Universität Osnabrück
Institut für Informatik
Arbeitsgruppe Verteilte Systeme
Friedrich-Janssen-Str. 1
49076 Osnabrück
Die Umkehr des Rückgangs der biologischen Vielfalt ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Internationale, europäische und nationale Initiativen wie das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework, die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und das Bundesamt für Naturschutz setzen sich für den Erhalt der Biodiversität ein. Ein wirksamer Artenschutz erfordert jedoch neben politischen Maßnahmen ein zuverlässiges und langfristiges Monitoring.
Vögel spielen dabei eine Schlüsselrolle, da sie als Bioindikatoren frühzeitig auf ökologische Veränderungen hinweisen. Eine kontinuierliche Erfassung ist essenziell, um Bestände zu sichern und Umweltveränderungen zu erkennen. Fehlende oder ungenaue Daten führen leicht zu Fehleinschätzungen.
Traditionelle Kartierungen sind zeit- und personalintensiv, stören Tiere und bergen methodische Verzerrungen, da Beobachtende unterschiedlich erfahren sind. Zudem ist fraglich, ob langfristig genug Fachkräfte für ein flächendeckendes Monitoring verfügbar sind.
In vielen europäischen Ländern existieren keine dauerhaft etablierten Vogelmonitoringsysteme oder sie sind unterfinanziert. Außerhalb Europas fehlen entsprechende Strukturen fast vollständig.
Neue technologische Ansätze wie das akustische Monitoring ermöglichen eine effizientere und kostengünstigere Datenerhebung. Mit preiswerten Rekordern und KI-Klassifikatoren lassen sich Vogelarten automatisch erkennen. Bisher konzentriert sich die Praxis jedoch auf Arterkennung, nicht auf Populationsgrößen.
Das Projekt löst dieses Problem, indem mehrere Akustik-Rekorder strategisch so platziert werden, dass das Gebiet akustisch lückenlos erfasst wird. Aus den Tonaufnahmen lassen sich Hauptaufenthaltsbereiche und Brutreviere ableiten – großflächig, effizient und ohne Störung.
Die Methode richtet sich an Organisationen, Unternehmen und Behörden, die Monitoringaufgaben erfüllen – etwa Naturschutzbehörden, Forschungseinrichtungen oder Planungsbüros. Sie bietet drei zentrale Vorteile:
- Methodisch: Daueraufnahmen liefern kontinuierliche Daten statt punktueller Stichproben.
- Ökonomisch: Nach der Geräteinvestition sinken die Kosten deutlich, der Analyseaufwand reduziert sich.
- Wissenschaftlich: Lückenlose Zeitreihen ermöglichen die Erforschung von Populationsdynamiken über Raum und Zeit.
Das Projekt überführt bereits entwickelte und publizierte Verfahren aus [1, 2] in den praktischen Einsatz. Sie werden in einem Analyse-Framework zusammengebaut, das KI-basierte Klassifikatoren zur Arterkennung integriert und automatisiert Gesänge verortet, woraus sich Brutreviere ableiten lassen - ein etablierter Proxy zur Abschätzung der Populationsgröße.
Die Fokussierung auf territoriale Arten ist entscheidend, da deren Gesang nicht nur der Arterkennung dient, sondern direkt mit der Abgrenzung von Brutrevieren verknüpft ist. Durch regelmäßiges Singen markieren sie Reviergrenzen, was Rückschlüsse auf Anzahl und Lage einzelner Reviere erlaubt.
In enger Zusammenarbeit mit Praxispartnern aus Wirtschaft, Naturschutz und Forschung wird das System in unterschiedlichen Habitaten unter realen Bedingungen erprobt. Die Feldtests knüpfen gezielt an bestehende Monitoringprojekte dieser Partner an, sodass ein direkter Vergleich zwischen etablierten Verfahren und der neuen akustischen Methode möglich ist. Die breite Partnerbasis in diesem Projekt ermöglicht den Einsatz genau dort, wo ohnehin Monitoringmaßnahmen stattfinden, sodass nicht nur Synergien genutzt werden können, sondern auch die Akzeptanz und Übertragbarkeit in die Praxis stärkt.
[1] Brüggemann, L., Dyczka, M., Otten, D., & Aschenbruck, N. (2025). A classifier-deduced signal extraction approach for time difference estimation in acoustic sensor networks. Ecological Informatics, 87, 103032.
[2] Brüggemann, L., Otten, D., Sachser, F., & Aschenbruck, N. (2025). Territorial acoustic species estimation using acoustic sensor networks. Ecological Informatics, 91, 103281.