Projekt 00279/01

Verbesserung von Umweltqualitäten durch Konversion militärischer Liegenschaften in Regionen und Kommunen der neuen Bundesländer – ausgesuchte Modellvorhaben im Land Brandenburg

Projektträger

Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung e. V. (IRS)
Flakenstr. 28-31
15537 Erkner
Telefon: 03362/793-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die umfangreiche Freigabe ehemals militärisch genutzter Flächen eröffnet die Chance, regionale und lokale Umweltqualitäten mit dem Ziel einer umfassenden Umweltvorsorge zu entwickeln. Im Projekt werden für den Prozeß der Nachnutzung inhaltliche und organisatorische Elemente einer umweltvorsorgeorientierten Flächenkonversion erarbeitet und Wege zu deren Integration in politische Entscheidungsprozesse beschrieben. Die Entwicklung von Umweltleitlinien und Umweltqualitätszielen in drei Beispielkommunen im Land Brandenburg (Neuruppin, Fürstenberg, Fürstenwalde) sowie von Elementen einer Ökologischen Bilanzierung bilden den Kern der Arbeit.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einem Abstimmungs- und Abwägungsprozeß mit den regionalen und lokalen Akteuren wurden vor Ort, unter Berücksichtigung landes- und regionalpolitischer Zielsetzungen, auf städtischer Ebene Umweltleitlinien für die Konversionsflächenentwicklung bestimmt. In einer zweiten Phase konnten gemeinsam für ausgewählte Konversionsliegenschaften Umweltqualitätsziele festgelegt werden. Wesentliche Grundlagen bilden hierbei, auf der Basis der regionalen bzw. lokalen Planwerke und Gutachten, lokale Facharbeitskreise und Foren mit politischen Entscheidungsträgern.
Mit Hilfe eines handhabbaren Bewertungsrasters wurden Nutzungsvorstellungen zu Konversionsflächen hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit Umweltleitlinien und Umweltqualitätszielen sowie ihrer Umweltvorsorgeorientierung bewertet. Dadurch soll den kommunalen Entscheidungsträgern ermöglicht werden, mit vertretbarem Aufwand die Nutzungsvarianten mit dem größtmöglichen ökologischen Nettogewinn für die Liegenschaft, die Stadt und die Region zu ermitteln.
Zum Abschluß des Projektes wurden die Übertragbarkeit der Verfahrenstechniken (Akteure, Organisation, Ablauf) und der inhaltlichen Elemente des Bewertungssystems auf andere Fälle der Flächenkonversion zusammen mit Vertretern der betroffenen Kommunen, Regionen und der Landesregierung eingeschätzt.


Ergebnisse und Diskussion

Entsprechend der Zielsetzung der Integration von Umweltvorsorgeaspekten in den Prozeß der Flächenkonversion wurden sowohl verfahrensrelevante als auch inhaltliche Elemente für diesen komplexen Prozeß entwickelt. Wesentliche Ergebnisse des Forschungsprojektes sind:

1. Entwicklung und Erprobung eines zweistufigen Umweltqualitätszielsystems für die Flächenkonversion.
2. Entwicklung und Erprobung eines auf das Umweltqualitätszielsystem abgestimmten zweistufigen Bewertungs- und Bilanzierungssystems.
3. Gestaltung und Anwendung von Koordinations- und Kooperationsverfahren zur Einbeziehung der Umweltvorsorge in den Prozeß der Flächenkonversion.
4. Zusammenfassung wesentlicher im Projekt gewonnener Erkenntnisse.

1. Entwicklung und Erprobung eines zweistufigen Umweltqualitätszielsystems für die Flächenkonversion

Unter Bezugnahme auf neueste Erkenntnisse der Umweltforschung wurde über einen iterativen Diskussionsprozeß mit den Akteuren vor Ort in jeder der drei Brandenburger Beispielkommunen (Neuruppin, Fürstenberg und Fürstenwalde) ein zweistufiges konversionsflächenbezogenes Umweltqualitätszielsystem entwickelt. Inhaltlich fllossen hier neben wissenschaftlich determinierten, ökologischen Anforderungen an eine nachhaltige Siedlungsentwicklung, bestehende Zielvorstellungen der Regionalplanung sowie bereits fixierte städtische Entwicklungsziele mit ein. Um sowohl auf der gesamtstädtischen Ebene der Nutzungszuordnungen als auch bei den liegenschaftsbezogenen kleinräumigen Vorstellungen zur Konversionsflächenentwicklung kompatible Umweltqualitätsziele als Maßstab auszuweisen, wurde das System zweistufig entwickelt. Auf der stadtbezogen Ebene wurden Umweltleitlinien zur Konversionsflächenentwicklung mit den Akteuren vor Ort erarbeitet. Als flächenkonkrete Untersetzung wurde exemplarisch für sechs Konversionsliegenschaften ein detaillierter, nach Schutzgütern strukturierter Katalog von Umweltqualitätszielen erarbeitet.

2. Entwicklung und Erprobung eines auf das Umweltqualitätszielsystem abgestimmten
zweistufigen Bewertungs- und Bilanzierungsverfahren

Die zuvor mit den regionalen und lokalen Akteuren entwickelten Umweltqualitätszielsysteme bilden die jeweilige Grundlage des ökologischen Bewertungssystem. Hierbei wurden angedachte Konversionslösungen sowohl auf städtischer wie liegenschaftsbezogener Ebene den ökologischen Zielvorstellungen in Matrizen gegenübergestellt. Das Ergebnis ist eine systematische, transparente und nachvollziehbare Bewertung der Nachnutzungvorstellungen für die wesentlichsten ökologischen Teilbereiche. Die zu erwartenden Folgen wurden sowohl auf städtischer als auch liegenschaftsbezogener Ebene für jede einzelne Umweltleitlinie bzw. jedes Umweltqualitätsziel als ökologischer Gewinn bzw. als ökologischer Verlust ausgewiesen. Darauf aufbauend wurden die Bewertungen analog zweistufig in einer flächenbezogenen ökologischen Bilanz zu ökologischen Nettogewinnen bzw. ökologischen Nettoverlusten zusammengefaßt. Aus ihr konnten die Akteure ablesen, ob die abgestimmten Umweltvorsorgeziele , auf städtischer sowie auf liegenschaftsbezogener Ebene, in der Zusammenschau bei der Flächenkonversion Berücksichtigung fanden. Ergänzend hierzu wurden für alle Konversionsflächen in den Beispielstädten bei einer negativen ökologischen Bewertung der Nutzungsvorstellungen Möglichkeiten aufgezeigt, die Flächen in Einklang mit Umweltvorsorgezielen zu entwickeln.

3. Gestaltung und Anwendung von Koordinations- und Kooperationsverfahren zur Einbeziehung
der Umweltvorsorge in den Prozeß der Flächenkonversion

Um ökologische Erkenntnisstände in den Prozeß der Nutzungssuche für Konversionsflächen zu integrieren sind bereits in den, den formellen Planungsprozessen vorgelagerten, Abstimmunsgphasen umfassend Umweltvorsorge-Zielsetzungen zu verfolgen.
Aufgrund der hohen Komplexität der Probleme sowie der verschiedensten am Prozeß beteiligten Interessengruppen war ein konsensorientierter Arbeits- und Abstimmungsprozeß zu initiieren. Daher wurde ein der Zielstellung adäquates Koordinations- und Kooperationsinstrumententarium entwickelt. In jeweils einem örtlichen Facharbeitskreis, in dem alle entscheidungsvorbereitenden Akteure gleichberechtigt integriert waren, konnten die Umweltqualitätszielsysteme sowie die ökologischen Bewertungen und Bilanzierungen entwickelt, qualifiziert und festgelegt werden. Die in den Facharbeitskreisen gewonnen Ergebnisse wurden dann in Foren den politischen Entscheidungsträgern zur Diskussion gestellt. Zum Abschluß des Projekts wurde zur Diskussion und Evaluation der Ergebnisse sowie zur Erkenntnisverbreitung ein Workshop durchgeführt.

Das abgestimmte Verfahren von Arbeitskreisen, Foren und des Workshops kann hinsichtlich der Zielerreichung als praktikabel verallgemeinert werden. In besonderer Weise ist darauf hinzuweisen, daß der besondere Wert in der Verallgemeinerbarkeit des inhaltlichen und methodischen Instrumentariums liegt. Daher wurde innerhalb des Projektes ein Leitfaden zur Frühzeitigen Integration der Umweltvorsorge in die Flächenkonversion entwickelt.

4. Zusammenfassung wesentlicher im Prozeß gewonnener Erkenntnisse

Die entwickelten fachspezifischen Inhalte sowie die ausgewählten, aufeinander aufbauenden Verfahren haben sich entsprechend der Projektzielsetzung bewährt und wurden daher verallgemeinert.

Es hat sich innerhalb des Projektes gezeigt, daß der Prozeß von der Erarbeitung bis hin zur Umsetzung von Umweltqualitätszielsytemen sehr schwierig und langwierig ist. Insbesondere kann die in der Fachdiskussion geforderte Spezifizierung durch Umweltstandards in der Praxis kaum realisiert werden.

Die Ausgangsthese, daß in berlinfernen Regionen aufgrund des niedrigeren Entwicklungsdruckes Umweltvorsorgeaspekte in den Prozessen der Flächenkonversion stärker berücksichtigt werden bzw. dafür bessere Chancen gegeben sind, kann nicht bestätigt werden.

Der Konversionsprozeß führte in allen drei Untersuchungsstädten zu Nachnutzungsbestrebungen bestimmter Objekte im Außenbereich. Trotzdem kann man konstatieren, daß Umweltleitlinien bezüglich der Raumstrukturen, Schutzgüter und Flächennutzungen häufiger berücksichtigt wurden. Auffällig hierbei ist jedoch, daß dem Ziel der Luftreinhaltung und Lärmvermeidung häufig widersprochen wird. Demgegenüber zeigen sich klare Defizite bei der Installation kreislauforientierter Infrastruktursysteme und -technologien sowie bei der Nutzung regenerativer Energiequellen.

Auf der liegenschaftsbezogenen Ebene zeigen sich insbesondere Probleme in den Bereichen Bodenschutz, Lärmschutz und Lufthygiene sowie für das Schutzgut Stoffkreisläufe und Energie.

Es sind noch erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um eine umweltvorsorgeorientierte Flächenkonversion zu erreichen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vorträge:

· Vortrag auf dem 2. Workshop Naturschutz und Konversion der Universität Potsdam, am 26.10. 1996, Thema Verbesserung von Umweltqualitäten durch Konversion militärischer Liegenschaften

· Vorstellung des Projektes in der Steuerungsrunde des Konversionsmanagements Fürstenwalde, am 23.05.1997

Ausstellungen:

· Posterpräsentation zum 2. Leipziger Symposium Ökologische Aspekte der Suburbanisierung, 13.06-14.06.1996 in Leipzig, Thema: Entwicklung lokaler Umweltleitlinien und Entwicklung liegenschaftsbezoger Umweltqualitätsziele

· Posterpräsentation zum Projekt Verbesserung von Umweltqualitäten durch Konversion militärischer Liegenschaften in Regionen und Kommunen der neuen Bundesländer im Rahmen des Tages des offenen Kasernentores am 08.09.1996 in Fürstenwalde

Posterpräsentation zum Projekt Verbesserung von Umweltqualitäten durch Konversion militärischer Liegenschaften in Regionen und Kommunen der neuen Bundesländer im Rahmen der internationalen Konferenz Konversion militärischer Liegenschaften - eine weltweite Herausforderung in Frankfurt/O., vom 26.04.-27.04.1996


Publikationen:

· Umweltvorsorge in der Flächenkonversion : Zur frühzeitigen Einbeziehung von Umweltaspekten in der Umnutzung ehemaliger militärischer Liegenschaften. In. UFZ Halle-Leipzig (Hrsg.): 2. Leipziger Symposium für Stadtökologie, Leipzig 1997, S.166-170

· Umweltvorsorge auf ehemaligen Militärflächen In. Umwelt kommunal-ökologische Briefe 12/97 vom 11.06.1997,Raabe Fachverlag Stuttgart, S.1 u. 16

· Verbesserung von Umweltqualitäten durch Konversion militärischer Liegenschaften In Universität Potsdam (Hrsg.): Umweltschutz und Konversion, (im Erscheinen)

· Ehemalige Militärflächen umweltorientiert entwickeln In: Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (Hrsg.): IRS - aktuell, Nr.16, Juli 1997 S.9

Umweltvorsorge durch Flächenkonversion In: Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (Hrsg.): IRS - aktuell, Nr.12, Juli 1996 S.3

Geplante Publikationen:
-Veröffentlichung des Endberichtes als eigenständiges Buchprojekt;
-Separate Veröffentlichung des Leitfadens als Handreichung für Kommunen, Verbändes etc.;
-Projektbezogener Fachbeitrag in der ZAU (Zeitschrift für angewandte Umweltforschung);
-Vorstellung ausgewählter Projektergebnisse auf der UTECH 98.


Fazit

Die im Projekt erzielten Ergebnisse zeigen, daß bislang Umweltvorsorgeaspekte bei der Flächenkonversion eine untergeordnete Bedeutung spielten. Mit den Umweltqualitätszielsystemen, den ökologischen Bewertungs- und Bilanzierungssystemen sowie dem speziell dazu entwickelten Koordinations- und Kooperationsverfahren, die in einem anwendungsbezogenen Leitfaden zusammengefaßt werden, sind die Instrumente gegeben, die Umweltvorsorgeaspekte frühzeitig in den Prozeß der Flächenkonversion integrieren. Das Instrumentarium ist zukünftig für andere Bereiche der Stadt- und Regionalentwicklung zu spezifizieren bzw. auf andere (Brach-) Flächentypen anzuwenden.

Übersicht

Fördersumme

99.701,92 €

Förderzeitraum

01.09.1995 - 21.04.1998

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik