Mehr Raum für die Natur: Mit Vertragsunterschrift vom 28. Oktober erhält das DBU Naturerbe, gemeinnützige Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 weitere 23 Flächen (rund 9 000 Hektar) des Nationalen Naturerbes vom Bund. Insgesamt ist sie damit als Treuhänderin verantwortlich für den Erhalt und die Entwicklung auf 70 vor allem ehemals militärisch genutzten Übungsplätzen mit rund 69 000 Hektar. »Das Nationale Naturerbe ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte«, betonte Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks bei der Übergabe in Haltern. Die DBU spiele dabei als größter Flächenempfänger im Nationalen Naturerbe eine tragende Rolle, erklärte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jens Spahn. Mit ihren Unterschriften besiegelten Hendricks, Spahn, Cajus Caesar als Vorsitzender des DBU Naturerbe-Beirates sowie DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann die Flächenübertragung.
Flächenkulisse schafft Naturschutzschwerpunkt im Westen
Aus der Flächenkulisse des dritten Übertragungspaketes nach 2008 und 2013 ergibt sich für die DBU erstmals auch ein Naturschutzschwerpunkt im Westen: 19 der 23 übertragenen Liegenschaften liegen in Westdeutschland – zehn davon in Nordrhein-Westfalen und fünf in Niedersachsen. Bislang war die DBU-Tochter für 47 Flächen mit rund 60 000 Hektar verantwortlich, wobei die meisten Flächen in den neuen Bundesländern liegen. Das Naturerbe sei ein Geschenk, das uns die Überwindung der deutschen Teilung und die europäische Friedensordnung nach dem Ende des Kalten Krieges gemacht haben, erklärte Bottermann. Staatssekretär Spahn ergänzte: »Sie können auf Ihren umfangreichen Erfahrungen in Ostdeutschland aufbauen und haben mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Sparte Bundesforst, einen langjährigen Wegbegleiter und verlässlichen Partner bei der Umsetzung vor Ort«. Als Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums als übergeordnete Behörde der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und Vertreter der Flächengeber freue er sich, dass die DBU-Tochter den bestehenden Dienstleistungsvertrag mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erweitern wolle und so die Bundesförster weiterhin als Ansprechpartner vor Ort tätig sein würden. »Naturschutzarbeit kostet Geld und ist immer von einem guten partnerschaftlichen Miteinander der Akteure vor Ort abhängig«, erklärte Bottermann. Bis zu 5 Mio. Euro im Jahr werde die Stiftung ins DBU Naturerbe investieren. Das sei für kommende Generationen gut investiertes Geld, stellte Caesar klar: »Die Entscheidung des Bundes, 156 000 Hektar für Naturschutzkernzonen zu sichern, kann gar nicht hoch genug bewertet werden«.
Auf drei Flächen werden noch militärische Übungen abgehalten
Im aktuellen Rahmenvertrag ist für drei Flächen und für eine begrenzte Zeit ein weiterer militärischer Übungsbetrieb vorgesehen. Dies ist bei den Übungsplätzen Schwanewede (Niedersachsen/Bremen), Dudenhofen (Rheinland-Pfalz) und Paderborn-Lieth (Nordrhein-Westfalen) der Fall. Im Haushaltsausschuss des Bundestages habe man jedoch großen Wert darauf gelegt, dass diese naturschutzfachlich bedeutsamen Flächen nach Aufgabe durch die militärische Nutzung umgehend an die DBU-Tochter übergeben würden, erläuterte Caesar als Ausschussmitglied eine Besonderheit im Rahmenvertrag.
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung (siehe Seite 1) unterhielt sich DBU aktuell mit Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Fachlicher Leiter sowie Prokurist des DBU Naturerbe.
DBU aktuell: Welche Naturschutzstrategien verfolgen Sie?
Wahmhoff: Grundsätzlich werden auf unseren Flächen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, naturnahe Wälder ohne menschlichen Eingriff zu neuer Wildnis entwickelt, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführt und Feuchtbiotope ökologisch aufgewertet und erhalten. Sobald also eine Waldfläche eine bestimmte Naturnähe aufweist, werden wir der Natur freien Lauf lassen. Bis dahin wird es aber weiterhin zu Holzeinschlägen kommen, um monotone Wirtschaftswälder renaturieren zu können. Wir verfolgen demnach zwei Naturschutzstrategien: im Wald ist es unser Ziel, langfristig der Natur freien Lauf zu lassen. Ganz anders im Offenland: Seltene Lebensräume wollen wir pflegen, um ihren Zustand zu erhalten, beziehungsweise zu verbessern.
DBU aktuell: Welche Beweidungsarten sind geplant?
Wahmhoff: Auf unseren Flächen agieren Weidetiere wie Schafe, Ziegen, aber auch Heckrinder, Konik- oder Przewalski-Pferde als Landschaftspfleger. Die bestehenden Pachtverträge etwa mit den Schäfern werden wir übernehmen. Nach und nach entwickeln wir für alle Liegenschaften sogenannte Naturerbe-Entwicklungspläne, die die konkreten Maßnahmen vor Ort der kommenden zehn Jahre festschreiben. Grundlage für die Planung sind flächendeckende Kartierungen, um die Ist-Situation aufzunehmen und die notwendigen Maßnahmen abzuleiten. Bis wir diese Planungen abgeschlossen haben, werden aber alle Pflegemaßnahmen durchgeführt, die notwendig sind, um jegliche Verschlechterung der Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu verhindern.
DBU aktuell: Werden die Flächen für die Bevölkerung geöffnet?
Wahmhoff: Der Naturschutz hat auf Flächen des Nationalen Naturerbes oberste Priorität. Wir haben aber auch einen Umweltbildungsauftrag. Da, wo es naturschutzfachlich und sicherheitstechnisch möglich ist, wollen wir Naturerlebnisse ermöglichen. Die Besucherlenkung ist auch Teil des Managementplans, den wir natürlich auch vor Ort abstimmen werden. Ich kann mir vorstellen, dass wir einige Wege sondieren und vom Kampfmittelräumdienst räumen lassen, um auch unter Sicherheitsaspekten ein Betreten der Flächen verantworten zu können.
DBU aktuell: Wird es eine touristische Nutzung geben können?
Wahmhoff: Inwiefern eine DBU-Naturerbefläche für sanften Tourismus geeignet ist, entscheiden nicht nur wir als Eigentümer, sondern vor allem auch die Regionalentwickler vor Ort. Wenn naturschutzfachlich und sicherheitstechnisch keine Risiken bestehen, unterstützen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten das lokale Engagement. Grundsätzlich kann man sagen: Natur erleben gerne, aktives Sporttreiben etwa mit Mountainbikes zeigte sich bislang als eher schwierig umsetzbar.
DBU aktuell: Viele Flächen sind wegen der ehemals militärischen Nutzung munitionsbelastet. Wie vereinbart sich das mit dem Naturerbe-Titel?
Wahmhoff: Die Kampfmittelbelastung variiert nicht nur von Fläche zu Fläche, sondern auch innerhalb der Liegenschaft. Die naturschutzfachlichen Besonderheiten haben sich oft auch aufgrund der militärischen Nutzung entwickeln können. Von daher ist es kein Widerspruch, dass eine munitionsbelastete Fläche trotzdem zum Nationalen Naturerbe gehört. Wie wir vor Ort mit der Thematik umgehen, ist ganz unterschiedlich.
DBU aktuell: Auf den Flächen stehen oft auch noch alte Kasernenanlagen. Es gibt Panzerwaschanlagen oder auch lange Fluglandebahnen. Was passiert mit dieser Infrastruktur?
Wahmhoff: Der Rückbau beispielsweise von Kasernen, Bunkern, Straßen oder auch militärischen Stellungen ist für uns seit einigen Jahren ein relevantes Thema. Wir haben insgesamt bereits über 2 Mio. Euro in die Hand genommen, um der Natur ihren Raum wiederzugeben und Teilflächen zu entsiegeln. Allerdings sind unsere Mittel begrenzt, und ihr Einsatz sollte immer wohl bedacht werden.
DBU aktuell: Welche Lebensräume sind für Sie von besonderer Bedeutung?
Wahmhoff: Vor allem die großen, zusammenhängenden Offenlandbereiche mit ihren unterschiedlichen Lebensräumen in ihrer mosaikartigen Verzahnung mit Wäldern halten wir für besonders schützenswert.
