Projekt 35853/01

Interaktives Coaching zur Entwicklung von drei resilienten Dörfern in Rumänien auf Basis von erneuerbaren Energien unter Berücksichtigung von Biomassepotenzialen einer biodiversen Kulturlandschaft in Siebenbürgen

Projektdurchführung

Fachhochschule Trier Umwelt-Campus Birkenfeld Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)
Campusallee 9926
55768 Hoppstädten-Weiersbach

Zielsetzung

Das vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS), In-Institut der Hochschule Trier, entwickelte Projekt hat das Ziel, exemplarisch für die Dörfer Viscri (Deutsch-Weißkirch), Cincșor (Kleinschenk) und Marpod jeweils ein Coaching für die Entwicklung resilienter Dörfer durchzuführen, welches eine traditionelle und nachhaltige Bewirtschaftung des Grünlands und des Waldes mit dem Einsatz erneuerbarer Energien verknüpft und im Ergebnis die Dörfer attraktiver und zukunftssicher gestaltet. Dabei geht die Entwicklung eines resilienten Dorfs über die Entwicklung eines energieautarken Dorfs hinaus. So beachten resiliente Dörfer den Wert der Ökosystemdienstleistungen als Ressource für die zukünftige Widerstandsfähigkeit gegenüber (Klima-)Veränderungen. Das System „Dorf“ wird somit unter Beachtung der drei Säulen der Nachhaltigkeit (sozial, ökologisch und ökonomisch) weiterentwickelt. Die Entwicklung der Dörfer wird in engem Zusammenhang mit dem Erhalt bzw. der nachhaltigen Veränderung der Landnutzung gesehen (Bsp. Feldhecken zur Energiebereitstellung). Im Rahmen des Coachings werden Maßnahmen zur Entwicklung eines resilienten Dorfs identifiziert und deren Umsetzungsprozess initiiert.

Projektwebseite IfaS

Arbeitsschritte

Das IfaS nutzt den Ansatz des Stoffstrommanagements (SSM), um eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren und zu optimieren. Durch innovative Managementansätze können Stoff– und Energieströme optimiert und so ein intelligenter und ressourceneffizienter Umgang etabliert werden. Die Arbeitsschwerpunkte des IfaS bilden die fundierte Analyse der Ist-Situation, der Aufbau von Akteursnetzwerken zur Lösungsfindung, die innovative Kombination neuer und bewährter Technologien sowie die Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente. Hierauf aufbauend verbinden die Projekte des IfaS den Anspruch, die Steigerung der regionalen Wertschöpfung u. a. mit Aspekten der Ressourcenschonung und dem Klimaschutz zu verbinden. So werden durch das IfaS Lösungsansätze im Einklang von Ökologie und Ökonomie entwickelt.

Folgende Herangehensweise wurde abgeleitet, welche auf Rumänien im Rahmen des Projekts übertragen wird:
1. Analyse landestypischer/regionaler Förderbedingungen für z. B. erneuerbare Energien, Energieeffizienzmaßnahmen, Investitionen etc.,
2. Ermittlung der ortspezifischen Potenziale (Energieeffizienz und erneuerbare Energien), Identifikation der besonderen Bedürfnisse der Dörfer und Regionen sowie Analyse wichtiger Umsetzungsakteure vor Ort,
3. Einbeziehung aller politischer Ebenen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene zur Unterstützung der Umsetzung,
4. Entwicklung von Maßnahmen mit folgenden wesentlichen Angaben
4 a. Höhe der Investition,
4 b. CO2-Minderungspotenzial,
4 c. Amortisationszeit,
4 d. mögliche Partner und/oder Geschäftsmodelle,
4 e. Best-Practice-Beispiele und
4 f. Tipps zum weiteren Vorgehen.
5. Konzeption einer maßnahmenspezifischen Umsetzungsstrategie unter Einbeziehung der ermittelten Parameter angepasst für spezifische Akteursgruppen,
6. Unterstützung und Management der Umsetzungsakteure durch Workshops/Schulungen, Organisation und Teilnahme an Gesprächen mit Finanzinstituten und/oder Politik

Um dies zu erreichen, gliederte sich das Projekt in folgende Arbeitsschritte:
1. Akteursanalyse
2. Maßnahmenkatalog
3. Ausarbeitung der Potenziale
4. Akteursbeteiligung und Arbeitsgruppentreffen
4 a. Initiierung der Arbeitsgruppen
4 b. Analyse der örtlichen Strukturen
4 c. Potenzialanalyse
4 d. Erstellung zentraler Handlungsfelder
4 e. Erstellung Maßnahmenliste
4 f. Vorstellung der Zwischenergebnisse
4 g. Workshop mit der Bevölkerung
4 h. Verfeinerung Maßnahmenliste
4 i. Vorstellung der finalen Ergebnisse
5. Verstetigungsstrategie.

Ergebnisse

Sowohl die Ist- als auch die Potenzialanalyse wurde für jedes der drei betrachteten Dörfer separat durchgeführt. Folgend ein kurzer Einblick in die Ergebnisse der Ist-Analyse:
• 61 - 84 % der beheizten Gebäude werden dezentral geheizt
• Energieträger zur Wärmeversorgung: Holz (80 - 99 %), Erdgas (19 %, nur Marpod), Restanteile sind Flüssiggas (≤ 2 %) und Solarthermie (≤ 1 %)
• Der Endenergieverbrauch beträgt zwischen 2,9 - 7,4 GWh pro Dorf und Jahr. Strom macht dabei einen Anteil von 14 – 17 % aus, Wärme liegt folglich bei 83 - 86 %.
• Die Treibhausgasemissionen liegen zwischen 290 - 1.000 t CO2e pro Jahr.
• Der Tourismus ist ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor in der Region. Der Zulauf während der touristischen Hochsaison kann zur Förderung von Projekten zur Dorfentwicklung genutzt werden.
• Die stoffliche Nutzung bestehender Materialströme lässt sich teilweise optimieren („Bioökonomie“). Beispielsweise bleiben große Mengen von Schafwolle ungenutzt.
Die Potenzialanalyse lieferte u. a. folgende Ergebnisse:
• Durch geringinvestive Maßnahmen (Dämmung Kellerdecke und oberste Geschossdecke) lassen sich zwischen 663 - 1.707 MWh Wärme je Dorf bis 2050 einsparen.
• Durch die Installation von PV-Anlagen ließe sich der Strombedarf der Dörfer bilanziell zu 919 % - 1.271 % decken.
• Zusätzlich ließen sich 40 - 51 % des derzeitigen Strombedarfs durch BHKWs decken, die mit lokal erzeugtem Biogas gespeist werden können.
• Durch Agroforstsysteme könnten die Dörfer ihren Wärmebedarf zu 36 - 46 % decken.
• Der restliche Wärmebedarf kann durch Nutzung der überschüssigen PV-Strompotenziale in Luft/Luft-Wärmepumpen gedeckt werden.
• Werden alle Potenziale ausgeschöpft, haben die Dörfer eine negative THG-Emissionsbilanz, da sie durch eingespeisten PV-Überschussstrom fossile Quellen verdrängen.
• Die Sektoren Tourismus und Verkehr sind in dieser Analyse gekoppelt zu betrachten. Bsp. Förderung von alternativen innerdörflichen bzw. regionalen Verkehrsangeboten (KombiBus) zur Senkung des Verkehrsaufkommens in touristischen Hochzeiten, Schaffung von Ladepunkten, um die Region für Touristen attraktiv zu halten.
• Bioökonomische Potenziale bietet u. a. die Nutzung der Schafwolle im Gebäudesektor.
• In den kommenden Jahren muss mit einem steigenden Energieverbrauch gerechnet werden, insbesondere im Stromsektor. Aus den geführten Gesprächen ging vor allem der Wunsch der Bevölkerung nach mehr Aufklärung im Bereich des Klimaschutzes und der erneuerbaren Energien hervor.

Öffentlichkeitsarbeit

Während des Projekts wurde eine Vielzahl von Gesprächen mit unterschiedlichsten Stakeholdern geführt. Vor allem bei den Vor-Ort-Terminen, bei denen die (Zwischen-) Ergebnisse in Workshops präsentiert, diskutiert und verbessert wurden. Gleichzeitig festigte sich im Laufe des Projekts das Netzwerk aus interessierten Dörfern, bspw. aus Gürteln (Gherdeal), Holzmengen (Hosman), Eulenbach (Ilimbav) oder Birthälm (Biertan). Die Ergebnisse, Gespräche und Rückmeldungen während und nach den Workshops verleiteten das Projektteam zu der Erkenntnis, dass mehr technische Aufklärung in der Bevölkerung hilfreich wäre. Folglich wurden Factsheets erstellt, die die Partner vor Ort auf ihren Websites veröffentlichen oder ausdrucken und vor Ort aufhängen können, sodass die Bürgerinnen und Bürger möglichst einfach Zugang zu den Informationen finden. Die Factsheets decken die Themen Photovoltaik, dezentrale Wärmeversorgung und Warmwasserbereitung, Gebäudesanierung und die dorfspezifischen Projektergebnisse ab.
Das Projekt wurde als Best-Practice-Projekt für die Region in dem INTERREG-Projekt PROMOTER aufgenommen.

Fazit

Die Wärmeversorgung hängt maßgeblich von der Ressource Holz ab. Da im Projekt der Fokus auf dem Thema „Resilienz“ liegt, muss hierbei der Ansatz der Diversifizierung der Energieversorgung verfolgt werden. Hohe PV-Potenziale können genutzt werden, um den Holzanteil bei der Wärmeversorgung, mithilfe von Luft/Luft-Wärmepumpen zu reduzieren (Sektorkopplung). Die Dörfer haben genug Dachflächen zur Verfügung, um ihren aktuellen Strombedarf bilanziell zu decken. Werden die PV-Potenziale vollständig ausgeschöpft, können alle drei Dörfer bis zum Jahr 2050 bilanziell zu Energieexporteuren werden. Um den übrigen, auf Holz basierenden Teil der Wärmeversorgung resilienter zu gestalten, können lokale Biomassepotenziale, durch Etablierung von Agroforstsystemen, genutzt werden. Diese dienen nicht nur der Energieversorgung, sondern leisten auch einen Beitrag zum Boden- und Klimaschutz sowie zum Erhalt die Biodiversität. Zudem werden neue Einkommensquellen für die landwirtschaftlichen Betriebe geschaffen. Auch ist es empfehlenswert, dass gemeinschaftliche Kleinbiogasanlagen errichtet werden, wodurch weitere Wertschöpfungsketten erschlossen werden.
Während der Wille zum Wandel in den Dörfern erkennbar war, liegt nicht alles in den Händen eben jener Dörfer. Die Steigerung ihrer Resilienz beinhaltet z. B. auch Investitionen in die Netzinfrastruktur. Durch politischen Willen und engagierte Dorfbewohner kann die Resilienz der Dörfer vorangebracht werden.

Übersicht

Fördersumme

124.861,00 €

Förderzeitraum

10.02.2021 - 30.06.2024

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Kulturgüter
Landnutzung
Naturschutz