PlasmAdd – Entwicklung eines innovativen Lacksystems mit Hilfe einer Plasmavorbehandlung zur Substitution konventioneller Additive
Projektdurchführung
Zuelch Industrial Coatings GmbH
Friedrich-Ebert-Str. 204 206
37520 Osterode
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Übergeordnetes Projektziel ist die Entwicklung eines nachhaltigen Lacksystems für die industrielle Beschichtung von Kleinteilen, ohne die Verwendung von chemischen Additiven, welche durch plasmatechnologische Verfahren substituiert werden. Die Firma Zuelch beabsichtigt innerhalb des Projektes ein nachhaltiges, wässriges Lacksystem für Holz und Holzwerkstoffe zu entwickeln, welches aufgrund der aktuellen Marktsituation und des aktuellen politischen Bestrebens (z.B. Green Deal der EU) additivfrei hergestellt wird und folglich lediglich aus Bindemittel, Wasser und Farbpigmenten besteht. Die Verwendung von Additiven wie Verlaufsmitteln soll durch den Einsatz von Atmosphärendruck-Plasmatechnologie kompensiert werden. Explizit soll durch die Plasmavorbehandlung die Oberflächenenergie von Holzoberflächen so weit angepasst werden, dass ein zu entwickelndes wässriges Lacksystem ohne die Verwendung von etablierten Hilfsstoffen bzw. Additiven problemlos aufgetragen und diese somit substituiert werden können. Als weitere Innovation wird das Bindemittel dabei aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.
Aktuell befindet sich die Lackindustrie neben anderen Industriezweigen Deutschlands in einer prekären Wirtschaftslage. Viele einzelne bzw. voneinander abhängige Veränderungen in den Ausgangsbedingungen einzelner Wirtschaftsprozesse (z.B. Rohstoffknappheit, Preissteigerungen, Logistikprobleme etc.) haben einen großen Einfluss auf komplexe und dynamische Produktionsprozesse. Farbausgangsstoffe, wie z.B. Titanoxid als Weißpigment, Bindemittel für Farben und Lacke, wie z.B. Epoxidharze, die einen Großteil der Produktionskosten für Farben und Lacke ausmachen, sowie Lösungsmittel erfahren derzeit eine enorme Lieferknappheit und daraus resultierende Preissteigerungen. Hinzu müssen logistische Hürden bei den Ausgangsstoffen, die größtenteils aus dem asiatischen Raum importiert werden, überwunden werden: Lieferengpässe (u.a. aufgrund des schnellen Aufschwungs der asiatischen Binnenmärkte) und drastische Erhöhungen der Lieferkosten. Größere Unternehmen in diesem Wirtschaftssegment weisen oft besser ausgebaute infrastrukturelle bzw. logistische Netzwerke auf. Weitaus dramatischer wirkt sich die geschilderte Gesamtsituation auf kleine und mittelständische Unternehmen aus und zwingt die lackherstellenden und lackverarbeitenden Betriebe zusätzlich zur Umstellung etablierter Herstellungsprozesse und Verfahren. Außerdem entsprechen die in den Lacken eingesetzten Stoffe, insbesondere Bindemittel, Lösungsmittel und Additive, oftmals nicht der heutigen Erwartungshaltung der Endkunden hinsichtlich Gesundheitsbelastung, Nachhaltigkeit oder CO2 Bilanz. Durch den zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Druck (z.B. Green Deal) sollen Anpassungen in der Produktion zur Verwendung ökologisch nachhaltiger Rohstoffe vorgenommen werden. Notwendige Anpassungen können bzw. müssen beispielsweise Änderungen von Rezepturen durch die Verwendung von alternativen, regional verfügbaren Ausgangsmaterialien beinhalten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAP 1: Feststellung des IST-Zustandes
Zu Beginn des Vorhabens sollen zunächst anhand der wässrigen Standardtrommellacke (1K- und 2K-Trommellacke, Beize) der Firma Zuelch sowohl relevante Oberflächenkennwerte von Ahorn- und Buchensubstraten als auch Kennwerte der Lacksysteme erfasst werden. Mit einem an der HAWK vorhandenen Laboraufbau zur Plasmavorbehandlung werden die minimalen und maximalen Grenzen der Oberflächenenergie auf den zu beschichtenden Substraten unter Beachtung der Temperaturempfindlichkeit der Hölzer eruiert. Die Firma Zuelch wird anhand des ausgewählten Lacksystems die Oberflächenspannung mittels Kontaktwinkelmessgerät, die Chemikalienbeständigkeit nach DIN EN ISO 2812 Teil 3, das Trocknungsverhalten, die Schaumbildung, die Haftung, die Beständigkeit gegen UV-Licht und Sauerstoff sowie ggf. die Farblässigkeit nach DIN 53160 Teil 1 und 2 ermitteln. Das Trocknungsverhalten sowie Beständigkeitsprüfungen werden zur einheitlichen Erfassung durch Rakelaufzüge bestimmt. Dieser Datensatz gibt erste Informationen über die Möglichkeiten der Parametrisierung des Plasmavorbehandlungsprozesses sowie über einen möglichen Rezepturenkorridor.
AP 2: Evaluation der Lackbestandteile / plasmarelevanten Parameter
AP 2.1: Evaluierung der Lackbestandteile
Innerhalb dieses Arbeitspaketes wird Firma Zuelch den Markt an verfügbaren Polymerdispersionen, welche den oben beschriebenen Ansprüchen grundsätzlich genügen (DIN EN71 Teil 3, basierend auf nachwachsenden Rohstoffen) gezielt untersuchen und Muster anfordern. Dabei werden die in AP1 beschriebenen Parameter erfolgversprechender Dispersionen bestimmt, sodass in AP3 Experimente, welche mittels statistischer Versuchsplanung (DOE = Design of Experiment) geplant werden, in Richtung der Zielparameter erfolgen können. In diesem Arbeitspaket werden weitere in Frage kommende Rohstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe evaluiert, die zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften beitragen, sofern sie dazu benötigt werden, und dabei in die Lackmatrix eingebunden werden können. Zu derartigen Rohstoffen können z. B. Bienenwachs, Schellack, ungesättigte Fettsäuren oder Cellulose zählen (vgl. AP3).
AP 2.2: Konzeptionierung des Vorbehandlungsprozesses
Am Beispiel von für dieses Projekt ausgewählte Substrate (z.B. Spielzeugrohling) werden technisch anwendbare Elektrodenkonfigurationen zur Plasmabehandlung auf ihre prinzipielle Eignung im Hinblick auf Substrat-Plasma-Interaktionen getestet. Grundsätzlich kommen für eine flächige Anwendung zwei mögliche Konfigurationen in Frage: Direkte DBD-Entladungen sowie koplanar angeordnete Gleitentladungen. Dabei werden grundlegende Randbedingungen wie die Entladungsgeometrie, der Elektrodenabstand, die Dicke des Dielektrikums oder die notwendige Leistung experimentell ermittelt. Die genannten Variablen können einen signifikanten Einfluss auf die uniforme Behandlung des geometrisch komplexen Substrats aufweisen. Neben der Konzeptionierung der Elektrodenkonfiguration werden in diesem Arbeitsschritt Konzepte zum Transport der Substrate durch die Entladungszone erarbeitet, denn die Transportmethoden sowie Materialien weisen eine direkte Abhängigkeit von den verwendeten Plasmaquellen auf. Eine direkte DBD-Entladung zeichnet sich zwar durch eine einfachere Integration in bestehende Produktionsabläufe aus, ist allerdings durch die Dicke des Behandlungsgutes dabei begrenzt. Im Falle von koplanar angeordneten Gleitentladungen ist die Behandlung von der Materialstärke unabhängig. Diese Entladungsform ist allerdings in ihrer effektiven Behandlungsfläche deutlich begrenzter als eine direkte Entladung. Zudem weist diese Entladungsform einen weiteren Nachteil auf: Die Unterseiten der Bauteile, die auf dem Transportband aufliegen, werden nicht behandelt. Die in diesem Arbeitspaket gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für die Konzeption des Behandlungsprozesses in Arbeitspaket 4.
AP 3 Lackentwicklung
AP 3.1 Formulierung
Entsprechend der in AP1 definierten Zielparameter und der in AP2 bestimmten Eigenschaften der verfügbaren Rohstoffe, werden in AP3 verschiedene Rohstoffe mittels statistischer Versuchsplanung (DOE) so miteinander kombiniert, dass die Zielparameter möglichst nahe der Zielsetzung erreicht werden. Wenn nicht anders erreichbar, können weitere nachwachsende Rohstoffe wie z.B. Bienenwachs etc. hinzugefügt werden. Es werden nach Möglichkeit mehrere unterschiedliche Lackvarianten entwickelt, damit diese dann für ein späteres Fine Tuning (siehe AP5) ebenfalls miteinander kombiniert werden können. Zusätzlich bieten unterschiedliche Varianten die Möglichkeit, noch flexibler auf Rohstoff-Engpässe reagieren zu können. Während des gesamten AP3 findet ein ständiger Austausch mit der HAWK hinsichtlich sich ggf. ändernder Rahmenbedingungen aufgrund experimenteller Ergebnisse statt. Sofern Anpassungen notwendig sind, werden diese bei der Entwicklung berücksichtigt.
AP 3.2 Prüfung
Jede Formulierung durchläuft dabei in einem iterativen Prozess die gängigen Prüfmethoden (z. B. Lagerstabilität, mikrobieller Befall, EN71- und Beständigkeitsprüfungen, Farblässigkeit) und erweitert dadurch den Kenntnisstand für darauffolgende Verbesserungen. Abschließend werden für die fertigen Rezepturen Prüfvorschriften zur Qualitätssicherung erarbeitet.
AP 4 Plasma-Vorbehandlung
AP 4.1 Konstruktion der Plasmaquelle
Anhand der Datensätze aus AP 2.2 soll im Rahmen dieses Arbeitspakets ein auf die Anwendung zugeschnittenes Plasmasystem konstruiert und aufgebaut werden. Das innerhalb dieses Arbeitspakets zu fertigende Elektrodenmodul muss in erster Linie die Grundfunktion des Behandlungsprozesses gewährleisten und die grundlegenden Anforderungen an eine Elektrodeneinheit wie homogenes Entladungsbild, ein optimaler Abstand zwischen dem Substrat und der Elektrode, Überschlags- und Bedienungssicherheit erfüllen. Neben der Gewährleistung der Grundfunktionen liegt der Fokus auf der Uniformität der Behandlung von allen Substratoberflächen in einem Behandlungsdurchgang. Dies soll über eine innovative Anordnung der Elektrodenmodule im Behandlungsbereich, eine intelligente Prozessgasführung und die Verwendung eines porösen und somit durchdringbaren Förderbandes oder auch eines Förderbandes aus einem weitmaschigen Gewebe realisiert werden. Kernherausforderung ist der homogene und reproduzierbare Transport der Plasmafilamente an die relevanten Objektoberflächen. Hierbei muss darauf geachtet werden, das Plasma möglichst ohne nennenswerte Effizienzverluste über eine Kombination aus leitfähigen und nicht leitfähigen Bauteilen an den Ort der Modifikation zu steuern. Je nach Entscheidung über das Entladungskonzept kann dies über spezifische Strömungskonzepte wie etwa Laval-Düsen oder aber elektrisch über Gleitentladungsoberflächen erfolgen, die eine Repeater-Funktion aufweisen. Hierbei ist eine geeignete Materialauswahl der Elektrodenbauteile von entscheidender Wichtigkeit. Je nach Bauteilgeometrie können unter Umständen übliche Materialien (z.B. Dielektrika wie Keramik oder Glas) nicht verwendet werden, was einen großen Einfluss auf die Materialbeständigkeit hat. Alternativen sind hier beispielsweise Silikone oder andere Polymere (z.B. PTFE oder PEEK) welche eine deutlich geringere Verschleißbeständigkeit aufweisen und demnach in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden müssen. Gestützt werden soll dieser Konzeptionsprozess von Simulationsaufgaben im Bereich der Strömungs- und Elektrotechnik mithilfe von der an der HAWK vorhandenen Multiphysik-Software von COMSOL. Anhand der somit erarbeiteten Erkenntnisse, werden die daraus resultierenden Komponenten der Plasmaquelle in der hausinternen Fertigungswerkstatt gefertigt und montiert.