»Bioökonomie – Neuer Raubbau oder Wirtschaftsform der Zukunft?« so hieß das Thema des diesjährigen DBU-Symposiums, das am 19./20. Oktober 2016 im Umweltbildungszentrum Schloss Wiesenfelden stattfand. Nach Darstellung von DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann wolle die DBU mit der Veranstaltung für den Diskurs zu kontroversen Themen der Bioökonomie ein Umfeld schaffen. Solche offenen Diskussionen brächten die DBU als Stiftung hinsichtlich ihres breiten gesellschaftlichen Auftrags weiter, so Bottermann. Stiftungsarbeit bedeute auch, sich an Prinzipien zu halten. Die DBU orientiere sich dabei an den Sustainable Development Goals (SDGs) und strebe mit ihrer Förderarbeit an, innerhalb der Planetaren Leitplanken zu bleiben beziehungsweise in den sicheren Handlungsraum zurückzukehren. Dazu gehöre auch, Risiken von Transformationsstrategien wie der Bioökonomie zu diskutieren. Das Thema Bioökonomie müsse nach Ansicht von Bottermann auch in der öffentlichen Kommunikation stärker als Baustein der Transformation aufgegriffen werden.
Lösungsansätze der Bioökonomie zur Begegnung der großen globalen Herausforderungen stellte Prof. Dr. Joachim von Braun, Vorsitzender des Bioökonomierates, in seinem Beitrag vor. Der Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn verwies unter anderem auf die Empfehlungen und Prinzipien des Bioökonomierates. Zentrale Bedeutung spiele dabei die sogenannte »wissensbasierte Bioökonomie«, sagte von Braun. Darunter sei mehr zu verstehen als die reine Biomassenutzung. Vielmehr gehe es dabei um die zunehmende und vielfach verflochtene Wertschöpfung von Biomasseproduktion und -nutzung, Verarbeitung von biobasierten Produkten sowie die Nutzung biologischen Wissens.
Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth-Stiftung, beleuchtete das Thema aus umweltethischer Sicht. Seiner Darstellung zufolge könne die Bioökonomie die Transformation im Sinne der SDGs und innerhalb planetarer Leitplanken durchaus unterstützen. Dabei allerdings müsse die Transformation zur Bioökonomie von einem Diskurs ethischer und gesellschaftspolitischer Aspekte begleitet werden.
Lösungsansätze der Bioökonomie aus Sicht der Wirtschaft steuerte Dr. Manfred Kircher bei. Der Vorsitzende des Beirats Cluster Industrielle Biotechnologie e. V. (CLIB2021) bezeichnete die Bioökonomie ebenfalls als Transformationsstrategie zur Dekarbonisierung. Das biobasierte Rohstoff-Portfolio sei bislang allerdings vor allem auf Ernährung und Energie bezogen und müsse dazu auf Materialien erweitert werden, so Kircher. Non-food-Biomasse (Agrar-Reststoffe, Holz, Algen) sollte dabei prioritär genutzt werden.
Christiane Grefe, ZEIT-Redakteurin und Buchautorin, betonte in ihrem Vortrag, dass die Bioökonomie eines der brisantesten Streitfelder der Nachhaltigkeitskontroverse darstelle, weil sie unmittelbar von begrenzten natürlichen Systemen abhänge und diese verändere. Erschwerend komme hinzu, dass unterschiedliche Deutungen des Bioökonomie-Begriffes nebeneinander existierten.
In der Diskussion kam unter anderem zu Sprache, dass es Regeln für eine nachhaltige Bioökonomie geben müsse: Ziele für die die Regelsuche sollten Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit sein, so Prof. Gottwald. Erwähnt wurde auch, dass eine Änderung unseres Lebensstils im Sinne der Suffizienz als ein Lösungsansatz zur Begegnung der gegenwärtigen Herausforderungen gesehen werden könne.
Der Leiter der DBU-Kommunikationsabteilung, Dr. Ulrich Witte, fasste die Ergebnisse des Symposiums aus Sicht der DBU zusammen und betonte noch einmal die Bedeutung des politisch-gesellschaftlichen Diskurses in diesem Zusammenhang. Als Teil der Debatte müsse auch ein ethischer Diskurs zur Bioökonomie geführt werden, der vor der Euphorie und Geschwindigkeit der Aufbruchstimmung warne, erklärte Witte.
