Bundesverdienstkreuz für Insektenforscher Dr. Martin Sorg

Blog-Beitrag zum Deutschen Umweltpreis

Als leitender Wissenschaftler beim Entomologischen Verein Krefeld hat Dr. Martin Sorg, Ehrenpreisträger des Deutschen Umweltpreises 2020, mit der Veröffentlichung der „Krefelder Studie“ massive Insektenrückgänge wissenschaftlich untermauert. Die Erkenntnisse haben Gesellschaft, Politik und Wissenschaft wachgerüttelt. Jetzt ist er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigte den Biologen Dr. Martin Sorg vom Entomologischen Verein Krefeld im vergangenen Jahr mit dem Ehrenpreis des Deutschen Umweltpreises. Nun erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Ausgezeichnet wurde Sorg für sein langjähriges Engagement im Bereich des Naturschutzes und der Insektenforschung. Mit der Veröffentlichung der sogenannten Krefelder Studie im Oktober 2017 in der wissenschaftlichen Online-Zeitschrift „PLOS ONE“ erkannten Politik und Öffentlichkeit zum ersten Mal die Dramatik des Rückgangs der Insekten. Durch ein Langzeitmonitoring von Insektenbeständen, konnte in der Studie der Nachweis erbracht werden, dass die die Biomasse der Tiere von 1989 bis 2016 um mehr als Dreiviertel zurückgegangen war.

Dr. Martin Sorg bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes in Wesel. Foto: ©
Thomas Hörren, Entomologischer Verein Krefeld

Wer Martin Sorg schon als Kind kannte, für den dürfte sein beruflicher Werdegang keine Überraschung sein. Aufgewachsen im ländlichen Bereich nördlich von Krefeld, interessierte Martin Sorg sich bereits als kleiner Junge leidenschaftlich für die Natur und für Insekten. Bereits mit acht Jahren sammelte und bestimmte er die kleinen Tiere. Im Alter von 14 Jahren hatte er den ersten Kontakt zum Entomologischen Verein Krefeld, dem er seitdem in verschiedenen Funktionen treu geblieben ist.

Malaisefallen kommen zum Einsatz

Ab 1985 experimentierte Sorg mit Varianten der sogenannten Malaisefallen, die er nach Entwürfen der Entomologen René Malaise und Henry Townes weiterentwickelte. 1985 wurde mit diesen in Krefeld gebauten, zeltartigen Fallen erstmalig ein Naturschutzgebiet in Deutschland untersucht. Seitdem arbeiten die Krefelder Entomologen mit exakt dem gleichen, standardisierten Fallentyp im In- und Ausland.

Malaisefallen wurden als Methode ausgewählt, weil sie einen breiten, umfassenden Blickwinkel auf die lokale Artendiversität bieten. Eine Falle kann tausende von Arten und mehr als hunderttausend Insekten pro Saison fangen. Um ein Gesamtmaß vor den Auswertungen bestimmter Arten und Insektenfamilien zu erhalten, wurde in Krefeld ein weiterer Standard etabliert, die Bestimmung der Biomasse dieser Mischproben. Solche Untersuchungen lassen sich nicht ohne finanzielle Mittel realisieren. Es ist eine besondere Leistung der Krefelder Entomologen, dass ihre Forschungsarbeiten nicht mit einer institutionellen, sondern ausschließlich mit einer projektbezogenen Förderung realisiert werden. Sowohl die Leitung der wissenschaftlichen Gesellschaft als auch die Betreuung des bedeutenden Archivs erfolgt ehrenamtlich.

Martin Sorg bei der Umweltpreisverleihung 2020. Er bekam den Ehrenpreis verliehen. Foto: © DBU/ Peter Himsel

Verein ist stolz auf die eigenen Forschungsbeiträge

Beim Entomologischen Verein Krefeld ist man zu Recht sehr stolz auf die eigenen Forschungsbeiträge. „Niemand hat bisher in dieser Größenordnung Insektendaten mit standardisierten Malaisefallen über solche Zeiträume ermittelt,“ sagt Martin Sorg. Aber noch wichtiger sei, dass alle Proben der einzelnen Untersuchungen bis heute bewahrt seien. Dadurch könne man in der aktuellen Forschung auf die Originalproben zurückgreifen, auch wenn sie Jahrzehnte alt sind. Und davon wird rege Gebrauch gemacht.

Analyse aller Insektenarten mittels genetischer Artbestimmung

In mehreren laufenden Projekten wird auf das umfangreiche Daten- und Probenmaterial zugegriffen. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt German Barcode of Life (GBOL III) werden mit Beteiligung des Entomologischen Vereins Krefeld Arten untersucht, über die man nahezu nichts weiß und die daher als „Dark Taxa“ bezeichnet werden. Dazu zählen vor allem diverse Familien der Mücken und parasitoid lebende Wespen. Unter Federführung des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig wird deren DNA sequenziert und als Barcode in einer Referenzbibliothek gespeichert. Die Krefelder Entomologen sind damit heute auch Teil der aktuellsten Biodiversitätsforschung – der Gesamtanalyse aller Insektenarten, die mittels genetischer Artbestimmung aus solchen Malaisefallen erfasst werden.

Was Politik und Gesellschaft tun können, um fortschreitende Biodiversitätsschäden bei Insekten zu vermeiden, erläutert Dr. Martin Sorg im Interview. Hier ein Ausschnitt:

Text: Dr. Ute Magiera, Titelbild: © DBU/ Peter Himsel