AP 4.2. Einstellen des Parameterkorridors:
Nach erfolgtem Aufbau des Labormusters werden sowohl statische als auch dynamische Versuche zur Ermittlung des Parameterkorridors durchgeführt. Dabei werden mittels DOE die plasmaspezifischen Parameter variiert, um die minimal und maximal möglichen Bereiche der Oberflächenkennwerte auf den ausgewählten Substraten zu bestimmen. Dabei werden folgende Parameter untersucht:
Elektrodenabstand: Mit Vergrößerung des Elektrodenabstands und damit Vergrößerung des Luft- bzw. Plasmaspaltes steigt die zur Ausbildung des Plasmas notwendige Hochspannung. Das erschwert den technischen Aufbau bezüglich elektrischer Isolierungen und Betriebssicherheit. Die Luftspaltgröße kann sich aber auch auf die Effektivität der Behandlung auswirken, wodurch eine Reduzierung der Behandlungszeit möglich ist.
Plasmaleistung: Eine Erhöhung der Leistung kann die notwendigen Behandlungszeiten verkürzen, kann jedoch in einer höheren Gastemperatur und evtl. Entladungsinhomogenität resultieren. Hier ist die Temperaturempfindlichkeit der Holz-Substrate limitierend.
Gastemperatur und Luftströmung werden bei der Behandlung kontrolliert und untersucht, um deren Einfluss auf den Behandlungserfolg beurteilen zu können. Dabei dient die Luft einerseits zur Kühlung der Hochspannungselektroden und andererseits verbessert sie gleichzeitig entscheidend die Homogenität der Entladung, die für eine gleichmäßige und effektive Behandlung notwendig ist.
Behandlungszeit: Mit den optimalen Parametern für die Hochspannungsquelle wird die Plasmabehandlungszeit variiert, um deren Einfluss auf die Behandlungsqualität zu untersuchen.
AP 4.3 Prüfung
In diesem Arbeitspaket wird die Einstellung der Oberflächenenergie auf dem Substrat anhand der Oberflächenenergien des Lackes (siehe AP3) in einem iterativen Prozess mittels Plasmavorbehandlung vorgenommen. Nach Einstellung der geforderten Oberflächenenergien wird die jeweilige Lackformulierung auf der Substratoberfläche appliziert. Die darauffolgende Trocknungszeit, Haftfestigkeit, Farbechtheit, Glanzgrad und Witterungsbeständigkeit wird gemäß festgelegten Prüfmethoden erfasst und in einem engen Austausch mit AP3 angepasst.
AP 5 Feldtest des PlasmAdd-Lackes
Der PlasmAdd-Lack wird nun auf den plasmavorbehandelten Standardsubstraten appliziert. Die Beschichtung erfolgt hierbei mittels Trommelverfahren. Bewertet wird hier das Verhalten des Lackes auf der vorbehandelten Oberfläche im Vergleich mit Standardtrommellacken, welche in AP1 evaluiert wurden. Neben der Verarbeitbarkeit und der Oberflächengüte wird die Trocknungszeit als zu anzupassender Parameter bewertet. Obligatorisch, wie bei allen Lackformulierungen für den Spielzeugbereich der Fa. ZUELCH, wird das neu zu entwickelnde Lacksystem nach der DIN EN 71 Teil 3 (Spielzeugsicherheit) geprüft. Ggf. durchläuft diese Formulierung eine weitere Anpassung unter Zuhilfenahme weiterer in AP3 entwickelten Formulierungen.
AP 6 Fertigstellung eines Demonstrators
Am Ende des Vorhabens wird ein Demonstrator für Messen (z.B. Spielwarenmesse Nürnberg) sowie das Technikum der Firma Zuelch fertiggestellt werden, damit das entwickelte PlasmAdd-Lacksystem den potentiellen Kunden präsentiert werden kann.
AP 7 CO2-Bilanzierung des PlasmAdd-Lacksystems
Im Rahmen des Vorhabens erfolgt eine detaillierte Bewertung der Nachhaltigkeit und der Ressourceneffizienz für das zu entwickelnde PlasmAdd-Lacksystem (Lacksystem + Plasmavorbehandlung) sowie für das ausgewählte konventionell hergestellte Lacksystem, um CO2-Bilanzen der beiden Lacksysteme vergleichen zu können. Am Beispiel des Treibhauspotenzials soll gegen Projektende das Gesamtwirkungspotenzial vom zu entwickelnden PlasmAdd-Lacksystem in Addition mit dem Plasmavorbehandlungsprozess als Primer unter Berücksichtigung von aktuellen Ökobilanzen und Marktzahlen abgeschätzt werden. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewertung der gewählten Kreislaufkonzepte sollen auch weitere Wirkungskategorien wie z.B. Wasserverbrauch, fossiler Ressourcenverbrauch, sozioökonomische Auswirkungen sowie Indikatoren zur Bewertung der Kreislauffähigkeit betrachtet werden. Die Ökobilanzierung für die adressierten Produkte soll mittels GaBi-Software nach ISO 14040/44 durchgeführt werden.
AP 8 Projektbegleitende Arbeiten
Über die gesamte Laufzeit des Projektes werden begleitende Tätigkeiten ausgeführt. Zu diesen zählen Projektkoordination, Organisation und Teilnahme an Projekttreffen, Verfassen der Zwischenberichte und administrative Aufgaben. Zusätzlich sollen gewonnene Ergebnisse in Berichtsform dokumentiert und anschließend publiziert werden, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ferner sind Vorbereitungen für die zukünftige Vermarktung sowie allgemeine Öffentlichkeitsarbeit geplant.
Ergebnisse und Diskussion
AP 1
Die Oberflächenkennwerte von Ahorn- und Buchensubstraten wurden mittels Kontaktwinkelmessgerät (OWRK) mit Wasser/Diiodmethan erfasst. Die Werte sind allerdings fehlerbehaftet: Die Holzoberflächen sind porös und die Struktur ist heterogen. V.a. Wasser sowie andere Lösungsmittel verhalten sich oft sehr dynamisch, d.h. ziehen binnen Sekunden(bruchteilen) ins Holz ein, sodass kein Kontaktwinkel messbar ist.
Die Oberflächenkennwerte der Lacksysteme wurden mittels Wilhelmy-Methode (Tensiometer), Blasendruck-Methode und Kontaktwinkelmessgerät erfasst. Die Werte sind allerdings stark fehlerbehaftet: Lacke sind sehr komplexe heterogene Flüssig-flüssig-fest-Gemische mit diversen oberflächenaktiven Substanzen, v.a. Emulgatoren und Netzmittel. Dazu kommt eine mögliche präferenzielle Adsorption von bestimmten Substanzen an den Grenzflächen und der Dreiphasengrenze, welche den Kontaktwinkel und die Messung der Oberflächenspannung verfälschen können. Die Methoden und insbesondere die Wilhelmy-Methode sind sehr anfällig für Verunreinigungen. Viele Messwerte waren nicht plausibel. Außerdem wurde eine pH-Wert-Abhängigkeit beobachtet. Der größte Einflussfaktor ist das Holz als solches, Inhomogenitäten und Richtung der Maserung führen zu großen Abweichungen, weswegen vergleichende Versuche schwierig zu interpretieren sind. Eindeutig ist aufgrund der Kapillardurchmesser die Abhängigkeit der Eindringtiefe von der Schnittrichtung: Entlang der größeren, vertikalen Poren (Tracheen) dringt Lack schneller und tiefer ein als entlang der kleineren, horizontalen Strahlen, was aber nicht direkt mit der Korngrößenverteilung der Pigmentpasten in Verbindung gebracht werden kann.
Die minimalen und maximalen Grenzen der Oberflächenenergie durch Plasmavorbehandlung wurden eruiert. Bei indirekter Entladung (Ar-Plasma) wurde bereits bei 150 W eine signifikante Erhöhung der Oberflächenenergie festgestellt, wobei sich sowohl der polare als auch der disperse Anteil erhöht, der polare jedoch deutlich stärker. Bereits bei 250 W ist die Holzoberfläche mit Sauerstoff abgesättigt, eine weitere Erhöhung der Oberflächenenergie durch Leistungssteigerung, Verlängerung der Verweilzeit oder Vergrößerung des Entladungsspalts ist nicht zu beobachten. Bei direkter Entladung (Luft-Plasma) gelingt ein ähnliches Ergebnis mit geringerem Entladungsspalt. Die Standardabweichung bei Buchenholz ist gering, bei Ahorn hoch, die Tendenz stimmt aber überein. Bei direkter Entladung (Luft-Plasma) gelingt ein ähnliches Ergebnis mit geringerem Entladungsspalt. Bei Direktentladung kann Luft als Prozessgas angewandt werden, da die Entladungsfilamente einen deutlich kürzeren Weg zur Masseelektrode zurücklegen müssen. Aufgrund dessen sind deutlich geringere Spannungen notwendig. Das Prozessgas Luft beinhaltet deutlich mehr Sauerstoff, als es bei Argon 4.6 der Fall ist. Hier sind lediglich geringe Mengen an Sauerstoffrückständen vorhanden. Dementsprechend können auf der Oberfläche mit Luft als Prozessgas deutlich höhere Anteile an reaktiven Sauerstoffspezies erzeugt werden. Dies führt zu einer schnelleren Sättigung der Oberfläche.
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AP 2
AP 2.1
Bei der Evaluierung der Rohstoffe war die Anforderung vordergründig, dass die Bindemittel grundsätzlich den Anforderungen der Europäischen Norm für Spielzeugsicherheit EN 71 Teile 3 bis 9 genügen, und dass diese regional und mit hohem biobasiertem Anteil hergestellt werden. Generell wurden allgemeine technische Daten berücksichtigt, beispielsweise eine hohe Blockfestigkeit der getrockneten Beschichtung, um ein flächiges Zusammenkleben der Kleinteile bei Lagerung und Transport zu verhindern. Bei Acrylaten und Polyurethandispersionen wurde besonders auf eine niedrige Mindestfilmbildetemperatur geachtet, um auch ohne Koaleszenzmittel eine rissfreie Trocknung des Lackes zu gewährleisten.
In den nachfolgenden Arbeitspaketen wurden insgesamt 29 Bindemittel getestet, darunter Alkyd-, PU modifizierte Alkyd-, Acrylat-, Polyurethan-, Hybrid-, Polyvinylbutyral- und stärkebasierte Bindemittel. Davon sind 27 Bindemittel für den 1K-Einsatz vorgesehen, eines ist eine OH-funktionelle Acrylat-Dispersion und eines ein Isocyanat-Härter auf Pentamethylenbasis. Daneben kam ein eisenhaltiges Sikkativ für die oxidativ trocknenden Alkyd- und PU-modifizierten Alkyd-Bindemittel zum Einsatz. Für das einzige 2K-System wurden ein PUR-Verdicker und ein Cellulose-basierter Verdicker getestet.
AP 2.2
Bei der Konzeptionierung der Vorbehandlungsprozesses waren besonders die unterschiedlichen Geometrien der einzelnen Substrate sowohl bei der Auslegung der Plasmaquellen als auch der Fördertechnik zu berücksichtigen. Dabei wurden verschiedenste Plasmaquellen und Fördertechniken so teils ineinander integriert, um eine omnidirektionale Plasmabehandlung zu ermöglichen.
Im Rahmen der ersten Konzeptionierungsmaßnahmen wurde für die Versuche ein Quellenkonzept herangezogen, welches alle relevanten Entladungskonfigurationen in sich vereint. Eigentliches Ziel dieser Entladungsform ist es, homogene Entladungsprozesse unter Ausschluss von Umgebungsluft durchzuführen. Angewendet wurde das rotationssymmetrische Prinzip der Jet-induzierten Gleitentladungsquelle. Idee ist, diese Volumenentladung derart zu optimieren, dass eine allseitige, homogene Behandlung von Spielzeugrohlingen ermöglicht wird. Dazu wurde auf den bestehenden, patentierten Disc-Jet als Plasmaquelle zurückgegriffen. Dabei wurden Elektrodenabstand, elektrische Leistung, Verfahrgeschwindigkeit und Volumenstrom unter Verwendung der beiden unterschiedlichen Entladungsformen variiert. Der Elektrodenabstand von 2 mm, elektrische Leistung P = 250 W und der Volumenstrom (Druckluft als Prozessgas) bei Q = 50 L/min wurden als optimal eingestuft, sodass eine gleichmäßige Plasmaentladung über eine Fläche von ca. 50 cm2 realisiert werden konnte. Da bei der indirekten Entladungsform nur die Oberseite und Randbereiche der Substrate behandelt werden kann, war hierbei eine zweite Behandlung der Rückseite erforderlich.
