Technische Hochschule Bingen
Berlinstr. 109
55411 Bingen
Hitzerekorde, Starkregen und Hochwasser - diese Klimafolgen berühren schon heute zentrale Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. In der kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie bildet die Durchgrünung ein zentrales kommunales Steuerungselement innerhalb der Klimaanpassung.
Viele Gemeinden haben allerdings das Problem, dass sie aufgrund ihrer ehrenamtlichen Verwaltungsstrukturen nicht über Fachplanende bzw. eigene Umweltämter verfügen, welche die kommunalen EntscheidungsträgerInnen fachlich bei der Anpassung ihrer Grünstrukturen an den Klimawandel unterstützen können. Dies gilt insbesondere für kleinstrukturierte Kommunen, zu denen ca. 70 Prozent aller Gemeinden in Deutschland zählen.
Daher besteht ein Bedarf an der Entwicklung praxisorientierter Unterstützungsinstrumente, damit im kommunalen Entscheidungsprozess klimaschützende und klimaangepasste Begrünungen fachgerecht und rechtssicher umgesetzt werden können. Den verantwortlichen kommunalen Akteuren fehlen praktisch anwendbare Werkzeuge, die über beispielhafte Darstellungen hinausgehen und die Kommunen interaktiv während der Umsetzung und Anpassung ihrer Begrünungskonzepte begleiten.
Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Begrünungskompasses zur fachgerechten und rechtssicheren Umsetzung kommunaler Grünstrukturen. Der Kompass umfasst fünf Module und dient der Identifikation geeigneter Begrünungskonzepte. Er verdeutlicht den Anwendern, unter Einbezug standortspezifischen Voraussetzungen, die durch die Maßnahme zu erzielenden Ent-lastungspotenziale (ökologisch/ökonomisch).
Zusätzlich dienen Modellflächen der Stadt Stromberg dazu, den unterschiedlichsten Akteursgruppen den ökologischen Nutzen sowie die Vorgehensweise zur Anlage nachhaltiger Begrünungskonzepte zu verdeutlichen. Im Fokus der Modellflächen steht die Förderung der Artenvielfalt mittels insektenfördernder Grünstrukturen in Form von Blühwiesen und -inseln, Blumenrasen und themenspezifischen Pflanzbeeten. Die Akteure werden bei der Planung, Umsetzung und langfristigen Pflege dieser Begrünungselemente mit ihren vielfältigen Biotopsstrukturen und ökologischen Trittsteinfunktionen durch themenspezifische Stationen zur Selbstanleitung unterstützt. Die Flächen mit den verschiedenen Pflanzelementen haben darüber hinaus die Funktion, kommunale VertreterInnen und MitarbeiterInnen der Bauhöfe frühzeitig in den Gestaltungsprozess einzubinden und auf diese Weise das Bewusstsein der MitarbeiterInnen zur Umsetzung ökologischer Pflanz- und Pflegekonzepte zu schärfen und so dauerhaft den ökologischen Entwicklungsprozess der Kommune zu verbessern.
Nach einer Erprobungsphase des Begrünungskompasses durch die kommunalen VertreterInnen erfolgt die Bereitstellung der Systemkomponenten auf einer internetbasierten Informations- und Kommunikationsplattform.
Ein wesentliches Ziel ist es, eine Erlebnisfläche gezielt in die Umweltbildung der ortsansässigen Bildungsstätten und regionalen Naturschutzverbände zu integrieren. Die interkommunale Zusammenarbeit wird durch das Projekt gestärkt und ausgebaut. Durch die enge Zusammenarbeit mit den KlimaschutzmanagerInnen benachbarter Kreise, aber auch ehrenamtlich beteiligter Verbände, ist eine Verbreitung der Ergebnisse in die Öffentlichkeit gesichert. Der Standort der Modell- und Demonstrationsflächen gilt inmitten von Rheinland-Pfalz als verkehrsgünstig zu erreichen und ist zudem gut an das Wanderwegenetz angeschlossen.
Hierzu werden im Projektverlauf, aber auch über das Vorhaben hinaus, in der Arbeitsgruppe „Stromberg blüht“ die Begrünungsaktivitäten der einzelnen Gemeinden gebündelt und als eine Aktivität in das (Über-)Regionale Wegeleitsystem kommunaler Grünstrukturen eingepflegt.
Zahlreiche Multiplikatoren begleiten das Vorhaben und sorgen für einen breiten Transfer der Projektergebnisse. Die digitale Informationsplattforminformiert regelmäßig über die Fortschritte und themenspezifische Informationsveranstaltungen im Projekt, ergänzend hierzu erfolgen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften.
In Form eines Seminars „Umweltrelevante Festsetzungsmöglichkeiten in der Bauleitplanung“ werden kommunale VertreterInnen und zuständige VerwaltungsmitarbeiterInnnen für eine „Rechtssichere Umsetzung – Kommunale und private Handlungsmöglichkeiten im Bestand und in der Siedlungsentwicklung“ sensibilisiert.
Die offizielle Eröffnung des Lehrpfads erfolgt unter Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit. Auf Anfrage haben Kommunen zukünftig die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen, um Eindrücke zur Eigengestaltung ihrer Grünstrukturen zu erhalten.
Der in dem Vorhaben zu entwickelnde Begrünungskompass besteht aus fünf miteinander vernetzten Modulen und dient der Identifikation geeigneter Begrünungskonzepte. Er verdeutlicht den Anwendenden anhand geeigneter Indikatoren, unter Einbezug standortspezifischer Voraussetzungen, die durch die Maßnahme zu erzielenden Entlastungspotenziale in ökologischer und ökonomischer Hinsicht.
Im Modul 1 „Kataster Bestands- und Planflächen“ werden kommunale Grünelemente unter Einbezug der Flächengrößen und Standorteigenschaften (Größe, Standort, Flächennutzung und -funktion, Exposition etc.), erfasst.
Die Anwendenden erhalten mittels einer „interaktiven Vorschlagsfunktion“ eine entsprechende Empfehlung standortspezifischer Grünkonzepte. Mit der in Modul 1 vorgesehenen „interaktiven Vorschlagsfunktion“ gelangen die AnwenderInnen über eine Verknüpfung unmittelbar über Modul 2 „Konzepte zur standortspezifischen Begrünung“ auf eine webbasierte Plattform, welche umfassend über erforderliche Pflegemaßnahmen der gelisteten kommunalen Grünstrukturen/-elemente informiert.
Im Hinblick auf eine nachhaltige Haushaltsplanung sind die zukünftigen Herstellungs- und Pflegekosten sowohl im Hinblick auf die personellen als auch finanziellen Ressourcen abzuschätzen und in die Haushaltsplanungen der Gemeinde einzubeziehen.
Das Modul 3, der „Kostenrechner“, ermittelt auf Grundlage des Bestands und der geplanten Maßnahmen die Kostenaufwendungen (Material, Personal, laufende Unterhaltung etc.) zur Umsetzung der Maßnahme. Weiterhin bewertet die Komponente die gegenwärtigen Aufwendungen, die für die Bestandsflächen anfallen, mit den Kosten des Plankonzepts und ermittelt die zu erzielenden Einsparungen (wirtschaftliche Amortisation) aufgrund der Maßnahme (z.B. Reduzierung der Mäharbeiten bzw. Unterhaltungsmaßnahmen, Einsparung von Pflanzgut).
Das Modul 4 „Umweltentlastungspotenziale“ bewertet die mit der Umgestaltung verbundenen Umweltentlastungspotenziale, hierzu zählen insbesondere mikroklimatische Einflüsse, Verschattungseffekte, Potenziale der Grundwasserneubildung und CO2-Bindungen sowie der Nützlingsförderung durch die Begrünung. Bewertung der Begrünungskonzepte im Hinblick auf ihre Umweltwirkungen Grünstrukturen in Städten beeinflussen die Naturschutzgüter (Klima/Luft, Boden/Wasser, Mensch, Pflanzen/Tiere und Landschaft) in unterschiedlichen Aspekten positiv. Zwischen den einzelnen Schutzgütern existieren vielfache Wechselwirkungen, welche den AnwenderInnen in Form von Wirkungsketten aufgezeigt werden. Diese quantitative Bewertung basiert vorrangig auf Indikatoren, die grundsätzlich gebietsunabhängig angewandt werden können.
Zudem wird das Tool die CO2-Bindungs- und Verminderungspotential der in Modul 1 gelisteten kommunalen Grünstrukturen/-elemente bewerten.
Modul 5 – „Rechtssichere Umsetzung“ soll den verantwortlichen Organen die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Als ein klassisches Beispiel kann neben bauplanungsrechtlichen Festsetzungen die Ausgestaltung einer Grün- und Gestaltungssatzung genannt werden, aber auch städtebauliche Verträge können, je nach den örtlichen Gegebenheiten, ein geeignetes Instrument sein. Der Begrünungskompass enthält hierzu entsprechende Vorschläge durch bereitgestellte Musterbeispiele.
Zusätzlich dienen Modellflächen der Stadt Stromberg dazu, den unterschiedlichsten Akteursgruppen den ökologischen Nutzen sowie die Vorgehensweise zur Anlage vielfältiger Begrünungskonzepte zu verdeutlichen. Die Fläche hat die Funktion, kommunale VertreterInnen und MitarbeiterInnen der Bauhöfe frühzeitig in den Gestaltungsprozess einzubinden und auf diese Weise das Bewusstsein der MitarbeiterInnen zur Umsetzung ökologischer Pflanz- und Pflegekonzepte dauerhaft in den ökologischen Entwicklungsprozess der Kommune zu integrieren. Um insbesondere junge Besuchergruppen zu sensibilisieren werden auf den Flächen Verweise mittels QR-Codes angebracht, die eine Vernetzung mit einer onlinebasierten Plattform herstellen.
Damit heben sich die Demonstrationsflächen von klassischen Umweltlehrpfaden ab. Die Planung, Umsetzung und langfristige Pflege dieser Begrünungselemente mit ihren vielfältigen Biotopsstrukturen und ökologischen Trittsteinfunktionen wird den NutzerInnen durch themenspezifische Stationen zur Selbstanleitung verdeutlicht. Die in dem digitalen Begrünungskompass verankerten Pflanzgrundkonzepte und wesentlichen Informationen werden parallel in einem gedruckten Handlungsleitfaden dargestellt.
Das (über-)regionale Wegeleitsystem kommunaler Grünstrukturen umfasst best-practice Bespiele der Gemeinden im Bereich Begrünung. Zur Wiedererkennung wird im Projektverlauf ein Logo in Verbindung eines QR Code entworfen, dass die teilnehmenden Gemeinden an zentralen Orten kennzeichnen. Alle interessierte Gemeinden sind aufgerufen sich zu beteiligen.
Die Module des Kompasses werden in einer benutzerfreundlichen Anwendungsbroschüre erläutert. Die Ergebnisse des Projekts finden sich gebündelt auf einer Webseite (http://begruenungskompass.de ), der alle erarbeiteten Informationsmaterialen entnommen werden können. Mithilfe des Bausteins der Flächenidentifikation können kommunale Grünflächen und -elemente unter Einbezug der Flächengröße und Standorteigenschaften (Topografie, Flächennutzung und -funktion etc.) erfasst werden. Für die Umsetzung einer klimaangepassten und nachhaltigen Begrünung stehen Kommunen im Begrünungskompass 36 verschiedene Pflanzkonzepte zur Verfügung, die die Bereiche des Begrünungsmanagements, Siedlungsgrüns, der privaten Gartenstrukturen sowie Sonderstrukturen umfassen. Das Modul der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ermittelt auf Grundlage des Bestands und der geplanten Maßnahmen die Kostenaufwendungen zur Umsetzung der Konzepte (Material, Personal, laufende Unterhaltung etc.). Dabei bewertet die Komponente die gegenwärtigen Aufwendungen, die für die Bestandsflächen anfallen, mit den Kosten des Plankonzepts und ermittelt die zu erzielenden Einsparungen (wirtschaftliche Amortisation) aufgrund der Maßnahme (z.B. Reduzierung der Mäharbeiten bzw. Unterhaltungsmaßnahmen, Einsparung von Pflanzgut). Das Modul „Umweltwirkungen“ bewertet die mit der Umgestaltung verbundenen Umweltentlastungspotenziale. Hierzu zählen insbesondere mikroklimatische Einflüsse, Verschattungseffekte, Potenziale der Grundwasserneubildung und CO2-Bindungen sowie der Nützlingsförderung durch die Begrünung. Grünstrukturen in Städten beeinflussen die Schutzgüter (Klima/Luft, Boden/Wasser, Mensch, Pflanzen/Tiere und Landschaft) in unterschiedlichen Aspekten positiv. Maßnahmen zur Begrünung können in vielfältigen städtebaulichen Konstellationen durchgeführt und durch verschiedene rechtliche Instrumente abgesichert werden. Besonders sinnvoll und kosteneffizient sind Maßnahmen, die im Rahmen der Ausweisung neuer Bau- oder Gewerbegebiete von Anfang an mit eingeplant werden. Die dabei zu beachtenden rechtlichen Anforderungen werden in dem Leitfaden „Rechtssichere Umsetzung“ erläutert, dabei wird auch auf Maßnahmen im Bestand eingegangen. Die Modellflächen der Stadt Stromberg als Kooperationspartner des Projektes verdeutlichen unterschiedlichen Akteursgruppen den ökologischen Nutzen sowie die Vorgehensweise zur Anlage nachhaltiger Begrünungskonzepte.
Begrünungskompass für KommunenDie Stadt Stromberg hat bereits während der Projektlaufzeit fortlaufend auf das Projekt hingewiesen. So wurden neben Hinweisen bei städtischen Veranstaltungen, Flyer in, Flyerkästen an touristischen Standorten (Wohnmobilstellplatz) hinterlegt und es erfolgte eine regelmäßige Informationsbereitstellung, insbesondere auch auf der Projekt-Homepage. Die Projektstruktur umfasst zudem einen städtischen Rundwanderweg, sowie eine Wanderwegstruktur über die Stadtgrenzen Strombergs hinaus. Die verbandsangehörige Nachbargemeinde Schöneberg hat sich bereits an der Vernetzung beteiligt. An einzelnen Standorten wurden DIN4 Tafeln angebracht und an den Begrünungselementen platziert. Diese Maßnahme dient auch der Umweltbildung, da Hintergrundinformationen zum Nutzen der Maßnahme so transportiert werden. Auf Anfrage erhalten interessierte Kommunen die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen, um Eindrücke zur Eigengestaltung ihrer Grünstrukturen zu erhalten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Klimaschutzmanagern benachbarter Kreise, aber auch durch ehrenamtlich beteiligte Verbände, ist eine Verbreitung der Ergebnisse in die Öffentlichkeit gesichert.Im Rahmen der Lehre werden die Ergebnisse des Projektes an der TH-Bingen fortlaufenden eingesetzt.
Die Vorgehensweise im Rahmen des Projekts hat sich bewährt. Die gute Kooperation zwischen der Hochschule und der Stadt Stromberg war eine der entscheidenden Vo-raussetzungen für das Gelingen des Projektes. Die große Bereitschaft der Stadt, die ge-meinsam erarbeiteten Maßnahmen umzusetzen, ist hier besonders hervorzuheben.
Folgende Schlussfolgerungen können zusammenfassend getroffen werden:
Die Gestaltung der öffentlichen, kommunalen Flächen erfüllt eine Vorbildfunktion hin-sichtlich der ökologischen und nachhaltigen Bepflanzung.
Besonders viel Potenzial für die Anlage von ökologischen Grünstrukturen bieten Grund-stücke mit großen, unbebauten Freiflächen. Diese können mittels Begrünungen zur Verringerung der Flächenversiegelung und gleichzeitig zur Temperaturreduktion beitragen. Deshalb sollten nicht nur im öffentlichen Raum Begrünungsmaßnahmen umge-setzt werden, sondern Pflanzungen bei der Aufstellung des Bebauungsplanes auch für private Flächen verbindlich festgesetzt werden. Die Erlassung einer Grünsatzung stellt, neben dem Bebauungsplan, für Kommunen ein Mittel dar, um die Gestaltung von privaten Grünflächen zu beeinflussen.
Die Integration der Begrünung im Bebauungsplan setzt Willen und Motivation von kommunalen Entscheidungsträgern voraus. Daher sollen die aufgezeigten Begrünungsmöglichkeiten für öffentliche und private Flächen, als Teil des Projektes „Begrünungskompass für Kommunen“, die Umsetzung in der Praxis erleichtern.