Projekt 04338/01

Modellvorhaben: Erhaltung von umweltgeschädigten Naturstein-Grabmalen auf der Grundlage neuester naturwissenschaftlicher Erkenntnisse im national wertvollen jüdischen Friedhof An der Strangriede in Hannover

Projektträger

Landesverband der Jüdischen Gemeindenvon Niedersachsen
Hindenburg-Str. 2 - 4
30175 Hannover
Telefon: 0511/812762

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hauptziel des Projektes ist die langfristige Erhaltung der umweltgeschädigten und teilweise einsturzgefährdeten Naturstein-Grabmale in der Grabreihe 93 des jüdischen Friedhof An der Strangriede in Hannover. Im Vordergrund stehen dabei die modellhafte Planung und Durchführung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen auf der Grundlage neuester naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. und unter Berücksichtigung der religiösen Bedeutung jüdischer Grabstätten.
Die kulturgeschichtlich besonders wertvollen Grabmale zeigten neben den schon bekannten Feuchte- und Salzschäden ungewöhnlich verfärbte Gesteinsoberflächen und Krustenbildungen, deren Ursachen und Schadenspotential geklärt werden sollte. Weiterhin galt es die restauratorischen Bearbeitungsmöglichkeiten im Sinne der nachhaltigen Substanzerhaltung umfassend zu prüfen und kontrolliert umzusetzen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBergung und Sicherung umgestürzter und einsturzgefährdeter Grabmale sowie eine in Etappen gegliederte Untersuchung der Grabsteine im Sinne einer integralen Objekterfassung unter Berücksichtigung kulturhistorischer, materialkundlicher und restauratorischer Gesichtspunkte; kombinierte Anwendung und die wiederholte Durchführung verschiedener zerstörungsfreier Untersuchungsmethoden, insbesondere Ultraschall- sowie Wasseraufnahme- und Gaspermeabilitätsmessungen;
Objektspezifische Anpassung der Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen sowie vertiefte Untersuchungen an 11 Modellobjekten zur Durchführung exemplarischer Erhaltungsmaßnahmen (Pilotarbeiten); Konservierung und Restaurierung von insgesamt 62 Grabmalen der Reihe 93 sowie von einem besonders gefährdeten Großgrabmal der Reihe 94 auf der Grundlage der Pilotarbeiten; Erarbeitung der Grundlagen für die langfristige Wartung und Pflege der Grabmale anhand der Pilotobjekte.


Ergebnisse und Diskussion

a) Die Konservierung und Restaurierung der Grabmale erfolgte auf der Grundlage einer integralen Objekterfassung und anhand aktueller Verfahren der Schadensdiagnostik, die zur Feststellung der Schadensursachen sowie zur Festlegung der erforderlichen Maßnahmen dienten;
b) Das Hauptziel der Projektarbeit, die Sicherung und Erhaltung der gefährdeten Grabmale konnte daher in vollem Umfang erreicht werden;
c) Die Untersuchung der Umweltschäden und die Charakterisierung der Schadensbilder mittels zerstörungsfreier Diagnostik (insbesondere Ultraschall) hat sich bewährt; in schwierigen Fällen ist allerdings die Kombination verschiedener Diagnoseverfahren erforderlich, um praxistaugliche Ergebnisse zu erzielen (Beispiel: Bestimmung von Festigkeitstiefenprofilen mittels Ultraschall- und Bohrwiderstandsmessung);
d) Die Untersuchungen zur Feuchte- und Salzbelastung sowie die Begutachtung der Standsicherheit der Grabmale führten erst im Zuge der laufenden Projektarbeiten zu der Erkenntnis, dass die Friedhofsmauer entlang der Reihe 93 sowie die darin verankerten Großgrabmale in weit größerem Umfang instandgesetzt werden mussten als ursprünglich angenommen; im Sinne der Nachhaltigkeit der aktuellen Erhaltungsmaßnahmen mussten 51 der insgesamt 63 Grabmale zum Zwecke der Substanzsicherung entweder ganz oder teilweise abgebaut werden;
e) Die Konservierung und Restaurierung der kostbaren Grabsteine erfolgte durch qualifizierte Fachleute aus mehreren mittelständischen Unternehmen in Zusammenarbeit mit Restauratoren und Lehrkräften der FH Hildesheim-Holzminden, Studiengang Restaurierung; die fallweise Einbindung externer Fachleute, insbesondere aus parallel laufenden Förderprojekten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Projektgruppe Berliner jüdische Friedhöfe und Projektgruppe Laserreinigung von Steinobjekten) führte nicht nur zu Synergieeffekten und zur Optimierung der Projektergebnissen, sondern zum Teil auch zu Kosteneinsparungen;
f) Die vertiefte Untersuchung und besonders sorgfältige restauratorische Bearbeitung des Grabmals Königswarter (93-47) erfolgte weitgehend im Rahmen der praxisorientierten Ausbildung von Diplom-Restauratoren an der FH Hildesheim-Holzminden; der dadurch erzielte Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis war für das Gelingen der interdisziplinären Projektarbeit von größtem Nutzen;
g) Die umfangreiche Dokumentation der Projektarbeiten und der materialkundlichen Untersuchungsergebnisse können als Grundlage für die zukünftige Wartung und Pflege der Grabreihe 93 unmittelbar herangezogen werden; durch regelmäßige Nachkontrollen und Nachmessungen an definierten Referenzstellen können darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse zur langfristigen Wirksamkeit und Beständigkeit der verschiedenen Maßnahmen gewonnen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Publikationen allgemeiner Art
a) Modellvorhaben der DBU, Jüdischer Friedhof in Hannover, Ursula Schädler-Saub, Restauro 6/96, Seite 377.
b) Zur Wartung und Pflege von Kulturdenkmalen - Die Erhaltung von Grabmalen auf dem jüdischen Friedhof An der Strangriede in Hannover. P. Königfeld und E. Stadlbauer, Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Heft 4/96, S. 118.
Teilnahme an Fachtagungen mit Vortrag, Poster und/oder Publikation
a) 8th Int. Congress on Deterioration and Conservation of Stone, 30.09. - 04.10.1996 in Berlin;
b) Int. Symposium World Cultural Heritage - A Global Challenge, 23.02. - 01.03.1997 in Hildesheim
Ausrichtung einer eigenen Fachtagung Die Erhaltung von Grabsteinen auf jüdischen Friedhöfen in Berlin und Hannover am 14. und 15.10.1996 in der VHS in Hannover mit rund 100 Teilnehmern aus dem ganzen Bundesgebiet.


Fazit

Die Erhaltungsmöglichkeit des Friedhofs An der Strangriede hat sich seit der Stilllegung der unmittelbar westlich benachbarten Buntmetallhütte im Jahre 1985 deutlich verbessert. Messdaten des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie belegen außerdem, daß die Schadstoffbelastung durch Staubimmission und durch den Sauren Regen in den vergangenen Jahren stetig rückläufig ist. Dennoch kann die Nachhaltigkeit der Projektarbeit nur durch regelmäßige Wartung und Pflege der Grabreihe 93 sicher gestellt werden. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen wird dabei im Rahmen von Patenschaften durch die FH Hildesheim-Holzminden, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und das Norddeutsche Zentrum für Materialkunde von Kulturgut e.V. unterstützt. Auf diese Weise sollen die fachlichen Grundlagen für die langfristige Erhaltung des nach wie vor bedrohten Kulturerbes auf dem Friedhof An der Strangriede einer fortlaufenden Überprüfung und Aktualisierung unterzogen werden

Übersicht

Fördersumme

1.209.205,30 €

Förderzeitraum

02.09.1994 - 06.02.2001

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Kulturgüter