Projekt 10678/01

Umweltmanagement und Umweltberatung in Klein- und Mittelbetrieben – Unternehmensinteressen, Implementationsprobleme, Beratungsbedarf und Ergebnistransfer

Projektträger

Institut zur Erforschung sozialer Chancen (ISO)
Kuenstr. 1 B
50733 Köln
Telefon: 0221/88811208

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

An der Einführung von Umweltmanagementsystemen sind vor allem Unternehmen mit bereits etablierter Umweltschutzorganisation interessiert. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) lassen hingegen kaum Bereitschaft zur Implementierung von Umweltmanagementsystemen erkennen. Ziel des Projektes ist es, Motive und Hintergründe für eine Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung am Öko-Audit aufzudecken und KMU-typische Probleme bei der Implementation von Umweltmanagementsystemen zu identifizieren. Ein darauf abgestimmter Beratungsansatz soll entwickelt und erprobt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Standardisierte Unternehmensbefragung zu Erwartungen, Widerständen und Bedenken hinsichtlich einer Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung am Öko-Audit-System; Schwerpunkt: KMU der Druckindustrie
2. Drei Monate nach Projektbeginn wird mit Unternehmensberatern, Geschäftsführern und Umweltschutzfachleuten ein Workshop zur Identifizierung von Implementationsproblemen von Umweltmanagementsystemen durchgeführt.
3. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der ersten beiden Arbeitsschritte über insgesamt sechs Monate werden über einen Zeitraum von drei bis vier Monaten in den kooperierenden Unternehmen vertiefende Intensivfallstudien und eine begleitende Analyse der Beratungsprozesse durchgeführt.
4. Nach einer Zwischenbilanz der Erfolgsfaktoren für die Einführung von Umweltmanagementsystemen (zwei Monate) beginnt die modellhafte Einführung eines maßgeschneiderten Umweltmanagementsystems und Durchführung einer darauf abgestimmten Beratung in ein oder zwei Unternehmen. Dieser Prozeß wird vier Monate lang wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
5. Auswertung und Präsentation der Ergebnisse auf einer Tagung werden drei Monate in Anspruch nehmen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der standardisierten Befragung von kleinen und mittleren Unternehmen belegen die These, daß betrieblicher Umweltschutz in den deutschen Unternehmen weitgehend gesetzeskonform und auf relativ hohem technischen Niveau betrieben, inzwischen auch als eigenständige Managementfunktion akzeptiert, aber immer noch an kurzfristig realisierbarer Kosten- und Ressourceneinsparung orientiert wird. Die Unternehmen setzten auf ein betriebswirtschaftlich rationales Umweltkostenmanagement, das tech-nisch und kaum mit organisatorischen oder produktbezogenen Maßnahmen realisiert wird. Weniger die öffentlich kritisierte Überregulierung im ordnungsrechtlichen Umweltschutz als vielmehr fehlende marktökonomische Innovationsimpulse behindern seine Weiterentwicklung.
Das Gros der kleinen und mittleren Unternehmen sieht mit Umweltmanagement mehr Probleme als Vorteile auf sich zukommen. Befürchtet werden vor allem zusätzliche Kosten, Mehrarbeit und ein erhöhter Informations- und Schulungsbedarf. Immerhin ein Drittel der Unternehmen befürchtet eine Zunahme organisatorischer Probleme. Dementsprechend spielt in der mittelfristigen Planung der Unternehmen eine Verstärkung von Umweltschutzaktivitäten im Vergleich zu den betriebswirtschaftlichen Planungszielen Absatz fördern, Kosten senken und Wettbewerbsfähigkeit verbessern nur eine untergeordnete Rolle.
Obwohl im europäischen Vergleich in Deutschland mit Abstand die meisten Unternehmen ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem eingeführt haben, handelt es sich dabei noch immer nur um wenige Vorreiter (weniger als 1% aller Unternehmen). Der Bekanntheitsgrad der EG-Öko-Audit-Verordnung und insbesondere der Normenreihe ISO 14000ff ist außerordentlich gering und im Vergleich zu früheren Be-fragungen hat die ablehnende Haltung gegenüber normierten Umweltmanagementsystemen sogar noch weiter zugenommen: Fast die Hälfte der befragten Unternehmen schließt für sich eine Öko-Validierung aus.

Unternehmen, die ein extern validiertes Umweltmanagementsystem einführen, durchlaufen - wie unsere Unternehmensfallstudien zeigen - einen mehrstufigen Lern- und Entscheidungsprozeß:

· Ökologisch interessiert, aber im Alltag ganz andere Probleme
· Ökologisch verantwortlich, ökonomisch rational, organisatorisch überfordert
· Produktionsintegrierter Umweltschutz als Kosten-, Marketing- und Imageeffekt
· die Inkompatibilität des Umweltmanagementsystems mit der gelebten Organisation

Wie auch bei der Umsetzung der ISO Normenreihe zum Qualitätsmanagement (9000ff) ist für die Einführung eines normierten Umweltmanagementsystems die Kompatibilität mit der bislang im Unternehmen gelebten Organisation ausschlaggebend. Das Interesse an zertifizierten Umweltmanagementsystemen läßt selbst bei Öko-Pionier-Unternehmen dann nach, wenn sie die Überzeugung gewinnen, ihnen werde damit etwas übergestülpt, was zudem für die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehungen keinerlei erkennbare Vorteile bringt. Auch in dem gemeinsam mit Unternehmens- und Branchenverbandsvertretern durchgeführten Transferworkshop dominierte die Einschätzung, daß Umweltschutz in den Unternehmen immer noch und unnötigerweise ein isolierter Aufgabenbereich ist und deshalb mit zusätzlicher Arbeit und hohen Kosten verbunden bleibt. Ohne abteilungsübergreifende Integration des betrieblichen Umweltschutzes als umfassende Querschnittsfunktion umweltorientierter Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme sind seine Innovationspotentiale nicht zu realisieren. Seine Fixierung auf technische und materialbezogene Maßnahmen einerseits, auf ordnungsrechtliche und marktökonomische Vorgaben andererseits macht ihn jedoch zur Zeit abhängig von Entwicklungen, auf die die Unternehmen nur begrenzt Einfluß nehmen können. Der Einstieg in einen selbstorganisierten Innovationsprozeß mit darauf abgestimmter Organisationsentwicklung bleibt somit blockiert. Für die in den Unternehmen diesbezüglich ausstehenden Reorganisations- und Lernprozesse ist deshalb externe Beratung unerlässlich, die - so die Einschätzung der Praktiker - kurzfristige Problemlösungen erarbeiten sollte für

· ein unter den aktuellen Bedingungen aufklärerisch, versachlichend und innovativ wirkendes Öko-Marketing,
· die Koordination einer auf KMU- und Branchenansprüche zugeschnittene Beratungsinfrastruktur,
· die organisationsadäquate und -entwickelnde Gestaltung und Anwendung von Handbüchern,
· eine unternehmensspezifische Integration der Umweltschutz-, Qualität- und Arbeitsschutzsysteme.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Projektveröffentlichungen:

Birke, Jäger, Schwarz: Noch kaum bekannt und schon renovierungsbedürftig: Die EG-Öko-Audit-Verordnung. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, in: Wissenschaftsladen Bonn e.V. (Hrsg.): Informationsdienst Arbeitsmarkt Umweltschutz 50/97 (1997)

Aumüller, Jäger, Schwarz: Ökologische Innovation oder bürokratische Deformation? Erfah-rungen eines mittelständischen Unternehmens mit der EG-Öko-Audit-Verordnung, in: UmweltWirtschaftsForum 6(1998)1, 37-40

Jäger, Wellhausen, Birke, Schwarz: Umweltschutz, Umweltmanagement und Umweltberatung: Ergebnisse einer Befragung in kleinen und mittleren Unternehmen, ISO-Bericht Nr. 55, Köln, 1998

Jäger, Schwarz, Birke: Technologischer Fortschritt, Deregulierung oder organisationale Lernprozesse? - Umweltschutz und Umweltmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen, (erscheint demnächst)

Schwarz: Die Ökologisierung von Unternehmen als Managementproblem - Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, (erscheint demnächst)

Jäger, Schwarz, Birke: Innerbetriebliche Handlungskonstellationen bei der Einführung von Umweltmanagementsystemen, (erscheint demnächst)

Jäger, Schwarz: Das sozial-ökologische Innovationspotential einer nachhhaltigen, zukunftsfähigen Entwicklung auf betrieblicher und kommunaler Ebene (erscheint demnächst)

Birke, Jäger, Schwarz, Ebinger, Ewen, Sprenger, Horst: Vom Umweltmanagement zum nachhaltigen Unternehmen, in: UmweltWirtschaftsForum 6 (1998) 2, 80 - 83

Vorträge und Workshops seit Oktober 1997:

Transfer-Workshop im Rahmen des Projektes Umweltmanagement und Umweltberatung in kleinen und mittleren Unternehmen im Rahmen der Woche der Druckindustrie, 29.10.1997 (Thomas Jäger, Michael Schwarz)

Umweltmanagement und Umweltberatung in Klein- und Mittelbetrieben, Geographisches Institut Universität Köln, Deutscher Verband für Angewandte Geographie, 11.12.1997 (Thomas Jäger)

Die Praxis der Öko-Audit-Verordnung in Klein- und Mittelbetrieben, in der Sendung Umwelt und Landwirtschaft, Deutschlandfunk, 19.12.97 (Michael Schwarz)

Die Ökologisierung von Unternehmen als Managementproblem - Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, Tagung Innovationsfähigkeit durch Kommunikation und Kooperation - Manage-ment der Organisation in Zeiten turbulenten Wandels, artec, ASU, BIBA, TRANSform, 17./18.03.1998 (Michael Schwarz)

Workshop Umweltmanagement und Innovationsfähigkeit am 29.4.1998 bei der Aumüller Druck KG in Regensburg (Martin Birke, Thomas Jäger, Michael Schwarz)

Umweltmanagement zwischen nachhaltiger Entwicklung und Farce, TBS, IPRO, Sozialforschungsstelle, Dortmund, Erfahrungsaustausch und Perspektivworkshop, 25.06.1998 (Martin Birke)


Fazit

Der vom Öko-Audit erhoffte Einstieg in eine nichtdirigistische Umweltpolitik, mit der die ordnungsrechtlichen Defizite (Überreglementierung und Kontrollüberforderung) kompensiert werden sollen, kommt nur schleppend in Gang, weil und solange der dafür erforderliche unternehmensinterne Resonanzboden fehlt. Die avisierte Eigenverantwortung, Selbstverpflichtung und Selbstorganisation scheitern gerade an den Reformblockaden, denen mit dem Aufbau eines Umweltmanagementsystemes begegnet werden sollte. Selbstorganisation und kontinuierliche Verbesserung scheinen primär nicht Ergebnis sondern Vorbedingung eines (Umwelt) Managementsystems zu sein.

Übersicht

Fördersumme

91.776,89 €

Förderzeitraum

08.10.1996 - 24.11.1998

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Umweltkommunikation