Hilfestellung für Nonprofits
»ekoneo« – eine neue Online-Plattform für Nonprofit-Unternehmen – ermöglicht gemeinnützigen Organisationen, Waren und Dienstleistungen deutlich vergünstigt einzukaufen und somit im Einkauf Zeit und Geld zu sparen. Die Nachlässe verhandelt ekoneo, indem es die Nachfrage zahlreicher Nonprofit-Organisationen bündelt. Das Projekt verfügt derzeit über 40 Partner-Unternehmen aus den Bereichen Bürobedarf, Mobilität, Kommunikation und Energie. Interessierte Nutzer können sich per Freistellungsbescheid über die Gemeinnützigkeit legitimieren und auf der Seite registrieren. Es handelt sich bei ekoneo um eine Projektidee, die im Rahmen des DBU-Projektes »Empowerment for Change – ein Qualifizierungsprogramm für Studierende und Akteure in Verbänden des Umwelt- und Naturschutzes« ausgezeichnet wurde.
DBU-Alumnus erhält Mittel für Biodiversitätsforschung
Der ehemalige DBU-Stipendiat Dr. Carsten Meyer erhält ein Freigeist-Stipendium der
VolkswagenStiftung über knapp 1 Mio. Euro. Am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig wird der gelernte Biologe in den kommenden fünf Jahren damit die gesellschaftlichen Ursachen des weltweiten Artenschwundes untersuchen. Das Aufdecken der komplexen globalen Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Landnutzung und Biodiversität soll künftig helfen, die Artenvielfalt wirkungsvoller schützen zu können.
DBU-Stipendiat ausgezeichnet
DBU-Promotionsstipendiat Franz Löffler wurde auf dem 12th International Congress of Orthopterology (ICO) in Ilhéus (Brasilien) mit dem »Best Oral Presentation Award« ausgezeichnet. Er erhielt die Auszeichnung für seinen Tagungsbeitrag zu den Auswirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf Heuschrecken im montanen Magergrasland. Der Preis wird alle drei Jahre von der weltweit organisierten Orthopterists’ Society an junge Wissenschaftler vergeben, deren Tagungsbeiträge durch wissenschaftliche Relevanz, Innovation und Außenwirkung hervorstechen. Löffler beschäftigt sich in seinem Promotionsvorhaben in der von Prof. Thomas Fartmann geleiteten Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie der Universität Osnabrück mit den Folgen des globalen Wandels für die Biodiversität von nährstoffarmen Grasland-Ökosystemen im Mittelgebirgsraum.
Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Tierhaltung
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) will sich in Zukunft verstärkt für Projekte einsetzen, die sich aus Umweltsicht mit Fragen der Landwirtschaft befassen. Sie steht dabei für eine Transformation der Landwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit. Zu diesem Thema veranstaltet die DBU am 20. Februar 2017 im DBU Zentrum für Umweltkommunikation in Osnabrück ein Forum. Es trägt den Titel: »Landwirtschaft auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Tierhaltung – Welchen Anforderungen müssen zukunftsfähige Systeme gerecht werden?«
Einzelheiten zum Programm entnehmen Sie bitte der Terminvorschau auf unserer Website.
Workshop »Reallabore als transformative Methode in der Nachhaltigkeitsbildung«
Am 24./25. Januar 2017 findet in Wuppertal ein gemeinsamer Workshop von Wuppertal Institut und Deutscher Bundesstiftung Umwelt (DBU) zum Thema »Reallabore – Transformation – Nachhaltigkeitsbildung« statt. Der Workshop richtet sich an Fachexpertinnen und -experten aus Wissenschaft und Praxis. Er soll den Austausch zwischen der Reallabor-Forschung und dem Bereich der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) fördern. Gemeinsam will man Ideen entwickeln, wie sich im Zusammenspiel der beiden Bereiche didaktische Erkenntnisse aus dem Bereich der BNE mit Erfahrungen aus der Forschungspraxis in Reallaboren verknüpfen lassen. Programm und ausführliche Beschreibung finden Sie hier.
Herausgeber
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Redaktion
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