Bei ersten Konzeptionierungsansätzen zur Fördertechnik wurde das Prinzip einer Gleitbahn, auf welcher die Substrate allein durch Schwerkraft durch die Entladung und anschließend in die Lackiertrommel geführt werden sollten, erprobt. Da runde Substrate wie Zylinder oder auch Kugeln bei dieser Art der Materialförderung den Bereich der Plasmabehandlung jedoch zu schnell passieren würden und flächige Substrate ggf. durch zu viel Reibung gebremst werden könnten, wurde diese Idee wieder verworfen. Als geeignetes Förderkonzept wurde schließlich eine Anordnung von Förderbändern mit strukturierten Oberflächen gewählt, welche ein Weg-rollen der runden Substrate verhindern und bei direkter Entladung eine Behandlung der Substratrückseite durch Plasmabildung in den Hohlräumen zwischen Substrat und Förderband ermöglichen sollte.
Die in diesem Arbeitspaket gewonnenen Daten konnten direkt im AP 4.1 weiterentwickelt werden und in die Konstruktion der Plasmaquelle bzw. des Plasmasystems einfließen.
AP 3
AP 3.1
Zu allen Bindemitteln aus AP 2.1 wurden die jeweiligen Erstformulierungen, bestehend aus Bindemittel und Wasser sowie Sikkativ bei oxidativ trocknenden Systemen in variierenden Zugabemengen (Nullprobe, geringe und maximale Zugabemenge) produziert. Dabei sind die Verhältnisse von Wasser zu Bindemittel so gewählt, dass der Festkörper (bei 2K-Lacken in der Mischung mit dem jeweiligen Härter) 30% beträgt. Sofern die Viskosität so noch sehr hoch lag, wurden zusätzliche Formulierungen mit 15% Festkörper gefertigt.
Die Formulierungen wurden in Anlehnung an DIN EN 13523-11 auf Ihre Beständigkeit gegenüber Speichel- und Schweißsimulanz sowie gegen Isopropanol getestet. Anhand der Ergebnisse wurden die potentiellen Bindemittel mit mindestens guter Beständigkeit für den Decklack ausgesucht. Dabei wurde mit der Beständigkeit der Standardsysteme (Acrylatdispersion, Alkyd-System und 2K-PUR-System) verglichen. Schließlich wurde ein Alkyd-System und ein 2K-PUR-System mit jeweils hervorragender Beständigkeit für die weiteren Versuche ausgewählt. Zur besseren Einarbeitbarkeit des Härters wurde die Viskosität des Stammlackes des 2K-PUR-Systems mithilfe eines Verdickers erhöht.
Für die Auswahl der Formulierungen, die für die Beize in Frage kommen könnten, wurde der Kontaktwinkel auf der Formulierung auf Buchen- und Ahornplatten gemessen, jeweils auf behandeltem und unbehandeltem Holz. Das Kriterium war, dass auf beiden Holzarten der Kontaktwinkel ohne Plasmabehandlung recht hoch sein sollte und nach der Plasmabehandlung möglichst klein bzw. mit hoher Dynamik (= zieht schnell ein). Als Resultat der Prüfungen in AP 3.2 und 5 erwies sich eines der Bindemittel als am geeignetsten. In AP 6 wurden auf derselben Basis zusätzlich unterschiedlich pigmentierte Formulierungen für die Herstellung von verschiedenfarbigen Demonstrator-Objekten genutzt.
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AP 3.2
Die Erstformulierungen aus AP 3.1 wurden auf ihren Kontaktwinkel auf Ahorn- und Buchensubstraten, jeweils mit Plasma behandelt und unbehandelt, hin untersucht. Das Kriterium war, dass auf beiden Holzarten der Kontaktwinkel ohne Plasmabehandlung recht hoch sein sollte und nach der Plasmabehandlung möglichst klein bzw. mit hoher Dynamik (= zieht schnell ein). Dieses Kriterium erfüllten insgesamt sieben Formulierungen. Die Pigmentierung war dabei jeweils identisch mit der des Standardsystems.
Es wurden die Oberflächenenergien der mit diesen Beizen beschichteten Platten überprüft. Außerdem wurden die Kontaktwinkel von potentiellen Decklacken auf den gebeizten Oberflächen gemessen. Mit Ausnahme eines Systems wiesen die Decklacke alle jeweils sehr ähnliche Kontaktwinkel unabhängig von der Plasmavorbehandlung (vor Applikation der Beize) auf. Durch das Beizen wird der Großteil der polaren Gruppen, die durch die Plasmabehandlung erzeugt worden sind, abgedeckt, bei den meisten Beizen sinkt der polare Anteil auf nahezu 0. Eine Ausnahme bildet eine Versuchsbeize, die von der vorherigen Plasmabehandlung einen deutlichen polaren Anteil übrig lässt, welcher für eine nachfolgende Decklackschicht nutzbar bleibt. Es ist davon auszugehen, dass die Beize so gut ins Holz eindringt, dass sie das Werkstück kaum laminiert. Die entsprechende Versuchsbeize wurde für die weiteren Versuche bevorzugt getestet, da hier die Möglichkeit bestand, ohne weitere Behandlung eine verbesserte Spreitung eines Decklackes zu erreichen, wohingegen bei der Verwendung der anderen Beizen die Substrate vor der Decklackierung erneut behandelt werden müssten. In weiterführenden Tests erwies sich diese Beize jedoch als nicht abriebbeständig und für die Trommelapplikation ungeeignet, da sich die Oberflächengüte im Verlauf des Schichtaufbaus durch Abrieb stark verschlechterte. Von den übrigen Versuchsbeizen genügte eine der Anforderungen an die Oberflächengüte, jedoch mit dem Erfordernis der erneuten Plasmabehandlung vor der Decklackschicht.
Im Rahmen des Arbeitspakets wurden folgende Feststellungen gemacht:
1. Der entwickelte Alkyd-Decklack hat eine längere Trocknungszeit als der Standard, wobei berücksichtigt werden muss, dass der Standard eine Abmischung mit einem Acrylat ist.
2. Der 2K-PUR-Decklack ist matt. Weitere Trommelgänge haben keinen glanzerhöhenden Effekt. Im Rahmen von etwaigen Folgeprojekten könnten Versuche mit (biobasierten) Wachsen durchgeführt werden.
3. Einige Versuchsbeizen haben eine längere Trocknungszeit als der Standard.
4. Durch das Weglassen der Additive ergeben sich gegenüber den Standardlacken Preisvorteile.
5. Im Rahmen der Trommelversuche spielt der Kontaktwinkel eine eher untergeordnete Rolle, Lediglich der Beize-/Lackverbrauch und ggf. auch die Farbtiefe stehen damit im Zusammenhang. Bei der Spritzapplikation des Klarlacks auf gebeizten Substraten hingegen werden Benetzungsstörungen durch hohe Kontaktwinkel stark sichtbar.
6. Die Haftzugsfestigkeit ist in allen Fällen sehr hoch, unabhängig von Beize/Lack und Plasmabehandlung.
7. Die Beständigkeiten wurden mithilfe von Photometrie ermittelt. Die Messwerte streuen aufgrund der Inhomogenitäten im Holz sowie in der Beschichtung im Rahmen der Laborversuche stark, dennoch lässt sich ein Trend ablesen: Beide Klarlacke scheinen die Oberfläche vergleichbar zum Standard zu versiegeln, wobei der 2K-PUR-Lack erwartungsgemäß eine bessere Beständigkeit aufweist als das Alkyd-System. Beide Systeme sind jeweils vergleichbar mit dem Standard.
8. Die Plasmavorbehandlung hat in der Regel einen deutlich höheren Verbrauch an Beize zur Folge, wohingegen eine erneute Plasmabehandlung nach der ersten Klarlackschicht den Verbrauch an Klarlack für die zweite Klarlackschicht reduziert. Grund dafür ist wahrscheinlich, dass durch die Behandlung die gebeizte Oberfläche geglättet wird und somit weniger Lack anhaften kann. In den Versuchen zeigte sich eine Korrelation mit den Beständigkeiten dahingehend, dass die Beständigkeit maßgeblich von der Schichtdicke abhängt, das heißt, dass durch geringeren Lackverbrauch aufgrund der Plasmabehandlung eine schlechtere Beständigkeit resultiert. Der Effekt, dass durch den Energieeintrag eine höhere Vernetzung erfolgt, wurde im Rahmen der Beständigkeitstest nicht sichtbar. Allerdings wurde beobachtet, dass der Klarlack-Überschuss nach dem Tauchen der Trommelteile deutlich weniger gefärbt war, wenn nach dem Beizen eine zweite Behandlung erfolgte.
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AP 4
AP 4.1
Die Konstruktion der Plasmaquelle und der zugehörigen Vorrichtung zur Behandlung der Holzsubstrate wurde, unter Berücksichtigung der in der Konzeptionsphase generierten Daten, in Form eines Förderbandsystems realisiert, welches je nach Substratform an die jeweiligen Bedingungen angepasst werden kann. Das Förderband wird dabei mittels Gleichstromgetriebemotor angetrieben, welcher durch eine pulsweitenmodulierte Spannungsversorgung in der Drehzahl eingestellt werden kann. Diese Steuerung erlaubt es, den Motor ab nahezu 0 U/min ansteuern zu können, ohne dass der Motor dabei an Drehmoment verliert. Außerdem zeigte sich dieses Ansteuerungsverfahren in vorherigen Tests als betriebssicher, gerade in Verbindung mit Plasmaanwendungen, welche aufgrund der eingesetzten Spannungen und Frequenzen zu elektromagnetischen Störungen führen können.
Am Förderband wurde eine höhenverstellbare Quellenhalterung angebracht, an welcher verschiedene Plasmaquellen mit unterschiedlichen Geometrien und Entladungscharakteristiken montiert werden können. Die Halterung ist dabei so gestaltet worden, dass die Plasmaquelle im Zweifelsfall vom Band weg ausgelenkt werden kann, um ggf. einem Materialstau oder Teilen mit zu großen Abmessungen ausweichen zu können, ohne den Aufbau zu verstopfen oder gar zu zerstören. Durch diesen Mechanismus können die jeweiligen Plasmaquellen zudem werkzeuglos innerhalb weniger Sekunden getauscht werden, um andere Prozessbedingungen einzustellen. In die Quellenhalterung wurde des Weiteren eine Luftführung zur Absaugung der entstehenden reaktiven Gase (bspw. O3 oder NO¬x¬¬¬) außerhalb der Behandlungszone integriert, um eine unnötige Verbreitung dieser zu verhindern und diese gezielt abführen zu können.
Ein zweites aufgebautes Quellenkonzept sah die planparallele Anordnung eines weiteren Förderbandes zum ersten vor, welches gleichzeitig als Plasmaquelle verwendet werden konnte, wodurch sich weitere Behandlungsoptionen für die omnidirektionale Oberflächenbehandlung realisieren ließen. Durch die unabhängige Ansteuerung der Förderbänder können bestimmte Substrate in eine Rotationsbewegung versetzt werden, wodurch eine umlaufende Plasmabehandlung erfolgen kann. Dabei wurden die beiden Förderbänder federbelastet miteinander verbunden, um einen bestmöglichen Anpressdruck zum Substrat und damit konstante Fortbewegung zu erreichen. Im Test zeigten sich bei diesem Aufbau jedoch Probleme mit der Integration der Plasmaquelle in das Förderband, welche durch zu viele Störfaktoren, wie zum Beispiel Kurzschlüsse bei höheren Behandlungsabständen aufgrund der direkten Entladung zwischen den Förderbändern, nicht prozessstabil betrieben werden konnte, weshalb dieses Konzept nicht weiterentwickelt wurde.
Um bei der indirekten Entladung eine umlaufende Behandlung zu erzielen war es erforderlich, zwei Förderbandsysteme mit je einer Plasmaquelle nacheinander zu schalten, bei welchem die Substrate beim Übergang vom einen auf das andere Förderband gewendet werden können. dies wurde durch einen Höhenversatz der Förderbänder zueinander umgesetzt, wobei der Abstand der Bänder experimentell auf ein bestmögliches Umwälzen der Bauteile optimiert wurde. Außerdem mussten an den Förderbändern seitliche Begrenzungen angebracht werden, die die Bauteile mittig auf den Förderbändern und somit auch zentrisch zu den Plasmaquellen platzieren und zudem am Verlassen des Förderbandes hindern sollen, um möglichst homogene Behandlungsergebnisse zu erzielen. Die Bandgeschwindigkeit lässt sich stufenlos bis auf ca. 10 m/min einstellen, sodass genügend Geschwindigkeitsreserve für weitere Parametereinstellungen vorhanden ist.
AP 4.2
Zum Einstellen des Parameterkorridors des Behandlungsprozesses wird auf einen Tantec HV X 20 Generator samt zugehörigem Transformator zurückgegriffen. Dieser erlaubt durch seine automatische Spannungs- und Frequenzregelung eine optimale Anpassung der Plasmaparameter an das jeweilige Substrat, selbst bei variierender Probenstärke. Zusätzlich dazu sucht der Generator den optimalen Arbeitspunkt für jede Prozessänderung, um zu jederzeit mit höchster Effizienz und Prozessstabilität zu arbeiten. Des Weiteren wird die Plasmaentladung kontinuierlich überwacht, um eventuelle Kurzschlüsse erkennen zu können und ggf. die Entladung zu unterbrechen, wodurch eine ungewollte Zerstörung der Substrate und auch der Plasmaquelle vermieden werden sollen.
Für die Ermittlung der geeigneten Prozessparameter wurden zuerst, wie auch bei der Konzeptionierung des Vorbehandlungsprozesses, plane, ca. 10 mm starke Holzproben aus Rotbuche und Ahorn genutzt, die durch ihre Form sowohl eine direkte als auch indirekte Plasmabehandlung zulassen, aufgrund der ebenen Oberfläche reproduzierbare Prozessbedingungen ermöglichen und die Prozessparameter aus der Konzeptionierungsphase anwenden ließen. Anhand der ermittelten Daten konnten im Folgenden die Prozessparameter auf andere Substratformen mit unterschiedlichen Abmessungen und Oberflächenbeschaffenheiten adaptiert werden, um das Behandlungsverfahren für möglichst viele Substrate und Anwendungen nutzen zu können.
Durch die Aufteilung der Plasmabehandlung bei der indirekten Behandlung in zwei Stufen (vgl. Förderbandkonzepte in AP 4.2) war es erforderlich, beide Entladungen zeitgleich einstellen und überwachen zu können. Hierfür wurde zuerst zwischen Tantec HV-X 20 Generator und den beiden Hochspannungstransformatoren (einer je Plasmaquelle) ein Switch installiert, welcher es erlaubt, mehrere Plasmaquellen mit identischen Parametern zeitgleich und mit nur einem Generator betreiben zu können. Dadurch war es möglich, die zuvor generierten Parameter weiter zu nutzen und den Einfluss zweier aufeinander folgender Behandlungen zu untersuchen. Anstelle des Switches kann außerdem auch ein zweiter Generator installiert werden, durch welchen an beiden Behandlungsstationen auch unterschiedliche Parameter eingestellt werden können, um ggf. verschiedene Prozessgase nutzen oder unterschiedliche Entladungsabstände einzustellen zu können.
AP 4.3
Im Rahmen dieses Arbeitspakets wurden die Wasser- und Lackkontaktwinkel und Oberflächenenergien mittels des Kontaktwinkelmessgeräts DSA100 der Firma Krüss durchgeführt.
Wasserkontaktwinkel: Automatisierte Applikation von 10 DI-Wassertropfen (2 µL) über die Holzoberfläche verteilt. Aus den 10 Messwerten wird anschließend automatisch der Mittelwert und die Standardabweichung gebildet.
Lackkontaktwinkel: Das DSA100 besitzt die Möglichkeit automatisch unterschiedliche Flüssigkeiten auf der Prüfoberfläche zu applizieren. Ermöglicht wird dies durch ein Positioniersystem, was die Flüssigkeit über ein komplexes Schlauchsystem aus dem Reservoir auf die Oberfläche pumpt. Lack ist jedoch ein System, welches dafür konzipiert ist auszuhärten. Das würde es auch in dem erwähnten Schlauchsystem. Aus diesem Grund wurde der Lack manuell über eine einstellbare Mikroliter-Pipette (10 µL) auf der zu prüfenden Holzoberfläche appliziert, um ein langwieriges Austauschen des Schlauchsystems zu verhindern. Die Menge unterscheidet sich aufgrund der unterschiedlichen Viskositäten zu den automatisiert aufgebrachten Flüssigkeiten Wasser und Diiodmethan. Bei nahezu allen Versuchen konnte eine signifikante Reduzierung des Kontaktwinkels erreicht werden.
Oberflächenenergie: Zu diesem Zweck wird sowohl eine polare Flüssigkeit (DI-Wasser) als auch eine disperse Flüssigkeit (Diiodmethan) auf der Prüfoberfläche appliziert. Hierzu werden jeweils 5 Flüssigkeitspaare der beiden Flüssigkeiten auf die Oberfläche in Tropfenform (2 µL) aufgebracht. Die Kontaktwinkel beider Flüssigkeiten werden erfasst und jeweils der Mittelwert und die Standardabweichung gebildet. Über die OWRK-Methode wird anschließend automatisch die Oberflächenenergie berechnet, welche in mN/m angegeben wird. In Abbildung 14 sind die Leistungsstudien in Form der jeweils erreichten Oberflächenenergie (Polar, Dispers, Gesamt) zur unbehandelten Referenz gegenübergestellt. Insbesondere am polaren Anteil ist die Sättigung bereits bei 150 W eingespeister Leistung festzustellen. Eine Erhöhung der Leistung führt bestenfalls zu gleichbleibenden polaren Anteilen.
AP 5
Dieses Arbeitspaket überschneidet sich in großen Teilen mit AP 3, 4 und 6: Insbesondere die Fertigstellung eines Demonstrators, d.h. sowohl der Bau des Funktionsmusters als auch die Herstellung von beschichten Holzteilen mit dem entwickelten Lacksystem unter Zuhilfenahme des Funktionsmusters (Plasmaanlage) lässt sich als Feldversuch einordnen.
Energieverbrauch (Plasmaanlage, Luft-Plasma): Die gesamte Anlage (Trafos, Frequenzgeneratoren, Switches, Steuerungsgeräte, Förderbänder, Behandlungsgut-Vereinzeler, Kompressor und Absaugung) weist einen Verbrauch von ca. 0,11 kWh elektrischer Energie pro kg Holzkleinteile pro Durchgang auf.
AP 6
Nachdem das im AP 4.1 entwickelte System aufgebaut und erprobt wurde, konnte für das Gesamtsystem ein Gehäuse hergestellt werden, in welchem die Steuerungstechnik für die Förderbänder, die Prozessgasregelung und die komplette Stromversorgung integriert wurde und welches durch die Umhausung der Plasmaentladung ein noch effektiveres Absaugen der bei der Behandlung entstehenden Abgase erlaubt. Das Gehäuse wurde dabei im Wesentlichen aus Konstruktionsprofilen aufgebaut und mit Aluminium und Acrylglasplatten verkleidet. Zur Bedienerseite erhielt der Aufbau zum Einstellen der Anlage und für Wartungszwecke Schiebetüren. Des Weiteren wurde der Aufbau durch einen Vibrationsförderer zur Materialzuführung erweitert, welcher sich in seiner Schwingamplitude auf verschiedene Substrate einstellen lässt. Dieser erlaubt zudem die Vereinzelung der jeweiligen Holzproben und verteilt diese möglichst gleichmäßig auf dem Förderband. Außerdem dient die auf dem Vibrationsförderer montierte Schütte gleichzeitig als Vorratsbehälter zur Beschickung der Anlage, um bis zu 2 kg Probenmaterial vorhalten zu können. Auf der Oberseite der Anlage befinden sich direkt oberhalb der Plasmaquellen die Montagehalterungen für die Hochspannungstransformatoren, wobei deren Hochspannungsseiten ins Innere der Anlage zeigen und somit nicht von außen zugänglich sind. Dabei sind die Transformatoren außerhalb der Behandlungskammer gehalten worden, damit deren Kühlsystem keinen Holzstaub ansaugt, welcher durch die Plasmabehandlung aufgewirbelt werden kann.
Es wurden Holzteile mit dem entwickelten Lacksystem unter Zuhilfenahme des Funktionsmusters beschichtet: Es wurde nach einer Plasma-Vorbehandlung in 12 verschiedenen Farben gebeizt, danach zweischichtig ohne weitere Behandlung mit dem 2K-PUR-Klarlack versiegelt.
AP 7
Energiebilanz und CO2-Fußabdruck: Die Datenlage zu Energiebilanz und Product Carbon Footprint (PCF) ist derzeit noch dürftig. Von Rohstoffen der entwickelten Beizen und Lacke sowie der zu vergleichenden Standardsysteme liegen die PCF-Datenblätter nur vereinzelt vor, der Vergleich mit den Standardsystemen gelingt daher überwiegend mithilfe von Analogieschlüssen. Grundsätzlich ist eine solche Bewertung fehleranfällig, beispielsweise liegen den vorliegenden PCF-Datenblättern weitere Analogieschlüsse und Rückgriffe auf Datenbanken zugrunde, wenn (einzelne) Rohstofflieferanten keine Daten zur Verfügung stellen können/wollen. Auch ist nicht ersichtlich und nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelbar, inwieweit bereits in der Vorkette (Produktion und Transport von Rohstoffen) erneuerbare oder fossile Energieträger eine Rolle spielen. Somit korreliert der PCF nicht zwangsläufig mit der Energiebilanz. Insgesamt ist sowohl bei der PlasmAdd-Beize als auch bei den PlasmAdd-Klarlacken von einer deutlich besseren Energiebilanz gegenüber dem jeweiligen Standardsystem auszugehen. Die Plasmabehandlung trägt mit 0,11 kWh pro kg Holzkleinteile pro Durchgang in der Gesamtbetrachtung nicht nennenswert zum CO2-Fußabdruck bei.
Nachwachsende Rohstoffe: Die entwickelte Beize enthält 35% NaWaRo in Bezug auf den nichtflüchtigen Anteil. Der entwickelte Alkyd-Decklack enthält 64% NaWaRo, ebenfalls auf die Trockenmasse bezogen. Der entwickelte 2K-PUR-Decklack enthält 43% NaWaRo im getrockneten Lackfilm (inkl. Härter).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse wurden in einem Interview sowie in einem Fachbeitrag (beide veröffentlicht in der FARBE UND LACK) sowie in einem Image-Film dargestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Fazit
Die Projektziele wurden weitestgehend erreicht und teilweise übertroffen. Umfang, tatsächlicher Arbeitsaufwand und zeitliche Umsetzung der Arbeitspakete wichen teilweise stark von der Planung im Projektantrag ab. Die Abstimmung der Projektpartner und flexible Anpassung war zu jeder Zeit gegeben. Aufgrund der personellen Gegebenheiten und fachbezogenen Aufteilung der tatsächlich angefallenen Arbeit unter den Projektpartnern war es erforderlich, die Projektlaufzeit von ursprünglich 24 Monaten auf 30 Monate zu verlängern. Im Projekt konnte ein PlasmAdd-System, bestehend aus Plasmabehandlung und klassischem Schichtaufbau (Beize + Klarlack) bei Verzicht auf zusätzliche Additive entwickelt werden, wobei TRL 4-5 erreicht wurde. Zur Erreichung der Marktreife (TRL 9) sind weiterführende Folgeprojekte erforderlich.