Projekt 10377/01

Entwicklung eines praxisgerechten Entscheidungsunterstützungssystems zur Gestaltung und Bewertung von energetischen Anlagen und Energieumwandlungsprozessen unter ökologischen, wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten

Projektträger

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule(RWTH) AachenLehrstuhl für Industriebetriebslehre
Templergraben 64
52062 Aachen
Telefon: 0241/806176

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aufgrund gestiegener Umwelt- und insbesondere Klimaschutzanforderungen sollten Energieumwandlungsprozesse effizient, ressourcenschonend und emissionsarm gestaltet werden. In diesem Projekt soll ein computerbasiertes, praxisgerechtes Entscheidungsunterstützungssystem (EUS) entwickelt werden, das unter Berücksichtigung der jeweiligen Entscheidungssituation (z. B. Gestaltungsgegenstand, institutionelle Umsetzung) zu einer transparenten und wissenschaftlich fundierten Entscheidungsfindung und damit insgesamt zur Verbesserung von Energieumwandlungsprozessen im obigen Sinne beitragen soll.
Es wird dabei eine ganzheitliche Gestaltung und Bewertung energetischer Prozesse angestrebt. Dazu ist die durchgängige Berücksichtigung ökologischer, technischer und wirtschaftlicher Aspekte erforderlich, die durch die Verbindung von entscheidungstheoretischen, technischen (hier v.a. thermodynamischen) sowie umweltökonomischen Methoden, Analyse- und Bewertungsverfahren sichergestellt werden soll.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen der Vorphase erfolgt zunächst vom LUT die Erarbeitung und Systematisierung von Entscheidungssituationen im Kontext der Gestaltung und Bewertung energetischer Anlagen und vom LTT die Erarbeitung der prinzipiellen Vorgehensweise zur Anlagenbilanzierung und -bewertung. Die Ergebnisse werden exemplarisch anhand eines einfachen Prozesses und möglicher Alternativen dargestellt. Darauf aufbauend werden mit den externen Partnern Kriterien für eine möglichst umfassende Entscheidungssituation entwickelt und die in der Vorphase fokussierten Entscheidungssituationen konkretisiert.
In einem zweiten Teil wird vom LUT der methodische und EDV-technische Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entscheidungs- unterstützung bei der Gestaltung und Bewertung energetischer Anlagen abgeleitet.
Ein dritter Arbeitspunkt umfaßt die vorläufige Ausgestaltung und Bewertung von möglichen Lösungsansätzen des EUS (LUT) und die konzeptionelle Erarbeitung von Ansätzen zur ökologischen, technischen und wirtschaftlichen Bewertung von Energietechnologien (hauptsächlich LTT).
Darauf aufbauend wird vom LUT das methodische und EDV-technische Gesamtkonzept des EUS entwickelt. Nach der Spezifikation einer Anlagenrepräsentation erfolgt gleichzeitig vom LTT die Konzeption des Anlagensimulators und die Visualisierung des Konzeptes anhand von Beispielanlagen.


Ergebnisse und Diskussion

Anhand der Durchführung von zwei schriftlichen Unternehmensbefragungen, vier Fallstudien aus der betrieblichen Praxis und einem Workshop mit Unternehmensvertretern wurden die praktische Relevanz der Projektzielsetzung überprüft und die Systemanforderungen ermittelt.
Die erste Unternehmensbefragung, in der KMU über ihre Ziele und Gewohnheiten bei der Gestaltung und Bewertung von Energieanlagen befragt wurden, ergab u.a., daß die klassischen ökonomischen Ziele (z.B. Energiekostenminimierung) besonders relevant sind und ökologische Ziele eher einen geringen Stellenwert einnehmen. Die zweite Befragung fokussierte auf getätigten und geplanten Maßnahmen im Bereich Umweltschutz. Es zeigte sich insgesamt, daß in den Unternehmen die Bereitschaft besteht, im Interesse des Umweltschutzes ökonomische Einbußen bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen.
Wesentliche Ergebnisse der Analyse der Fallbeispiele sind, daß das Vorgehen bei der Gestaltung und Bewertung gründlich zu strukturieren ist, um zielgerichtet und effizient planen zu können. Aufwände bei der Informationsbeschaffung müssen durch die Bereitstellung von Fragenkatalogen und Datenbanken reduziert werden. Komplexe Fragestellungen (z. B. Wärmeintegration und diskontinuierliche Prozesse) können nur mit leistungsfähigen Simulationswerkzeugen zufriedenstellend geklärt werden, die sowohl ein stationäres als auch zeitabhängiges Verhalten der Energiesysteme berücksichtigen.
Beim Workshop zeigten sich die Unternehmensvertreter an dem Projekt und teilweise an einer zukünftigen Mitarbeit sehr interessiert. Es wurde deutlich, daß die Unternehmen bislang eine Unterstützung durch EDV-Systeme oder Berater nur bei sehr speziellen energietechnischen Problemen in Anspruch nehmen, die oft eine kurzfristige Lösung erfordern (z.B. Ausfall einer Energieanlage). Bereichsübergreifende Lösungen oder Umweltaspekte werden dabei selten berücksichtigt, da sie zusätzlichen Untersuchungsaufwand erfordern. Um Unternehmen zu einem rationellen Energieeinsatz zu bewegen, müssen Effizienzpotentiale schnell aufgezeigt werden können. Daher muß ein hierarchisches Vorgehen mit Analysen auf problemangepaßten Detailstufen möglich sein. Um die Umsetzung ökologisch sinnvoller Maßnahmen zu fördern, müssen Umweltaspekte Bestandteil der Analysen sein und keinen zusätzlichen Aufwand erfordern.
Auf diesen Erkenntnissen aufbauend wurden ein EDV-technisches Gesamtkonzept erarbeitet sowie Strategien zur ganzheitlichen, d.h. ökologischen, technischen und wirtschaftlichen Bewertung von Energieanlagen entwickelt. Das modular aufgebaute Konzept enthält die folgenden, wesentlichen Bestandteile von Gestaltungs- und Bewertungsprozessen als Komponenten: Einstieg in den Gestaltungsprozeß: Es werden Verfahren zur Ermittlung von Daten und Randbedingungen sowie Methoden zur Potentialabschätzung und (groben) Alternativenvorauswahl bereitgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf der EDV-gestützten Bestimmung des betrieblichen Energiebedarfsprofils. Ziel- und Kennzahlendefinition: Auf der Basis bereitgestellter Zielhierarchien und Kennzahlensysteme kann der Benutzer die für ihn relevanten Ziele auswählen, ergänzen sowie anhand von Kennzahlen operationalisieren. Systemmodellierung: Unter Verwendung von vordefinierten Anlagenkomponenten können die betriebliche Energieanlage sowie alternative Anlagenkonzepte graphisch unterstützt modelliert werden. Eine umfangreiche Anlagenbibliothek verringert Aufwände der Informationsbeschaffung. Systemanalyse und -synthese: Die Bereitstellung eines breiten Spektrums von Analyseverfahren (z. B. Simulation) ermöglicht es, ökologische, wirtschaftliche und technische Aspekte einer Energieanlage zu untersuchen. Bewertung und Entscheidung: Die analysierten Anlagenkonzepte können bewertet und in eine Rangfolge gemäß den vordefinierten Präferenzen gebracht werden. Zur Unterstützung der verschiedenartigen Entscheidungssituationen stehen dem Benutzer dabei unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Verfügung.
Das Konzept gibt keine starre Bearbeitungsreihenfolge vor, da Gestaltungsprozesse i.d.R. nicht sequentiell sondern iterativ (zyklisch) durchgeführt werden. Einzelne Bereiche des EUS (z. B. Anlagensimulation, Bewertung und Entscheidung) wurden anhand der Fallbeispiele konkretisiert und visualisiert. Darüber hinaus wurden Aspekte der ganzheitlichen, insbesondere der ökonomischen und thermodynamischen Bilanzierung und Bewertung energetischer Anlagen untersucht und Kennzahlen hergeleitet.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Konzept sowie erste Ergebnisse der Fallbeispiele wurden in Vorträgen am Workshop und auf der VDI-Tagung Innovationen bei der rationellen Energieanwendung - Neue Chancen für die Wirtschaft am 3.3.1998 in Dortmund vorgestellt. Am 16.9.1998 werden weitere Ergebnisse auf der VDI-Tagung Energiemanagement in Kommunen und öffentlichen Einrichtungen präsentiert. Die Manuskripte sind in den gleichnamigen VDI-Berichten abgedruckt. Der Zwischenbericht wurde auszugsweise als Arbeitsbericht des Instituts für Wirtschaftswissenschaften der RWTH Aachen (Nr. 98/01) veröffentlicht. Die externen Projektpartner übernehmen durch ihren Kontakt zu KMU auch in Zukunft eine Multiplikatorfunktion.


Fazit

Die wesentlichen konzeptionellen Arbeiten wurden in dieser Projektphase abgeschlossen. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und technischer Ziele wurde bestätigt. Da sowohl ein Handlungsbedarf als auch die Machbarkeit aufgezeigt werden konnten, wurde eine Förderung für weitere zwei Jahre beantragt.

Übersicht

Fördersumme

180.588,29 €

Förderzeitraum

01.01.1997 - 27.04.1999

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik