Kalkmagerrasen (FFH Lebensraumtyp 6210) zählen zu den artenreichsten Habitaten der Kulturlandschaft Mitteleuropas. Die Limitierung von Wasser und Nährstoffen verhindert, dass konkurrenzkräftige, hochwüchsige Pflanzenarten zur Dominanz kommen, und fördert die Koexistenz zahlreicher vorwiegend niedrigwüchsiger, konkurrenzschwacher Arten. Die Anzahl und Fläche der Kalkmagerrasen reduzierten sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts stark. Hauptursache ist die vielfache Aufgabe der traditionellen extensiven Nutzung. Die notwendige einschürige Mahd oder extensive Beweidung verbliebener Kalkmagerrasen wird oft nur noch durch Naturschutzgelder und -engagement aufrechterhalten, da aufgrund der geringen Produktivität der Flächen eine ökonomische Nutzung kaum rentabel ist.
Gleichzeitig werden in Deutschland etwa 400.000 Pferde gehalten. Pferde sind an rohfaserreiches und energiearmes Futter angepasst. Da der Großteil der Pferde zu Freizeitzwecken gehalten und somit nur gering körperlich beansprucht wird, bestehen, anders als häufig angenommen, in der Regel nur geringe bis moderate Nährstoff- und Energieanforderungen. Daher führt die Fütterung von Pferden mit konventionellem Heu oft zu einer Überversorgung mit einzelnen Futterinhaltsstoffen, insbesondere Zucker, was langfristig zu Krankheiten führt. Heu von Kalkmagerrasen könnte daher eine pferdegerechte Alternative zum konventionellen Heu von gedüngtem Wirtschaftsgrünland bieten. Dadurch könnte ein neues Interesse an einer extensiven einschürigen Mahd ohne Düngung für diese Flächen entstehen, das eine Perspektive zum langfristigen Erhalt dieser Lebensräume eröffnen könnte.
In meinem Promotionsprojekt wird untersucht, inwiefern Heu von Kalkmagerrasen für Pferde geeignet ist. Bisherige Untersuchungen zu Futterparametern sind weitgehend auf (ökonomisch rentablere) produktive Grünlandtypen und deren Arteninventar beschränkt; Untersuchungen zu Kalkmagerrasen(arten) fehlen, insbesondere hinsichtlich der Futteransprüche von Pferden. Das Promotionsprojekt baut auf erste, vielversprechende Ergebnisse meiner Masterarbeit auf. Es zielt dabei einerseits auf größere Verallgemeinerbarkeit (durch verschiedene Untersuchungsflächen, -jahre und -zeitpunkte), andererseits auf ein präziseres wissenschaftliches Verständnis von Einflussfaktoren (Tageszeit, Nährstoffverfügbarkeit, Anteil funktioneller Gruppen, typische Arten) auf zentrale Futterparameter.
Die geplante Studie adressiert zum einen die Ebene der Pflanzengemeinschaften. Es soll untersucht werden inwiefern sich dessen Futterparameter durch verschiedene Einflussfaktoren ändern. Dazu sind Entnahmen von Heuproben von acht verschiedenen Kalkmagerrasen-Flächen zu mindestens zehn verschiedenen Mahdzeitpunkten über zwei Jahre vorgesehen. Die Beprobung erfolgt nach bestimmten funktionellen Gruppen (Gräser, Asteraceae, Leguminosen, übrige), um dessen Biomasse-Anteil an der Heuprobe (% Trockengewicht) zu bestimmen. In einem Teil der Studie erfolgt zudem eine Zuordnung der Heuproben zur standörtlichen Nährstoffverfügbarkeit, durch die Bestimmung der mittleren Ellenberg-Zeigerwerte für Stickstoff. Zum anderen soll auf der Ebene einzelner Arten untersucht werden, inwiefern Futterparameter intraspezifisch durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Dazu werden ausgewählte, häufige Arten von einer Kalkmagerrasen-Fläche zu mindestens zehn verschiedenen Mahdzeitpunkten über zwei Jahre zu verschiedenen Tageszeiten sowie aus verschiedenen Nährstoffbereichen beprobt. Nach Trocknung der Proben (Trockenschrank, 48 h bei 60°C) werden die Futterparameter aller Proben durch Nahinfrarotspektroskopie (NIRS; Phoenix 5000 Spectrometer, BlueSun Scientific Inc.) bestimmt.
Aus den Erkenntnissen der Studie soll für die Praxis abgeleitet werden, unter welchen Bedingungen sich Heu von Kalkmagerrasen für die Fütterung von Freizeitpferden eignet, und damit für eine extensive Heunutzung von Kalkmagerrasen.