Projekt 37235/01

Machbarkeitsstudie zum Aufbau eines Langzeitmonitoringprogramms zur Abschätzung der Auswirkungen von Klimawandel und intensiver landwirtschaftlicher Nutzung auf das archäologische Kulturerbe in sächsischen Agrarlandschaften im Freistaat Sachsen

Projektträger

Landesamt für Archäologie Sachsen
Zur Wetterwarte 7
01109 Dresden
Telefon: 035178926-600

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In intensiv genutzten Agrarlandschaften ist das archäologische Kulturerbe stark bedroht. Mit einer wachsenden Nutzungsintensität und dem Klimawandel steigt auch die Gefährdung des Archivs im Boden (Archivfunktion des Bodens gem. BBodSchG, §2, Abs. 2) durch Erosion, Austrocknung und mechanische Beanspruchung. Diese Prozesse verlaufen schleichend und entziehen sich bislang einer Dokumentation bzw. systematischen Beobachtung über längere Zeiträume. Für ein Langzeitmonitoring fehlen bislang Methoden und Parameter. Ziel der Machbarkeitsstudie sind daher die Evaluierung gängiger Monitoringverfahren sowie konzeptionelle Vorarbeiten für eine praxistaugliche Monitoringstrategie, die von einer Fachbehörde im Rahmen ihrer eingeschränkten personellen und finanziellen Ressourcen realisiert und auf andere Bundesländer übertragen werden kann. Zum einen wird die Übertragbarkeit standardisierter Methoden der Bodendauerbeobachtung auf archäologische Kulturdenkmale untersucht (Teil I). Zum anderen werden digitale Geländemodelle und Luftbilder herangezogen, um durch Vergleiche vorhandener Datenbestände die Auswirkungen von erosiver und technisch bedingter Bodenverlagerung über längere Zeiträume empirisch mess- und visualisierbar zu machen (Teil II).


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenTeil I: Bodendauerbeobachtung und archäologische Denkmalpflege: Seit den 1990er Jahren betreibt der Freistaat Sachsen durch das LfULG in den unterschiedlichen Bodenlandschaften ein Standortnetz von 56 landwirtschaftlichen Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF Typ I und II). Daher wurden Denkmalflächen in unmittelbarer Umgebung von BDF-Standorten in den Lössbodenlandschaften mit besonders hoher archäologischer Relevanz und großem Gefährdungspotential recherchiert und 5 Untersuchungsflächen ausgewählt, um die bodenkundliche Kongruenz mit der Umgebung, insbesondere den Denkmalen zu prüfen. Dafür wurde das Konzept der bodengeologischen Normalprofile und der Referenz-Böden angewendet. Besonders für die mächtigen Lössböden ab ca. >1,5 m zeigte sich die Bedeutung von Löss-Paläosolen (i.S. Lieberoth 1963) für die Verifizierbarkeit der Schicht- und Horizontfolgen zur Einschätzung von Profilverkürzungen und räumlichen Beziehungen. Teil II: Digitale Geländemodelle und Luftbilder: Der Vergleich digitaler Geländemodelle kann sich im Freistaat Sachsen auf mindestens zwei Laserscan-Messungen stützen (Staatsbetrieb GeoSN). Ferner liegen für ausgewählte Denkmale SfM-Modelle des LfA vor. Nach mehreren Testdurchläufen erfolgte die Analyse der Bodenpunkte in einer Rasterweite von 0,5 m, die Berechnung eines Rasters mit einfacher Kriging-Methode mit „Surfer“, die Differenzberechnung dann mit QGIS. Während die hohe Datenqualität Lagefehler weitgehend ausschließt, machen Höhenungenauigkeiten eine Kalibrierung notwendig. Vergleichsberechnungen wurden für eine Wallanlage sowie zwei besonders erosions-gefährdete Dellenrillensysteme angestellt. Ergänzt wurden die Modellvergleiche durch Plausibilitätskontrollen auf Feldflächen mit unterschiedlicher Bodenbearbeitung (konventionell, pfluglos, Direktsaat). Ferner wurden archäologische Luftbilder und Orthophotos visuellen Vergleichen unterzogen.


Ergebnisse und Diskussion

Teil I: Bodendauerbeobachtung und archäologische Denkmalpflege: Die ausgewählten Untersuchungsräume repräsentieren die große Bandbreite der Lössböden mit einem komplexen Nebeneinander von Boden- und Reliefformen, das auf der Basis von gebietsspezifischen Normal- bzw. Referenzprofilen beschrieben werden kann. Diese ermöglichen die Interpretation reliefabhängiger Schicht- und Horizontfolgen sowie die Ermittlung von Profilverkürzungen bzw. Erosionsgraden und eigenen sich für ein Monitoring archäologischer Denkmalflächen in der Umgebung. Daher können die betrachteten BDF mit einem begrenzten Aufwand für ergänzende Profilaufnahmen zur Überwachung der benachbarten Kulturdenkmale genutzt werden. Für künftige Vergleichskontrollen wird die standardisierte Dokumentation lagegenauer Indikator-Bodenprofile empfohlen, um kleinskalige, „schleichende“ Bodenverlagerungen nachzuweisen. Insbesondere die bodenphysikalischen Daten des BDF-Programms bilden für Gefährdungsabschätzungen im Kontext des Klimawandels auch für archäologische Belange eine wertvolle Grundlage. Deutlich komplexer und kostenintensiver ist die Einrichtung neuer Monitoringflächen, für die ein mehrstufiges Vorgehen (Auswahl, Lage, Flächeneingrenzung, Felduntersuchungen, künftige Überwachung) vorgeschlagen wird. Dabei muss eine archäologische Vorauswahl und anschießende bodenkundliche Priorisierung vorgenommen werden. Der Aufwand für die Neueinrichtung hängt von Größe bzw. Flächenheterogenität ab und kann im Einzelfall 10000 € übersteigen.
Teil II: Digitale Geländemodelle und Luftbilder: Vergleiche von digitalen Geländemodellen eigenen sich für die Abschätzung prozesshafter Veränderungen an archäologischen Kulturdenkmalen, sofern – wie im Freistaat Sachsen – Laserscandaten mit hoher Qualität zur Verfügung stehen und einer Kalibrierung bzw. Plausibilitätskontrolle unterzogen werden. Insbesondere bei obertägigen Bodendenkmalen (Wallanlagen, Grabhügel etc.) ist der DGM-Vergleich ein praktikables und kostengünstiges Instrument, um Oberflächenveränderungen in Größenordnungen von weniger als 10 cm und damit schleichende schädliche Prozesse für Zeiträume von 10 bis 15 Jahren nachweisen zu können. Dies gilt gleichermaßen für größere, morphologisch differenzierte Landschaftsausschnitte, wenn (teil-)schlag- und nutzungsspezifische Faktoren ausreichend berücksichtigt werden. Obwohl bearbeitungsbedingte Unterschiede (konventionell, pfluglos, Direktsaat) bereits sichtbar werden, sollten DGM-Vergleiche vorläufig nicht ohne eine Plausibilitäts- und Einzelfallprüfung für ein generalisierendes Monitoring eingesetzt werden. Vor allem der Feldzustand zum Messungszeitpunkt hat sich im Laufe der Berechnungen als Unsicherheitsfaktor erwiesen, der noch vertiefender Untersuchungen bedarf. Da im kartographischen Vergleich zwischen DGM-Berechnungen einerseits und Erosionsprognosekarten oder ED3-Modellierungen andererseits tatsächliche Reliefveränderungen von eine prognostizierten Gefährdung abweichen können, sollten technikbedingte Verlagerungen künftig stärker in die Modellierungen einbezogen werden. Dagegen erlaubt die Auswertung von Luft- und Orthophotobildserien derzeit keine direkten und generalisierenden Schlüsse auf die Bodenbeschaffenheit oder den Zustand bzw. die Gefährdung archäologischer Strukturen. Allenfalls in Kombination mit pedologischen Untersuchungen oder Differenzmodellen lassen sich auf Fotos Bereiche mit hoher Erosionsdynamik identifizieren.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde von den Beteiligten im Rahmen eines Vortrags zu den Tagen der Landesarchäologie im November 2021 vorgestellt. Ein Vorbericht mit einer Darstellung erster Zwischenergebnisse befindet sich im Druck und wird im nächsten Band der Reihe „Ausgrabungen in Sachsen“ (8) im Herbst 2022 erscheinen: B. Dähne, F. Hieke, F. Kunth, C. Schubert, R. Sinapius u. T. Westphalen, Langzeitmonitoring archäologischer Denkmale. Zwischenergebnisse einer Machbarkeitsstudie. In: R. Smolnik (Hrsg.), Ausgrabungen in Sachsen 8. Arbeits- u. Forschber. Sächs. Bodendenkmalpfl. Beih. 36 (Dresden 2022) 298-313.


Fazit

Bodendauerbeobachtung und DGM-Vergleiche verschaffen dem Langzeitmonitoring archäologischer Denkmalflächen nicht zuletzt im Hinblick auf Klimawandel und Nutzungsintensivierung neue Perspektiven. Die Kartierung und Auswertung der untersuchten Bodendauerbeobachtungsflächen erbrachte eine plausible Übertragbarkeit von BDF-Ergebnissen auf ein archäologisches Bodenmonitoring. Vorhandene BDF können für die Überwachung archäologischer Kulturdenkmal genutzt werden. Für die Neueinrichtung von Beobachtungsflächen wird ein mehrstufiges, angepasstes, denkmalgerechtes Vorgehen vorgeschlagen.
Der Vergleich digitaler Geländemodelle zur Abschätzung von Zustandsveränderungen an Bodendenkmalen hat sich als effektives und kostengünstiges Verfahren erwiesen, das jedoch im Hinblick auf nutzungsspezifische Parameter (Bodenbearbeitung, Bestandsführung) durch ergänzende Untersuchungen, u.a. UAV-Befliegungen und SfM-Modelle in Verbindung mit Landwirtschaftsbetrieben künftig noch verfeinert und verbessert werden muss.
Bodendauerbeobachtung und DGM-Vergleiche verschaffen dem Langzeitmonitoring archäologischer Denkmalflächen nicht zuletzt im Hinblick auf Klimawandel und Nutzungsintensivierung neue Perspektiven. Die Kartierung und Auswertung der untersuchten Bodendauerbeobachtungsflächen erbrachte eine plausible Übertragbarkeit von BDF-Ergebnissen auf ein archäologisches Bodenmonitoring. Vorhandene BDF können für die Überwachung archäologischer Kulturdenkmal genutzt werden. Für die Neueinrichtung von Beobachtungsflächen wird ein mehrstufiges, angepasstes, denkmalgerechtes Vorgehen vorgeschlagen.
Der Vergleich digitaler Geländemodelle zur Abschätzung von Zustandsveränderungen an Bodendenkmalen hat sich als effektives und kostengünstiges Verfahren erwiesen, das jedoch im Hinblick auf nutzungsspezifische Parameter (Bodenbearbeitung, Bestandsführung) durch ergänzende Untersuchungen, u.a. UAV-Befliegungen und SfM-Modelle in Verbindung mit Landwirtschaftsbetrieben künftig noch verfeinert und verbessert werden muss.

Übersicht

Fördersumme

62.496,00 €

Förderzeitraum

01.04.2021 - 01.04.2022

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung