Projekt 10063/01

Handlungsformen und Handlungsmöglichkeiten von Mitarbeitern bei ökologischem Strukturwandel in den Klein- und Mittelbetrieben der chemischen und kunststoffverarbeitenden Industrie

Projektträger

Carl von Ossietzky Universität OldenburgKooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften
26111 Oldenburg
Telefon: 0441/798-

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Erfassung der Handlungsformen und Ermöglichung der Partizipation von Mitarbeitern und Betriebsräten bei ökologischem Strukturwandel in Betrieben. - Der in der chemischen Industrie zumeist praktizierte additive Umweltschutz stößt an seine Grenzen. Integrierte Maßnahmen, die ökologische Fragen präventiv behandeln, können aufgrund ihres systematischen Charakters eine umweltgerechtere Produktion bewirken. Da die hierzu notwendigen Änderungen nicht allein technischer Natur sind, sondern alle betriebliche Akteure betreffen, kann integrierter Umweltschutz nur dann erfolgreich sein, wenn alle Hierarchieebenen in Kooperation am Wandel beteiligt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt zielt auf eine Erfassung der formellen und informellen Voraussetzungen für eine von allen Mitarbeitern getragenen betrieblichen Umweltpolitik. Im ersten Schritt werden ähnliche Studien zum betrieblichen Umweltschutz ausgewertet und die rechtlichen Rahmenbedingungen erfaßt. Mit Hilfe von Materialanalysen, Betriebsbegehungen und Interviews erfolgt eine Bestandsaufnahme zum Umweltschutz in den beteiligten Unternehmen.
Im zweiten Schritt, dem Hauptteil des Projektes, werden die Handlungskonstellationen in der betrieblichen Arbeitspolitik und im Umweltschutz untersucht, die ökologischen Handlungsorientierungen und Deutungsmuster der Belegschaften erfaßt und die Einflußfaktoren für ein ökologisches Engagement erörtert. Hierzu bedarf es leitfadengestützter Interviews und Gruppengespräche mit den relevanten Personengruppen.
Um auszuloten, wie die ökologische Kompetenz der Mitarbeiter zu verbessern ist, sollen im dritten Schritt Interviews (Expertengespräche) mit Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen, IHK etc. geführt werden. - Als vierter Schritt folgt eine schriftliche Befragung aller Betriebe der chemischen Industrie in der Region zu ihren umweltpolitischen Aktivitäten (die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen).
Im letzten, fünften Schritt werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefaßt und als Leitfaden den Interessenten zugänglich machen. In diesem Zusammenhang sind betriebliche und überbetriebliche Workshops geplant, in denen Wege zur beteiligungsoffenen ökologischen Unternehmenspolitik erarbeitet werden sollen.


Ergebnisse und Diskussion

In einer Bestandsaufnahme des betrieblichen Umweltschutzes in den Betrieben der chemischen Industrie der Region Weser-Ems hat sich gezeigt, daß additiv-nachsorgende Techniken dominieren. Alle Betriebe orientieren sich v. a. an den behördlich vorgeschriebenen Grenzwerten. Das Recht begünstigt in einigen Fällen die Beibehaltung der End-of-pipe-Technologien. Auch vom Markt gehen nur geringe Anreize zum integrierten Umweltschutz aus. Es dominiert trotz einiger vielversprechender Versuche der Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine technische Sicht auf den Umweltschutz.
Mit seiner Konzentration auf die organisationalen Aspekte des Umweltschutzes kann das Projekt Innovationshindernisse ausmachen, die den (scheinbar) harten Fakten Wirtschaftlichkeit und Technik vorgelagert sind. Als theoretische Grundlage dient hierbei ein mikropolitischer Ansatz, der das unternehmerische Handeln auch aus machtorientierten Handlungen der betrieblichen Akteure ableitet. Aus diesen Gründen fokussiert das Projekt auf die unterschiedlichen Sichtweisen und Deutungsmuster im Betrieb. Ob betrieb-licher Umweltschutz am Arbeitsplatz intensiviert und umgesetzt wird, bzw. welchen Stellenwert er in Konkurrenz zu den anderen Anforderungen hat, ist abhängig von den Sichtweisen der Akteure auf den Umweltschutz in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich. Zusammengefaßt ergibt sich folgendes Bild:
Die Geschäftsführer und Werkleiter sind nur dann Motoren des Umweltschutzes, wenn sie einen direkten ökonomischen Nutzen erkennen können. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist der Einfluß der ökologischen Veränderungen auf die Arbeitsroutinen von entscheidender Bedeutung. Die mittlere Ebene (Meister/Vorarbeiter/Abteilungsleiter) erweist sich als Blockadeebene, da sie in Veränderungen den geringsten Gewinn erkennt. Die Betriebsräte sehen den Umweltschutz nicht als eigenständiges Arbeitsfeld. Sie konzentrieren sich in ihrer Tätigkeit auf die klassischen Bereiche Personalbestandssicherung und Arbeitssicherheit. Der Umweltschutz findet v. a. dann Unterstützung, wenn zugleich die Arbeitssicherheit erhöht wird. Die freiwilligen Umweltschutzbeauftragten sind Motoren des Umweltschutzes, auch im Sinne der Mitarbeiterorientierung. Ihre geringen Machtbefugnisse und die Arbeitsüberlastung machen erfolgreiches Arbeiten nur dann möglich, wenn es ihnen gelingt, den Umweltschutz in allen Ebenen des Unternehmens zu verankern.
Der betriebliche Umweltschutz wird als Zusammenspiel dieser Ebenen analysiert. Die vorgefundenen Lösungen, v. a. die mangelnde Einbindung der Belegschaft mit den daraus resultierenden Umsetzungsdefiziten sind aus den eingefahrenen Sichten und Deutungsmustern zu erklären.
Wie kann der Umweltschutz trotz dieser unterschiedlichen Sichtweisen wirksam werden? - In den Workshops mit den Vertretern aller Ebenen hat sich gezeigt, wie wichtig die bereichsübergreifende Kommunikation über den Umweltschutz und die frühzeitige Einbindung aller Akteure in die ökologischen Veränderungsprozesse ist. Im gleichen Maße wurde deutlich, wie schwer es den Betrieben fällt, sich von den eingespielten Mustern zu verabschieden. Vielfältige Maßnahmen wurden in den Workshops in die Wege geleitet (z. B. Umweltschutz im BVW, Arbeitskreise zum Umweltschutz, Betriebszeitungen etc.), die die Innovationsfähigkeit steigern und den betrieblichen Umweltschutz verbessern werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zwischenergebnisse des Projektes sind in Aufsatzform dokumentiert unter: Dückert, T./ Groth, T./ König, S. 1998: Ökologie, Organisation und Partizipation - betrieblicher Umweltschutz in der chemischen Industrie, in: Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften (Hg.) 1998: Umbruch der Arbeitsgesellschaft und Kooperation. Oldenburg: BIS-Verlag, S. 63-76. Das Projekt ist aufgenommen in die GESIS-Datenbank. In naher Zukunft werden ausgewählte Ergebnisse den interessierten Unternehmen des Projektes vorgestellt. Zusätzlich findet im Dezember eine öffentliche Veranstaltung statt, die die Ergebnispräsentation und -diskussion zum Inhalt hat. - Der Projektendbericht ist über die Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften, die IG BCE Verwaltungsstelle Oldenburg und die IHK Oldenburg zu beziehen. Eine Buchpublikation ist in Planung.


Fazit

Die Konzentration auf Fragen der Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im betrieblichen Umweltschutz war einigen Betrieben anfangs schwer zu vermitteln, dies erschwerte die Suche nach Kooperationsbetrieben. Im Laufe des Projektes erwies sich die Leitidee aber als adäquater Zugang zu den betrieblichen Problemen bei der Umsetzung von Innovationen im allgemeinen und Umweltschutzinnovationen im speziellen.
Gerade in den Workshops wurde den Betriebsvertretern bewußt, daß die mittelständischen Unternehmen mit ähnlichen organisationalen Problemen zu kämpfen haben, die in den Schlagworten Information, Kommunikation und Mitarbeiterbeteiligung zusammenzufassen sind. Das Projekt konnte in dieser Hin-sicht wichtige Anregungen liefern, innerbetriebliche Diskussionen anregen und auch ökologisch wirksame Veränderungen herbeiführen. Eine weitere Begleitung der eingeleiteten Maßnahmen im Unternehmen während der Implementationsphase konnte aus Zeitgründen nicht erfolgen. Diese ökologische Organisa-tionsentwicklung wäre eine sinnvolle Weiterführung des Projektes.

Übersicht

Fördersumme

78.713,39 €

Förderzeitraum

25.03.1997 - 24.11.1998

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation