Promotionsstipendium: Dr. Frank Jauker

Verteilung, Funktion und Bedeutung von Schwebfliegen (Diptera, Syrphidae) in einer peripheren Agrarlandschaft

Schwebfliegen in einer peripheren AgrarlandschaftDie Industrialisierung der Landwirtschaft der letzten Dekaden birgt ein hohes Risiko fĂŒr die BiodiversitĂ€t in Kulturlandschaften. Möglichen Konsequenzen eines BestĂ€uberrĂŒckgangs werden meist nur anhand eines Taxons, der Wildbienen, untersucht und auf die gesamte BestĂ€ubergemeinschaft ĂŒbertragen. Dies verzerrt die AbschĂ€tzung von BestĂ€uberleistungen in Agrarlandschaften. Schwebfliegen beispielsweise tauchen kaum in den Szenarien zur globalen BestĂ€uberkrise auf, obwohl sie in der Literatur traditionell als BestĂ€uber gefĂŒhrt werden.Als neue Basis fĂŒr die schwach fundierte Klassifikation habe ich die BestĂ€uberleistung von Schwebfliegen fĂŒr Raps untersucht. Die Fliegen steigerten sowohl den Samenansatz als auch den Ernteerfolg. Trotz erheblicher Schwankungen in Samenanzahl und ?gewicht zwischen den Jahren blieb dieser Effekt im Vergleich zur Kontrolle konstant. Ganz im Gegensatz zu Bienen war die BestĂ€ubung in geringen Dichten erfolgreicher als in hohen Dichten.Um diese Ergebnisse von der experimentellen Ebene auf die Landschaftsskala zu extrapolieren, ist es nötig, den Einfluss spezifischer Landschaftscharakteristika auf die Struktur von BestĂ€ubergemeinschaften zu evaluieren. Dazu wurden Schwebfliegen auf 32 Kalkmagerrasen in SĂŒd-Niedersachsen erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Artenzahl und die Dichte gegensĂ€tzlich reagieren. Die Artenzahl wurde von Faktoren der RessourcenqualitĂ€t (z.B. BlĂŒtendiversitĂ€t, Habitatvielfalt) beeinflusst. Im Gegensatz dazu war die Dichte abhĂ€ngig von Faktoren der RessourcenquantitĂ€t (z.B. BlĂŒtendeckung, HabitatflĂ€che). Die jeweiligen funktionalen Gruppen wurden stark von der VerfĂŒgbarkeit spezifischer Landnutzungstypen beeinflusst, wie Ackerland fĂŒr aphidophage Arten und Wald fĂŒr xylophage Arten.Um mögliche Unterschiede zwischen verschiedenen BestĂ€ubertaxa in der AbhĂ€ngigkeit von Landschaftscharakteristika zu untersuchen wurden Wildbienen und Schwebfliegen in der Wetterauregion Mittelhessens aufgenommen. Die Artenzahl der Wildbienen nahm entlang von unbefestigten Feldwegen in Landschaften mit wenigen, isolierten GrĂŒnlĂ€ndern mit steigender Entfernung zu naturnahen Habitaten ab, wĂ€hrend ein solcher Abfall in den Dichten unabhĂ€ngig vom Landschaftskontext war. Die Artenzahl der Schwebfliegen war unabhĂ€ngig von der Distanz, die Schwebfliegendichten jedoch stiegen unabhĂ€ngig vom Landschaftskontext mit steigender Entfernung von den naturnahen Habitaten an. SĂ€mtliche Taxa der BestĂ€ubergilde nehmen dieselbe Landschaft also ausgesprochen unterschiedlich wahr.Die vorliegende Arbeit zeigt deutlich die Relevanz von Schwebfliegen als BestĂ€uber in Agrarlandschaften. Der gesteigerte Ernteertrag bei Sommerraps ist ein seltenes Beispiel der BestĂ€uberleistung dieses Taxons und muss als Grundlage dienen, zukĂŒnftig weniger prominente BestĂ€ubergeneralisten in der Debatte zur globalen BestĂ€uberkriese zu berĂŒcksichtigen. Die Annahme eines einfachen linearen Zusammenhanges zwischen BestĂ€uberdichte und BestĂ€uberleistung, das Ignorieren von modulierenden Effekten biotischer Interaktionen also, scheint zudem fĂŒr diese wichtigen Vertreter der BestĂ€ubergemeinschaft nicht zuzutreffen.Schwebfliegen sind zudem stark an landwirtschaftliche Managementpraktiken angepasst und somit vielversprechende Dienstleister fĂŒr die BestĂ€ubung in Agrarökosystemen. Da sie im außerdem gegenlĂ€ufig zu Wildbienen auf spezifische Landschaftscharakteristika reagieren, kann von einer ergĂ€nzenden BestĂ€uberleistung auf der Landschaftebene ausgegangen werden. So fĂŒllen Schwebfliegen die LĂŒcken in Landschaften, die von Bienen kaum genutzt werden, und können die postulierte BestĂ€uberkriese in gewissem Maße abschwĂ€chen. Der spezifische ökologische und ökonomische Wert dieser ausgleichenden Leistung muss in zukĂŒnftigen Studien noch ermittelt werden.Jedoch werden Generalisierungen hinsichtlich des Effektes der Landschaftsstruktur auf alle BestĂ€uber zu falschen Empfehlungen fĂŒr die Landschaftsplanung sowie den Naturschutz fĂŒhren.

AZ: 20004/706

Zeitraum

01.06.2004 - 31.05.2007

Institut

Justus-Liebig-UniversitĂ€t Gießen
Institut fĂŒr Allgemeine und Spezielle Zoologie
Abteilung Tierökologie

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Betreuer

Prof. Dr. Volkmar Wolters