Projekt 37159/01

Naturerbeflächen interdisziplinär kommunizieren – Weiterbildungsmodule für NaturschützerInnen und MultiplikatorInnen

Projektdurchführung

Universität Leipzig Institut für Kulturwissenschaften
Beethovenstr. 15
04107 Leipzig

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel und Anlass des Projekts „Naturerbeflächen interdisziplinär kommunizieren – Leitfaden für NaturschützerInnen und MultiplikatorInnen“ war es, anhand ausgewählter Flächen des Nationalen Naturerbes interdisziplinäres Wissen für NaturschützerInnen und weitere MultiplikatorInnen wie zum Beispiel VertreterInnen von Verbänden oder LandschaftsbegleiterInnen erforschen und standardisiert aufbereiten. Der so entstehende Leitfaden sollte das Wissen um die Ökologie der Flächen weiter festigen, aber vor allem Kompetenzen in der historisch-politischen Bildung mit Bezug zum Naturschutz erweitern. Auf Basis belastbarer Fakten und allgemeinverständlicher Sprache sollte er den RezipientInnen ermöglichen, den gesellschaftlichen Wert der Flächen auch auf dieser Ebene zu vermitteln und das Naturschutzengagement weiter zu legitimieren. Beiträge zur Konfliktprävention und gegen die Vereinnahmungsversuche von Seiten extremistischer, insbesondere rechtsextremistischer Gruppen, waren ebenfalls Teil des Leitfadens.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig hat zunächst mit dem Projektförderer, der DBU und anderen beteiligten TrägerInnen von Naturerbeflächen, in einem Workshop allgemeine Kriterien für die Flächenauswahl identifiziert. Das Ziel bestand darin, Merkmale zu fixieren, um zu prüfen, ob auf der Fläche politisch-historische Bildung nötig sei.
In einem zweiten Schritt wurde aus dem Kriterienkatalog ein Ranking entwickelt werden, um die Identifikation von Flächen mit aktuell hoher Priorität und Flächen mit aktuell niederer oder keiner Priorität zu ermöglichen.
Der so entstandene Kriterienkatalog wurde im Folgenden in Kooperation mit NaturschutzakteurInnen vor Ort im Zuge des Projektes auf den drei ausgewählten Flächen überprüft, erweitert und validiert.
In einem dritten Schritt wurde die Geschichte der drei ausgewählten Flächen des Nationalen Naturerbes beispielhaft aufgearbeitet werden. Die historisch kritische Vorgehensweise wurde dabei dokumentiert und wurde Teil entsprechender Weiterbildungsbausteine im Leitfaden.
In einem vierten Schritt wurde einerseits das Potenzial einer möglichen extremistischen Vereinnahmung der konkreten Flächen analysiert und dargestellt. Andererseits wurden allgemeine, standardisierte Formulierungsbausteine entwickelt, um NaturschutzakteurInnen auf Flächen des Nationalen Naturerbes zu befähigen, solchen Vorhaben aktiv entgegenzutreten.
Der entstandene Leitfaden wurde in der Endphase anhand einer der ausgewählten Flächen mit einer spezifischen Zielgruppe, angehende LehrerInnen, zusätzlich evaluiert. Es entstanden spezifisch „didaktische Materialien“ für diese Zielgruppe.
Das gesamte Vorgehen wurde auf einer Homepage dokumentiert. Das Projekt wurde außerdem von entsprechenden Fachseminaren am Institut für Kulturwissenschaften begleitet.


