Urbane Natur gestalten

Gestaltungshandbuch für Kompensationsmaßnahmen im urbanen Raum

Die Umsetzung von Projekten, die Naturschutz und Freiraumnutzung auf hohem gestalterischen Niveau kombinieren, bleibt bis jetzt auf Einzelfälle reduziert. Diese Kombination hat jedoch durch die funktionale, ästhetische und emotionale Zugänglichkeit von Natur gerade im urbanen Raum das Potential, die Akzeptanz der Projekte und die Wertschätzung von Natur und Umwelt in der Bevölkerung zu steigern. Aus diesem Grund ist es Ziel der Forschung, naturschutzfachlich gute, praxisnahe Entwurfsstrategien und Gestaltungsmittel zur Verbindung von Naturschutz, Ästhetik und Freiraumnutzung im urbanen Umfeld zu entwickeln und die gewonnenen Erkenntnisse übertragbar für zukünftige Projekte in Form eines übertragbaren Gestaltungshandbuchs bereitzustellen.

Die Erarbeitung von Entwurfsstrategien und Gestaltungsmitteln erfolgte parallel sowohl an zwei Fallbeispielen der Kooperationspartner (Bremen: Waller Fleet / Hamburg: Biotopverbundflächen in Grünanlagen) als auch an 19 Beispielen guter Praxis aus dem gesamten Bundesgebiet. Nach der Recherche und Analyse mit Vor-Ort-Besuchen, Hintergrundrecherche und Befragung von Akteuren folgte eine Bewertung und Kategorisierung der Projekte nach gestalterischen und naturschutzfachlichen Gesichtspunkten.

 

Gestaltung mit vor Ort abgebrochenen Materialien auf einer Sukzessionsfläche. Beispiel guter Praxis: Alter Flugplatz, Frankfurt a.M.

Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen wurden nun in enger Kooperation der Partner auf die Fallbeispiele übertragbare Lösungen entwickelt. Iteratives Entwerfen, Zwischenkritik durch Fachexperten sowie die Arbeit und Diskussion in Workshops präzisierten die Lösungen. Die in diesem Stadium erarbeiteten Ergebnisse waren noch auf die Einzelprojekte (Fallbeispiele und bundesweite Beispiel guter Praxis) bezogen. Auf Basis der fallbezogenen Erkenntnisse wurden anschließend durch Abstrahierung und Systematisierung praxisnahe und übertragbare Entwurfsfelder und Entwurfswege entwickelt und verknüpft. In einem letzten Schritt wurden diese Ergebnisse schließlich zum Buch „Urbane Natur gestalten“ aufgearbeitet, das allgemeinverständlich und umfassend Strategie- und Gestaltungsbausteine darstellt und Anpassungsmöglichkeiten an spezielle Situationen aufzeigt.

Die anfängliche Beispielrecherche freiraumplanerischer Projekte mit Kompensationsanteil im urbanen Umfeld stellte eine breite und wertvolle Grundlage für die weitere Bearbeitung dar. Die Anzahl der betrachteten Projekte wurde aus diesem Grund für eine umfangreichere Datenlage auf 19 erhöht.

Es stellte sich bei der Bearbeitung heraus, dass die Beschränkung der zu entwickelnden Ergebnisse auf reine Kompensationsmaßnahmen nicht zielführend ist, da bis auf die juristische Verankerung des Instruments die umgesetzten Maßnahmen kaum von anderen naturschutzfachlich wertvollen zu unterscheiden sind. Aus diesem Grund werden als Ergebnis „Entwurfswege“ zur multifunktionalen Verbindung von Naturschutz, Ästhetik und Freiraumnutzung vorgeschlagen, die selbstverständlich auch bei Anwendung der Eingriffsregelung herangezogen werden können.

Die analysierten Gestaltungsbausteine und naturschutzfachlichen Maßnahmen konnten kategorisiert und zu übertragbaren und praxisnahen Entwurfswegen abstrahiert werden. Hilfreich waren hier sowohl die Impulse aus zwei studentischen Workshops im Institut für Freiraumentwicklung (Stegreif vom 05.-11.12.2012 und Workshop am 07.03.2013) als auch die Ergebnisse eines vom Forschungsprojekt initiierten Expertenworkshops am 18.03.2013. Rückgekoppelt wurden die Ergebnisse anhand der Fallbeispiele der beiden Kooperationspartner Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg und Senator für Umwelt, Bau und Verkehr in Bremen. Es zeigte sich, dass eine entwerferische Annäherung sowohl mittels der im Arbeitsprozess ausgemachten naturschutz- und freiraumplanerischen Kategorien (Fallbeispiel Trockenlebensraumverbund Rissen, Hamburg) als auch auf Basis der entwickelten Entwurfswege (Fallbeispiel Waller Fleet, Bremen)  erfolgen kann.

In einem Workshop mit Fachexperten am 18.03.2013 wurden die Zwischenergebnisse intensiv diskutiert und evaluiert. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde ein Zwischenstand auf der Tagung „Stadtnatur im Wandel“ der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege am 14.03.2013 als Vortrag präsentiert.

Die detaillierten Entwurfswege beinhalten konkrete Hinweise wie Naturschutz und Freiraumnutzung unter Berücksichtigung der Ästhetik erfolgreich verbunden werden können.

Zur Gliederung wurden dazu folgende übergeordnete Entwurfsfelder ausgemacht:

- Komplexität erhöhen
- Eigenarten kultivieren
- Dynamik zulassen
- Produktionsräume gestalten
- Durch Nutzung pflegen
- Grenzen und Übergänge konzipieren
- Naturkontakt intensivieren
- Akteure einbinden
- Bau- und Vegetationsmaterial nachhaltig einsetzen

Diese Unterteilung ist auch zur Orientierung für Anwender aus Naturschutz, Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur wichtig, die innerhalb dieser Entwurfsfelder die 31 Entwurfswege finden können.

Collage zum Entwurfsfeld "Komplexität erhöhen"

Die Diskussionen im Workshop bestätigten die Notwendigkeit visueller Methoden um über zukünftige naturschutzfachlich wertvolle Freiräume erfolgreich kommunizieren zu können. Als Resultat wurden die Ergebnisse um Collagen von Raumvisionen ergänzt, die ihre atmosphärische Wirkung zeigen. Ebenfalls wurden beispielhafte Gestaltungsdetails für mögliche zukünftige Anwendungen hinzugefügt.

Die Ergebnisse der Forschung wurden 2014 in dem Buch Urbane Natur gestalten (Prominski, Maaß & Funke, Birkhäuser Verlag, Hardcover 24x17cm, 216 Seiten, 210 farbige Abbildungen, ISBN: 3038215406) veröffentlicht.

Die Beispiele guter Praxis werden dort ebenso wie die Ergebnisse der Fallbeispiele jeweils ausführlich in Text, Karte und Bild dargestellt.

 

Die Entwurfsfelder und -wege nehmen die zentrale Stellung in der Publikation ein. Zur zukünftigen Anwendung auf weitere Projekte sind diese übertragbar und detailliert gegliedert und dargestellt. Zum Verständnis der gestalterischen Möglichkeiten werden die Texte mit Abbildungen zu multifunktionalen Details ergänzt.

Die Notwendigkeit einer solchen Zusammenstellung von Ideen, Anregungen und Entwurfsperspektiven ist im Rahmen des Forschungsprojektes deutlich geworden. Mit dem Buch „Urbane Natur gestalten“ liegen nun übertragbare Ansätze für die zukünftige Projektentwickelung im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Freiraumnutzung vor.

Übersichtskarte zum Projekt "Grüner Bogen Paunsdorf (Leipzig)", das gelungen den Kontrast zwischen nutzbaren Erholungsräumen und einer "Wildnis mit großen Weidetieren" inszeniert.

Projekttitel

Gestaltungshandbuch Kompensationsmaßnahmen im urbanen Raum - Entwicklung von Entwurfsstrategien und Gestaltungsmitteln zur Verbindung von Naturschutz, Freiraumnutzung und Ästhetik

Stand des Projekts

Abgeschlossen (01/2012-03/2014)

Aktenzeichen

29425/01 - 33/0

Projektträger

Universität Hannover
Institut für Landschaftsarchitektur
Herrenhäuser Str. 2a
30419 Hannover

Ansprechpartner

Prof. Dr. Martin Prominski

Telefon

0511/762 5527/-28

E-Mail

martin.prominski(at)freiraum.uni-hannover.de

Kooperationspartner

Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, Abteilung Natur und Wasser, Bremen
Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg

ISBN

3038215406

 

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