanisches Institut
Büsgenweg 2
37077 Göttingen
Telefon: 0551/393482

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Besonders problematisch ist die Entsorgung von Abluftströmen, die mit relativ geringen Konzentrationen von organischen Stoffen belastet sind, so z. B. die Raumluft von Lackierereien und die Abluft von Verarbeitungsbetrieben in der Kunststoffindustrie. Bisher fehlen noch zufriedenstellende Reinigungsverfahren dafür und die existierenden physikalisch-chemischen Reinigungsmethoden sind besonders bei geringen Luftschadstoffkonzentrationen ineffektiv. Bakterielle Luftfilter und mehrere Verfahren sind seit längerem bekannt: Bei den verschiedenen Arten der Biowäscher werden die in der Gasphase befindlichen Schadstoffe durch Besprengung der Luft mit kleinen Wassertröpfchen in die flüssige Phase überführt, wo sie von Mikroorganismen abgebaut werden. Bei den eigentlichen Biofiltern hingegen wird die mit Schadstoffen belastete Luft durch ein mit Bakterien bewachsenes Substrat geleitet (z. B. Stroh oder Kompost), wobei die Schadstoffe durch die Bakterien absorbiert und abgebaut werden. Außer Bakterien wurden auch Reinkulturen von Pilzen für einen möglichen Einsatz in Biofilteranlagen untersucht. Weißfäulepilze erscheinen aus folgenden Gründen zur biologischen Luftreinigung besonders geeignet: In ihrer natürlichen Umgebung besitzen sie die Fähigkeit Lignin, ein überwiegend aus Phenylpropaneinheiten aufgebautes Makromolekül und nach Cellulose die mengenmäßig wichtigste organische Substanz, abzubauen. Der Abbau des Lignins erfolgt durch ein relativ unspezifisches Enzymsystem, das es den Pilzen ermöglicht, auch viele andere organische Verbindungen und sogar chlorierte, organische Substanzen abzubauen. Weißfäulepilze wurden bereits bei der Dekontamination von Bleichereiabwässern und kontaminierten Böden eingesetzt. Nicht ausreichend untersucht ist hingegen, ob Weißfäulepilze auch xenobiotische, organische Verbindungen aus der Gasphase herausfiltern und abbauen können. Ihre morphologischen Eigenschaften als stark verzweigtes Myzel mit großer Oberfläche lassen sie hierfür besonders geeignet erscheinen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einem Screening wurden 55 Pilzstämme mit einer Mischung aus leichtflüchtigen Aromaten und mit PCPs begast. Auch einige Braunfäulepilze und Deuteromyceten wurden untersucht, da verschiedene Vertreter dieser beiden Pilzgruppen Lignin abbauen. In weiteren Schritten wurden ausgewählte Pilze verwendet, die bei den Screeningversuchen einen guten Abbau gezeigt hatten und schnellwüchsig waren. Diese wurden auf Abbaufähigkeit von weiteren Xenobiotika (Lösungsmittel, N- und S-haltige Substanzen) untersucht. Außerdem wurden Versuche zur Wachstumsoptimierung durchgeführt. Als Modellsubstanzen für aromatische Verbindungen wurden die aus Herstellung von Farben, Lacken, Kunstharzen, Klebstoffen, Teer, Polyester und anderen Kunststoffen stammenden Ethylbenzol, Styrol, Toluol und Xylol ausgewählt. Bei polychlorierten Phenolen (PCPs) wurde der Abbau von 4-Chlorphenol, verschiedenen Dichlorphenol- und des Trichlorphenols-Isomeren untersucht. Auch gesundheitsschädliche und häufig eingesetzte, nicht aromatische Lösungsmittel wie Tetrahydrofuran, Dichlormethan und Dioxan wurden verwendet. Auch stickstoffhaltige Verbindungen wie Acrylnitril, Pyridin und Anilin wurden auf ihre Abbaubarkeit untersucht. Detaillierte Untersuchungen über Induktionseffekte verschiedener Substanzen sowie Wachstumskinetikversuche wurden für Styrol [14C] durchgeführt. Ein entsprechendes Versuchsystem wurde gebaut, die eine Begasung des Myzels mit radioaktiven Styrol ermöglichte. Der Abbau der untersuchten Schadstoffe wurde nach der jeweils zugeschnittenen Trapping-Technik, Extraktion und chemischer Deri-vatisierung mittels GC und MS untersucht. Metabolite des Styrolabbaus wurden mittels präparative HPLC vorgereinigt, mit GC-MS getrennt und einzelne Stoffe identifiziert. Die für die Optimierungsversuche und auch für die spätere Optimierung der Filterleistungen notwendige Biomasse (Menge der Pilze) wurde über den Ergosterolgehalt bestimmt. Als Alternative wurden Messungen der biologischen Aktivität mittels Mikrokalorimetrie durchgeführt. Begasungsanlagen von unterschiedlicher Größe wurden entwickelt und gebaut, um ein Scale-up vom Labormaßstab (10 x 2 l - Anlage) über eine mittlere Anlage (6 x 20 l - Anlage) bis hin zu einer halbtechnischen Filteranlage mit einem aktiven Filtervolumen von ca. 1 m³ zu ermöglichen.


Ergebnisse und Diskussion

Von den untersuchten aromatischen Lösungsmitteln wurde Styrol am besten abgebaut, gefolgt von E-thylbenzol, Xylol und Toluol. Von den untersuchten polychlorierten Phenolen wurden 2,4-Dichlorphenol, 2,3-Dichlorphenol, 4-Chlorphenol und 2,4,6-Trichlorphenol von vielen Pilzstämmen gut abgebaut. Anders als beim Abbau durch Bakterien ist die Stabilität von Substanzen gegen einen mikrobiellen Abbau unabhängig vom Chlorierungsgrad. Von den daraufhin getesteten Pilzen wurden auch Acrylnitril, Anilin und in geringeren Raten Pyridin abgebaut. Ein Pilz war sogar in der Lage, Dichlormethan und Tetrahydrofuran in signifikanten Mengen anzugreifen. Alle Pilze bauten Ethylisothiocyanat ab, drei der getesteten Pilze bauten Thiophen ab. Methylisocyanat wurde nicht abgebaut. Der Abbau von Styrol konnte durch verschiedene Substrate, Zuschlagsstoffe und Induktoren beeinflusst werden. Damit sind Möglichkeiten einer Manipulation der Abbauleistung und Steuerung im technischen Betrieb gegeben. Eine Untersuchung der Ki-netik des Styrolabbaus ergab, dass verschiedene Pilze unterschiedliche Abbaukinetiken aufweisen, womit wichtige Vorgaben für die Technikumsversuche erarbeitet wurden. Die Untersuchung des Abbaus radioaktiv markierter Substrate ergab, dass nach Filter-Absorption eine schnelle Mineralisierung zu wasserlöslichen Verbindungen erfolgt. Das bei dem Betrieb konventioneller Kohlefilter auftretende Problem der Polymerisation von Styrol kann aufgrund der hier vorgelegten Untersuchungsergebnisse für den Pilzbio-luftfilter ausgeschlossen werden. Metaboliten des extrazellulären Styrolabbaus wurden nachgewiesen und identifiziert. In Langzeitversuchen wurde in einer Begasungsapparatur von 2 l Volumen für Luft, die mit 543 ppm Styrol bzw. 47,5 mg/m3 Chlorphenolen belastet war, Rückhaltegrade auf dem Filter erzielt, die höher als 90 % lagen. Begasungsversuche in einer 20 l-Versuchsanlage ergaben Abbauwerte für Styrol von 10 - 80 %. Die Abbauleistung war wenig abhängig von der Styrolkonzentration, was auf eine hohe Abbaukapazität des Pilzbiofilters schließen lässt. Gute Rückhaltewerte für Phenol und Ammoniak konnten in der 20 l-Anlage bestätigt werden. Phenol wurde dabei durch extrazelluläre Phenoloxidasen polymerisiert. Erste Versuche im halbtechnischen Maßstab mit verschiedenen Pilzsubstraten und Schadstoffen wurden durchgeführt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Alle erzielten Ergebnisse werden auf ihre Verwendbarkeit geprüft und in Form mehrerer Veröffentlichungen zugänglich gemacht. Die Verwendbarkeit der Ergebnisse in Bezug auf eine technische Nutzung wird durch den Industriepartner geprüft.


Fazit

Trotz aller guten Ergebnisse muss festgestellt werden, dass der Förderungszeitraum nicht ausreichend war, um sowohl grundlegende Erkenntnisse über den Abbau von Schadstoffen und gleichzeitig über die Verfahrenstechnik einer halbtechnischen Filteranlage auf dem erhofften Niveau zu erreichen. Eine Bewilligung und der Bau der m3-Versuchsanlage zu Projektbeginn hätte vermutlich zu weit fortgeschritteneren Ergebnissen im technischen Anwendungsbereich geführt und somit mehr den Erwartungen der Industriepartner entsprochen.

Übersicht

Fördersumme

303.681,81 €

Förderzeitraum

01.02.1993 - 16.04.1998

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umwelttechnik