Ergebnisse und Diskussion

Es muss zunächst unterstrichen werden, dass die Komplexität des Themas für die BearbeiterInnen Fachwissen im Bereich Naturschutz sowie Natur- und Umweltschutzgeschichte unbedingt voraussetzt. Der Projektzeitraum von 2 Jahren lässt für die Beteiligten keine Einarbeitung für die genannten Bereiche zu.
Zunächst entstand eine Liste mit allgemeinen Kriterien, um die Flächenauswahl des Nationalen Naturerbes, die Bedarf an historisch-politischer Bildung erkennen lassen, schnell zu ermöglichen.
Daraufhin wurden die Geschichte der Nationalen Naturerbeflächen Peenemünde, Prora und die Wahner Heide aus dem DBU-Naturerbe und Pötenitz aus der sogenannten „Bundes-Lösung“ erarbeitet.
Dieser Projektschritt war im Umfang unterschiedlich. Für Peenemünde bestanden bereits Forschungsergebnisse, auf die aufgebaut werden konnte, wie auch das Historisch-Technische Museum vor Ort als Ansprechpartner. Das Gleiche betraf die Wahner Heide mit den sogenannten Heideportalen. Für Prora besteht eine gute Literaturlage in Bezug auf die Zeit des Nationalsozialismus, die Recherchen für die Nachkriegsphase von 1945 bis 1949 und die DDR waren dagegen aufwendig. Kaum historische belastbare Vorarbeiten bestanden für die Fläche in Pötenitz, so dass hier der Aufwand sehr hoch war.
Diese Entscheidung für die Flächen erfolgte auch unter dem Aspekt der finanziellen Ausstattung des Projektes. Im Rückblick wird in diesem Zusammenhang deutlich, dass die Entfernung des Standortes der Bearbeiter, – hier die Universität Leipzig – von den Gebieten, die Quellenlage und wiederum die Verortung der Quellen wichtige Kriterien sind, die in Zukunft vor einem solchen Projekt besser ausgeleuchtet werden könnten. Denn der Antragssteller hat aus der Unsicherheit, welche Gebiete als Projektinhalt definiert würden, das Reisebudget sehr hoch angesetzt. Dieses wurde nicht ausgeschöpft. Es würde deshalb Sinn machen, in Zukunft – wenn möglich –, die Einzelflächen früher zu definieren, um das Projekt finanziell konkreter fassen zu können.
Zum Projekt wurde außerdem ein Beirat herangezogen. Im Ergebnis war die umfangreiche Unterstützung durch Fachwissen außerhalb des eigentlichen Projektteams sehr wichtig, um vor allem inhaltliche Vertiefungen zu ermöglichen, die sonst unbeachtet geblieben wären, Sensibilitäten zu beachten und Zugänge zu wichtigen Akteuren zu ermöglichen. Es soll hier im Ergebnis festgehalten werden, dass flankierende interdisziplinäre Gremien für ein solches komplexes Projekt sehr fruchtbar sind, wenn – wie in diesem Fall – konstruktiv und wertschätzend gearbeitet wird.
Das Wissen um die Geschichte der Flächen ist außerdem die Voraussetzung für das eigenen kompetente Auftreten als Außenstehender bei den Akteuren der Flächen vor Ort. Das betrifft alle Beteiligten, die im Gespräch sehr schnell einschätzen, ob jemand sie bereits mit den lokalen Gegebenheiten auseinandergesetzt hat, und davon auch sehr oft die Entscheidung abhängig machen, mit welcher Ernsthaftigkeit sie am Gespräch teilnehmen.
Jeweils zwei Workshops in einem relativ geringen Abstand wurden auf den Flächen Peenemünde, Wahner Heide und Pötenitz durchgeführt. Ziel war es, AkteurInnen auf den Flächen für das Thema historisch-politische Bildung zu sensibilisieren, vor allem NaturschützerInnen mit anderen Interessensgruppen ins Gespräch zu bringen und zentralen Inhalte des Leitfadens partizipativ überprüft und erarbeitet werden.
Der wichtigsten Erfolge waren Konfliktbereinigung zwischen den historisch-politischen BildnerInnen und den zuständigen ehrenamtliche NaturschutzbetreuerInnen des Nationalen Naturerbes. Als Resultat wurde z. B. in Peenemünde vereinbart, dass die zuständigen HistorikerInnen des HTM und die Naturschutzakteure gemeinsame Exkursionen in das Gebiet unternehmen würden, um sich weiter auszutauschen.
Historisch-Politische Bildung wurde von den AkteurInnen der Workshops oft als Möglichkeit gesehen, ihre Inhalte mit der Umweltbildung zu koppeln und sie damit zu einem Instrument der BesucherInnenführung zu nutzen. Diese Verbindung wäre insbesondere bei der Ausbildung von zertifizierten Landschafsbegleitern auch pragmatisch möglich und es bestand großes Interesse daran.
Der entstandene Leitfaden mit dem Titel: “Leipziger Leitfaden: Geschichte von Flächen des Nationalen Naturerbes erfolgreich erforschen, Erinnerung und Verantwortung über-zeugend wahrnehmen.“ Ist so aufgebaut, dass er zunächst eine Klärung erleichtert, ob überhaupt historisch politische Bildung auf der Fläche nötig ist. Sodann werden Hilfestellungen gegeben, wie man die Geschichte der Flächen recherchiert unter besonderer Berücksichtigung von Quellen aus der Zeit des Nationalsozialismus und der DDR. Es folgen in einem weiteren Teil Kommunikationshilfen, um Missverständnisse beim Sprechen über die Flächen zu vermeiden, und weitere Hilfestellungen zum historischen Arbeiten wie eine beispielhafte Quellenanalyse. Der Leitfaden ist sprachlich leicht zu rezipieren, ist selbsterklärend, handlich und spricht vom Layout an.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Auf das Erscheinen des Leitfadens wurden alle TeilnehmerInnen des Projekts (Beirat, Teilnehmende der Workshops) hingewiesen. Er wurde kostenfrei zugesandt. Außerdem wurde er als pdf auf der Homepage zum freien Download zur Verfügung gestellt. Da die AutorInnen gut in der Szene der UmweltbildnerInnen vernetzt sind, wird angestrebt, das Projekt im BANU und im Naturerbe-Rat vorzustellen.
Des Weiteren fügt er sich in bereits bestehende Initiative ein: Hier ist vor allem das Projekt Mensch.Natur.Gesellschaft (https://mensch-natur-gesellschaft.de/), das sich bundesweit mit Flächen beschäftigt, in denen der Leitfaden eingesetzt und weiter erprobt werden kann, zu nennen. PD Dr. Nils M. Franke ist hier als wissenschaftlicher Berater direkt integriert.
Das Projekt „Neues denken am Westwall“ ist ebenfalls eine Initiative, die geeignet ist und in dem die AutorInnen aktiv sind. (https://umdenken.rlp.de/de/themen/naturschutz-gegen-rechtsextremismus/bildungsarbeit-am-ehemaligen-westwall/jugendcamp-naturschutz-gegen-rechtsextremismus/).
Damit bestehen umfangreiche Kontakte in die UmweltbildnerInnen-Szene, die zur Verbreitung genutzt werden.


Fazit

Als Fazit ist festzuhalten, dass dieses Projekt inhaltlich, organisatorisch und in seinem Endprodukt umfangreiche Anforderungen an die BearbeiterInnen und alle Beteiligten stellte. Die Koppelung von NaturschutzakteurInnen und historisch-politischen BildnerInnen ist nicht nur ein innovativer, sondern ein sehr fruchtbarer Ansatz.

Übersicht

Fördersumme

123.588,00 €

Förderzeitraum

01.06.2021 - 31.08.2023

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation