DBU aktuell Nr. 3 | 2017

Informationen aus der Fördertätigkeit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Nach Ansicht des chilenischen Stararchitekten Alejandro Aravena müssen in den kommenden Jahren weltweit rund eine Milliarde Häuser gebaut werden, wenn die Not der von Armut, Migration, Umweltverschmutzung oder Krieg bedrohten Menschen gelindert werden soll.

DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann ist überzeugt davon, dass dies nicht ohne massiven Einsatz nachwachsender Rohstoffe gehen wird. DBU aktuell unterhielt sich mit ihm über die Bedeutung des Baustoffes Holz.

DBU aktuell: Herr Bottermann, Sie betonen immer wieder, dass Holz als Baumaterial in Zukunft eine zentrale Rolle spielen muss. Warum?
Dr. Bottermann: Holz weist wegen seiner statischen und bauphysikalischen Eigenschaften ein besonders breites Anwendungsspektrum auf, auch in der Primärkonstruktion eines Gebäudes. Es gibt aber noch eine Reihe anderer Vorteile.
DBU aktuell: Zum Beispiel?
Dr. Bottermann: Stichwort Klimaschutz: Die stoffliche Nutzung des Rohstoffs Holz ist hier ein wichtiger Baustein. Denn durch das Einschlagen des Holzes und den erneuten Aufwuchs wird einerseits das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) gebunden. Andererseits wird durch den langfristigen Verbleib des Holzes das im Bauwerk gebundene CO2 nicht wieder in die Atmosphäre entlassen.
DBU aktuell: Wie stellt sich das im Vergleich zu konventio­neller Massivbauweise dar?
Dr. Bottermann: Im Bereich des Treibhauspotenzials können bis zu 70 % und im Bereich des Primärenergiebedarfs bis zu 50 % eingespart werden, wenn mit Holz gebaut wird. Wenn wir den Holzbau also weiter vorantreiben, entlasten wir das Klima und sparen Energie.
DBU aktuell: Gilt das auch für Altbausanierungen?
Dr. Bottermann: Eindeutig ja: Durch das geringe spezifische Gewicht von Holz bei guter Wärmedämmung können vorgefertigte, hoch wärmedämmende Fassaden vor die Bestandsfassade montiert werden. Dies kann die Sanierung erheblich erleichtern und beschleunigen. Holz ist auch der ideale Partner für Aufstockungen und Anbauten. Denn bei geringen Tragreserven der Bestandsgebäude bringt der Holzbau weniger Lasten ein; dadurch wird eine Aufstockung in vielen Fällen erst möglich. Hierzu sind allerdings weitere Forschungs- und Entwicklungsleistungen im Holzbau notwendig. Die sollten dann praxisnah angewandt, evaluiert und Dritten zur Verfügung gestellt werden.
DBU aktuell: Das sind in der Tat überzeugend klingende Vorteile auch für den Altbau. Gibt es für Neukonstruktionen noch weitere Pluspunkte?
Dr. Bottermann: Im Neubaubereich stellt die Vorfertigung einen enormen Vorteil dar. Dadurch wird es möglich, Bauteile hochwertig weiter- und wiederzuverwenden und Baustoff-Kreisläufe zu schließen.
DBU aktuell: Wie sieht es mit der Verfügbarkeit des Bau­stoffes Holz aus?
Dr. Bottermann: Wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass bereits ein Drittel des jährlichen Holzeinschlages in Deutschland ausreichen würde, um hier sämtliche Neubauten in Holzbauweise zu erstellen. Das Potenzial ist also vorhanden!
DBU aktuell: Dann fragt man sich, warum nicht mehr in Holzbauweise entsteht.
Dr. Bottermann: Hierfür gibt es viele Gründe: Neues wird skeptisch gesehen, vielerorts fehlt ausreichendes Fachwissen. Manchmal liegt es auch nur daran, dass Dienst nach Vorschrift gemacht wird.
DBU aktuell: Wie will die DBU hier gegensteuern?
Dr. Bottermann: Wir haben dem Aspekt "Klima- und ressourcenschonendes Bauen" und speziell der Optimierung von Systemen und Konstruktionen im Holzbau seit Anfang vergangenen Jahres ein eigenes Förderthema gewidmet. Uns liegt sehr daran, die Akzeptanz von Holzbauten zu steigern. Unser Ziel ist es, das Bauen mit dem Zukunftswerkstoff Holz in allen Gebäudetypologien zu einer Selbstverständlichkeit zu machen.

Das mehrgeschossige Wohnhaus E3 in Holzbauweise wurde mit Unterstützung der DBU in Berlin realisiert.
© Bernd Borchardt

Das DBU-Modellvorhaben Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf bei Augsburg gilt als Leuchtturmprojekt und wurde bereits mit zahlreichen Preisen wie dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Errichtet im Plusenergiestandard ist es als Holzkonstruktion in Modulbauweise erbaut, um das pädagogische Konzept an veränderte Rahmenbedingungen anpassen zu können.

Der Holzbau erzeugt mehr Energie als er verbraucht und nutzt eine durchgehende digitale Datenkette von der Planung über die Fertigung bis zur Montage vor Ort. Diese Entwurfs- und Herstellungsmethode bietet eine effiziente und rationale Fertigung mit sehr kurzer Bauzeit und steht beispielgebend für andere Bauvorhaben.

Der Modellcharakter des Gymnasiums basiert jedoch nicht nur auf seiner hervorragenden energetischen Ausstattung, sondern hauptsächlich darauf, dass es gelungen ist, eine spannende Lernlandschaft mit einer vorbildlichen neuen Entwurfs- und Herstellungs­methodik zu kombinieren.

Bestehend aus vier Gebäuden fügt sich das Gymnasium harmonisch in die Landschaft am Rand des Naturparks Augsburg ein. Neben der Dreifach­sporthalle gibt es zwei "Lernhäuser" mit den Klassen- und Fachräumen. Dort befindet sich auch eine zentrale "Schau­sammlung" für Biologie, Chemie und Physik. Im Versammlungsgebäude sind Mensa, Bibliothek sowie die Verwaltung untergebracht.

Das Projekt stand aufgrund seiner zahlreichen Vorbildeigenschaften auch im Fokus des DBU-Forums Schulbau "Schulbauten – Räume der Zukunft?", das vor wenigen Tagen in München zu Ende ging.

 


 

Wie kommen Gebäude und Konzept aber eigentlich bei denen an, für die das Projekt letztlich erdacht und realisiert wurde: den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums in Diedorf? DBU aktuell fragte dazu die Schülersprecherin Clarissa Kutter, Schülersprecher Joshua Giergiel und Samuel Fährmann (SMV) nach ihrer Meinung.

DBU aktuell: Holz als Baustoff schafft bekanntlich eine andere Raumatmo­sphäre als beispielsweise Beton. Wirkt sich das positiv auf euch und die Stimmung eurer Mitschülerinnen und Mitschüler aus? Gibt es dafür Belege?


SMV: Man merkt schon, dass eine andere Atmosphäre herrscht. Diese wird in der Regel positiv aufgenommen. Beton vermittelt oft das Gefühl von Unterdrücktheit, da es massiv und kalt ist. Holz im Gegenzug hat den Vorteil, dass es natürlicher und wärmer aufgenommen wird. Dadurch verbessert sich die Raumatmosphäre hinsichtlich der Umgebung erheblich. Direkte Belege dazu gibt es jedoch nicht. Nur die Meinungen der Schüler, die wir befragt haben, bestätigen diesen Eindruck.


DBU aktuell: Das Plusenergiegebäude Gymnasium Schmuttertal erzeugt mehr Energie als es verbraucht. Spielt diese Tatsache in eurem Schulalltag eine Rolle – und wenn ja: welche?


SMV: Die Tatsache, dass unser Schulgebäude mehr Energie erzeugt als es verbraucht, nimmt kaum Einfluss auf den Schullalltag. Alles wird hauptsächlich automatisch geregelt und somit so gesteuert, dass es keinen unnötigen Stromverbrauch gibt.
Eine der negativen Seiten an dem Gebäude ist, dass die Fenster nicht geöffnet werden können. Die Luftzufuhr wird automatisch geregelt. Vor allem anfangs war das ein großes Problem, da das System manchmal nicht richtig funktioniert hat und es im Sommer dann doch recht warm und stickig geworden ist. Mittlerweile hat sich dieses Problem jedoch gelöst und es funktioniert alles so, dass wir uns damit anfreunden konnten.

DBU aktuell: Euer Unterricht findet nicht nur in Klassenräumen, sondern vor allem in Lernlandschaften statt. Inwiefern fördert dieses Konzept Motivation und Lernerfolg?


SMV: Die sogenannte offene Lernlandschaft bietet viele Vorteile. Vor allem dadurch, dass sich 30 Schüler nicht auf einen Raum verteilen müssen, sondern die Hälfte davon zum Beispiel rausgehen kann, teilt sich die Lautstärke und es wird im Allgemeinen ruhiger. Wenn es ruhiger ist, kann man sich natürlich besser konzentrieren und den Stoff verstehen.
Des Weiteren hilft das freie Erlernen von Unterrichtstoff, dass der Schüler Ordnung lernt und selbstständiger wird. Ihm wird nicht alles auf dem Tisch serviert und er lernt alleine oder in Gruppen, mit solchen Situationen umzugehen. Vorausschauend ist das sehr vorteilhaft, da einem auch auf einer Universität nicht viel unter die Arme gegriffen wird und selbstständiges Arbeiten ein Muss ist. Wenn man dies bereits in der Schule gelernt hat, fördert das den Lernerfolg demzufolge immens.
Hinzu kommt, dass der Schüler lernt, in Teams zu arbeiten und bereits in jungen Jahren versteht, wie wichtig Kommunikation für ein gutes Gelingen ist.

All diese Aspekte verbessern den Lernerfolg und die Motivation, weshalb man sagen kann, dass das Konzept der offenen Lernlandschaft ein voller Erfolg ist.

Nähere Informationen finden Sie hier.

Schülersprecherin des Schmuttertal-Gymnasiums Clarissa Kutter, SchülersprecherJoshua Giergiel (links) und Samuel Fährmann, nennen das Konzept der offenen Lernlandschaft einen vollen Erfolg.
© Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Mitte November 2016 erlangte die DBU mit dem Verwaltungsgebäude ihrer Stiftungstochter DBU-Naturerbe den ersten Platz beim erstmals ausgelobten niedersächsischen Holzbaupreis.

Die DBU habe eindrucksvoll bewiesen, dass Nachhaltigkeit und funktionelle Modernität Hand in Hand gehen könnten, betonte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer, unter dessen Schirmherrschaft der Preis steht, bei der Preisübergabe in Celle. Der Bau des Ausstellungs- und Seminargebäudes besteche durch seine Klarheit und setze durch die weitgehende Verwendung natürlicher, ressourcenschonender Baustoffe Maßstäbe beim Umweltschutz, so Meyer.

Die Preisjury unterstrich die städtebauliche Qualität des Vorhabens, die nicht zuletzt aus der Fassung des Grundstücks resultiere. Auch hier zeichne das Objekt eine grundsätzliche Zurückhaltung aus, habe es doch gegolten, neben den bereits bestehenden Bestandsbauten der Architekten Erich Schneider-Wessling und Thomas Herzog auf dem Stiftungsgrundstück An der Bornau in Osnabrück eine eigene Identität zu entwickeln.
Der verantwortliche Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde sei "das Mega-Thema für eine zukunftsfähige Entwicklung", so DBU-Verwaltungschef Michael Dittrich in seiner Stellungnahme bei der Entgegennahme des Preises. Holz spiele in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle.

Architekt Marcus Huber vom Büro METARAUM in Stuttgart betonte, die Auszeichnung stelle eine wichtige Bestätigung seiner Arbeit dar. Sie belege, dass nachhaltiges Bauen und ästhetische Gestaltung sehr gut vereinbar seien – und das sogar zu vernünftigen Preisen.


Das innovative Naturerbe-Gebäude in Passivhaus­bau­weise demonstriert modellhaft die Möglichkeiten energieeffizienten Bauens: So setzt die DBU beim Gebäude auf den nachwachsenden Rohstoff Holz sowie auf Hanf als Dämmstoff, ferner auf kühlendes Grundwasser, sodass keine Klimaanlage nötig ist. Das Gebäude verfügt über eine Bruttogeschossfläche von etwa 1 800 Quadratmetern, die Baukosten lagen in Höhe von rund 6 Mio. Euro.

Mehr dazu im Buch "Bauen für die Zukunft", das kostenlos zum Download bereitsteht.

Gelungenes Holzbauwerk: das Verwaltungsgebäude der DBU-Tochter Naturerbe GmbH
© Zooey Braun

Lernen durch Lehren

Die gemeinnützige und unabhängige VRD Stiftung für Erneuerbare Energien hat in Kooperation mit der PH Heidelberg und der DBU über mehrere Jahre umfangreiche Unterrichtsmaterialien für Schulen zum Thema erneuerbare Energie, Nachhaltigkeit und Klimaschutz entwickelt. Sie umfassen eine modular aufgebaute Lehrerhandreichung – variabel und individuell einsetzbar von der Unterrichtseinheit über die Projektwoche bis zu einem vollen Schuljahr –, passende Experimentierboxen sowie Arbeits- und Lösungsblätter. Themen wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft, Biomasse/Photosynthese usw. können im Sinne forschend-entdeckenden Lernens im Unterricht behandelt werden. Anschließend geben die älteren Schüler/-innen ihr Wissen in einer Grundschule oder Kita spielerisch und altersangepasst an die Jüngeren weiter (Lernen durch Lehren).

Die VRD Stiftung sucht deutschlandweit und international Projektträger für dieses praxisbewährte Konzept, das den Lehrkräften den Unterricht erleichtert. Sie unterstützt Partner beim Transfer und stellt auch eine detaillierte Projekttransferanleitung zur Verfügung.

Interessenten wenden sich an:
VRD Stiftung Für Erneuerbare
Energien, Dr. Georg Eysel-Zahl
Telefon    06221 | 39539-07
Telefax    06221 | 39539-05
E-Mail    gez@vrd-stiftung.org

 


 

Bedeutung aktiver Stadtfriedhöfe

Am Montag, 29. Mai 2017 findet im DBU Zentrum für Umweltkommunikation (Osnabrück) die Tagung "Öffentliche Leistungen und Funktionen aktiver Friedhöfe" statt. Die DBU förderte im Zeitraum von 2013 bis 2016 eine interdisziplinäre Forschungsarbeit, die nachweist, dass öffentliche Haushaltsmittel zur Sicherung aktiver Friedhöfe im urbanen Raum sinnvoll angelegt sind. Erstmals kann anhand definierter Bewertungskriterien zu öffentlichen Leistungen und Funktionen von Stadtfriedhöfen eine nachvollziehbare Priorisierung verschiedener aktiver Stadtfriedhöfe erfolgen. Im Rahmen der Tagung werden die wesentlichen Forschungs­ergebnisse präsentiert.

Weitere Informationen zu Programm und Anmeldung.

Patenbesuch in der Grundschule
© Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Innovative Vorreiter für mehr Ressourceneffizienz aus der mittelständischen Wirtschaft präsentiert die DBU während der diesjährigen Hannover Messe (24.-28. April 2017). Ein schonender und gleichzeitig effizienter Umgang mit Rohstoffen und Energie ist eine Schlüsselkompetenz für zukunftsfähige Gesellschaften. Auf dem DBU-Gemeinschaftsstand in Halle 2 (A 26) zeigen fünf mittelständische Unternehmen materialsparende Lösungen für einen effizienten Energie- und Ressourceneinsatz in der Industrie – vom innovativen Metallrecycling mit Laserlicht über ein neuartiges 3-D-Druckverfahren bis hin zu einem ultraleichten E-Mobil.

Am Mittwoch, 26. April 2017 findet um 12 Uhr der DBU-Ausstellertag Ressour­ceneffizienz mit General­sekretär Dr. Heinrich Bottermann und Umweltminister Stefan Wenzel (Halle 2, DBU Stand A26) statt. Am Donnerstag, 27. April 2017, folgt von 12–14 Uhr ein Vortrag über "DBU-Förderung für Ressourcen­effizienz – Industrielle Ressourcen­effizienz" im Energy Efficiency Center (Halle 27, Stand L79).

Weitere Informationen zum Programm auf der Messe finden Sie unter www.dbu.de/hannovermesse.

Kontakt:
Ulf Jacob, DBU Zentrum
für Umwelt­kommunikation
E-Mail    u.jacob@dbu.de
Telefon    0541 | 9633-960

.

Online-Publikation zu Stipendienschwerpunkt

Ende Februar 2017 diskutierten 30 Wissenschaftler/-innen und DBU-Mitarbeiter/-innen zum Abschluss des Stipendienschwerpunktes "Forschung auf DBU-Naturerbeflächen: Ökologische Dynamik in Offenland und Wald" die in dieser Förder­initiative gewonnenen Ergebnisse, ferner Forschungschancen und -möglichkeiten, die sich auf den knapp 70 000 ha DBU-Naturerbeflächen bieten. Die gleichnamige Online-Publikation (Hrsg.: Schaefer, Schlegel-Starmann) stellt wesentliche Ergebnisse der einzelnen Promotionsprojekte dar.

Kostenloser PDF-Download

Herausgeber
Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Tel. 0541|9633-0
Fax 0541|9633-190
www.dbu.de

Redaktion
Stefan Rümmele
DBU Zentrum für Umweltkommunikation
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Tel. 0541|9633-962
Fax 0541|9633-990

Verantwortlich
Prof. Dr. Markus Große Ophoff

Erscheinungsweise
10 Ausgaben pro Jahr
Adresse für Bestellungen und Adressänderungen ist die Redaktionsanschrift
kostenlose Abgabe

Gestaltung
Birgit Stefan