Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald
National Park Monitoring and Animal Management
Freyunger Str. 2
94481 Grafenau
In den letzten Jahren wurden im Nationalpark Bayerischer Wald (NPBW) sowie in Nationalparks weltweit ein Anstieg der Besucherzahlen beobachtet. Zeitgleich kam es im Bereich des Outdoorsports zu einer immer weiter voranschreitenden Digitalisierung, wodurch digitale und soziale Medien auch für Nationalparkbesucher eine immer größere Rolle spielen. So werden beispielsweise Outdoor-Routenportale von Besuchern verwendet, um Informationen zu sammeln, Routen zu planen oder diese mit anderen Nutzern zu teilen. Dies birgt jedoch vor allem in Schutzgebieten Potential für Konflikte, da es dadurch zur unkontrollierten Verbreitung von teils unzulässigen Wander- und Radrouten kommt. Dies wiederum kann ein hohes Störungspotential auf Wildtiere mit sich ziehen, was sich negativ auf die Naturschutzziele auswirken kann. Die Nutzung digitaler Medien eröffnet jedoch auch Chancen für Schutzgebiete. So können beispielsweise Regeln und Vorschriften über Online-Plattformen breiten Bevölkerungsschichten nahegebracht und das Besucherverhalten durch die bereitgestellten Inhalte und Informationen beeinflusst werden. In immer mehr Schutzgebieten steigt aktuell das Bewusstsein für die aus der Nutzung digitaler Medien resultierenden Probleme sowie Chancen und es wird ein klarer Handlungsbedarf im Bereich des digitalen Besuchermanagements erkannt.
Ziel des Projekts ist es zu ermitteln, ob durch die Kontrolle und Beeinflussung der auf den Online-Plattformen von Outdoor-Apps bereitgestellten Daten das Besucherverhalten und die Wegenutzung in Nationalparks beeinflusst werden kann. Hierdurch sollen negative Auswirkungen der Besucher auf die Ökosysteme im Nationalpark abgeschwächt werden. Dies kann als digitales Besuchermanagement verstanden werden. Als Zwischenziel wurde hierfür eine Methode entwickelt, um Daten von Online-Plattformen für ein digitales Besuchermonitoring zu verwenden. Das Projekt wurde durch die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald durchgeführt.
Im Fokus des Projekts steht die Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung von Maßnahmen des digitalen Besuchermanagements. Mit diesen Maßnahmen sollen Schutzgebietsverwaltungen den Herausforderungen, die infolge der Digitalisierung der Erholungsnutzung entstehen, entgegenwirken.
Zu Beginn des Projekts wurde eine Erhebung zur Nutzung digitaler Medien in deutschen Nationalparks durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen der Befragung wurden Maßnahmen des digitalen Besuchermanagements entwickelt und im NPBW erprobt. Anhand eines im Rahmen dieses Projekts entwickelten digitalen Besuchermonitoringsystems unter Verwendung digitaler Datenquellen erfolgte die Evaluierung der durchgeführten Managementmaßnahmen.
Das Projekt war in vier Arbeitspakete gegliedert:
1. Erfassung des Status quo zum digitalen Besuchermanagement in anderen Nationalparks mittels einer Befragung.
2. Entwicklung eines digitalen Besuchermonitorings und Validierung dessen mit klassischen Methoden des Besuchermonitorings (z.B. automatische Zählgeräte im Gelände).
3. Planung und Durchführung von digitalen Managementmaßnahmen. Hierbei werden Best-Practice-Beispiele, die über die Befragung im Arbeitspaket 1 erfasst wurden, erprobt und in die Praxis umgesetzt.
4. Evaluierung der Wirksamkeit der Managementmaßnahmen mithilfe des in Arbeitspaket 2 entwickelten Besuchermonitoringsystems. Hierbei wurden zum einen die Effekte auf Besucher und potenzielle Änderungen in deren Bewegungsmustern ausgewertet, zum anderen die Auswirkungen auf das Verhalten von Wildtieren ermittelt.
5. Vorstellung der Projektergebnisse für die Naturschutzpraxis über einen Workshop mit praktischen Elementen, in denen die Methoden des digitalen Besuchermanagements vermittelt wurden.
Die zu Projektbeginn durchgeführte Befragung zeigte, dass die deutschen Nationalparks sowohl Chancen als auch Herausforderungen in der voranschreitenden Digitalisierung sehen. Chancen werden insbesondere in der Etablierung neuer Methoden zur Besucherinformation und für das Besuchermonitoring gesehen; Herausforderungen in der unkontrollierten Verbreitung von digitalen Inhalten und einer damit einhergehenden Zunahme von Besuchern abseits der offiziellen Wege sowie in vormals wenig bekannten störungsempfindlichen Gebieten.
Das im NPBW etablierte digitale Besuchermonitoring konnte detaillierte Einblicke in die räumliche und zeitliche Verteilung der Besucher bieten. Über ein Verschneiden mit dem Wegenetz konnten auch regelwidrige Aktivitäten identifiziert werden. Die Erschließung weiterer Datenquellen stellt eine Herausforderung dar, da nur wenige Plattformen bereit sind ihre Daten mit Schutzgebieten zu teilen. Parallel zum Besuchermonitoring wurde ein digitales Besuchermanagement aufgebaut. Insbesondere die Digitalisierung der Regeln, die auf den Wegen im Nationalpark gelten, wurde in OpenStreetMap (OSM) systematisch ausgebaut. Zusätzlich wurde Kontakt mit Plattformbetreibern und –Nutzern aufgenommen, um diese für die Belange des Naturschutzes zu sensibilisieren. Zusätzlich wurden offizielle Routenvorschläge auf die einschlägigen Tourenportale geladen, um das offizielle Wegenetz zu bewerben.
Die Evaluierung der Bearbeitung von OSM konnte keinen signifikanten Effekt auf die Regelhaftigkeit der auf Tourenportalen hochgeladenen Inhalte finden. Möglicherweise reichten die zur Verfügung stehenden Daten nicht aus, um einen solchen Trend festzustellen. Es ist aber auch möglich, dass die Effekte sich erst über längere Zeiträume zeigen werden. Die Bewerbung des offiziellen Wegenetzes über Routenvorschläge kann als erfolgreich angesehen werden, da die Reichweite der vom Nationalpark erstellten Routen im Median höher ist, als die von Routen anderer Urheber.
Im Rahmen des Projekts wurden drei Vorträge bei wissenschaftlichen Fachkonferenzen gehalten und eine universitäre Lehrveranstaltung organisiert. Des Weiteren nahmen Projektmitarbeiter an mehreren Workshops teil. Über einen Vortrag bei der Jahrestagung der AG Forschung und Monitoring der Nationalen Naturlandschaften e.V. konnten die Projektergebnisse mit Mitarbeitern zahlreicher deutscher Großschutzgebiete geteilt werden. Des Weiteren wurde zum Projektabschluss ein Online-Workshop durchgeführt, an dem mehrere Nationalparks aus Deutschland und Österreich teilnahmen. In diesem Workshop wurden die im Projekt entwickelten Managementmethoden durch interaktive Übungen vermittelt, sodass die Teilnehmer diese in ihren eigenen Parks anwenden können. Zu Projektabschluss waren bereits zwei Artikel in renommierten Fachzeitschriften erschienen, zwei weitere befinden sich in der Vorbereitung zur Publikation.
Artikel: The digitalization of outdoor recreation: Global perspectives on the opportunities and challenges for protected area managementArtikel: Digitalisierung im Besuchermanagement - Nationalparks sehen Chancen und Herausforderungen.Die Mehrheit der deutschen Nationalparks sieht das digitale Besuchermanagement positiv und plant, es verstärkt einzusetzen. Im NPBW hat sich das digitale Besuchermanagement bewährt. Regeln wurden in OSM integriert und von Tourenportalen genutzt. Besucher wurden über soziale Medien sensibilisiert und auf regelwidriges Verhalten hingewiesen. Ein direkter Effekt der Managementmaßnahmen auf die Besucheraktivität konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Allerdings war die Aussagekraft dieser Analyse durch die geringe Datenverfügbarkeit eingeschränkt. Die Fortsetzung des digitalen Besuchermonitorings soll sicherstellen, dass mögliche zukünftige Effekte erkannt werden. Das digitale Besuchermonitoring bietet detaillierte räumliche und zeitliche Einblicke in die Besucheraktivität. Daten von Tourenplattformen ermöglichen hierbei eine hoch aufgelöste Darstellung der Besucherverteilung, doch der Datenaustausch wird u.a. durch Datenschutzbedenken der Plattformbetreiber erschwert. Um den Zugang zu anonymisierten Daten zu verbessern, soll der Kontakt zu den Plattformen weiter ausgebaut und Datennutzungsvereinbarungen angestrebt werden.