Konzeptentwicklung zum Schutz der Vegetation saisonal vernÀsster Ackersenken

Saisonal vernĂ€sste Ackerstandorte zĂ€hlen zu den floristisch hochwertigen Standorten der Schlammbodenvegetation in Mitteleuropa. Ihr Vorkommen ist stark rĂŒcklĂ€ufig. Bei regelmĂ€ĂŸiger extensiver Ackerbewirtschaftung der kurzlebigen Arten dieses Vegetationstyps können die Ackersenken in Zukunft aber eine SchlĂŒsselfunktion fĂŒr den Erhalt dieser Pflanzenformation haben. Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines Schutzkonzepts fĂŒr diese spezifischen Lebensgemeinschaften saisonal vernĂ€sster Ackersenken. Grundlage ist ein breit angelegter Bewirtschaftungsversuch sowie Diasporenbankanalysen und Keimungsexperimente. Die Forschungsergebnisse werden in Kooperation mit den zustĂ€ndigen Naturschutzbehörden und Landwirten in einem Leitfaden fĂŒr den nachhaltigen Schutz der Ackersenken zusammengefĂŒhrt.

TemporĂ€r trockenfallende Standorte auf Teichböden, an Flussufern und in Ackersenken beherbergen eine vielfĂ€ltige Flora aus ĂŒberwiegend kurzlebigen Arten. Unter gĂŒnstigen Keimbedingungen können sich diese innerhalb kĂŒrzester Zeit entwickeln und ihren Reproduktionszyklus abschließen. Dabei bilden sie eine umfangreiche, persistente Samenbank aus.

Durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion in den letzten Jahrzehnten sind viele dieser Arten auf Ackerstandorten stark zurĂŒckgegangen. Aktuelle Untersuchungen aus Brandenburg und Westpolen belegen, dass einige der saisonal vernĂ€ssten Ackersenken floristisch sehr gut ausgestattete Standorte der Schlammbodenvegetation darstellen. Nachgewiesen wurden neben Elatine alsinastrum (Rote Liste [RL] 2), Elatine hydropiper (RL 3), Gypsophila muralis (RL 3), Juncus tenageia (RL 3), Lythrum hyssopifolia (RL 2), Ranunculus sardous (RL 3) und Schoenoplectus supinus (RL 2) auch die extrem seltenen Algenarten Chara baueri (seit dem 19. Jahrhundert in Europa verschollen), Tolypella prolifera (RL 1), Nitella capillaris (RL 1) und Nitella confervacea (RL 0).

Abb. 1: Eine der Senken in Westpolen bei Cedynia.
Abb. 2: Elatine alsinastrum ist eine fĂŒr den Übergangsbereich zwischen bespanntem Bereich und Acker typische Art, die relativ konkurrenzschwach und deshalb auf regelmĂ€ĂŸige Störung angewiesen ist.

Ziel des Projektes ist es, ein auf den Erkenntnissen zur Populationsökologie dieser Arten basierendes Schutzkonzept fĂŒr die Schlammbodenvegetation saisonal vernĂ€sster Ackersenken zu entwickeln. Bisher ist kaum bekannt, welche populationsökologischen AnsprĂŒche die Zielarten besitzen und wie sie auf die verschiedenen Bewirtschaftungsfaktoren reagieren. Diese ZusammenhĂ€nge sollen in einem Bearbeitungszeitraum von drei Jahren durch einen On-Farm-Bewirtschaftungsversuch, einen ĂŒberregionalen Vergleich verschiedener Standorte sowie Überstauungsversuchen und Keimungsexperimenten untersucht werden.

In einem Feldversuch werden zusammen mit einem Landwirt vor Ort die Effekte landwirtschaftlicher Nutzung auf die Etablierung und den Reproduktionserfolg von vier Zielarten (Elatine alsinastrum, Limosella aquatica, Myosurus minimus und Peplis portula) untersucht. Neben einer Erfassung der oberirdischen Individuendichte wird auch die Samenbank analysiert, um mögliche langfristige Änderungen durch die Bewirtschaftung abschĂ€tzen zu können.

Eine wesentliche Basis fĂŒr eine erfolgreiche Reproduktion der Arten bilden die Keimbedingungen und die Wasserstandsdynamik. Diese Faktoren werden unter kontrollierten Bedingungen im GewĂ€chshaus und KlimaschrĂ€nken untersucht.

Ein ĂŒberregionaler Vergleich verschiedener Standorte dient dem Ziel, die auf die Strukturierung der Artengemeinschaften hauptsĂ€chlich wirkenden Umweltvariablen herauszuarbeiten und so in Brandenburg und Westpolen Vorranggebiete fĂŒr den Schutz der Ackersenkenvegetation auszumachen.

Mit dem aus allen erhobenen Daten erstellten Populationsmodell wird sowohl eine Vorhersage der Populationsentwicklung unter landwirtschaftlicher Nutzung als auch eine Vorhersage von fĂŒr den Erhalt der Artengemeinschaft besonders gĂŒnstigen Standorten möglich sein. Damit können gezielt Empfehlungen fĂŒr eine nachhaltige Landbewirtschaftung insbesondere in den Vorranggebieten gegeben werden.

Abb. 3: Samenbankanalysen im GewĂ€chshaus sollen Aussagen ĂŒber die HĂ€ufigkeit der oft nur sporadisch in der Vegetation auftretenden Arten ermöglichen.

DurchgefĂŒhrt wird das Projekt in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt fĂŒr Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg sowie dem Collegium Polonicum der Europa-UniversitĂ€t Viadrina in SƂubice.

Daneben gibt es eine Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum fĂŒr Agrarlandschaftsforschung MĂŒncheberg, der UniversitĂ€t Göttingen und der Regionalstelle des Artenhilfsprogrammes ‚100 Äcker fĂŒr die Vielfalt‘.

Projekttitel
Konzeptentwicklung zum Schutz der Vegetation saisonal vernÀsster Ackersenken
Stand des Projekts laufendes Vorhaben, voraussichtliches Ende 04/2015
Aktenzeichen 29317-33/0
ProjekttrÀger


Technische UniversitĂ€t MĂŒnchen
Lehrstuhl fĂŒr Renaturierungsökologie
Emil-Ramann-Str. 6
85354 Freising
Ansprechpartnerin      
Frau Dipl. agr. biol. Sara Altenfelder
Telefon 08161/71-4141
E-Mail sara.altenfelder@tum.de
Internet www.roek.wzw.tum.de