Projekt 04485/01

Modellvorhaben: Enttrümmerung der Frauenkirche unter dem Gesichtspunkt umweltbedingter Schäden

Projektträger

Stiftung Frauenkirche Dresden
An der Frauenkirche 12
01067 Dresden
Telefon: 0351/4981122

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Wiederaufbau der Frauenkirche soll unter weitgehender Einbeziehung des während der archäologischen Enttrümmerung geborgenen Materials als Sandstein-Mauerwerks-Konstruktion erfolgen. Die bisher durchgeführten Untersuchungen haben den Umfang von Tastversuchen. Da die genaue Herkunft des Steinmateriales nicht eindeutig bekannt oder feststellbar ist, kann von den bisher ermittelten Werten nicht mit ausreichender Sicherheit auf die Grundgesamtheit geschlossen werden. Ziel der weiteren Beprobung ist es, die auf der Grundlage bisheriger Prüfungen getroffenen Annahmen über Festigkeitsparameter von Altsteinmaterial statistisch abzusichern. Mit der Verwendung des Altsteinmateriales werden kostbare, natürliche Ressourcen geschont.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie für den vorliegenden Fall der Einschätzung eines Loses von Altsteinen zutreffende Norm ist die DIN-ISO 2859, T. 2. Die Anwendung des dort angegebenen Probenumfanges garantiert den sicheren Schluß auf die Grundgesamtheit. Bei einer zurückzuweisenden Qualitätsgrenzlage (LQ) gemäß o. g. Vorschrift von 1,25% ergibt sich bei 91.500 Hintermauerungssteinen (sogenannte Grundstücke) eine erforderliche Probenanzahl von 500 Stück. Davon dürfen dann drei fehlerhaft sein, d. h. die bisherigen Festigkeitsannahmen unterschreiten. Die Probenentnahme muß zufällig erfolgen. Bisher wurden von den notwendigen 500 Proben ca 7% hinsichtlich ihrer Festigkeitskennwerte analysiert. Mit dem Projekt sollen die noch offenen Prüfungen je hälftig zur Bestimmung der Druckfestigkeit und der Spaltzugfestigkeit durchgeführt und ausgwertet werden. Es ist damit ein zielgerichteter Einsatz auf der Basis statistisch abgesicherter Werte bzw. eine Modifizierung der Mauerwerks-Grenzspannung auf der Widerstandsseite möglich. Da bei den Fassadensteinen eine zerstörende Prüfung nicht zumutbar ist und die zum Wiedereinbau vorgesehenen aufgearbeitet werden, wird bei diesen Steinen lediglich eine visuelle Prüfung auf der Grundlage der Ergebnisse der Beprobung der Grundstücke von einem Fachmann durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Bei der neuen Ermittlung der Rechenwerte der Mauerwerksdruckfestigkeit sind die ermittelten Mittelwerte und dazugehörige Standardabweichungen der Druck- und Spaltzugfestigkeit sowie die Kenndaten des Mörtels (Mörtelgruppe) neben der Beschaffenheit des Mauerwerkes (z. B. Art, Fugenstärke) zu berücksichtigen. Mit der Nachbeprobung konnte die bisher getroffene Festigkeitsannahme für Altsteine und Mauerwerk überprüft werden. Für die Steinfestigkeiten mußten die bisherigen Werte korrigiert werden. Auf der Grundlage der abgesicherten Druck- und Spaltzugfestigkeiten für den Stein wurde der Rechenwert der Mauerwerks-druckfestigkeit neu ermittelt, da der 5 %-Fraktilwert der Druckfestigkeit unter dem der Erstbeprobung lag. Der aktualisierte Rechenwert für das Mauerwerk ist gleich bzw. liegt etwas über dem Rechenwert aus den Werten der Erstbeprobung. D. h., die bisher geführten Nachweise behalten weiter ihre Gültigkeit, da sich der Grenzwert nicht verringert. Der Einfachheit halber sollen die bisherigen Grenzwerte für die Mauerwerksdruckfestigkeit beibehalten werden. Für den Stein sollen die Altsteinkennwerte aktualisiert werden. An Sandsteinen nach visuellen Kriterien die Festigkeit abzuschätzen ist eine Aufgabe, die zunächst kaum lösbar erscheint. Visuell erkennbar sind die Farbe und das Gefüge. Da bisher ein Zusammenhang zwischen Farbe und Festigkeit nicht nachgewiesen werden konnte, und die Elbsandsteine in ein und derselben Bank die Farbe des Steines von rein weiß bis zu braun wechseln kann, ist die Farbe mit großer Wahrscheinlichkeit als Merkmal ungeeignet. Geht man davon aus, daß der Stein innerhalb einer genetischen Einheit gleichartig ausgebildet ist, kann man annehmen, daß auch innerhalb dieser Einheit das Steinmaterial in seinen physikalischen Eigenschaften gleich ist. In den Steinbruchbetrieb übertragen heißt das, innerhalb einer Bank ist der Stein gleichartig. Ein besseres Kriterium als die Farbe ist das Gefüge. Korngrößenverteilung und Schichtung sind durch den Sedimentationsprozeß bedingt und haben Einfluß auf die Diagenese. Um zu überprüfen, ob sich die nach Gefügemerkmalen visuell ausgliederbaren Sandsteine in ihren Festigkeitsmerkmalen unterscheiden, wurden deren Prüfdaten zu Gruppen zusammengefaßt und das arithmetische Mittel, Standardabweichung und Konfidenz bestimmt. Unter den Teilstichproben weist der Feinsandstein die höchste mittlere Druckfestigkeit auf, allerdings auch die höchste Konfidenz. Ihm folgt der Mittelsandstein mit groben Schlieren - der aber aufgrund der geringen Probenzahl nicht relevant ist - diesem der Mittelsandstein und schließlich der Mittelsandstein. Nach dem arithmetischen Mittel hat die Teilstichprobe Mittelsandstein mit Grobsand die höchste Spaltzugfestigkeit, ihr folgt die Teilstichprobe Mittelsandstein, dann Feinsandstein, und am niedrigsten ist der Mittelwert für Mittelsandstein mit groben Schlieren. Letztere ist mit 4 Meßwerten nicht repräsentativ, aber die Zuordnung erscheint logisch. Beachtenswert ist, daß offenbar die Druckfestigkeit mit steigender Korngröße abnimmt, die Zugfestigkeit aber mit steigender Korngröße zunimmt. Das Phänomen ist möglicherweise über die Zahl und Größe der Kornkontakte in der Bruchfläche und die Art der Lastübertragung innerhalb des Korngefüges erklärbar. Die aus dem Trümmerberg der Frauenkirche stammenden Sandsteine lassen sich also in Gruppen teilen, die nach ihrem Gefüge unterscheidbar sind. Es zeigt sich aber, daß diese Teilung nicht streng möglich ist, da zwischen den Gruppen natürlicherweise fließende Übergänge bestehen. Steine mit von der Norm abweichenden Festigkeitseigenschaften sicher zu erkennen, ist risikovoll und erfordert einige Erfahrung. Ein subjektiver Faktor kann dabei nicht ausgeschlossen werden. Bei der Anwendung der aus den Beobachtungen abgeleiteten Kriterien muß man sich vergegenwärtigen, daß es sich bei deren Anwendung um grobe Schätzungen handelt, die keineswegs Messungen ersetzen können. Bei der detaillierten visuellen Begutachtung konnte festgestellt werden, daß auch bei den Fundstücken der Fassade eine Einteilung nach dem Steingefüge sinnvoll ist. Ein großer Teil der untersuchten Fundstücke wurde der Varietät Postaer Sandstein zugeordnet. Die vereinzelt vorgefundenen Fundstücke aus Cottaer Sandstein sind Sandsteinteile mit filigranen Zierelementen, Fenster- oder Türgewände bzw. Reliefplatten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des geförderten Projektvorhabens wurden entsprechend den Regeln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die Datenbank MONUFAKT des Umweltbundesamtes aufbereitet und werden dieser in den nächsten Tagen übergeben, so daß diese Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.


Fazit

Die nun vorliegenden Untersuchungsergebnisse belegen mit statistischer Sicherheit, daß die geborgenen Grundstücke für den Wiederaufbau der Frauenkirche verwendet werden können. Zur Unterstützung bei der Auswahl und Beurteilung der Altmaterialien ist der aufgestellte Merkmalskatalog hilfreich und sinnvoll. Um eine noch genauere Abschätzung des inneren Gefügezustandes zu erreichen, könnten Meßverfahren mit Ultraschall eingesetzt werden. Die Auswertung bereits vorhandener Ultraschallmessungen wäre eine zusätzliche Aufgabe

Übersicht

Fördersumme

102.258,38 €

Förderzeitraum

06.12.1993 - 03.09.1996

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik