Pflanzenfilter eliminieren Arzneimittelrückstände

Innovativer Pflanzenfilter zur Eliminierung von Arzneimittelrückständen für kleine und dezentrale Kläranlagen

Über 3 000 verschiedene Medikamenten-Wirkstoffe sind in Deutschland zugelassen. Viele dieser Substanzen lassen sich in den Kläranlagen mit dem gegenwärtigen Stand der Technik nur unzureichend abbauen oder zurückhalten. Arzneimittelrückstände im Gewässer stellen ein großes Problem für Umwelt, Mensch und Tier dar: Bei Fischen kann es etwa durch Hormon- und Medikamentenaufnahme zur Verweiblichung und Geschlechtsumwandlung kommen. Bakterien werden zunehmend resistent gegen Antibiotika, die so ihre Wirkung verlieren können. Das Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT) der Universität Bremen entwickelt jetzt ein Verfahren, das Abwasser durch Pflanzenfilter von Arzneimittelrückständen reinigen kann.

Um den Eintrag von Arzneimittelwirkstoffen in die Gewässer über die Kläranlagen effizient zu reduzieren, sind neue Reinigungstechniken erforderlich. Das UFT testet neuartige bepflanzte Bodenfilter auf ihre Reinigungsleistung gegenüber verschiedenen Arzneimittelwirkstoffen. Erstmalig kommt hierbei Pflanzenkohle als hocheffizientes Adsorbens im Filtersubstrat zum Einsatz. Neben guten Bindungseigenschaften für Arzneiwirkstoffe besitzt Pflanzenkohle ein exzellentes Wasserspeichervermögen, sorgt für eine bessere Substratbelüftung im Filter und fördert das Wachstum der Bodenorganismen und Pflanzen. Bodenbakterien, Pilze und Pflanzen wirken sich fördernd auf den Schadstoffabbau aus.

Die Bremer Wissenschaftler haben zunächst Lysimetertestläufe mit fünf Bodenfiltervarianten durchgeführt, um möglichst optimale Substratkombinationen zu ermitteln. Die Untersuchungen an der Kläranlage Sulingen (Anschlussgröße ca. 13 000 Einwohner) konzentrieren sich auf die als umweltrelevant eingestuften Arzneiwirkstoffe Carbamazepin, Diclofenac, Sulfamethoxazol, Ciprofloxacin und 17-α-Ethinylestradiol sowie ausgewählte Metaboliten.

Mögliche Auswirkungen der Filterbepflanzung auf die Abreicherung der Substanzen waren nicht zu beobachten. Möglicherweise wurden solche Effekte bisher vom großen Sorptionspotenzial der eingesetzten Pflanzenkohle überdeckt. Ergebnisse aus Laborversuchen stützen diese Annahme.

Hochporöse Pflanzenkohle als Zuschlagstoff für das Filtersubstrat

Die Ergebnisse zeigen, dass die untersuchten Arzneimittelwirkstoffe sowie deren Abbauprodukte mit Pflanzenkohleanteil im Substrat wirksam zurückgehalten werden. Die ermittelten Konzentrationen blieben meist unterhalb der Bestimmungsgrenzen. Aktuell diskutierte Umweltqualitätsnormen konnten größtenteils eingehalten werden. Das Hormon 17-α-Ethinylestradiol ließ sich aufgrund unsicherer Nachweismethoden allerdings nicht sicher quantifizieren.

Betriebsbereite Kleinfilteranlage im technischen Maßstab mit Bepflanzung und Beschickungswerk

Um die positiven Ergebnisse aus den Lysimeteruntersuchungen zu bestätigen, führen die Forscher des UFT jetzt Testläufe mit einer Filteranlage im technischen Maßstab auf einer 15 Quadratmeter großen Fläche am Standort Sulingen durch. Als künftiger Anwendungsbereich der neuartigen Reinigungsmethode kommen insbesondere die sehr zahlreichen dezentralen Kleinkläranlagen zur Reinigung häuslichen Abwassers sowie kleinere kommunale Kläranlagen infrage. Vorgesehen ist eine Kopplung des Bodenfilterverfahrens mit verschiedenen Belebtverfahren in nachgeschalteter Anwendungsweise.

Kopplung des Bodenfilterverfahrens mit verschiedenen Belebtverfahren in nachgeschalteter Anwendungsweise bei dezentralen Kleinkläranlagen

Projektthema:
Innovativer Pflanzenfilter zur Eliminierung von Arzneimittelrückständen für kleine und dezentrale Kläranlagen

Projektdurchführung:
Universität Bremen

Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT)
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28359 Bremen
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