Projekt 37800/01

Kommunale Energiewende unterstützende Umweltkommunikation (KEuko)

Projektträger

Hochschule München Fakultät Studium Generale und interdisziplinäre Studien
Dachauerstr. 100 a
80636 München
Telefon: +498912654314

Zielsetzung

Der European Green Deal und die Fit-for-55 Vorgaben fordern den Übergang zu nachhaltigen Energiequellen, was eine dezentrale Energieversorgung bedeutet und eine verstärkte Beteiligung von Kommunen und Bürgern erfordert. Das Projekt "Kommunale Energiewende unterstützende Umweltkommunikation" (KEuKo) der Hochschule München zielt darauf ab, die erfolgreiche Partizipation zur kommunalen Energiewende zu ermöglichen. Daher lautet unsere Kernfrage: „Wie kann auf Basis vorhandener technisch-wirtschaftlicher Basisinformationen zu energetischen Ausbaualternativen erfolgreich kommunale Partizipation der Bürger:innen zur Energiewende entstehen?“.
Die Bürger:innen bringen unterschiedliche Voraussetzungen in Bezug auf Informationsgewinnung,
-verarbeitung und -bewertung mit. Sie haben individuelle Informationsbedürfnisse, die es ermöglichen, am Entscheidungsprozess teilzunehmen und zur Energiewende beizutragen. Das erste Teilziel des Projektes besteht darin, die verschiedenen involvierten Adressaten zu identifizieren und ein Rollenkonzept zu entwickeln, das unterschiedliche Kommunikationskulturen berücksichtigt. Im zweiten Teilziel wird ein Handlungsleitfaden zur erfolgreichen Integration der beteiligten Personen erstellt. Das dritte Teilziel umfasst Instrumente, die zur erfolgreichen Umsetzung der einzelnen Arbeitsschritte benötigt werden. Das vierte Teilziel beinhaltet Elemente die, den Transfer der KEuKo Ergebnisse auf andere Kommunen ermöglichen sollen.
Das Projekt KeuKo ist auf zwei Jahre angelegt und umfasst vier Meilensteine von jeweils sechs Monaten. Diese Meilensteine basieren auf den vier oben genannten Teilzielen.
Die beteiligte Kommune Höhenkirchen-Siegertsbrunn dient als Fallstudie zur Übertragung der gewonnenen Ergebnisse.

Arbeitsschritte

Zur Erreichung der genannten Ziele wurde ein Prozess entwickelt, der aus vier Schritten besteht.
1) Datenerhebung nach Kommunikationsfaktoren von Roman Jakobson: Der erste Prozessschritt umfasst alle Maßnahmen zur Datenerhebung in Bezug auf Informationsbedürfnisse (KB) und -gewohnheiten (KG). Ziel dieses Schrittes ist es, Daten zu erheben, die hinsichtlich kommunikationsrelevanter Merkmale eine Charakterisierung von Bürger:innen erlauben. Als Basis einer solchen Charakterisierung schlagen wir die vier Faktoren nach dem Kommunikationsmodell von Roman Jakobson (Kontext, Mitteilung, Kontakt Code) vor. Das Kommunikationsmodell von Roman Jakobson wird erstmals im Rahmen des hier vorgestellten Ansatzes an den Kontext der kommunalen Energiewende angepasst.
2) Clusteranalyse, PI-Matrix und Rollenbildung: Die gesammelten Daten werden anhand konsistenter Ähnlichkeiten zur Rollenbildung genutzt. Dabei werden KB und KG identifizierter Gruppen berücksichtigt. Im Ergebnis entstehen Gruppen von Beteiligten in Clusterform. Diese Cluster können in der Folge nach den zwei Größen „Power“ (e.g. Maß des Einflusses auf Meinungen und Entscheidungen) und „Interest“ (e.g. Maß des Interesses an Themen der kommunalen Energiewende) geordnet in die Power-Interest-Matrix (PI-Matrix) eingeordnet werden. Die Anwendung der PI-Matrix ermöglicht die Formulierung einer Kommunikationsstrategie durch Priorisierung von Rollen für alle Stakeholder-Gruppen. Ein Kontrollmechanismus zwischen Schritt 1 und 2 sichert die Qualität der Rollenbildung.
3) Entwicklung rollenspezifischer Kommunikationswerkzeuge (KW): Im dritten Prozessschritt werden auf Basis bekannter KB und KG beteiligter Interessensgruppen und der für diese Interessensgruppe formulierten Kommunikationsziele passende KW definiert oder im Bedarfsfall neu entwickelt. Die Eignung bereits vorhandener KW lässt sich über Techniken wie die Nutzwertanalyse ermitteln. Ein hoher Nutzwert zeigt ein hohes Maß an Passgenauigkeit zwischen den Eigenschaften eines KW und den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Interessensgruppe, die damit angesprochen werden soll.
4) Implementierung und Feedback: Im letzten Prozessschritt werden die vorbereiteten KW angewandt und deren angezielte Wirkung kontrolliert. Um dabei kontinuierliche Verbesserungen zu ermöglichen, bietet sich der PDCA-Zyklus als Referenz an. Erfolgreiche Planung, Umsetzung und Evaluierung eines KW für die kommunale Energiewende sollten auf einer systematischen Vorgehensweise basieren.

Ergebnisse

Die vorliegende Studie präsentiert erstmals eine methodische Herangehensweise im Rahmen der kommunalen Energiewende, die individuelle KG und KB reflektiert und daher auf kommunikationsrollenspezifische Werkzeuge setzt. Gemeinsam mit der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn wurde der oben beschriebene Prozess im Kontext einer Pilotierung erstmalig angewandt. Ein Teil der dabei vorgeschlagenen Maßnahmen wurde bereits implementiert und evaluiert. Erste Rückmeldungen deuten darauf hin, dass der neu vorgeschlagene Prozess einen deutlichen Mehrwert durch die rollenspezifische Kommunikationsstrategie und darauf basierende Werkzeuge bietet. Der Ansatz, das Kommunikationsmodell von Roman Jakobson auf den Kontext der kommunalen Energiewende anzuwenden und mit statistischen Analysemethoden zu kombinieren, erwies sich als treffend. Er ermöglichte, die KG und KB unterschiedlicher Bürgergruppen systematisch zu erfassen und für eine zielgerichtete Entwicklung rollenspezifischer Kommunikationswerkzeuge einzusetzen.
Die Gemeinde beschäftigt sich intensiv insbesondere mit den Optionen einer nachhaltigen Wärmeversorgung. Mit dem KW „Expertenfachvortrag“ zum Thema Wärmebedarfsermittlung für die Bürgermeisterin, Mitglieder des Gemeinderates und diversen Arbeitsgruppen wurden spezifische Entwicklungsszenarien für die Gemeinde vorgestellt. Diese Szenarien sollen der Gemeinde einen möglichen Weg zur Klimaneutralität im Bereich der Wärmeversorgung aufzeigen und mit Hilfe von Kommunikationsmaßnahmen die Bürger:innen dazu bringen, diesen Weg zu unterstützen.
Das zweite KW, die Informationsveranstaltung „Tag des offenen Kellers“, verfolgte ein ähnliches Ziel (Bürger:innen dazu zu bewegen, die Gemeinde auf ihrem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen) auf privater Ebene. Hier sollten sich die Bürger:innen über mögliche Lösungen einer nachhaltigen, vor allem dezentralen Wärmeversorgung austauschen, von den Erfahrungen anderer Bürger:innen profitieren, die ihre Heizungssysteme bereits auf klimaneutrale Systeme umgestellt haben, sich für die bevorstehende Umstellung ermutigt fühlen.
Mit Hilfen von diesen zwei konkreten Maßnahmen nähert sich die Gemeinde ihrem übergeordneten Ziel - Klimaneutralität bis 2030 und eine CO2-Reduktion von 13 t CO2 im Jahr 2010 um 54 % auf 6 t CO2.
Alle KEuKo Ergebnisse im Sinne eines Transfers in jeder anderen Kommune generisch übernommen und individualisierbar auf die jeweiligen Gegebenheiten angewandt übertragen werden können.

Öffentlichkeitsarbeit

Um das wissenschaftliche Publikum über die Projektergebnisse zu informieren, wurden zwei wissenschaftliche Artikel verfasst. Der erste Beitrag mit dem Titel „Communication Roles as the Key to Successful Municipal Energy Transition“ befindet sich bei Springer Link für das Journal "Environmental Sciences and Studies" im Review-Prozess. Der zweite Beitrag mit dem Titel „Rollenspezifische Kommunikationswerkzeuge als Schlüssel zu einer erfolgreichen Energiewende“ wurde im Rahmen eines Vortrages bei der Konferenz "Symposium Energieinnovation 2024" (kurz EnInnov 2024) in Graz präsentiert.
Am 12.10.2023 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel mit dem Titel „Über eine niedrige Schwelle in den Öl-Ausstieg“, der dem Tag des offenen Kellers im Rahmen des Projektes gewidmet war.
Insgesamt drei Artikel im Gemeindeblatt Höhenkirchen-Siegertsbrunn (Ausgaben Juni 2022, Juli 2023, September 2023) berichteten über das Projekt KeuKo und einzelne Aktionen im Rahmen des Projekts.
Die Öffentlichkeitsarbeit an der Hochschule München umfasste einen Beitrag auf der Website www.energiewende.hm.edu. Ein weiterer Artikel für die Fachzeitschrift der Hochschule München „Applied Science“ ist für die Frühjahrsausgabe geplant.

Projekt WebseitePublikation EnInnov 2024Projekt InfoArtikel Tag des offenen Kellers

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass der entwickelte Ansatz erfolgreich mit der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn getestet wurde, wobei einige der vorgeschlagenen Maßnahmen bereits umgesetzt und bewertet wurden. Erste Rückmeldungen zeigen, dass der neu vorgeschlagene Prozess einen deutlichen Mehrwert durch die rollenspezifische Kommunikationsstrategie bietet. Die Anwendung des Kommunikationsmodells von R. Jakobson erwies sich als treffend und ermöglichte die systematische Erfassung der Kommunikationsgewohnheiten und -bedürfnisse unterschiedlicher Bürgergruppen. Die Evaluation der Befragungen, basierend auf den Jakobson-Faktoren, war entscheidend für die Identifizierung der verschiedenen Rollen und die Entwicklung maßgeschneiderter Kommunikationswerkzeuge. Die Nutzung der Nutzwertanalyse ermöglichte eine präzise Bewertung der vorhandenen Kommunikationsmittel und die Anpassung an die Bedürfnisse der definierten Rollen. Die Einbindung der Gemeindemitglieder bei der Planung und Durchführung der Maßnahmen erwies sich als vorteilhaft. Rückmeldungen der Teilnehmer waren ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung, die durch den Einsatz eines Fragebogens für jede Maßnahme gewährleistet wurde. Das Projekt bestätigt die Wirksamkeit des Ansatzes, maßgeschneiderte Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln und zu implementieren, die die rollenspezifischen Gewohnheiten und Bedürfnisse berücksichtigen.

Übersicht

Fördersumme

124.260,00 €

Förderzeitraum

01.04.2022 - 30.04.2024

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik