Kommunal, artenreich und gut gepflegt: Berufliche Aus- und Weiterbildung zur Förderung von Biodiversität am Beispiel von zwei Modellparks in Berlin
Projektdurchführung
Humboldt-Universität zu Berlin
FG Management agrarischer Wertschöpfungsketten
Lebenswissenschaftliche Fakultät
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Zielsetzung
Weltweit sieht die Situation erschreckend aus: Biodiversität nimmt massiv ab, die ökologischen Belastungsgrenzen (Planetary Boundaries) sind fast erreicht bzw. die Kipppunkte hinsichtlich des Artensterbens teilweise bereits überschritten. „Biodiverse“ Grünflächenpflege scheitert oft schon früh, indem Flächen so geplant werden, dass sie mit den vorhandenen Ressourcen nicht planungsangemessen gepflegt werden können. Ein „biodiverses“ Pflegekonzept für Grünflächen verlangt, dass Pflegende und Planende für Biodiversität sensibilisiert, motiviert und befähigt sind, diese in ihrem beruflichen Umfeld wahrzunehmen, aktiv zu gestalten und zu befördern.
Das Modellprojekt, mit u. a. zwei Berliner Modellparks, einer Berufsschule, Fachverbändne und kommunalen Ansprechpartner*innen als Praxispartner*innen, zielt auf Professionalisierung zur nachhaltigen Entwicklung städtischer Grünflächen („artenreich und gut gepflegt“) im Dialog der Akteure. Ziel war Professionalisierung auf mehreren Ebenen:
1. Berufliche Aus- und Weiterbildung:
Im Zentrum stand die Entwicklung von mindestens vier Modulen der beruflichen Aus- und Weiterbildung für Landschaftsgärtner*innen und Planer*innen. Das gesamte Bildungsprogramm wird im Internet (HU Berlin Webseiten) Open Access zugänglich gemacht.
2. Modellflächen in Berlin:
Mindestens zwei Modellparks in Berlin sollten im Zuge der Bildungsmaßnahmen modellhaft entwickelt werden, hin zu funktionalen städtischen Grünflächen, deren bestehender Artenreichtum mit den vorhandenen Ressourcen der kommunalen Grünflächenpflege dauerhaft erhalten bzw. deren potenzieller Artenreichtum gefördert wird. Die Planung hierfür sollte im Rahmen der Bildungsmaßnahmen entstehen.
3. Erfahrungsaustausch/„Runder Tisch“:
Die dritte Säule des Projektes ist der Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten und weiteren Expert*innen in einem mindestens halbjährlich tagenden Runden Tisch (je 20 Teilnehmende), der u.a. den Fortschritt der Bildungsmodule bewertet und gleichzeitig auch einen wichtigen Multiplikationseffekt bewirkt.
Arbeitsschritte
1. Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE):
a) zwei Module der beruflichen Aus- und Weiterbildung für Landschaftsgärtner*innen und Planer*innen;
b) ein Weiterbildungsmodul (überbetriebliche Bildung + Fachschule) für Meister*innen / Techniker*innen
c) eine Weiterbildung für Studierende der HU-Berlin und der Berliner Hochschule für Technik sowie für Planer*innen und (leitende) Pfle-ger*innen kommunaler Grünflächen. Die Entwicklung umfasst jeweils mindestens zwei Tests.
2. Modellflächen:
Im Zuge der Bildungsmaßnahmen sollten Pflegepläne für mindestens zwei Modell-Parkflächen entstehen (Bürgerpark Marzahn und Heinrich-Laehr-Park in Zehlendorf), die modellhaft implementiert und erprobt werden sollen. Ziel: naturverträglicher Erhalt öffentlicher Grünanlagen und Erhalt bzw. Mehrung der genetischen Vielfalt gebietsheimischer und stadttypischer Arten.
3. Erfahrungsaustausch/„Runder Tisch“:
Vorgesehen war ein Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten und weiteren Expert*innen in einem mindestens halbjährlich tagenden sog. „Runden Tisch“. Dort soll u. a. der Fortschritt der Bildungsmodule bewertet werden.
Evaluation sollte über eine Masterarbeit erfolgen; Dokumentation und Open-Access-Publikation des Bildungsprogramms mittels online-Handlungsleitfaden; Verbreitung über Transferworkshops und die Abschlusstagung.
Ergebnisse
* Theorie: Das Konzept der „Nahrungsnetze“ wurde für Bildungszwecke operationalisiert.
* Bericht zur Zielgruppenanalyse online
* Sieben Projekttreffen in Präsenz bzw. online per zoom, alle Projektpartner anwesend
* Acht Runde Tische
* Es wurden fünf Bildungsmodule im Sinne einer beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung getestet; drei Fortbildungen für Multiplikator*innen
* Konzepte zur pflege- / biodiversitätsorientieren Entwicklung von fünf Teilflächen
* Vernetzung mit anderen Akteuren und Projekten zur Biodiversität in Grünflächen
* Dokumentation auf den Projektwebseiten
Im Rahmen der Planung von Flächen (Biodiversitätsseminar Fachschüler*innen, Studienprojekte) entstanden Beispiele für pflegeorientierte Planungen in Parks (Bürgerpark Marzahn und Heinrich-Laehr-Par Zehlendorf), die Anregungen zur Vorgehensweise bei der biodiversitäts- und pflegeorientierten Grünflächenplanung geben können.
Fortbildungen von Lehrenden zu Beginn des Projektes und während der Ausbildungsmodule erwiesen sich als probates Mittel sowohl zur Vernetzung der Partner und einiger externen Multiplikator*innen als auch zur Verbindung der geplanten Module zu einem Gesamtansatz.
Insgesamt fanden zusammen mit der Abschlusstagung acht Veranstaltungen mit externen Teilnehmenden statt. Das Format der Runden Tische stieß auf konstante Resonanz bei Akteuren der „Berufsbildung Biodiversität" in Berlin.
Die Auswahl der Modellparks gestaltete sich sehr dynamisch. Für die Durchführung der Module und Integration in das Regelprogramm der Bildungsträger ist ein bedeutender Faktor die Erreichbarkeit. Daher wurden zwei weitere Parks ausgewählt, der Fischtalpark und der Heinrich-Laehr-Park, die beide in erreichbarer Nähe zur Schule liegen. Ungelöst ist die Dokumentation der Biodiversität auf den Flächen im Rahmen der Bildungsmodule: die Veränderung bei den Modellparks führte u. a. dazu, dass kein kontinuierliches Monitoring stattfinden konnte.
Öffentlichkeitsarbeit
* Insgesamt acht Runde Tische mit mehr als 100 Teilnehmenden
* Abschlusstagung (70TN) am 3. Juni 2024.
* Erfahrungsaustausch mit Partnern des Projektes „Lokal produzieren, verarbeiten und verbrauchen - urbane Gartenfarm in Brünn“ (2015 – 2027, Az. 32040) im April 2024.
* Webseite: www.agrarberatung.hu-berlin.de/forschung/kommunal-artenreich-und-gut-gepflegt
* Aenis, Thomas, Raffael Krepel, Justus Böttcher, Yannik Hornbostel, Katharina Sebald, David Telman, Katja Voss (2024): Konzept und Entwicklung von Nahrungsnetzen: Biodiverses Pflegekonzept für Grünflächen. Neue Landschaft 04/2024. Online: https://neuelandschaft.de/artikel/biodiverses-pflegekonzept-fuer-gruenflaechen-12263
* Zifaro, Federico (2022): Grünflächenplanung im Kontext Klimawandel: Maßnahmen zur Anpassung städ-tischer Grünflächen an den Klimawandel am Beispiel des Bürgerparks Marzahns. BSc-Arbeit, Berliner Hochschule für Technik (unveröffentlicht).
Fazit
Die Ziele zur beruflichen Bildung und zur fachlichen Vernetzung konnten weitgehend erreicht werden. Pflegeorientierte Planungen für biodiverse Teilflächen in Parks entstanden im Rahmen der Studienprojekte und der Fortbildung in der Fachschule. Ungelöst ist das Biodiversitätsmonitoring in den Parks. Hier besteht weitergehender Entwicklungsbedarf.