Moorschutz durch Rohrkolbenanbau

Rohrkolben ist ein wahres Multitalent. Schon früh nutzten Menschen die vielseitig verwendbare Sumpfpflanze für Flechtarbeiten als Nahrungs- und Futtermittel oder als Textilfaser.

Die stabilen und gleichzeitig sehr leichten Blätter des Rohrkolbens besitzen darüber hinaus ideale Eigenschaften für die Herstellung von Dämmmaterial. Im bayerischen Donaumoos bei Ingolstadt untersuchte die Technische Universität München im Verbund mit weiteren Partnern die naturschonende Nutzung von Niedermooren durch den Anbau von Rohrkolben: Eine optimale Kombination von Rohstoffgewinnung, Wasserreinigung, Wasserrückhaltung und Moorschutz.

Moor nutzen und schützen
Für eine nachhaltige Nutzung müssen entwässerte und landwirtschaftlich kultivierte Niedermoore kontinuierlich wiedervernässt werden. Nur dauerhafter Wasserüberstau bringt den Torfschwund vollständig zum Erliegen. Übliche landwirtschaftliche Kulturpflanzen scheiden deshalb für den Anbau aus. Über drei Jahre testeten die Forscher verschiedene Anbauweisen für Rohrkolben, seine Wasserreinigungsleistung, Auswirkungen auf das Grundwasser sowie auf Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Außerdem waren die Wissenschaftler daran interessiert, die Technologie der Dämmstoffproduktion weiterzuentwickeln.

Moore als Stoffsenke
Zu Beginn des Projektes wurde eine Versuchsfläche von rund acht Hektar überstaut. Danach setzten fleißige Hände über 100.000 Rohrkolbenpflanzen in den überfluteten Boden. Eine regelbare Wasserhöhe von 20 bis 40 Zentimetern gewährleistete, dass die Flächen permanent überstaut waren. Nur so können sich Moore regenerieren und ihre Funktion als Stoffsenke wieder voll entfalten. Ein Pumpensystem transportierte nährstoffreiches Wasser aus Entwässerungsgräben heran. Dies versorgte die Rohrkolbenpflanzen ausreichend mit Nährstoffen.

Mehr Moor – mehr Lebensraum
Die ökologischen Vorteile dieser alternativen Nutzungsform sind vielfältig: Der Torfschwund wird reduziert und Nährstoffe bleiben vor Ort im Boden. Die renaturierten Flächen dienen dem Hochwasserschutz und bieten gleichzeitig neuen Lebensraum für feuchtigkeitsliebende Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Unterschiedliche Libellen- und Käferarten siedeln sich an, aber auch Amphibien und Vogelarten wie Teichrohrsänger, Wasserralle und Bekassine. Nicht zu vergessen ist der wirtschaftliche Nutzen durch die Produktion umweltschonender Dämmstoffe für den Hausbau. Die Produktpalette reicht von Plattenbaustoffen über Trittschalldämmplatten bis zu Einblas- oder Schüttdämmstoffen.


Projektthema

Rohrkolbenanbau in Niedermooren – Integration von Rohstoffgewinnung,
Wasserreinigung und Moorschutz zu einem nachhaltigen Nutzungskonzept

Projektdurchführung
Technische Universität München
Wissenschaftszentrum Weihenstephan
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
85350 Freising-Weihenstephan
Prof. Dr. Jörg Pfadenhauer
Telefon 08161|71-3498
Telefax 08161|71-4143
heinz@wzw.tum.de
www.wzw.tum.de/vegoek/kontakt.htm

Die Versuchsanlage: Eine acht Hektar große überstaute Niedermoorfläche im Donaumoos.