Projekt 11036/01

Modellvorhaben: Wissenschaftliche Untersuchungen und Restaurierung von Mauerwerk der Festungsmauer Rosenberg (Kronach/Bayern) in beispielhafter Zusammenarbeit von Natur- und Denkmalschutz

Projektträger

Stadt Kronach
Marktplatz 5
96317 Kronach
Telefon: 09261/97-260

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

An den Wallmauern der Festung Rosenberg in Kronach hat sich im Laufe der Jahrzehnte eine vielfältige Flora und Fauna entwickelt. Bei Restaurierungsmaßnahmen wurde das Mauerwerk gereinigt und neu verfugt. Dabei war nach bisherigem Kenntnisstand nicht geklärt, welchen Einfluss der Pflanzenbewuchs auf die Steinsubstanz und den konstruktiven Aufbau der Mauer hat. Überlegungen zur Modifizierung des bisherigen Sanierungskonzeptes waren daher aus ökonomischen und ökologischen Gründen lohnens-wert. Grundlage für ein neues Instandsetzungskonzept waren baugeschichtliche, ökologische und materialwissenschaftliche Untersuchungen über die Auswirkungen des Pflanzenbestandes auf das Mauerwerk sowie die Folgen von restauratorischen Maßnahmen auf die Entwicklung von Fauna und Flora.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenVoraussetzung für eine Neuorientierung der Instandsetzungskonzepte waren fundierte Kenntnisse zur Bau-, Restaurierungs- und Rezeptionsgeschichte der Festung. Durch Archivstudien und Bauforschung (Untersuchung repräsentativer Mauerabschnitte) wurden Grundlagen für die darauf aufbauenden materialwissenschaftlichen und ökologischen Untersuchungen geschaffen. In ausgewählten Mauerabschnitten erfolgte während der zweijährigen Freilanduntersuchungsphase eine Bestandsaufnahme der hier vor-kommenden Fauna (ausgewählte Tiergruppen) und Flora unter besonderer Berücksichtigung von Indikatoreigenschaften und Gefährdungsgrad der nachgewiesenen Arten. Zeitgleich mit den ökologischen Kartierungen wurde eine Bestandsaufnahme der Gesteine und Baumaterialien durchgeführt, auf deren Grundlage die Kenndaten der wichtigsten Natursteinvarietäten und deren Schädigungsgrad bestimmt wurden. Im Mittelpunkt der materialwissenschaftlichen Untersuchungen standen die Feuchtetransporteigenschaften des Gesteins und dessen Fähigkeit, Ionen abzugeben, die das Wachstum von Pflanzen fördern oder hemmen können. In der gemeinsamen einjährigen Auswertungsphase wurden die Messergebnisse der Bauaufnahme sowie der ökologischen und materialwissenschaftlichen Kartierungen zur Beschreibung positiver und negativer Korrelelationen miteinander verglichen. Die Ergebnisse der Untersu-chungen wurden zu einem vorläufigen Sanierungsplan zusammengefasst, der an ausgewählten Musterflächen zu erproben ist.


Ergebnisse und Diskussion

Mit 45 in Bayern bzw. Oberfranken gefährdeten Tier- und Pflanzenarten sind die Sandstein-Wallmauern der Festung Rosenberg von überregionaler Bedeutung für den Naturschutz. Bemerkenswert sind insbesondere die Vorkommen von Dohle und Schlingnatter sowie die Funde von fünf in Bayern stark gefährdeten Wildbienenarten und einer stark gefährdeten Ameisenart. An den Wallmauern befindet sich auch eines der letzten Vorkommen des in Oberfranken vom Aussterben bedrohten Schild-Ampfers. Gefäßpflanzen, Moose und Flechten bieten Schutz und Nahrung für Wirbeltiere und Wirbellose. Somit ist es aus ökologischer Sicht wichtig, nicht nur geschützte bzw. seltene Pflanzen an der Wallmauer zu erhalten, sondern durch den Erhalt von offenen Fugen eine möglichst arten- und strukturreiche Vegetation zu fördern.
Ein Vergleich von vor ca. 5 bis 10 Jahren sanierten mit nicht sanierten Wallmauerabschnitten bezüglich ihrer Besiedlung mit den indikatorisch bedeutsamen Spinnen zeigte, dass die unsanierten Mauerabschnitte erheblich mehr Spinnen aufwiesen als die sanierten Mauerabschnitte, wo kaum Mauerfugen und Pflanzen vorhanden sind. Diese Untersuchungsergebnisse werden auch durch die Untersuchungsergebnisse von anderen Tier- und Pflanzengruppen gestützt. Die bisher übliche Mauerverfugung zerstört somit über viele Jahre die Lebensräume von Mauerspaltenbewohnern.
Gefäßpflanzen sind auf offene Fugen und Ausbrüche im Mauerwerk beschränkt. Kräuter und Gräser verursachen keine Schäden an intakten Quadern, können aber in bereits angewitterten Quaderbereichen den Verwitterungsvorgang beschleunigen. Baumbewuchs auf dem Mauerwerk ist sowohl für einzelne Quader wie auch für den Mauerverband als deutlich schädigend einzustufen. Weite Bereiche der Mauerflächen sind von Moosen und Flechten besiedelt. Für die deckenbildenden Moose sowie für die Mehrzahl der an den Wallmauern vorkommenden Flechtenarten ließ sich keine Schädigung der Mauerwerksoberflächen nachweisen. Zwei Flechtenarten müssen als bedingt schädigend eingestuft werden. Bezogen auf die Gesamtheit der Mauerflächen sind die durch diese beiden Flechtenarten verursachten Schäden jedoch als gering einzustufen.
Für eine naturverträgliche Sanierung wird empfohlen, die Gehölze regelmäßig aus der Mauerkrone und der vertikalen Mauer zu entfernen. Kräuter, Gräser, Moose und Flechten sollen belassen werden. Es wird empfohlen die Flechte Lecanora campestris dort zu entfernen, wo filigrane Oberflächen (Steinmetzzeichen, Wappen, etc.) erhalten werden sollen.
Reinigungsarbeiten sollen nur in Bereichen mit geplanten restauratorischen Maßnahmen durchgeführt werden. Festigung ist nur partiell an absandenden Oberflächen zur Konsolidierung des Untergrundes zu restaurierender Bereiche nötig. Rissinjektion bzw. Rissschließung ist stellenweise, zur Verhinderung der Ablösung von Quaderteilen / zur Vermeidung von verstärktem Wassereintrag erforderlich. Fehlstellen sollten zur Vermeidung von Folgeschäden ergänzt werden. Auf eine Verfugung soll nach Möglichkeit verzichtet werden. Nötig ist eine Verfugung nur bei stark aufgeweiteten Fugen, zur Stabilisierung von Quaderflanken und Neuversatz.
Die Humusschicht auf der Mauerkrone sollte während der Sanierungsarbeiten umgelagert und anschließend wiederaufgebracht werden. Am Mauerfuß ist ein 2 m breiter Brachstreifen als Rückzugsort für verschiedene Tierarten zu entwickeln. Der Brachestreifen sollte abschnittsweise im Abstand von ca. 3-5 Jahre gemäht werden. Das vorgelagerte Grünland sollte zweimal im Jahr gemäht (Abtransport des Mahdguts) oder extensiv beweidet werden, um eine artenreiche Flora und Fauna zu fördern.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde auf zwei Tagungen und im Stadtrat Kronach vorgestellt. Es wurde eine Internetseite über das Projekt eingerichtet. Ergebnisse und Schlussfolgerungen wurden in einem Leitfaden des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (ISSN 1617-3147, Ausgabe A 87) veröffentlicht.


Fazit

Das interdisziplinäre Projekt zeigte die Bedeutung der Wallmauern für den Naturschutz auf. Kräuter und Gräser sowie Moose und Flechten stellen keine Gefahr für die Mauern dar und sollen als unverzichtbare Lebensgrundlage für Tiere nicht entfernt werden. Bäume und Sträucher gefährden das Mauerwerk und müssen entfernt werden. Offene Fugen sind wichtige Rückzugsräume für Tierarten und sollen nur dort geschlossen werden, wo es aus statischen Gründen nötig ist. Ökologisch orientierte Sanierungsvarianten sind tendenziell auch kostengünstiger als die herkömmlichen Sanierungsverfahren.

Übersicht

Fördersumme

378.407,12 €

Förderzeitraum

24.09.1997 - 24.09.2000

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik