Projekt 06153/01

Entwicklung und Erprobung eines Nitrifikanten-Biosensoren fĂŒr die Abwasseranalytik

ProjekttrÀger

UniversitĂ€t StuttgartInstitut fĂŒr Siedlungswasserbau, WassergĂŒte-und Abfallwirtschaft
BandtÀle 1
70569 StuttgartZielsetzung und Anlass des Vorhabens In industriellen AbwĂ€ssern sind oftmals Stoffe enthalten, die selektiv hemmend wirken auf die Nitrifikationsstufe von KlĂ€ranlagen, die kommunale und gewerbliche AbwĂ€sser gemeinsam behandeln. Um gezielt auf das Auftreten nitrifikationshemmender Substanzen im Abwasser reagieren zu können, ist es notwendig, diesen Effekt möglichst rasch zu erkennen und den Abwasserteilstrom, der den Inhibitor mitfĂŒhrt zu identifizieren. Im Zuge dieses Projektes soll ein feldeinsatztauglicher Nitrifikanten-Biosensor zur direkten und kontinuierlichen Überwachung von Abwasserteilströmen entwickelt und etabliert werden. Weiterhin ist der Einsatz desselben Sensors als Schnelltest zur summarischen Quantifizierung des nitrifizierbaren Potentials von AbwĂ€ssern vorgesehen. Mit diesem Parameter soll eine verbesserte Steuerung der Nitrifikations- und Denitrifikationsstufe von KlĂ€ranlagen ermöglicht werden. Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Nitrifikantensensor besteht im wesentlichen aus einer Clarkschen Sauerstoffsonde, auf der eine Nitrifikantenmischkultur immobilisiert vorliegt. Dieser Sensor wurde integriert in eine Feldversuchsanlage, die derzeit auf dem GelĂ€nde der institutseigenen KlĂ€ranlage in Stuttgart-BĂŒsnau steht. Die Anlage wird permanent mit ultrafiltriertem Abwasser beschickt. Temperatur, pH-Wert, Sauerstoff- und Ammoniumkonzentration werden kontrolliert. Die Erfassung aller Meßwerte erfolgt online. An der Feldversuchsanlage werden mit Nitrifikationsinhibitoren Versuche durchgefĂŒhrt, die eine optimierte Verfahrensweise und die VerlĂ€ngerung der Standzeiten des Sensorsystems unter Abwasserbedingungen zum Ziel haben. Begleitend erfolgen mit einem LaborgerĂ€t Grundlagenuntersuchungen mit verschiedenen, abwasserrelevanten Hemmstoffen. Des weiteren werden im Labor verschiedene Techniken zur Herstellung optimierter Sensormembranen getestet. ZusĂ€tzlich erfolgen dort die Untersuchungen zur summarischen Quantifizierung nitrifzierbarer Verbindungen in Abwasserproben, wobei hier die Aufnahme von Ganglinien am Zulauf verschiedener KlĂ€ranlagen im Vordergrund stehen. Der Einsatz der Feldversuchsanlage unter realen Einsatzbedingungen außerhalb der eigenen KlĂ€ranlage wird im weiteren Projektverlauf angestrebt. Ergebnisse und Diskussion Zur Quantifizierung des N-BSB wurde zunĂ€chst die Reaktion des Biosensors auf Zugabe der Nitrifikationssubstrate Ammonium, Harnstoff und Nitrit untersucht. Der Sensor reagierte auf diese NĂ€hrstoffe unmittelbar, so daß in aller Regel fĂŒr eine Quantifizierung eine Meßdauer von zwei Minuten ausreichend war. Die AbhĂ€ngigkeit zwischen Substratkonzentration und Sensorsignal ergab einen Zusammenhang analog der Michaelis-Menten-Kinetik. Es wurde eine Nachweisgrenze von 32 ”g/l und eine Bestimmungsgrenze von 106 ”g/l NH4+-N berechnet. Der Meßbereich mit hinreichender LinearitĂ€t erstreckte sich bis 1,0 mg/l NH4+-N. Anschließend erfolgten Untersuchungen zur Erfassung organischer Verbindungen, die eine freie Aminogruppe besitzen. Als Modellsubstanzen wurden hierfĂŒr verschiedene AminosĂ€uren eingesetzt. Wie sich zeigte, ist der Sensor in der Lage auch derartige Verbindungen zu quantifizieren. Die Signalhöhe auf AminosĂ€ure-N betrug maximal 18 % und im Mittel 5 % im Vergleich zur Reaktion auf gleichmolare NH4+-N-Konzentrationen. Es wurde eine Querempfindlichkeit gegenĂŒber Kohlenstoff von 5 bis 10 % ermittelt. Aufgrund dieser gĂŒnstigen Sensoreigenschaften konnte mit dem LaborgerĂ€t die Bestimmung des N-BSB in realen Abwasserproben erfolgen. Es wurden mehrere Tagesganglinien von ZulĂ€ufen kommunaler KlĂ€ranlagen untersucht. Im Fall einer kommunalen KlĂ€ranlage mit Anteilen gewerblicher AbwĂ€sser wurde ĂŒber den gesamten Tag ein um durchschnittlich 31 % höherer N-BSB bestimmt als die physiko-chemisch bestimmte NH4+-N-Konzentration. Dieser Befund ist ein Hinweis darauf, daß spezielle AbwĂ€s-ser in erheblichen Anteilen organische Stickstoffverbindungen enthalten, die in der KlĂ€ranlage von den Nitrifikanten als Substrate genutzt werden können und somit zum gesamten Sauerstoffverbrauch im KlĂ€rbecken beitragen. Zur Erfassung der Nitrifikationshemmung mit dem LaborgerĂ€t erfolgten die grundlegenden Untersuchungen mit der Testsubstanz Allylthioharnstoff (ATH). Im Vergleich zur Reaktion auf Substrate reagierte der Sensor auf die Zugabe von Inhibitoren mit einem leicht verzögerten Ansprechverhalten. Bei ATH-Konzentrationen grĂ¶ĂŸer als 1,0 mg/l bzw. bei entsprechend starken Inhibitoren war eine Meßdauer von 5 Minuten ausreichend, um MeßwertstabilitĂ€t zu erreichen. Bei geringeren ATH-Konzentrationen bzw. bei schwĂ€cher hemmend wirkenden Substanzen waren Meßzeiten von 15 bis maximal 20 Minuten erforderlich. Wie ATH erwiesen sich die meisten der untersuchten Hemmstoffe als reversibel. Je nach eingesetzter Testsubstanzkonzentration konnte sich der Nitrifikantensensor meist nach 5 bis 15 Minuten regenerieren und erneute Meßbereitschaft erlangen. In extremeren FĂ€llen konnte die Regenerationsdauer auch mehrere Stunden betragen. Wiederholt vorgenommene Messungen mit Nitrifikationsinhibitoren zeigten eine Reproduzierbarkeit innerhalb von 5 %. Anschließend wurde eine Reihe von Nitrifikationsinhibitoren mit dem LaborgerĂ€t untersucht und ihre Hemmwirkung quantifiziert. In der Endphase des Projektes gelang es auch, mit dem LaborgerĂ€t das nitrifikationshemmende Potential realer Abwasserproben zu quantifizieren. Die Untersuchungen mit dem FeldgerĂ€t zur direkten Überwachung von AbwasserkanĂ€len war von zentraler Bedeutung innerhalb dieses Forschungsprojektes. Hinsichtlich der grundlegenden Sensoreigenschaften, wie des Ansprechverhaltens, der SensitivitĂ€t und der RegenerationsfĂ€higkeit ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zu den zuvor im Labor ermittelten Werten. GrĂ¶ĂŸerer Entwicklungsbedarf bestand zu Projektbeginn vor allem hinsichtlich der LangzeitstabilitĂ€t des Sensorsystems bei permanenten Abwasseruntersuchungen. Um die angestrebten Sensorstandzeiten von einer Woche zu verwirklichen, nahmen daher Optimierungsarbeiten am Biosensor sowie am gesamten FeldgerĂ€t einen breiten Raum ein. Die Weiterentwicklungen am FeldgerĂ€t betrafen zum einen die Biosensordurchflußzelle. Zudem wurde durch die Parallelschaltung zweier Nitrifikantensensoren bewirkt, daß durch abwechselnde Meßphasen im zu testenden Abwasserstrom und Erholungsphasen in NitrifikantennĂ€hrlösung die effektive Standzeit in Abwasser halbiert wurde. Ein weiterer positiver Effekt resultierte aus der Verminderung der Temperatur des Abwasserprobestromes von 25 auf 12 bis 15 °C. Mit der optimierten Anlagenkonfiguration wurden schließlich die verbesserten Standzeiten an Langzeituntersuchungen verifiziert. Damit waren die Voraussetzungen fĂŒr die Überwachung realer KlĂ€ranlagenzulĂ€ufe und Abwasserteilströme geschaffen. Diese Untersuchungen erfolgten am Zulauf des Lehr- und ForschungsklĂ€rwerks BĂŒsnau, das in AbstĂ€nden von mehreren Wochen Störungen der Nitrifikationsstufe zeigte. Die mit dem FeldgerĂ€t wĂ€hrend dieser Zeit aufgenommenen Daten weisen darauf hin, daß zumindest in einem Fall die On-line-Erfassung einer schadstoffhaltigen Abwasserwelle mit dem Biosensor gelungen ist. Öffentlichkeitsarbeit und PrĂ€sentation Zwei schriftliche Veröffentlichungen sind in Vom Wasser und in American Laboratory erschienen. Eine weitere Veröffentlichung fĂŒr die Acta hydrochimica ist in Vorbereitung. Über dieses Thema wurden mehrere VortrĂ€ge auf Tagungen und Seminaren sowie bei Kursen am Haus der Technik in Essen gehalten. ZusĂ€tzlich gab es zahlreiche PosterprĂ€sentationen auf verschiedenen Tagungen. Fazit Die mit dem LaborgerĂ€t erzielten Ergebnisse lassen darauf schließen, daß die biochemische Seite des Nitrifikantensensorsystems soweit ausgereift ist, daß der Aufwand fĂŒr eine Weiterentwicklung zum marktfĂ€higen Produkt absehbar wĂ€re. Die Untersuchungen mit dem FeldgerĂ€t erbrachten den Beweis, daß der Biosensor prinzipiell zur Überwachung von AbwasserkanĂ€len eingesetzt werden kann. Hier soll durch eine Diplomarbeit die BetriebsstabilitĂ€t, FunktionalitĂ€t und der Wartungsaufwand des FeldgerĂ€tes noch soweit verbessert werden, daß die Meßanordnung auch fĂŒr andere Anwender interessant wird.

Übersicht

Telefon

0711/6855443

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Bundesland

Baden-WĂŒrttemberg

Fördersumme

93.216,18 €

Förderzeitraum

01.04.1995 - 06.10.1998