Projekt 02709/02

Verwendung von Glas als recyclingfähige Alternative zum Polystyrol in der Zellkultur

Projektträger

Institut für angewandte ZellkulturDr. Toni Lindl GmbH
Balanstr. 6
81669 München
Telefon: 089/487774

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Etablierung von Glasflaschen aus Recyclingglas in der Zellkultur mit modernem Design und gutem Handling. Tauglichkeitsprüfungen für die Verwendbarkeit von weichem Glas für die in vitro-Züchtung von Säugerzellen und Entwicklung eines Produktionsverfahrens für rechteckige, stapelbare Glasflachen in der Zellkultur, die denen aus Polystyrol (PS) nachempfunden sind und als recyclingfähiges Glas einen Beitrag zur Verminderung von CO2-Emissionen leisten sollen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Etablierung von weichem (recyclingfähigem) Glas in der Zellkultur erfolgte über Tauglichkeitsprüfungen mittels verschiedenartigster Zelllinien mit Hilfe diverser Zellkulturmethoden. Zunächst musste überprüft werden, inwieweit Weichglas sich im Vergleich zu PS und hartem nicht recyclingfähigem Borosilikatglas (Labor- oder Duranglas) zur Zellzüchtung eignet. Danach sollte eine Optimierung der Oberfläche des Weichglases im Hinblick auf verbesserte Anheftungs- und Wachstumseigenschaften der Zellen erfolgen, z. B. durch verschiedene Waschmethoden bzw. Vergütung der Oberfläche mittels verschiedener chemischer Substanzen. Nachdem die vermutlich optimale Oberfläche des Weichglases durch eine Hochtemperaturvergütung mit Ammoniumsulfat gefunden war, musste diese in weiterführenden Versuchen mit speziellen Zellkulturmethoden mit möglichst verschiedenartigen Zelllinien auf die generelle Zellkulturtauglichkeit überprüft werden. An Zellkulturmethoden zum Einsatz kamen die Überprüfung der unterschiedlichsten Zellen auf Wachstum, ihre Anheftungsgeschwindigkeit, Vermehrungsfaktor und Koloniebildungsfähigkeit, alles im Vergleich in erster Linie mit dem handelsüblichen PS, das durch dieses Weichglas ersetzt werden soll. Als abschließende Zellkulturversuche auf dieser Oberfläche wurde die Transfektion von Zellen sowie die Züchtung der sehr empfindlichen und anspruchsvollen humanen primären Endothelzellen und der humanen primären Keratinozyten durchgeführt, um die Eignung der opti-malen Oberfläche auch für diese Zwecke zu überprüfen. Nach der Musterlieferung der Glasflaschen wurde jeweils die Praxistauglichkeit für die Zellkultur (Verschluss, Waschfestigkeit, Mikroskopierbarkeit, Handling, Gewicht, Oberflächenbeschaffenheit, etc.) geprüft.


Ergebnisse und Diskussion

In ersten grundlegenden Versuchsreihen konnte anhand von Wachstumsversuchen gezeigt werden, dass die Zellen grundsätzlich auf Weichglas der 3. hydrolytischen Klasse ebenso gut wachsen wie auf PS bzw. hartem nicht recyclingfähigem Duranglas (hydrolytische Klasse 1). Im Verlauf der verschiedenen Versuchsreihen hat sich die Innenvergütung von Weichglas mit Ammoniumsulfat (AS) als für die Zellen geeignete Oberfläche herausgestellt.
Anhand von Wachstumsversuchen mit sehr unterschiedlichen Zelllinien (Fibroblasten, Epithelzellen, neurale Zellen, humane Endothelzellen) konnte im direkten Vergleich auf verschiedenen Oberflächen gezeigt werden, dass die Zellen auf der mit AS beschichteten Weichglasoberfläche genauso gut oder teilweise sogar noch besser wachsen als auf PS. Beim Vergleich der Anheftungsgeschwindigkeit geschah dies auf der AS-Oberfläche etwas langsamer, jedoch war die endgültige Zellzahl davon nicht be-troffen, so dass dies keinen ernsthaften Nachteil bedeutet. Für die Untersuchung der Koloniebildungsfähigkeit (Plating efficiency, PE) wurden 4 verschiedene Zelllinien (L929, CHO, WI-38, HT-29) auf unterschiedlichen Oberflächen eingesetzt. In der Gesamtbeurteilung ist die PE auf der AS-Oberfläche der dem handelsüblichen PS mindestens gleichwertig. Die Transfektion von CV-1-Zellen wurde auf PS-Platten und in AS-Flaschen durchgeführt. Die Transfektionsauswertung ergab eine um 60 % höhere Transfektionsrate bei den AS-Flaschen. Beim Vergleich des Wachstumsverhaltens humaner primärer Endothelzellen (1. Passage) wurde auf der AS-Oberfläche 85 % der Zellzahl von PS (= 100 %) erreicht. Es konnte somit gezeigt werden, dass selbst unter serumfreien Bedingungen die Endothelzellen auch auf AS-behandelter Weichglasoberfläche zufriedenstellend wachsen. Beim Vergleich des Wachstums humaner primärer Keratinozyten lag die erreichte Zellzahl nach 16 Tagen Kultivierung bei AS um 20 % höher als bei PS. Zusammenfassend lässt sich die Aussage treffen, dass die mit AS vergütete Weichglasoberfläche nicht nur generell für die Zellkultivierung eingesetzt werden kann, sondern sich auch für ganz spezielle Techniken sowie für die Züchtung hochempfindlicher Zellen mit besonderen Ansprüchen als sehr gut geeignet herausgestellt hat.
Parallel mit der Überprüfung der Oberfläche auf Eignung in der Zellkultur wurde schon am Design der Flasche gearbeitet. Das Design und die Oberflächenvergütung sind zum Zwecke der Zellkultivierung als Patent beim Deutschen Patentamt angenommen worden. Die Flaschenform ist bei der derzeitigen endgültigen Musterform derjenigen aus PS möglichst nach empfunden worden. Hier gab es unerwartete Schwierigkeiten, da es zwar prinzipiell möglich ist, rechteckige Flaschen mit dem üblichen Press-Blow- bzw. Blow-Blow-Verfahren herzustellen, diese aber den Anforderungen bezüglich Planheit der Kulturoberfläche, des Gewichts und der Stapelbarkeit nicht entsprechen.
Die ersten Musterflaschen sowohl der Fa. Heye als auch der Fa. Ernstthal waren technisch völlig unzureichend, insbesondere hinsichtlich der Planheit der Kulturoberfläche und damit der äußerst wichtigen Mikroskopierbarkeit der Zellen. Nach vielen weiteren enttäuschend verlaufenden Kontakten mit Glasherstellern ist es uns gelungen, in Essen einen Fachmann zu finden, der uns bei der Formengebung in Bezug auf die gleichmäßige Verteilung des Glases behilflich ist. Bisherige Probelieferungen durch die Fa. Wisthoff konnten zwar die Erwartungen noch nicht ganz erfüllen, jedoch ist anzunehmen, dass letzten Endes die Flasche in Produktion gehen kann. Mit der Konstruktion des Verschlusses der Flasche wurde eine Firma beauftragt (Kisico GmbH), der es gelungen ist, eine sterile Abdichtung mit hydrophoben Filtern herzustellen, die zudem noch autoklavierbar ist, d. h. wieder verwendbar ist.


Fazit

Bei Projektabschluss lag kein praxistauglicher Prototyp vor, der in die Produktion gelangen könnte, weshalb das Vorhaben leider das Projektziel nicht erreicht.

Übersicht

Fördersumme

314.955,80 €

Förderzeitraum

01.09.1997 - 30.06.2001

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Umwelttechnik