Projekt 03964/01

Konzepte für eine umweltgerechte Landnutzung und Regionalentwicklung am Beispiel des Landkreises Meiningen-Schmalkalden (Thüringen) und des Saalkreises (Sachsen-Anhalt)

Projektträger

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am MainInstitut für Ländliche Strukturforschung
Kurfürstenstr. 49
60486 Frankfurt
Telefon: +49 (0)69/972668314

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die sehr unterschiedlichen Zielvorstellungen für die zukünftige Landwirtschaft und die Widersprüche der derzeit praktizierten Förderpolitik verdeutlichen, daß Agrarumweltpolitik nicht als isolierter Handlungsbereich gesehen werden kann. Eine Auseinandersetzung mit den weiteren, die Landwirtschaft und ländliche Entwicklung betreffenden Zielen und Zielkonflikten ist somit unumgänglich. Hauptintention der Untersuchung war es, am Beispiel von Regionen mit unterschiedlichen Ausgangsbedingungen, Konzepte für die Verbindung wirtschaftlicher und ökologischer Leistungen in landwirtschaftlichen Betrieben verschiedener Größe, Struktur und Wirtschaftsweise zu entwickeln und praktische Möglichkeiten für eine Förderung von aus Umwelt- und Naturschutzsicht wünschenswerten einzelbetrieblichen Anpassungen aufzuzeigen. Wichtige Teilziele waren somit: die Ableitung von konkreten, regionsspezifischen Anforderungen an Art, Umfang und Intensität der Landbewirtschaftung, die Identifizierung von Hindernissen, die einer umweltgerechten Landwirtschaft entgegenstehen und die Ableitung praktischer Handlungsansätze, die zu einer einer breiten Einführung umweltgerechter Wirtschaftsweisen beitragen können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEntsprechend der Vielschichtigkeit der Fragestellung lag der Studie ein ganzheitlicher, i.e. integrativer und multidisziplinär ausgerichteter Analyse- und Entwicklungsansatz zugrunde. Deutlich wird dies in der umfassend angelegten Bestandsaufnahme, die an den Handlungskonzepten der Landwirte und der zuständigen Institutionen anknüpft. Schwerpunkt der Analysen waren der Einzelbetrieb und die Frage der Definition von Mindeststandards zur Wirtschaftsweise. Gleichzeitig wurde am konkreten Beispiel ausgewählter Regionen gefragt, welche Anforderungen an die Landbewirtschaftung aus der Sicht des Umwelt- und Naturschutzes jeweils zu stellen sind, welche einzelbetrieblichen Anpassungen erforderlich sind und wie diese in Zusammenarbeit mit den Landwirten und unter Ausnutzung der aktuell vorhandenen agrar- und umweltpolitischen Förderprogramme herbeigeführt werden können. Untersuchungsregionen waren die Lkr. Schmalkalden-Meiningen (Thüringen), der Saalkreis (Sachsen-Anhalt) sowie der Wetterau- und der Vogelsbergkreis (Hessen). Mit den Regionen wird ein Spektrum von besten natürlichen Standortbedingungen, großbetrieblichen Agrarstrukturen und günstiger Marktanbindung bis hin zu benachteiligten Futterbaustandorten mit kleinbäuerlicher Struktur und marktferner Lage abgedeckt.


Ergebnisse und Diskussion

In den Handlungsansätzen zur Verwirklichung einer umweltgerechten Landnutzung werden drei verschiedene Handlungsebenen betrachtet: einzelbetriebliche Ansätze, regionale bzw. landschaftsbezogene Ansätze und die weiteren Rahmenbedingungen (Bund, EU, GATT/WTO).
Die Handlungsansätze auf der Ebene des Betriebes umfassen als ein zentrales Anliegen die Ableitung von Mindestanforderungen an die Wirtschaftsweise. Kritisch beleuchtet wird in diesem Zusammenhang die Frage der sog. guten fachlichen Praxis, die in den geltenden rechtlichen und förderpolitischen Rahmensetzungen als Maßstab dienen soll, in Wirklichkeit jedoch kaum Orientierung bieten kann, da bisher weder Klarheit über den Inhalt des Begriffes noch adäquate Ansätze für eine Konkretisierung bestehen. Vor diesem Hintergrund werden drei Bereiche ausführlich behandelt: geeignete Indikatoren für die Beschreibung des Grades der Umweltverträglichkeit (UV) von Betriebs- und Produktionssystemen; naturräumliche Kenndaten zu Standortempfindlichkeit und Regenerierbarkeit, die für die Festlegung von Grenzwerten herangezogen werden können; Einsatz dieser Indikatoren und Grenzwerte in der Gestaltung agrarumweltpolitischer Maßnahmen - als Entscheidungskriterium über Ausgleichszahlungen (ökologische Mindestsicherung), zur Bemessung eines Entgeltes für besondere ökologische Leistungen, als langfristige Orientierung (Leitbildfunktion), als Beratungsinstrument. Mit REPRO und KUL werden beispielhafte Ansätze zur Bestimmung der UV aufgezeigt und die Kennzeichen einer umweltgerechten Wirtschaftsweise am Beispiel der Untersuchungsbetriebe und -regionen präzisiert.
Im Anschluß an die einzelbetrieblichen UV-Analysen wird im Rahmen ökonomisch-ökologischer Analysen für dieselben Betriebe untersucht, welche Faktoren die Wirtschaftsweise und den Grad der UV be-stimmen. Einzelbetriebliche Anpassungsmöglichkeiten und betriebswirtschaftliche Kosten- und Ertragsspielräume werden diskutiert. Um die komplexen Zusammenhänge zwischen Rahmenbedingungen, Betriebsorganisation und Wirtschaftsweise auf der Ebene einzelner Betriebstypen zu beleuchten, wird das PC-gestützte Planungs- und Bewertungskonzept MSBB eingesetzt.
Die unter dem Oberbegriff regionale Ansätze diskutierten Ansatzpunkte zur Verwirklichung einer umweltgerechten Landwirtschaft gehen bewußt über die Dimension des einzelnen Betriebes hinaus. Unter dem Stichwort ökologische Gesamtkonzepte zur Entwicklung ländlicher Räume wird die Notwendigkeit umfassender Entwicklungsprogramme erörtert. Um die Synergieeffekte zwischen den sehr unterschiedlichen, die ländliche Entwicklung berührenden Politikbereichen zu verstärken, wird gefordert alle einzel- und überbetrieblichen Maßnahmen in wirtschaftliche und ökologische Gesamtkonzepte einzubetten. Raumordnung, Landnutzungspolitik, Naturschutzpolitik und sozioökonomische Entwicklung des ländlichen Raumes sollten, in diesem Sinn, als Einheit angesehen werden.
Auf der dritten Handlungsebene, der Anpassung der agrar(umwelt)politischen, ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, werden als wichtigste Ansatzpunkte erörtert: die Weiterentwicklung von Agrarreform (GAP) und GATT im Sinne der VO (EWG) 2078/92; die Verminderung der Nutzungsintensität durch Verteuerung kritischer Betriebsmittel statt Flächenstillegung; die Notwendigkeit der Internalisierung der externen Kosten nach dem Verursacherprinzip; die Möglichkeit der Vergütung nicht-marktgängiger Leistungen nach dem Ökopunktemodell, der VO 2078/92 und/oder einer stärkeren Förderung der Vermarktung von Erzeugnissen aus ökologischem Anbau; und schließlich, ordnungspolitische Regelungen und Vorschriften, um extreme (eindeutige) Belastungen und Belastungsursachen abzufangen. Im Hinblick auf die Konzipierung von neuen Forschungs- und Entwicklungsprojekten wird gefordert, stärker danach zu fragen, wie die vorhandenen, jedoch meist abstrakten, natur- und sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse und Modelle für die Lösung praktischer, umweltpolitischer Probleme effektiver genutzt werden können. Umgekehrt kann nur durch die Rückkopplung mit der Praxis zusätzlicher Forschungsbedarf sinnvoll aufgezeigt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Einzelergebnisse der Untersuchung wurden in einer Vielzahl von Vorträgen und Publikationen in Fachzeitschriften vorgestellt. Eine Zusammenschau der Ergebnisse erscheint als Buchveröffentlichung im Peter Lang Verlag, Frankfurt/M. unter dem Titel Praktische Ansätze zur Verwirklichung einer umweltgerechten Landnutzung (Hrsg. K. Knickel und H. Priebe). Eine Kurzfassung wurde im Internet publiziert.


Fazit

Agrarumweltpolitische Entscheidungen setzen einen umfassenden und kohärenten Bezugsrahmen voraus, welcher der Problematik multipler Ziele Rechnung trägt und die erforderlichen Zielabwägungen ermöglicht. Kennzeichnend ist die Frage der Festlegung von Bereichen kritischer Belastung, die nicht nur vom Erkenntnisstand und der Solidität naturwissenschaftlicher Aussagen, sondern vor allem auch von Abwägungen und Bewertungen abhängt. In den Grenzwerten spiegelt sich die Bereitschaft wider, höhere Produktionskosten (Kurzfristökonomie) in Kauf zu nehmen um so ein Mehr an Umweltvorsorge und/oder - im umfassenden Sinn - ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit zu erreichen.

Übersicht

Fördersumme

393.784,22 €

Förderzeitraum

14.03.1994 - 18.06.1997

Bundesland

Neue Bundesländer

Schlagwörter

Landnutzung
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