Umweltschutz und die Eindämmung des „unbestreitbaren Klimawandels“ bleiben nach den Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dauerhafte Aufgaben. „Jenseits von politischen Konjunkturen verlangen sie unsere bleibende Aufmerksamkeit – überall“, sagte er bei der Verleihung des diesjährigen Deutschen Umweltpreises Ende Oktober in Chemnitz. Die Auszeichnung ging zu gleichen Teilen an Klimaforscherin Prof. Dr. Sonia Seneviratne von der ETH Zürich sowie an das Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel und Ingenieurin Dr. Birgitt Bendiek vom Stahlverzinkungsunternehmen ZINQ aus Gelsenkirchen.

Steinmeiers Appell: „Wir dürfen den Klimaschutz nicht vernachlässigen, nur weil er gerade einmal nicht das größte öffentliche Interesse findet oder weil spektakuläre Protestaktionen nicht stattfinden. Klimaschutz bleibt eine dauernde Herausforderung auf allen politischen Ebenen, national und international.“ Der Bundespräsident mahnte zugleich, der angeblich zwischen Ökonomie und Ökologie herrschende Konflikt „sollte nicht wiederbelebt werden“. Steinmeier weiter: „Ökologisch kluges Verhalten ist mindestens für die Einsichtigen ein Kennzeichen ökonomischer Vernunft. Gerade die diesjährigen Preisträger zeigen das wieder.“
Faktenbasierte Klimawissenschaft ausgezeichnet

Seneviratne hat nach Steinmeiers Worten mit ihren Forschungen den wenig sicht-, aber messbaren Zusammenhang zwischen Bodenfeuchte und Klimaveränderungen vor Augen geführt. Die DBU würdigt mit dem Deutschen Umweltpreis unter anderem Seneviratnes bahnbrechende Studien zur Land-Klima-Dynamik über die Wechselwirkungen zwischen Klima, Bodenfeuchte, Pflanzen und Atmosphäre. Die Auszeichnung für die Schweizer Klimaforscherin habe noch eine andere Bedeutung, so der Bundespräsident: „Damit, und das ist mir besonders wichtig, wird auch die faktenbasierte Klimawissenschaft ausgezeichnet, die sich immer wieder und immer mehr haltlosen Verdächtigungen, Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen ausgesetzt sieht.“ Für kluges Handeln brauche man aufgeklärt-aufklärende Wissenschaft.
Seneviratne, die Biologie und Umweltphysik studiert hat, erzählte im Gespräch mit Moderatorin Katie Gallus, wie sie zu ihrem Forschungsthema gekommen ist: „Ich hatte den Traum im Regenwald zu arbeiten. Das war die Motivation Biologie zu studieren. Am Amazonas habe ich gesehen: Es war ein Nebelwald. Man hat gesehen, wieviel Verdunstung stattfindet. Da war mir klar, dass ich den Zusammenhang zwischen Vegetation, Boden und Verdunstung untersuchen wollte.“ Ihre Hauptbotschaft: „Runter mit den CO2-Emissionen!“

Mit bemerkenswerter Ausdauer zirkuläres Geschäftsmodell verfolgt
Mit Blick auf den Veranstaltungsort Chemnitz zog der Bundespräsident eine Verbindung zum Ruhrgebiet, wo das Stahlverzinkungsunternehmen ZINQ in Gelsenkirchen seinen Stammsitz hat. Der Deutsche Umweltpreis an Baumgürtel und Bendiek zeichne neuartige Ideen und Technologien aus, zugleich aber auch die bemerkenswerte Ausdauer, mit der hier seit einem Vierteljahrhundert ein zirkuläres Geschäftsmodell verfolgt wird. Steinmeier wies besonders auf das patentierte microZINQ®-Verfahren des Unternehmens hin, das eine um 80 Prozent reduzierte hauchdünne Zink-Deckschicht für Stahlteile ermöglicht: statt üblicherweise 80 bis 100 Mikrometern lediglich zehn Mikrometer – dünner als ein Haar. Verzinkung ist neben Beschichtung eine Methode zum Rostschutz von Stahl, gilt aber wegen wegfallender Instandhaltungskosten als wirksamer.

Baumgürtel und Bendiek demonstrierten auf der Bühne nicht nur ihre Motivation und Vorgehensweise, sondern auch ein bekanntes Beispiel: „Transformation funktioniert in Schritten. Man muss einfach anfangen. Natürlich sind Risiken damit verbunden. Andererseits ist es ein riesiger Treiber, Innovationen auf den Weg zu bringen. Ein Beispiel: Der Eiffelturm ist inzwischen zwanzigmal übergestrichen worden – einmal verzinken hätte gereicht. Das zeigt, welchen Erfolg Oberflächen haben können, wenn man sie sinnvoll einsetzt. Wenn man Stahl schützt, hat er annähernd ein ewiges Leben.“
„Ökologie ist Motor der Ökonomie“
Auf eine weitere Besonderheit bei der Preisverleihung wies der DBU-Kuratoriumsvorsitzende Prof. Dr. Kai Niebert hin: Der Festakt in der Stadthalle Chemnitz ist als erste Veranstaltung in Deutschland mit dem „Blauen Engel“ zertifiziert. „Wir zeichnen dieses Jahr nicht nur nachhaltige Innovationen aus, sondern der Preis an sich ist nachhaltig geworden.“
DBU-Generalsekretär Alexander Bonde rief dazu auf, stärker als bislang Umwelt- und Klimaschutz als Teil der Lösung für wirtschaftlichen Aufschwung voranzubringen: „Ökologie ist Motor der Ökonomie. Auch in schwierigen Zeiten braucht es Mut, Innovation und Tatkraft. Besonders die GreenTech-Branche zeigt, welches Potenzial in nachhaltigen Lösungen steckt. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen gehen hier mit gutem Beispiel voran – mit Ideen, Innovationen und Verantwortung. Wir wollen und werden hier als Innovationsförderin mit reingehen und die Mutigen unterstützen. Unser Anliegen ist und bleibt: Der deutsche Mittelstand.“