Projekt 01672/01

Förderung der Entwicklung eines Turbobrunnens zur Reinigung des Grundwassers von leichtflüchtigen Schadstoffen

Projektträger

H. Köster Dipl. Geologe
Schloßstr. 20
14059 Berlin
Telefon: 030/3265011

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Insitu-Stripsystem Turbobrunnen wurde von Herrn Diplom-Geologen H. Köster für die Rückgewinnung von leichtflüchtigen Schadstoffen aus dem Grundwasser entwickelt und basiert auf der Überführung im Wasser gelöster Schadstoffe in die Gasphase (hier Prozeßluft). Die Insitu-Reinigung funktioniert nach dem Prinzip der Grundwasserzirkulationsströmung im Untergrund. Der Sanierungsbrunnen besitzt einen Filterbereich im unteren Teil des Aquifers, durch den verunreinigtes Grundwasser einströmt. Durch eine weitere Filterstrecke im oberen Teil des Aquifers oder auch oberhalb des Ruhrwasserpiegels kann das im Brunnenrohr angehobene Wasser oberflächennah abströmen. Der Rückfluß des Wassers im Brunnen selbst wird durch einen unterhalb der oberen Filterstrecke angebrachten Pneumatikpacker verhindert. Die Wasserzirkulation erfolgt durch einen im Brunnenrohr installierten Propeller, der mit Hilfe eines Elektromotors über eine Hohlwelle angetrieben wird. In den Propellerschaufeln befinden sich Boh-rungen zur Hohlwelle. Das Wasser in der Hohlwelle und den Schaufelbohrungen wird durch die Zentrifugalkräfte heraus-ge-schleudert. Wird der Zentrifugaldruck in den Schaufelbohrungen größer, als der Gegendruck des Wassers, kann Luft durch die Hohlwelle in den Brunnenraum strömen. In der von den Luftblasen durchperlten Wassersäule oberhalb des Propellers findet dann ein Schadstoffaustausch vom Wasser zur Luft statt. Die am Brunnenkopf ausströmende Luft wird über Aktivkohlefilter gereinigt. Ein Teil der gereinigten Prozeßluft kann zur Minimierung von Verockerungsprozessen in das Sanierungssystem zurückgeleitet werden.
Zur Überprüfung der Tauglichkeit dieses Verfahrens sollte ein Pilotprojekt mit den zur Beurteilung notwendigen sanierungsbegleitenden Untersuchungen durchgeführt werden. Als Versuchsstandort wurde ein Gelände in Berlin-Reinickendorf (Lübarser Straße 8-38 ausgewählt). Grund für die Wahl dieses Standortes war vor allem, daß der Untergrund durch Untersuchungen, die 1991 im Rahmen eines Pilotprojektes zur Grundwassersanierung durchgeführt worden waren, relativ gut bekannt und durch Grundwassermeßstellen bereits instrumentiert war.
Das Projekt umfaßte folgende zur Beurteilung des Sanierungserfolges notwendige Arbeiten.
· Untersuchungen zur aktuellen Belastungsituation vor Inbetriebnahme des Sanierungs-brunnens (Nullbeprobung); Untersuchung auf leicht flüchtige chlorierte Kohlenwasser-stoffe (CKW) inklusive Monochlorethen (Vinylchlorid);
· Ergänzung des vorhandenen Meßstellennetzes in unmittelbarer Umgebung des Sanierungsbrunnens;
· Kombinierter Pump-/Einleitversuch zur Feststellung des Leistungs- bzw. Schluckvermögens des ehem. Sanierungsbrunnens;
· Wöchentliche Beobachtung des Grundwassers im Ein- und Austrittsfilter des Sanierungsbrunnens, Untersuchung auf leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW), ph-Wert, Leitfähigkeit, Temperatur, Sauerstoffgehalt sowie einzelne Proben
auf anorganische Wasserinhaltsstoffe;
· Monatliche Beprobung von insgesamt 18 Grundwassermeßstellen im Umfeld des Sanierungsbrunnens;
· Durchführung eines Grundwassers-Markierungsversuchs;
· Koordination, Dokumentation und Auswertung.
Des weiteren erfolgten Analysen der Prozeßluft der Sanierungsanlage sowie wöchentliche Grundwasserstandsmessungen an insgesamt 20 Grund-wassermeßstellen (inklusive Sanierungsbrunnen).


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Ingenieurbüro CSD, Dr. Verleger Ingenieur -und Naturwissenschaftler GmbH, Berlin, wurde von der Senatsverwaltung zur Stadtentwicklung und Umweltschutz Berlin mit sanierungsbegleitenden Untersuchungen und Überwachungsarbeiten beauftragt, um den Sanierungserfolg von einer neutralen Stelle zu beurteilen.
Auf dem Gelände an der Lübarser Straße war bereits 1991 ein Pilotprojekt zur Grundwassersanierung durchgeführt und von der CSD, Berlin, gutachterlich betreut worden.
Der Turbobrunnen wurde an der Lübarser Straße über einen Zeitraum von 8 Monaten betrieben (Oktober 93 bis Mai 94). Es wurden an einem Grundwassermeßstellennetz regelmäßig (wöchentlich) die Wasserstände und die Schadstoffkonzentrationen gemessen. Über die Veränderung der Grundwasserstände wurden Aussagen über den hydraulischen Wirkungsgrad des Systems gemacht. Durch die gaschromatographischen Analysen wurden Aussagen über die Reinigungsleistung des Systems erzielt. Zur genaueren Bestimmung des hydraulischen Wirkungsradius wurde ein zweimonatiger Tracerversuch durchgeführt. Alle Arbeiten zur Bestimmung des Wirkungsradius/-grades wurden von externen Gutachterbüros durchgeführt. Die Anlagentechnik wurde während des Projektes je nach dem Erfahrungsstand umgebaut bzw. weiterentwickelt. Der Antrieb des Turbobrunnens wurde z. B. wegen des Auftretens von Schwingungen von einem oberirdischen Antrieb auf einen Unterwasserantrieb umgebaut.


Ergebnisse und Diskussion

Während des Betriebes der Pilotanlage sind 4.300 m3 Grundwasser durch den Turbobrunnen behandelt worden. Die Wasserdurchsatzrate im Brunnen lag bei 1,0 m3/Std. Die Reinigungsleistung lag zwischen 92 % und 96,5%. Insgesamt sind durch die Anlage 2,2 kg leicht-flüchtige CKWs dem Grundwasser entzogen worden. Infolge der Oxidation kam es zu Verockerungen, die jedoch den Wasserdurchsatz und die Reinigungsleistung nicht beeinflußten. Der Tracerversuch ergab, daß eine Grundwasserzirkulation durch den Turbobrunnen zustandekommt. Im Pilotversuch betrug die Reichweite zwischen 7 und 10 m. Eine Beeinflußung des Grundwasserpotentials wurde in einer Entfernung von bis 20 m festgestellt. An den innerhalb des Wirkungsradius des Brunnens gelegenen Meßstellen war eine deutliche Abnahme der Schadstoffkonzentrationen festzustellen. In diesem Bereich war auch eine Erhöhung des Sauerstoffgehaltes im Grundwasser festzustellen. Der begleitende Gutachter kam zu dem Schluß, daß der Turbobrunnen grundsätzlich zur Sanierung von Lockergesteinsaquiferen, die mit leichtflüchtigen Schadstoffen verunreinigt sind, geeignet ist. Die Standfestigkeit des Systems wurde im Pilotbetrieb deutlich erhöht und ist nun mit den herkömmlichen Sanierungstechniken zu vergleichen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Fortführung des Vorhabens ist dahingehend geplant, daß das Verfahren bei Sanierungen von Grundwasserschäden eingesetzt werden soll. Weiterhin ist geplant das Gerät zu verkleinern, um zu einer Leistungsaufnahme von ca. 300 W zu gelangen. Dadurch soll erreicht werden, daß das Gerät energieautark mittels photovoltaischen Kollektoren betrieben werden kann.
Maßnahmen zur Verbreiterung dieser Technik lagen in der Teilnahme an dem zweiten internationalen Symposium und der Ausstellung von Umweltkontaminationen in Mittel und Osteuropa in Budapest (1994) und an der Gründungstagung der Gesellschaft für Umwelt und Geowissenschaften in Heidelberg (1994) mit einem Poster. Des weiteren wurde ein Prospekt mit einer ausführlichen Beschreibung des Turbobrunnen-Einsatzes gedruckt und an potentielle Anwender und Interessenten verschickt.
Als Kontaktadresse ist die Firma DURTEC GmbH in 17034 Neu Brandenburg (Ilenfelder Straße 153) zu nennen, die im Auftrag der ehemaligen Treuhandanstalt die Sanierung eines Grundwasserschadens mit Hilfe des Turbobrunneneinsatzes in Neubrandenburg (Mecklenburg/Vorpommern) begleitet.
In Neubrandenburg wurde ein Großprojekt zur Grundwassersanierung mit Hilfe des Turbobrunnens ab Februar 1994 begonnen. Das Verfahren wurde dort in Kombination mit einer Bodenluftanlage eingesetzt und hat sich hervorragend bewährt. Zwischen Februar 1994 und Februar 1995 konnten insgesamt 3100 kg Tetrachlorethen aus Boden und Grundwasser entfernt werden.


Fazit

Ziel des Pilotprojektes war die Erprobung des Turbobrunnens zur Sanierung eines Lockergesteins Aquifers, der durch leichtflüchtige Schadstoffe kontaminiert ist. Die Strip-Versuche lieferten sowohl genaue Aussagen zu den Reinigungsleistungen des Turbo-Brunnens den bzw. Abbauraten der Schadstoffe, sowie zu den Reichweiten und Nebenerscheinungen (Verockerungen) sowie anlagentechnische/Verbesserungshinweise.
Idealerweise wurden die Sanierungsergebnisse von der neutralen CSD GmbH, bestätigt. Das Projekt war insgesamt recht erfolgreich. Das Verfahren findet mittlerweile in Berlin und Brandenburg weitere Verbreitung.

Übersicht

Fördersumme

62.812,21 €

Förderzeitraum

19.05.1993 - 06.02.1997

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik