„Baum des Jahres 2023“ im DBU Naturerbe Gelbensander Forst

Moorbirken gelten als stark gefährdet – Stiftungstochter sorgt für den passenden Lebensraum
Mit der Nominierung der Moorbirke als „Baum des Jahres 2023“ will die Dr. Silvius Wodarz Stiftung auf die oft dramatische Situation der zu 95 Prozent entwässerten Moore in Deutschland hinweisen. © Rudolf Fenner/Dr. Silvius Wodarz Stiftung

Osnabrück. Sie wachsen schnell, sind genügsam und frosthart. Und Moorbirken mögen es nass. Doch Feuchtwälder oder gar intakte Moore sind vergleichsweise selten geworden in Deutschland. Umso wichtiger war es der Dr. Silvius Wodarz Stiftung mit der Nominierung der Moorbirke als „Baum des Jahres 2023“ auf die oft dramatische Situation der zu 95 Prozent entwässerten Moore in Deutschland hinzuweisen.  Auf der rund 1.000 Hektar großen DBU-Naturerbefläche Gelbensander Forst im Landkreis Rostock gibt es sie noch – an 174 Standorten. Die gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), das DBU Naturerbe, ließ als Besitzerin die gesamte Fläche im Zuge ihrer Managementplanungen kartieren. Damit ist der Gelbensander Forst von den 71 DBU-Naturerbeflächen in zehn Bundesländern das Gebiet mit dem viert größten Vorkommen des „Baum des Jahres 2023“. Den größten Bestand im DBU Naturerbe gibt es in Peenemünde auf Usedom.

Natürliche Pioniere: Als erstes kommt die Moorbirke

Charakteristisch für die bis zu 30 Meter hohe Moorbirke ist ihre mattweiße bis grau eingefärbte glatte Rinde, die sich in papierdünnen Schichten ablösen lässt. Sie kann an trockenen, mineralischen Standorten vorkommen, aber auch in sehr nassen Mooren leben. Birken-Moorwälder sind ökologisch äußerst wertvoll: An den Bäumen leben einige ganz besonders spezialisierte Tierarten – wie der in Deutschland vom Aussterben bedrohte Große Birken-Prachtkäfer. Laut Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Bayern kommen über 160 Insektenarten an ihnen vor – mehr Insekten finden sich an heimischen Bäumen nur an Weiden oder Eichen. Außerdem ist die Moorbirke ein typischer Pionierbaum. „Sie sind darauf spezialisiert, neu entstandene Lebensräume zu erobern. Nach Stürmen oder Schädlingsbefall sind es oft Birken, die als erstes wieder wachsen“, erläutert Christian Sürie, Förster und Leiter Betriebsmanagement im DBU Naturerbe. Der zuständige Bundesforstbetrieb Vorpommern-Strelitz lässt auf der Naturerbefläche Moorbirken nicht fällen. Sie wachsen solange wie es der Lebensraum zulässt und bleiben auch als Totholz in der Fläche.

Lebensraum gefährdet: 95 Prozent der Moore in Deutschland sind entwässert

Moorbirken mögen es nass. Doch ihr Lebensraum ist vergleichsweise selten geworden. Auf der DBU-Naturerbefläche Gelbensander Forst gibt es sie noch an 174 Standorten. © Dominik Sucker-Weiß/Bundesforst

Die naturnahen, nassen Lebensräume des „Baum des Jahres 2023“ verschwinden zunehmend. Moore sind in Deutschland in der Regel so stark entwässert, dass sie den Namen kaum noch verdienen. Mehr als 85 Prozent der im Jahr 1700 vorhandenen Feuchtgebiete existierten laut Weltbiodiversitätsrat im Jahr 2000 nicht mehr. Der Verlust an Feuchtgebieten geschieht damit prozentual dreimal so schnell wie der an Waldgebieten. Birken-Moorwälder gelten daher als stark gefährdet und sind inzwischen bundesweit gesetzlich geschützt. Trockengelegte Moore stoßen fortwährend klimaschädliche Treibhausgase aus – in Deutschland mit sieben Prozent der Emissionen genauso viel bei wie der hierzulande startende Flugverkehr. „Verlangsamen oder gar stoppen können wir den Prozess nur, wenn wir die Wasserstände in den Mooren und Feuchtgebieten optimieren“, betont Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe. Auf vielen Flächen, auch im Gelbensander Forst, plante oder setzt die Stiftungstochter bereits Wiedervernässungen um – als Maßnahme sowohl für den Klimaschutz als auch für den Schutz der biologischen Vielfalt. „Indem wir Gräben verschließen oder regulierbare Staue einbauen, kann mehr Wasser in der Landschaft gehalten werden. Wenn ein Moor dann wieder richtig nass wird, kann ein lichter Birken-Moorwald mit Torfmoosen und moortypischen gefährdeten Pflanzen entstehen“, so Belting.

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