Projekt 03809/01

Umwelt- und gesundheitsgerechtes Verfahren zur Rückgewinnung und Hochreinigung von Wertstoffen aus Bildröhrenbeschichtungen

Projektträger

INNOVENT e.V.Technologieentwicklung Jena
07745 Jena

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aufarbeitung aller erfaßten Bildschirmbeschichtungen mit technisch, wirtschaftlich und ökologisch optimalen Verfahren und Verfahrenskombinationen. Dabei sollen die toxischen Komponenten gebunden und wieder in den Wertstoffkreislauf eingegliedert werden. Es sind geeignete umweltgerechte und wirtschaftliche Verfahren zur Trennung des Stoffgemisches und zur Gewinnung der Komponenten in der vom Markt geforderten Reinheit zu entwickeln. Bisher existieren dazu keine industrierelevante Lösungen. Ein Deponieren von 30 t Bildschirmbeschichtungsmaterial pro Jahr allein in Deutschland kann keine Alternative sein.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEin Verfahren zur Automatisierung der Entschichtungstechnologie der Leuchtschirme wurde entwickelt. Durch eine Vortrennung der Bildschirmtypen erfolgte die Anreicherung bestimmter Komponenten. Zur weiteren Trennung des Stoffgemisches wurden, neben der Siebung, zahlreiche Versuche zur Sedimentation, Flotation und Magnetabscheidung, sowie Kombinationen mit oberflächenaktivierenden Verfahren, durchgeführt und die Möglichkeit eines thermischen Prozesses erarbeitet. Der Laugungsprozeß der angereicherten Fraktionen auf biometallurgischem und chemischem Weg wurde in parallel laufenden Ver-suchen untersucht. Das mikrobielle Leaching durch die chemolithautotrophen Mikroben-Stämme Thiobacillus ferrooxidans, Thiobacillus thiooxidans, Leptospirillum ferrooxidans wurde in Bezug auf Kulturhaltung, Resistenz und Laugungsaktivität optimiert.

Zur chemischen Laugung wurden verschiedene Reagenzien unter dem Aspekt ihrer Wirksamkeit/Effektivität und Umweltverträglichkeit miteinander verglichen. In systematischen Untersuchungen wurden Kinetik und Vollständigkeit der Reaktion erfaßt. Das dabei entstehende H2S kann durch einen entwickelten biologischen Filter gebunden werden. Zur Trennung der in Lösung gebrachten Komponenten und Aufarbeitung der Abwässer wurden der naßchemische Weg, elektro- bzw. photochemische Verfahren, verschiedene Ionenaustauschermaterialien und Extraktionsmittel gegenübergestellt. Die Analysen der Lösungen erfolgten mit Verfahren der elektrochemischen Analytik, Ionenchromatographie, ICP-MS und Bewertung im UV. Die Mikroorganismenpopulation wurde durch spezifische Tests zur Laugungsaktivität, zum Eiweiß-Nachweis und mikroskopische Zählverfahren beschrieben.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurde eine vollständig bilanzierte Technologievariante auf Basis der experimentellen und Literaturdaten entwickelt. Dabei sind zu den meisten Verfahrensschritten Alternativen entwickelt worden. Zur Entschichtung und Vortrennung der Bildschirme wurde das bisherige Verfahren (thermisch unterstützte Zerlegung der Bildröhre, Abspülen der Beschichtung, Trennung der Rohstoffe) weiter vervollkommnet. Je nach der Technologie der Entschichtung schwankt die Zusammensetzung des Materials sehr stark (Ca-Gehalt, Fremdstoffe). Das getrocknete Material wird gesiebt und die ferromagnetischen Bestandteile des feinen Materials mit einem starken Magneten nahezu vollständig entfernt. Die Wirksamkeit weiterer physikalischer Trennverfahren (Magnetabscheidung, Flotation, Sedimentation) wurde intensiv, auch unter Modifizierung der Oberfläche, erprobt. Eine technologisch nutzbare Aufkonzentration der Wert-stoffe wurde nicht festgestellt. Die Möglichkeit der thermischen Trennung der Komponenten ist, aufgrund der flüchtigen Cadmium-Komponente, nur mit einem sehr kostenintensiven Aufwand verbunden. Daneben erfolgt wegen der (zur Zersetzung der Lanthaniden notwendigen) hohen Temperaturen ein ökologisch und ökonomisch nicht vertretbarer Energieeintrag. Der relativ hohe Ca-Gehalt einiger Materialien kann durch einen Waschprozeß gesenkt werden. Dabei wird das Waschwasser aus ökologischen Gründen im Kreislauf geführt und über einen Ionenaustauscher entladen.
Die chemische Laugung wurde intensiv mit verschiedenen Reagentien unter Variation verschiedener Parameter, wie Konzentration und Temperatur, untersucht. Entsprechend den Löslichkeiten der einzelnen Verbindungen ist mindestens eine Verdünnung von 1 g Bildschirmmaterial in 10 mL Lösung notwendig um alle Komponenten zu lösen. Die endgültige Laugungsmethode ist von der Art der Aufarbeitung abhängig. Bei allen Varianten der chemischen Laugung wird H2S entwickelt, das in einem mikrobiologisch arbeitenden Torffilter gebunden und zu Sulfat umgesetzt werden kann. Eine mikrobiologische Laugung ist nur nach Vorbehandlung des Materials (Entbasen, Enthärten) und in stark verdünnten Medien (Toxizität) möglich. Die Kultivierung im Airlifter mit CO2 und Luft wurde als günstigste Variante ausgewählt. Das Nährmedium wurde auf ein Minimum reduziert. Die erreichten Umsätze lagen bei 3 g Bildschirmmaterial in 100 mL Wasser über einen Zeitraum von 4 Wochen. Dies verdeutlicht den zu erwartenden Aufwand für mikrobiologische Verfahren.
Bei der Aufarbeitung der Laugungslösungen werden die Lanthaniden mittels Extraktion mit Phophorsäureester und Reextraktion durch stärkere Säuren aufkonzentriert. Ein Verfahren unter Nutzung der wäßrigen Phase zur Laugung des Materials auf Salzsäurebasis wurde entwickelt, mußte jedoch aufgrund der fehlenden Kompatibilität zu bestehenden Verfahren verworfen werden. Aus ökologischer Sicht wurde ein Verfahren entwickelt, bei dem nahezu alle austretenden Stoffströme einer Wiederaufarbeitung zugeführt werden können. Das Material wird hierbei schwefelsauer gelaugt, die erhaltenen Laugungslösungen extrahiert und die Lanthaniden reextrahiert, wobei diese aufgrund ihrer geringen Löslichkeit ausfallen. Durch partielle Entnahme der Laugungslösung zur Extraktion und Rückführung der wäßrigen Phase nach der Extraktion zurück zur Laugung können nach mehrfacher Wiederholung des Prozesses die Seltenen Erdsulfate (nahezu quantitativ) gewonnen werden. Diese können anschließend zu den Oxiden umgesetzt oder direkt kommerziell genutzt werden. Eine Aufkonzentration der einzelnen Ionen durch Einstellung des pH-Wertes zur Extraktion ist u. U. möglich. Der lanthanidfreie Rückstand der Laugung und die wäßrige Phase der Extraktion können u. U. in der Zinkindustrie aufgearbeitet werden. Die bisher im Labormaßstab angewandte Technologie wurde hinsichtlich ihrer Durchführbarkeit getestet.
Die analytischen Verfahren sind mit ausreichender Reproduzierbarkeit und Nachweisstärke entwickelt. Entsprechende Kalibrierungen und Standards liegen vor. Etwa 130 Recycling-Firmen als potentielle Lieferanten des Bildschirmmaterials wurden erfaßt und mit einigen bereits Kontakt aufgenommen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Veröffentlichung des Vorhabens in EUWID Recycling und Entsorgung 40 (04.10.95) Jg.5, Zwischenberichte vom 18.07.96, 31.01.97, 31.10.97 und 30.06.98, umfassender Abschlußbericht.


Fazit

Zu dem Vorhaben wurde eine erfolgversprechende chemisch-physikalische Technologievariante entwickelt, die nach entsprechender technologischen Entwicklung industriell umgesetzt werden könnte. Unter Berücksichtigung einer ökologisch sinnvollen Lösung entstehen bei dem Verfahren Kosten, die den Erlös, aufgrund der z. Z. sehr niedrigen Rohstoffpreise, um ein vielfaches übersteigen. Eine ökologisch und ökonomisch tragbare Aufbereitung ist nur mittels physikalischer Trennung möglich, doch scheitert diese an den starken Schwankungen der Materialzusammensetzungen, die bei verschiedenen Lieferanten sogar innerhalb der einzelnen Fraktionen des Bildschirmmaterials auftraten. Eine mikrobiologische Laugung ist aufgrund dieser Inhomogenitäten innerhalb des Materials und dessen Toxizität kaum realisierbar.

Übersicht

Fördersumme

294.128,32 €

Förderzeitraum

18.09.1995 - 22.12.1999

Bundesland

Thüringen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik