Projekt 02933/01

Bewertung der Umweltwirkung des Anbaus von Miscanthus sinensis als nachwachsender Rohstoff

Projektträger

Landesforschungsanstalt für Landwirtschaftund Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Institutfür Pflanzenbau
Dorfplatz 1
18276 Gülzow
Telefon: 03843/789-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Auswirkungen des Miscanthusanbaus auf das Agrarökosystem sind bisher nicht befriedigend geklärt. Auf der Basis von Untersuchungen zu den Schwerpunkten Nährstoffhaushalt in etablierten Miscanthusbeständen, C-Freisetzung und N-Umsetzung der Miscanthusrückstände, Veränderung phy-sikalischer und chemischer Bodeneigenschaften, Wasserhaushalt und insbesondere Grundwasserneubildung, Entwicklung des Gesundheitszustandes soll eine Bewertung der langfristigen ökologischen Auswirkung des Anbaus erfolgen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Grundlage der Untersuchungen stellten Miscanthus-Feldversuche auf 4 Standorten verschiedener Naturräume Deutschlands (Mecklenburger Grundmoräne, Lüneburger Heide, Mainfränkische Platte) mit stark variierenden Boden- und Klimaverhältnissen dar. Die Miscanthusbestände waren zu Beginn der 3-jährigen Projektarbeit 4 bis 6 Jahre alt. Direkt am Versuchsort erfolgte jährlich mehrmals die Merkmalserfassung zur Biomassebildung und Inhaltsstoffveränderung sowie zur Bodenfeuchte und Witterung. Die Erntemenge wurde bestimmt Ende Februar/Anfang März durch maschinelle Kernbeerntung der Parzellen, der Biomasseaufwuchs zum Vegetationsende und die Biomasseverluste auf der Basis repräsentativer Stichproben (Zählstrecken, Einzelpflanzenanalysen), die unterirdische Miscanthusmasse (Rhizome und Wurzeln) im Frühjahr vor dem Wiederaustrieb. Die Bodenwassergehalte wurden in 30, 60 und 90 cm Tiefe zu 4 Terminen von Ende April bis Anfang November gemessen (TDR-Meßgerät). Sie dienten der Anpassung des Simulations-Modells LEACHM, das zur Modellierung des Bodenwasserhaushaltes genutzt wurde. Bodenchemische und bodenphysikalische Merkmale wurden einmal jährlich bestimmt. Für entsprechende Laboruntersuchungen dienten insgesamt 150 Beutel- und 600 Stechzylinderproben der Varianten mit und ohne Miscanthus. Die Untersuchungen zum Abbauverhalten der Miscanthusrückstände im Boden erfolgten in Modellversuchen unter kontrollierten Laborbedingungen. Sie wurden durch die organische Stoffgruppenanalyse ergänzt. Die Angaben zum Schaderregerauftreten sind das Ergebnis der Beobachtungsforschung in den genannten Feldversuchen.


Ergebnisse und Diskussion

Miscanthus ist in der Lage, auch unter sehr differenzierten Standortbedingungen in Deutschland hohe Biomasseerträge zu bilden. Im Mittel der 3-jährigen Untersuchungen wurden auf den Prüfstandorten zwischen 30,3 und 17,0 t/ha Trockenmasse (oberirdisch) gebildet. Bei der gegenwärtigen Erntezeit-spanne ab Ausgang des Winters bis kurz vor dem Wiederaustrieb der Pflanzen besteht eine große Diskrepanz zwischen Biomasseaufwuchs und Erntemenge, die in den Versuchen nur maximal 19,8 t/ha erreichte und durchschnittlich 10 - 15 t/ha beträgt. Ursache sind die Vorernteverluste (nahezu alle Blattspreiten und die Triebspitzen) mit 4 - 5 t/ha entsprechend 29 % des Biomasseaufwuchses, Ernterückstände in Form der Stoppeln mit 1,3 bis 3,1 t/ha und verfahrensbedingte Stengelverluste bei der Ernte. Die Biomasse des unterirdischen Speichersystems, das aus mindestens 3 vitalen Rhizomgenerationen besteht, wird über mehrere Jahre gespeichert. In den 7 und 8 Jahre alten Beständen waren im Krumenbereich (ca. 25 cm Bodentiefe) 10 bis 20 t/ha Rhizommaterial akkumuliert. Der Anteil postmortaler Teile lag im Untersuchungszeitraum erst bei maximal 7 %, was auf eine Rhizom-Lebensdauer von 5 - 6 Jahren hinweist. Die Wurzelmasse kann mit 6 - 8 t/ha Trockenmasse kalkuliert werden.
Limitierender Wachstumsfaktor für Miscanthus zur landwirtschaftlichen Nutzung ist das Wasser. Der Verdunstungsfaktor, der PAN-Faktor des LEACHM-Modells, lag in den untersuchten Umwelten zwischen 2,2 und 2,5 und damit deutlich über dem von Kartoffeln (1,45 - 2,1) oder Winterweizen (1,1 - 1,9). Der jährliche Transpirationsverbrauch lag zwischen 360 und 540 mm und damit der Wasserbedarf je 10 t/ha Trockenmasse bei 250 mm. Als Folge konnten keine Grundwasserneubildungsmengen ermittelt werden. Damit sind Stoffausträge im Grundwasser oder durch Dränwasser unwahrscheinlich. Allerdings kann bei großflächigem Miscanthusanbau die sehr starke Ausschöpfung des Bodenwasserspeichers zu Grundwasserabsenkungen führen.
Die Ergebnisse zur Mineralisierung der Miscanthusrückstände zeigen, daß C-Abbauraten wie bei der in der Landwirtschaft bekannten Strohzersetzung erreicht werden. Allerdings bestehen Unterschiede in der N-Immobilisation. Beim Abbau der Miscanthusrückstände wird soviel Stickstoff frei, daß der N-Bedarf der Mikroben im Mineralisierungsprozeß nahezu gedeckt wird. Die jährlich potentiell anfallende N-Menge kann mit ca. 60 kg/ha allein aus den Vorernteverlusten kalkuliert werden, für >8 bis 10 Jahre alte Bestände kommt die gleiche Menge aus der Rhizom- und Wurzelzersetzung hinzu. Daraus resultiert: N-Düngungsmaßnahmen werden nicht ertragswirksam, solange die Wachstumsfaktoren Wasser und Temperatur limitierend wirken. Unter den natürlichen Produktionsbedingungen der untersuchten deutschen Standorte kann eine N-Düngung nicht empfohlen werden.
Aufgrund der ermittelten Koeffizienten für die Reproduktionswirkung auf den Boden-Kohlenstoff in der jährlich anfallenden Menge an Miscanthusrückständen ist Miscanthus als humusmehrende Kulturpflanzenart (jährlich 8,5 t/ha ROS) noch vor Luzerne (6 - 7 t/ha ROS) einzuordnen.
Unter den etablierten Miscanthusbeständen zeichnete sich eine nachhaltige Beeinflussung der chemischen Bodeneigenschaften ab. C- und N-Gehalte sowie der Gehalt an organischer Bodensubstanz waren deutlich erhöht auf den Standorten mit sandigen Böden. Der Anstieg der Kationenaustauschkapazität und des K-Versorgungsgrades der Böden wird im Zusammenhang mit der großen Menge an zugeführter reproduktionswirksamer organischer Substanz gesehen. Eine Beeinflussung des pH-Wertes und des P-Gehaltes wurde nicht festgestellt. Von den bodenphysikalischen Parametern werden die Trockenrohdichte (verringert) und Porosität (erhöht) am deutlichsten beeinflußt, gefolgt von der Was-serretention (erhöht). Bei den phytopathologischen Untersuchungen konnten von phytopathogenen Pilzen lediglich Fusarium-Arten festgestellt werden. Als Pflanzenschutzmittel sind nur Herbizide im Pflanzjahr, evtl. auch zu Beginn des 2. Jahres, erforderlich. Weitere Maßnahmen sind nicht nötig.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Veröffentlichungen zum Thema Nachwachsende Rohstoffe und Bodenfruchtbarkeit in wissenschaftlichen Zeitschriften (10 erschienen, 3 eingereicht) und in der Fachpresse (5), zahlreiche Vorträge auf nationalen und internationalen wissenschaftlichen Tagungen, Kolloquien und Workshops.
Anfertigung von 2 Dissertationen


Fazit

Die im Projekt erzielten Ergebnisse zeigen, daß die umweltrelevanten Parameter zur Bodenfruchtbarkeit, zu den Stoffflüssen und zum Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln für den Miscanthusanbau sprechen. Die hohe Ausschöpfung des Bodenwasserspeichers wirkt einerseits durch ausbleibende Grundwasserneubildung negativ, schränkt dadurch aber andererseits Stoffausträge ein.
Die aufgezeigten ökologischen Vorteile des Anbaus können dazu beitragen, daß sich durch die Gesellschaft die Anbauchancen für Miscanthus in Deutschland verbessern, wenn weitere Faktoren stimmen (Pflanzgutqualität, Auswinterungsprobleme, Ökonomie der Rohstoffnutzung und -verarbeitung).

Übersicht

Fördersumme

316.576,59 €

Förderzeitraum

01.06.1994 - 06.09.2001

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik