Erste Hochleistungs?Holz?Granit?Verbundbrücke mit mittragender Granitplatte
Projektdurchführung
Technische Universität Berlin
Institut für Bauingenieurwesen
FG Entwerfen und Konstruieren - Verbundstrukturen
Gustav-Meyer-Allee 25
13355 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Forschungsprojektes war die Entwicklung einer hochleistungsfähigen Holz-Granit-Verbundbrücke. Zur Übertragung der Schubkräfte zwischen Holz und Granit wurde eine neuartige, formschlüssige Verbindung in Form einer Holz-Granit-Treppenverbindung entwickelt. Dafür werden abwechselnd dicke und dünne Granitplatten in den Brettschichtholzträger eingesetzt, wodurch eine Kervenverbindung entsteht, wie sie bereits aus dem Holz-Beton-Verbundbau bekannt ist. Die Besonderheit des Ansatzes liegt in der Lösbarkeit der Verbindung, wodurch sich einzelne Granitplatten bei Instandhaltungsmaßnahmen problemlos austauschen lassen. Außerdem wird durch die lösbare Schubverbindung ein kreislaufgerechter Rückbau am Ende der Nutzungsdauer ermöglicht. Nach Ende des Forschungsprojektes ist die Umsetzung zweier Pilotbrücken in Berlin-Spandau geplant.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst stand die Entwicklung der lösbaren Verbindungstechnologie und eines geeigneten Montageverfahrens auf dem Programm. Bei der entwickelten Holz-Granit-Treppenverbindung handelt es sich prinzipiell um eine Kervenverbindung, wie sie aus dem Holz-Beton-Verbundbau bekannt ist. Deshalb wurde die Kervengeometrie in Anlehnung an die Empfehlungen DIN CEN/TS 19103 gewählt. Anschließend wurde die entwickelte Holz-Granit-Kervenverbindung in einem umfassenden experimentellen Versuchsprogramm untersucht. In kleinformatigen Slip-Block- und mittelgroßen Push-Off-Versuchen wurde zunächst das Trag- und Verformungsverhalten isoliert an einer einzelnen Kerve untersucht. Aufbauend auf den Ergebnissen aus den Kleinversuchen wurden gegen Projektende zwei großformatige De-monstratorversuche durchgeführt, um mehrere Kerven im Verbund unter realen Einbaubedingungen und tatsächlicher Beanspruchung zu testen. Hierzu wurden zwei Holz-Granit-Verbundträger mit Längen von 5,8 m und 8,0 m und 2 respektive 3 Kerven je Seite in 4-Punkt-Biegeversuchen bis zum Versagen getestet. Zusätzlich zu den statischen Versuchen wurden an dem 8,0 m langen Träger zuvor umfangreiche Versuche zur Gebrauchstauglichkeit in Form von Schwingversuchen durchgeführt. Nach Abschluss des Forschungsprojektes wurde das Ingenieurbüro Miebach von der Berliner Senatsverwaltung mit der Planung zweier Pilotbrücken in Berlin-Spandau beauftragt. Die zwei Holz-Granit-Verbundbrücken mit tragender, lösbarer Granitplatte dienen als Ersatz für zwei bestehende, baufällige Holzbrücken im Spektegrünzug in Berlin Spandau.
Ergebnisse und Diskussion
Sowohl die kleinformatigen Slip-Block- und Push-Off-Versuche als auch die 4-Punkt-Biegeversuche an großmaßstäblichen Holz-Granit-Verbundträgern zeigen eindrucksvoll das große Potenzial der entwickelten Holz-Granit-Kervenverbindung auf. So zeichnet sich die formschlüssige Verbindung zwischen Holz und Granit durch sehr hohe Tragfähigkeiten und eine hohe Steifigkeit aus. Die Kombination aus Kerventiefe und Vorholzlänge wurde in Anlehnung an die DIN CEN/TS 19103 aus dem Holz-Beton-Verbundbau vorab so gewählt, dass das Versagen stets duktil durch ein Holzdruckversagen parallel zur Faser auftritt. Entgegen den Erwartungen versagten die Probekörper in allen durchgeführten Versuchen jedoch stets durch ein sprödes Schubversagen im Vorholzbereich. Das spröde Versagen der Schubverbindung wird als nicht weiter problematisch erachtet, sofern im Rahmen der Bemessung eine geeigneten Versagenshierarchie festgelegt wird. Demnach ist der Holz-Granit-Verbundträger so zu bemessen, dass das spröde, lokale Versagen der Schubverbindung nicht zum Globalversagen des Brückenbauwerks führt. Stattdessen sollte der Verbundträger so bemessen werden, dass selbst nach Versagen des Schubverbundes der Querschnitt des Brettschichtholzträgers noch ausreicht, die Lasten kurzzeitig sicher aufzunehmen zu können. Aufgrund des Steifigkeitsverlustes, der mit dem Versagen des Schubverbundes einhergeht, würde sich das globale Versagen des Bauwerks durch eine überproportionale Zunahme der Verformungen ankündigen. Die durchgeführten 4-Punkt-Biegeversuche an großformatigen Holz-Granit-Verbundträgern zeigen eine solche Versagenshierarchie.
Da bislang keine Berechnungsvorschriften für die Bemessung von Holz-Granit-Verbundbauteilen existieren, wurden aufgrund der Analogie zum Holz-Beton-Verbundbau die dort existierenden Berechnungsmodelle und Bemessungsvorschriften verwendet. Sowohl die Traglast, das Versagensbild als auch das Verformungsverhalten ließen sich mit den Berechnungsmodellen aus dem Holz-Beton-Verbundbau vorab zuverlässig abschätzen. Somit können die normativen Vorschriften und Literatur zur Bemessung von Holz-Beton-Verbundbauteilen auch als fundierte Grundlage für Holz-Granit-Verbundbauteile mit einer formschlüssigen Schubverbindungstechnologie dienen.
Auch das Schwingungsverhalten der Holz-Granit-Verbundbrücke konnte mit bereits existierenden Berechnungsansätzen zuverlässig abgeschätzt werden. So zeigen die in den Schwingversuchen gemessenen Eigenfrequenzen eine sehr gute Übereinstimmung mit den vorab analytisch und numerisch ermittelten Eigenfrequenzen. Diese liegen im Falle der beiden Demonstratorversuche ausreichend hoch, sodass mit keiner kritischen Anregung der Brücke durch Fußgängerverkehr zu rechnen ist.
Das bereits zu Projektbeginn entwickelte Montageverfahren, wonach die Granitsegmente ausgehend von beiden Trägerenden hin zur Trägermitte auf den Brettschichtholzträger montiert und an den Kervenflanken mit diesem verklebt werden, bewährte sich bei der werkseitigen Herstellung der beiden als Demonstrator dienenden Holz-Granit-Verbundträger durch die Firma Kusser als praxistauglich und effizient.
Weil die Granitplatten nur kleinflächig an den Kervenflanken mit dem Brettschichtholzträger verklebt und die horizontalen Fugen bewusst ohne Klebstoff ausgeführt wurden, lassen sie sich bei Bedarf vom Brückendeck aus mit einem Diamantrennschleifer auftrennen. Dies gewährleistet zusammen mit der demontierbaren Abhebesicherung, dass sich die Brücke am Ende der Nutzungsdauer rückbauen und sortenrein trennen lässt. Als Beleg hierfür dienen die im Forschungsprojekt getesteten Holz-Granit-Probekörper, die nach ihrer statischen Prüfung demontiert, sortenrein getrennt und gesondert entsorgt werden konnten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Auf eine Veröffentlichung der Ergebnisse in Fachzeitschriften wurde aufgrund der vereinbarten Ge-heimhaltung gegenüber Mitbewerbern bisher verzichtet, ist aber nach Fertigstellung der beiden Pilotbrücken in Berlin-Spandau beabsichtigt. Die Berliner Senatsverwaltung informiert bereits auf ihrer Internetseite über den geplanten Bau zweier Holz-Granit-Verbundbrücken in Berlin-Spandau als Ersatzneubau für zwei verwitterte Holzbrücken.
Fazit
Insgesamt leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des hybriden Brückenbaus. Es zeigt auf, dass Naturstein bisher vorrangig als gestalterisches Element genutzt auch tragend in Verbundsysteme integriert werden kann. Die Verbindung mit Holz ermöglicht eine signifikante Reduktion des CO2-Fußabdrucks im Vergleich zu konventionellen Stahl- oder Betonbrücken. Mit der Holz-Granit-Verbundbauweise steht nun ein neues Bauprinzip zur Verfügung, das nicht nur ästhetisch und konstruktiv überzeugt, sondern auch den Anforderungen an Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Rückbaubarkeit in besonderem Maße gerecht wird. Die neu entwickelte Holz-Granit-Treppenverbindung ähnlich einer Kervenverbindung im Holz-Beton-Verbundbau zeichnet sich dabei durch ihre hohen Tragfähigkeiten, eine hohe Steifigkeit sowie die effiziente Herstellung aus.