Wo geht es lang? Der Fischotter erobert sich ehemalige Lebensräume zurück

Der Eurasische Fischotter (Lutra lutra) gilt als Zielart für vernetzte Gewässersysteme und intakte Feuchtgebiete. Bis Ende des 19. Jahrhunderts kam diese Tierart nahezu flächendeckend in Europa vor. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde jedoch offensichtlich, dass der Fischotter in weiten Bereichen Europas selten geworden oder gänzlich ausgestorben war. Ziel des DBU-Projekts war es Grundlagen zu schaffen, um die verbliebenen isolierten Otterpopulationen durch einen europäischen Biotopverbund zu vernetzen und damit dieser Art das langfristige Überleben zu sichern.

Zersplitterung der Vorkommen
Die Verbauung von Fließgewässern, das Trockenlegen der Auensysteme, Straßen- und Brückenbau und die Intensivierung der Landwirtschaft bis dicht an die Gewässer heran führten zur Zersplitterung der ursprünglich großräumigen zusammenhängenden Verbreitungsareale dieser an das Wasserleben angepassten Marderart. Kleine, fragmentierte und teils stark isolierte Vorkommen waren die Folge. In Westdeutschland gibt es eine deutliche Verbreitungslücke – sprich einen „otterfreien Raum“, der östliche und westliche Populationen voneinander trennt. Somit hat Deutschland eine hohe Verantwortung für den europaweiten Schutz des Fischotters, insbesondere hinsichtlich der Verbindung seiner Lebensräume.

Otter Habitat Netzwerk Europa
Vor diesem Hintergrund entstand die Idee der Aktion Fischotterschutz e. V., Hankensbüttel, diese Entwicklung umzukehren und die noch vorhandenen Otterpopulationen durch einen europäischen Biotopverbund wieder zu vernetzen. Zu diesem Zweck rief der Verein in Kooperation mit der IUCN/SSC Otterspecialist Group das Projekt Otter Habitat Netzwerk Europa OHNE ins Leben. Unter Verwendung eines geographischen Informationssystems wurden prioritäre Räume für den Otterschutz und sogenannte Suchräume für potentielle Verbindungskorridore ermittelt.

Viele Otter könnten gerettet werden, wenn nicht enge Brückenbauwerke diese scheuen Tiere auf die Fahrbahn zwingen würden. Solche vermeidbaren Engpässe im Otterlebensraum bergen ein hohes Risiko und der Verkehrstod dieser Marder ist vielfach die Folge.
Die Bewertung auf zwei geographischen Ebenen
Auf europäischer Ebene wurden die Länder Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland, Dänemark, Polen, Tschechische Republik sowie die Slowakei, Ungarn, Österreich und Italien berücksichtigt. Die zweite geographische Ebene beschäftigt sich mit den möglichen Verbindungskorridoren in Deutschland. Für die Bewertung sind verschiedene Faktoren von Bedeutung, wie die Verfügbarkeit von Gewässern und Feuchtgebieten, die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen und die Intensität landwirtschaftlicher Nutzung. Weitere wichtige Faktoren sind Lage und Ausdehnung von Siedlungsräumen, der Spielraum für Maßnahmen zur Aufwertung von „Otter-Lebensräumen“ und letztendlich die Höhenlage, da diese Auswirkungen auf das Nahrungsangebot der Otter hat.
Natürliche und anthropogene Barrieren
Der nordöstliche Teil Frankreichs, fast ganz Belgien, ein großer Bereich Deutschlands, der Norden der Tschechischen Republik und Bereiche des südlichen Polens, des nordöstlichen Österreichs und der westlichen Slowakei bildet Areale mit hohem Konfliktpotenzial.
Prioritäre Räume mit geringem Konfliktpotenzial liegen unter anderem im westlichen und nördlichen Teil der iberischen Halbinsel und der französischen Westküste, in der Region des Massif Central. Wenig Konfliktpotenzial für den Otter bieten Gebiete am westlichen Fuß der französischen Alpen, in Teilen der Niederlande und im nördlichen Dänemark. Zusätzlich findet sich ein störungsarmer Gürtel im nordöstlichen Deutschland, dem nördlichen und östlichen Teil Polens bis hinauf nach Litauen und Lettland.

In Deutschland sind konfliktarme Räume für Otter rar
Für Deutschland wurden mehr als 3.600 Bezugseinheiten ausgewertet, von denen fast 40 % ein hohes bis sehr hohes Konfliktpotenzial aufweisen. Nur rund 23 % besitzen ein geringes bis sehr geringes Konfliktpotenzial. Diese konfliktarmen Räume konzentrieren sich überwiegend im nördlichen Teil Deutschlands.
Ausgehend von Kerngebieten in Deutschland und einigen angrenzenden Populationen in den benachbarten Ländern Dänemark, der Tschechischen Republik und Österreich wurden 13 Ausgangsgebiete für einen möglichen Ausbreitungsprozess definiert. An der Westgrenze Deutschlands wurden sieben Zielgebiete bestimmt: Hier gibt es gute Chancen für eine Wiedervernetzung der deutschen Otterbestände mit verbliebenen Populationen in den westlichen Nachbarländern.
Geeignete Schirmart: Naturnahe Auenlandschaften kommen nicht nur der Otterpopulation zugute, denn eine große Anzahl Pflanzen- und Tierarten profitieren von intakten Otterlebensräumen.

Wo hat Lutra lutra gute Chancen
Wo bestehen die besten Voraussetzungen, um Maßnahmen zur Erweiterung des Otterverbreitungsgebiets mit geringem Aufwand umsetzen zu können? Welche konkreten Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung dieser Habitate sind erforderlich? Diese Fragen sollte das Projekt klären.
Eine entsprechende Umsetzung der Projektergebnisse findet zurzeit in einem Projekt in der sogenannten Metropolregion Hamburg statt. Parallel werden die Bewertungsmethodik und ein Vorhersagemodell verbessert - regelmäßige Kartierungen mit standardisierten Methoden tragen dazu bei.

Kurzinfo:

ProjektzielWiedervernetzung von Otter-Lebensräumen
Stand des ProjektsAbgeschlossen
Aktenzeichen19120
Projektträger

Aktion Fischotterschutz e. V.
Otterzentrum
Sudendorfallee 1
29386 Hankensbüttel

AnsprechpartnerDr. Oskar Kölsch
Telefon(05832) 98 08 0
Fax(05832) 98 08 51
EmailAFS@OTTERZENTRUM.de
Internetwww.otterzentrum.de