Projekt 36093/01

Praxisnahe Maßnahmen für einen nachhaltigen Klimaschutz in der Milchviehhaltung – Lösungsstrategien unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsindikatoren

Projektträger

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - LfL Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur Agrarstruktur und Umweltökonomik
Menzinger Str. 54
80638 München
Telefon: +4908917800228

Zielsetzung

Die Milchkuhhaltung gehört zu den bedeutendsten Emittenten von Treibhausgas (THG)-Emissionen innerhalb der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Deutschland. Gleichzeitig erbringt sie durch die Produktion hochwertiger Lebensmittel auf anderweitig für den Menschen nicht nutzbaren Flächen – wie Grünland - ökologische und soziale Leistungen, die bewahrenswert sind. So ermöglicht die Milchkuhhaltung den Erhalt von Dauergrünland als Lebensraum, Landschaftsbild und Kohlenstoffspeicher. Zur Erreichung politisch beschlossener THG-Minderungsziele müssen geeignete Maßnahmen zur Minderung von THG-Emissionen identifiziert werden, die von den Milchviehbetrieben auch umgesetzt werden. Dabei sollen die von der Milchviehhaltung erbrachten Leistungen nach Möglichkeit erhalten oder verbessert werden.

Das Klimaschutzpotential der Milchviehhaltung wird derzeit nicht umfassend erfasst und ausgeschöpft. Aktuell verwendete Methoden zur THG-Bilanzierung, sowie zur Bewertung betrieblicher Nachhaltigkeit, sind oft nicht in der Lage Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten zu modellieren. Zielkonflikte werden somit ausgeblendet und THG-Vermeidungskosten können nicht abgebildet werden. Eng gesetzte Systemgrenzen in der bisherigen THG-Bewertung können zudem zu Verlagerungseffekten von THG-Emissionen führen. Zum Auflösen der genannten Konflikte sind an Standort und Betriebsstrategie orientierte Lösungen erforderlich.

Ziel des Projektvorhabens ist die Identifikation und Bewertung von Maßnahmen zur THG-Minderung für verschiedene Betriebsstrategien in der Milchviehhaltung unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsindikatoren. Zur Visualisierung der Ergebnisse wird eine freizugängliche, nutzerfreundliche Internetanwendung - ein sogenanntes Dashboard - erstellt. Das Dashboard besteht aus drei Elementen: 1) Darstellung der verschiedenen THG-Minderungsmaßnahmen in der Milchviehhaltung, 2) Visualisierung der Wechselwirkungen von THG-Minderungsmaßnahmen und ausgewählten Nachhaltigkeitsindikatoren innerhalb verschiedener Betriebsstrategien und Regionen 3), Leitfaden zur Identifikation und Bewertung geeigneter THG-Minderungsmaßnahmen und Betriebsstrategien unter Mitwirkung lokaler Stakeholder.

Arbeitsschritte

Das Projektvorhaben gliedert sich in fünf Arbeitspakete (AP).

Im Rahmen von AP1 erfolgt auf Basis einer Literaturauswertung und von Experteninterviews die Identifikation typischer Betriebsstrategien für die Regionen der Fallstudien. Diese Betriebsstrategien bilden die Basis für die Identifikation und Bewertung von THG-Minderungsmaßnahmen im weiteren Projektverlauf. Für jede Betriebsstrategie werden je 2-3 Praxisbetriebe in beiden Fallstudien ausgewählt. Daraufhin erfolgt die Identifikation von regions- und betriebsstrategiebezogenen Nachhaltigkeitsindikatoren auf Basis einer Literaturauswertung und in Experteninterviews. AP1 wird abgeschlossen durch einen Stakeholder-Workshop zur Identifikation von THG-Minderungsmaßnahmen für die unterschiedlichen Betriebsstrategien in den Untersuchungsregionen. Dabei sollen auch innovative Maßnahmen, die in der Praxis noch nicht weit verbreitet sind, identifiziert werden. Dieses Vorgehen erlaubt durch die Einbeziehung überregionaler Experten eine Identifikation von THG-Minderungsmaßnahmen, welche für die untersuchten Betriebsstrategien auch in einem überregionalen Kontext erfolgsversprechend sind.
In AP 2 erfolgt die Erfassung und Plausibilisierung von Daten in den ausgewählten Praxisbetrieben.
In AP 3 erfolgt die quantitative und qualitative Bewertung der THG-Minderungsmaßnahmen unter Berücksichtigung von Auswirkungen auf weitere Nachhaltigkeitsindikatoren. Dabei werden zunächst die THG-Emissionen der Praxisbetriebe bilanziert. Darauf aufbauend erfolgt die Modellierung unterschiedlicher THG-Minderungsmaßnahmen mit anschließender Bewertung der Wechselwirkungen mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsindikatoren. Für die Bewertung der THG-Minderungsmaßnahmen werden im Rahmen des Projektes Nachhaltigkeitsindikatoren identifiziert, die aussagekräftige Vergleiche der untersuchten Maßnahmen innerhalb verschiedener Betriebsstrategien ermöglichen. AP 3 wird abgeschlossen durch die Übertragung der Ergebnisse in einen Maßnahmenkatalog zur THG-Reduktion. In diesem Maßnahmenkatalog werden auch Wechselwirkungen mit ausgewählten Nachhaltigkeitsindikatoren, die durch die Maßnahmenumsetzung ausgelöst werden können, für die untersuchten Betriebsstrategien ausgewiesen.
AP 4 beinhaltet die Visualisierung der Projektergebnisse im Dashboard und die Veröffentlichung des Leitfadens zur Identifikation und Bewertung geeigneter THG-Minderungsmaßnahmen unter Mitwirkung lokaler Stakeholder.
In AP 5 erfolgen Aktivitäten zum Wissenstransfer der Projektergebnisse mit Veröffentlichung des Dashboards.

Ergebnisse

Die Ergebnisse werden im Folgenden vorgestellt und im weiteren Projektverlauf ergänzt.
Auf 30 Praxisbetrieben wurden Datensätze erhoben, 16 im Berchtesgadener Land in Bayern und 14 im Östlichen Hügelland Schleswig-Holsteins. Für alle Betriebe wurden THG-Bewertungen erstellt und analysiert. Dies bildet die Basis für die Ableitung passender Klimaschutzmaßnahmen und Betriebsstrategien in den nächsten Projektstufen.
Die Berchtesgadener Betriebe sind primär dauergrünlandbasiert, im Mittel werden 63 Fleckviehkühe gehalten und 7.848 kg FPCM (fett- und eiweißkorrigierte Milch) verkauft. Die Betriebe im Östlichen Hügelland sind intensiver ausgerichtet. Im Schnitt halten sie 164 Kühe und verkaufen 9.788 kg FPCM je Kuh, wobei Milchspezialrassen und primär die Rasse Schwarzbunt dominieren.
Der CO2-Fußabdruck pro kg FPCM mit der Allokationsmethode der International Dairy Federation (IDF) lag bei den Berchtesgadener Betrieben zwischen 0,91 und 1,55 kg CO2-Äq./kg FPCM, bei den Betrieben des Östlichen Hügellands zwischen 0,85 und 1,29 kg CO2-Äq./kg FPCM. Die niedrigeren Werte der norddeutschen Betriebe sind teils mit der Allokationsmethode zu erklären, bei der der höhere Fleischanteil der süddeutschen Fleckviehkühe nicht umfassend abgebildet wird. Wird statt der IDF-Methode, die die Emissionen anhand der Energiemenge auf Milch und Fleisch verteilt, die ökonomische Allokation gewählt, bei der die Emissionen anhand des Umsatzanteils Milch und Fleisch zugeteilt werden, nähern sich die CO2-Fußabdrücke an. Mit der ökonomischen Allokation liegen die Berchtesgadener Betriebe im Mittel bei 1,09 kg CO2-Äq./kg FPCM und die Betriebe im Östlichen Hügelland bei 1,08 kg CO2-Äq./kg FPCM. Der ökonomische Ansatz erlaubt es hier den höheren Fleischanteil von Zweinutzungsrassen im Ansatz zu berücksichtigen.
Zudem wurden die THG-Quellen der Betriebe untersucht, um umsetzbare und effektive Klimaschutzmaßnahmen abzuleiten und zu modellieren. Dies wurde an zwei Beispielbetrieben erprobt und bspw. die Verwendung vom Nebenprodukt Biertreber in der Ration, die Vergärung von Gülle in der Biogasanlage oder eine längere Nutzungsdauer modelliert und bewertet. Dabei kamen verschiedene Klimaschutzmaßnahmen für die Betriebe in Betracht, wobei Maßnahmen, die für beide Betriebe relevant waren, teils unterschiedliche Wirkungen hatten. Folglich ist es für effizienten Klimaschutz wichtig individuell passende Maßnahmen zu identifizieren, die Einschränkung der Übertragbarkeit auf andere Betriebe wird deutlich.

Öffentlichkeitsarbeit

Zur Präsentation in der Öffentlichkeit wurde eine Projektwebsite erstellt und das Projekt auf zwei Fachtagungen zum Thema Klimaschutz in der Landwirtschaft vorgestellt. Weiterhin fand in Kooperation mit dem Thünen-Institut eine zweitägige Tagung zum Thema „Die Kuh und das Klima: Gemeinsam auf den Weg zu einer klimafreundlicheren Milchproduktion!“ statt, in deren Rahmen ein Stakeholder-Workshop platziert werden konnte. Der von Dr. Monika Zehetmeier geleitete Stakeholder Workshop „THG-Fußabdruck und weitere Umweltwirkungen - wohin geht die Reise?“ widmete sich den Fragen, welche weiteren Nachhaltigkeitsindikatoren in Zukunft für die Milchkuhhaltung an Relevanz gewinnen werden, ob diese in Zielkonflikten oder Synergien mit dem Klimaschutz stehen und welche Klimaschutzmaßnahmen Synergien maximieren könnten. So war es in diesem Rahmen möglich, mit Stakeholdern in einen Austausch zu Klimaschutzmaßnahmen und Nachhaltigkeitsindikatoren zu treten.

Veröffentlichungen zur Modellierung der Klimaschutzmaßnahmen sind im kommenden Jahr geplant.

Fazit

Im ersten Projektjahr wurden Nachhaltigkeitsindikatoren und Klimaschutzmaßnahmen identifiziert und die Praxisbetriebe für die Datenerhebung in den beiden Fallstudienregionen akquiriert. Weiterhin wurden die Fragebögen zur Datenerhebung entwickelt und mit der Datenerhebung, THG-Bewertung, sowie der Modellierung erster Klimaschutzmaßnahmen begonnen.
Im zweiten Projektjahr konnten die Datenerhebung, sowie die THG-Bewertungen abgeschlossen und weitere Klimaschutzmaßnahmen modelliert werden. Auch der Stakeholder-Workshop wurde durchgeführt. Durch eine rund sechsmonatige Pause für die Neubesetzung der Projektbearbeitung wurde die Laufzeit des Projektes bis Ende August 2025 verlängert.
Gegenstand des weiteren Projektverlaufs ist die Modellierung und Visualisierung weiterer Klimaschutzmaßnahmen, die Analyse der Wechselwirkungen mit ausgewählten Nachhaltigkeitsindikatoren und die Fertigstellung des Maßnahmenkataloges. Anschließend folgt die Veröffentlichung eines interaktiven Dashboards und Aktivitäten zum Wissenstransfer.
Da noch wichtige Aspekte und Ergebnisse des Projekts ausstehen, kann ein finales Fazit zu den Ergebnissen derzeit noch nicht gezogen werden.

Übersicht

Fördersumme

281.241,00 €

Förderzeitraum

01.12.2021 - 31.08.2025

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung