Nachhaltige Sicherung der Biodiversität in bewirtschafteten Grünlandgebieten Norddeutschlands am Beispiel der Wiesenvögel

In weiten Bereichen Nordwesteuropas - so auch im norddeutschen Tiefland - ist seit drei Jahrzehnten ein dramatischer Rückgang der typischen Wiesenvogelarten zu verzeichnen. Betroffen sind nicht nur die anspruchsvollen Vertreter wie Kampfläufer und Bekassine, sondern auch die ehemals häufigen Arten Kiebitz und Uferschnepfe. Eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen bestätigt zweifelsfrei, dass der aktuelle Reproduktionserfolg der verbliebenen Populationen nicht ausreicht, um die stark rückläufigen Bestände langfristig in unseren Grünländern zu erhalten.
Untersuchung verschiedener Feuchtgrünländer
Hier setzt das Vorhaben in der küstennah gelegenen Stollhammer Wisch an, einem 3.000 ha großen zusammenhängenden Grünlandgebiet in der Wesermarsch. Die Untersuchungen beschäftigen sich mit den Ursachen des Biodiversitätsverlustes von Vogelgemeinschaften norddeutscher Grünlandgebiete. In vier unterschiedlich bewirtschaftete Teilgebieten der Stollhammer Wisch wurden Schlupf- und Überlebensraten von Kiebitz- und Uferschnepfenküken ermittelt. Neben konventionell bewirtschafteten Flächen ohne Beschränkung der Viehdichte bzw. maschineller Bearbeitung standen zum Vergleich Flächen des Vertragsnaturschutzes im Fokus der Untersuchungen.

„Big-Brother" am Kiebitzgelege
Der Reproduktionserfolg wurde mit Hilfe eines ausgeklügelten Monitoring-Systems erfasst und mit Bezug auf die jeweiligen Bewirtschaftungsformen ausgewertet. Die Analysen reichten von Nestkontrollen über Videoaufnahmen zur Aufklärung von Gelegeverlusten, bis hin zur Besenderung von über 280 Kiebitz- und Uferschnepfenküken im Rahmen aufwändiger telemetrischer Untersuchungen. Die meisten Gelegeverluste verursachten Raubsäugetiere, wobei die meisten dem Rotfuchs zugeordnet wurden. Diese sehr anpassungsfähige Art wanderte erst in den 1980er Jahren in die Stollhammer Wisch ein. Die Empfehlung der Wissenschaftler: Falls notwendig die Rotfuchspopulation im Sinne des Wiesenvogelschutzes in einzelnen Regionen regulieren.

Historisch gewachsenes Dauergrünland: Wiesenvogelgebiet „Stollhammer Wisch“ mit zahlreichen Wurten, einer spezifischen Siedlungsform in den hochwassergefährdeten Gebieten an der Nordseeküste und an den Unterläufen großer Flüsse.
Auch hohe Verlustrate bei den Küken
Bei mehr als 70 % der Kükenverluste war Prädation die Ursache. Als Kükenprädatoren konnten insgesamt 12 Vogel- und Säugetierarten nachgewiesen werden, wobei die durch Vögel überwogen. Unter den Vögeln war der Mäusebussard und den Säugetieren das Hermelin für die meisten Kükenverluste verantwortlich. Der Einfluss einzelner Räuberarten variierte zwischen den einzelnen Untersuchungsjahren erheblich.


Vermeidung von Kükenverlusten

Auf Basis der Ergebnisse entwickelten die Ornithologen zukunftsfähige Managementmaßnahmen zum Schutz der Wiesenvogelpopulationen in den Feuchtgebieten Norddeutschlands. Bei der regelmäßigen Räumung von Entwässerungsgräben sollte das Fräsen steiler Grabenprofile unbedingt vermieden werden, da sie für die recht mobilen Küken oft zur Todesfalle werden - die Tiere ertrinken. Späte Mahdtermine vermeiden zusätzlich Kükenverluste.

Ungewisse Zukunft der Uferschnepfe? Trotz großflächiger Schutzbemühungen und Extensivierungsmaßnahmen in Grünlandgebieten gehen die Bestände dieser Limikolenart weiter zurück. Ist Prädation hier der Schlüsselfaktor?

Streifen als Fluchtwege
Ungemähte Streifen entlang von Gräben und Zäunen können als Fluchtraum während der Mahd dienen. Eine Empfehlung ist, die Flächen von innen nach außen bzw. in Bahnen zu mähen, damit die Küken bei der Bewirtschaftung in nicht gemähte Bereiche ausweichen können. Im März 2006 stellten Prof. Düttmann und sein Forschungsteam ihre Ergebnisse auf einer internationalen Wiesenvogeltagung im Zentrum für Umweltkommunikation der DBU vor und diskutierten diese mit mehr als 200 Teilnehmern aus dem In- und Ausland.

Kurzinfo:

ProjektzielNachhaltige Sicherung der Biodiversität in bewirtschafteten Grünlandgebieten Norddeutschlands am Beispiel der Wiesenvögel in der Stollhammer Wisch (Landkreis Wesermarsch, Niedersachsen) – einem Gebiet mit gesamtstaatlicher Bedeutung für den Artenschutz
Stand des ProjektsAbgeschlossen
Aktenzeichen19659
Projektträger

Prof. Dr. Rainer Ehrnsberger
Hochschule Vechta
Institut für Naturschutz und Umweltbildung
Postfach 15 53
49364 Vechta

AnsprechpartnerProf. Dr. Heinz Düttmann
Universität Osnabrück
Fachgebiet Biologie/Chemie
Arbeitsgruppe Ethologie
Barbarastraße 11
49069 Osnabrück
Telefon(0541) 969 2830
Fax(04441) 15460
Emailheinz.duettmann@biologie.uni-osnabrueck.de
Der Biologe Sven Junker beim Befestigen eines Minisenders auf einem Uferschnepfenküken.

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