Projekt 15678/01

Modellvorhaben: Entwicklung von innovativen Lösungen zur Beseitigung von Umweltschäden an dolomitkalkhaltigen Außenfassaden national wertvoller Kulturgüter (innerdeutsches Kooperationsprojekt)

Projektträger

Institut für Steinkonservierung e. V.
Große Langgasse 29
55116 Mainz
Telefon: 06131/2016-500

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aufgrund der geologischen Verhältnisse wurden in früherer Zeit in vielen Regionen Deutschlands dolomitische Kalksteine zur Gewinnung von Baukalk verwendet. Dementsprechend kann man an den verwendeten Baumaterialien historischer Gebäude regelrechte Dolomitkalk-Provinzen erkennen. Die chemischen Reaktionen beim Brennen, Löschen und Abbinden von Dolomitkalken sind wesentlich komplizierter als bei Weißkalken oder hydraulischen Kalken. Bei Umweltbelastung durch den Luftschadstoff SO2 entstehen aus den Dolomitkalken Magnesiumsulfate. Dies sind aggressive Schadsalze, die das Gefüge poröser Baustoffe (Natursteine, Mörtel, Putze) schwächen und schließlich zerstören können.
In der Vergangenheit wurden Dolomitkalkmörtel oft mit reinen Kalkmörteln oder mit Kalkzementmörteln verwechselt. Darauf basierend wurden ungeeignete Restaurierungsmaterialien eingesetzt, die in vielen Fällen zu baldigen Neuschäden führten. Primäres Ziel des Projektes war deshalb die Erarbeitung beispielhafter Restaurierungsstrategien für dolomitkalkhaltige Baudenkmäler.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn drei prominenten Baudenkmälern, dem Schloss Altenburg (Thüringen), der ehemaligen Klosteranlage in Riesa (Sachsen) und der ehemaligen Augustinerkirche in Trier (Rheinland-Pfalz) stellten sich verschiedene Facetten des gleichen Grundproblems dar. An der Augustinerkirche Trier standen Untersuchungen zur Entsalzung und zur Konservierung salzbelasteten Sandsteins sowie die Entwicklung eines mit dem historischen Putz verträglichen Neuputzes im Vordergrund, an Schloss Altenburg wurden Putze erprobt, die der enormen Salzbelastung des Untergrundes standhalten sollen, in Riesa ging es um durch den Erhalt wertvoller Malereien im Innenraum durch Regulierung des Raumklimas sowie um Methoden der Mauerwerksentsalzung mit Kompressen und Opferputzen.
Darüber hinaus wurden Untersuchungen zur Identifikation magnesiumhaltiger Mineralphasen in Dolomitkalkmörteln, zu den chemisch-mineralogischen Prozessen beim Brennen und zu den technischen Eigenschaften von Dolomitkalkmörteln durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Der Wissensstand zu den chemisch-mineralogischen Prozessen bei der Herstellung und Erhärtung von Dolomitkalkmörteln wurde aufgearbeitet, zusammengefasst und durch eigene Versuche ergänzt. Da vie-le dabei entstehende Magnesiumphasen röntgenamorph sind, wurden ergänzend zur Röntgendiffrakometrie (XRD) Untersuchungen zur Charakterisierung dieser Phasen mittels differentieller Thermoanalyse (DTA) durchgeführt. Doch schon die Analyse reiner Phasen und einfacher Phasengemische zeigte, dass die Dehydratations- und Decarbonatisierungsreaktionen sich gegenseitig beeinflussen und vielfach keine eindeutige Zuordnung der gemessenen thermischen Effekte zu Einzelreaktionen ermöglichen. Aufschlussreich waren einige orientierende DTA-Messungen, bei denen die freigesetzten Gasgemische massenspektrochemisch analysiert wurden. Mittlerweile ist die Phasenidentifizierung durch die Kombination von XRD und DTA deutlich verbessert worden.
Dolomitkalke werden heute noch als Baustoff produziert, werden jedoch in der Restaurierung wegen der möglichen Bildung von Magnesiumsulfat kaum eingesetzt. Dabei ist ihre Dauerhaftigkeit an vielen Denkmalen wie z.B. den zum Weltkulturerbe zählenden römischen und mittelalterlichen Bauten in Trier erwiesen. Da die SO2-Belastung der Luft in den letzten 15 Jahren drastisch reduziert werden konnte, stellt sich die Frage, ob dieses Bindemittel erneut eingesetzt werden kann. Um auch die technischen Ei-genschaften von Dolomitkalkmörteln nach modernern Prüfkriterien beurteilen zu können, wurden vergleichende Untersuchungen an Mörteln aus Luftkalk, aus Dolomitkalk und dem heute in der Restaurie-rung vielfach eingesetzten natürlich hydraulischen Kalk (s.a. AZ 01634) durchgeführt. Es zeigt sich, dass diese drei Materialien jeweils eigene Klassen von Baukalk darstellen, die sich nicht nur chemisch, sondern auch bezüglich ihrer Festigkeitseigenschaften deutlich voneinander abgrenzen. Charakteristisch für Dolomitkalkmörtel ist beispielsweise eine langsame, aber kontinuierliche Erhärtung, die zu einer hohen Witterungsresistenz führt.
Im Kapitelsaal in Riesa konnte nachgewiesen werden, dass dessen wertvolle, durch Magnesiumsulfate belastete Wandmalereien nach ihrer Restaurierung durch eine definierte Raumklimatisierung auch bei sporadischer Raumnutzung effektiv geschützt werden können. Parallel dazu wurden Versuche zur Salzreduzierung mittels Kompressen und mittels kalkgebundener Opferputze durchgeführt.
An Schloss Altenburg wurden Außenputze bezüglich ihrer Eignung auf Mauerwerk mit extremer Schadsalzbelastung erprobt, wobei ein geeignetes Sanierputzsystem gefunden und erfolgreich eingesetzt wurde. Gleichzeitig wurde mit einer Putzneuentwicklung begonnen, die gegenüber zementgebundenen Sanierputzen eine höhere Sulfatbeständigkeit und bessere Möglichkeiten ihrer farblichen und strukturellen Anpassung an Altputze ermöglichen sollen.
Bei der Vorbereitung der Fassadenrestaurierung der ehemaligen Augustinerkirche in Trier lagen die Schwerpunkte der Untersuchungen auf der Erprobung der Kompressenentsalzung in verschiedenen Material- und Verfahrensmodifikationen, in der Entwicklung optisch und physikalisch verschiedene Altputze angepassten Kalkputze und in der Erprobung von Steinfestigern, Fug-, Anbösch- und Hinterfüllmörteln zur Restaurierung und Konservierung Magnesiumsulfat belasteten Sandsteine, insbesondere im Bereich der gotischen Bauzier.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden am 09.10.2003 im Rahmen einer Tagung an der Fachhochschule in Erfurt einem Fachpublikum von über 100 Naturwissenschaftlern, Restauratoren, Denkmalpflegern und Architekten präsentiert. Die Forschungsergebnisse sind in dem begleitenden Tagungsband als IFS-Bericht Nr. 16 publiziert, der über das Institut für Steinkonservierung in Mainz erhältlich ist. Zusätzlich wurden und werden Teilergebnisse in wissenschaftlichen Fachorganen veröffentlicht.


Fazit

An drei bedeutenden Baudenkmälern stellten sich sehr unterschiedliche Erhaltungsprobleme, die auf das gleiche Grundproblem zurückzuführen sind: Die Reaktion von Dolomitkalkmörteln mit dem Schwefeldioxid der Luft hatte im Verlauf von Jahrzehnten und Jahrhunderten zur Bildung von Magnesiumsulfa-ten geführt.
Entsprechend den objektspezifischen Voraussetzungen konnten für alle drei Objekte Wege zur Minderung dieser Belastung beziehungsweise ihrer Schadenswirkung erarbeitet werden, mit denen die lang-fristige Erhaltung der Objekte gefördert wird. Eine modellhafte Übertragung dieser Methoden auf andere Baudenkmäler wird angestrebt.

Übersicht

Fördersumme

346.846,61 €

Förderzeitraum

25.05.2000 - 25.05.2003

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Umwelttechnik