Projekt 35777/01

Umweltschonendere Spinnprozesse und reduzierter Energieeintrag durch GHz-Plasma in der Carbonfaserherstellung

Projektträger

Fachhochschule Aachen Institut für Mikrowellen- und Plasmatechnik
Eupener Str. 70
52066 Aachen
Telefon: 0241600952108

Zielsetzung

Ziel des Vorhabens war es, den Herstellungsschritt der Stabilisierung und des Spinnprozesses bei der Herstellung von Carbonfasern umweltverträglicher zu gestalten. Hierzu wurde die GHz-Plasmatechnik verwendet, um eine Stabilisierung durchzuführen. Sie zeichnet sich durch einen effizienten sehr Energieeintrag aus, da ein GHz-Plasma kalt ist und die Rekombination auf der Oberfläche die höchste Wärme erzeugt. Des Weiteren sollte ein lösungsmittelarmer Spinnprozess untersucht, um die Rohfaser aus einer Lösung zu gewinnen.

Arbeitsschritte

GHz-Stabilisierungsanlage: Für die Entwicklung der neuen E01-Plasmaquelle wurde zuerst eine ausführliche Untersuchung und Optimierung unter Einsatz der Feldsimulation durchgeführt. Es konnte schon hier abgeschätzt werden, dass die elektrische Feldstärke zum Generieren (Zünden) des Plasmas zu gering ist. Durch den Einsatz von Argon als Prozessgas für den Zündprozess und einem Piezoelement konnten diese Probleme während des mechanischen Aufbaus der Plasmaquelle zeitnah behoben werden. Aus dieser Untersuchung leiteten sich die Zeichnungen für die Fertigung einer ersten Anlage für die Stabilisierung ab, die hauptsächlich aus Aluminium gefertigt wurde. Erste Versuche mit dieser Anlage zeigten jedoch schnell, dass die Rohfaser aus Polyacrylnitril (PAN) aufgrund der zu hohen Energieeinwirkung durch das Plasma selbst aufschmilzt. Dabei wird die Faser koaxial durch das Plasma transportiert, um eine möglichst effektive Energieankopplung zwischen Plasma und Faser zu erreichen und die Mikrowellenleistung für die Plasmageneration so weit wie möglich abgesenkt. Ein Aufschmelzen ist jedoch nicht akzeptabel. Die Farbe der Faser (bis zu 2.000 Einzelfilamente) muss sich über der Zeit von einem anfänglichen Weiß über Braun bis hin zu einem Tiefschwarz verfärben und die Faser darf dabei ihre Struktur oder Einzelfilamente nicht verlieren. Bei einem zu schnellen Erwärmen der Faser setzten interne chemische Prozesse (z.B. Oxidation) in der Faser selbst zu schnell ein und zerstören damit die Faser.
Dabei musste die E01-Plasmaquelle mit einer Leistung größer 1 kW betrieben werden, um das Plasma aufrecht zu erhalten. Es wurde eine weitere Plasmaquelle (SF-Jet) für diese Applikation optimiert und untersucht, die bei einer weitaus geringeren Leistung von rund 100 W unter normaler Atmosphäre arbeitet. Auch hier wurde wieder ein koaxialer Transport der Faser durch das Plasma möglich und auch eine effiziente Energieeinkopplung vorgesehen. Auch dieser Energieeintrag war zu hoch.
Durch eine Nachoptimierung konnten eine weitere Versuchsreihe bei einer geringen Leistung von rund 10 W und einer Atmosphäre von 15 mbar durchgeführt werden, die eine nochmals deutlich geringere Leistung pro Volumen bereitstellt.
Die behandelten Fasern wurden unter dem Mikroskop und durch Spektroskopie untersucht, um die Absorption von Molekülbanden zu ermitteln. Dadurch kann ein Einsetzen der gewünschten Stabilisierung quantifiziert werden.

Lösungsmittelarmer Spinnprozess: Es wurden unterschiedliche Polyacrylnitril-Vorstufen mit steigendem Anteil an intrinsischem Weichmacher synthetisiert und ihre Eignung zur Verarbeitung in einem Schmelzspinnenverfahren untersucht. Eine Methode wurde entwickelt um die Eigenschaft des Weichmachers nach dem Schmelzspinnverfahren rückgängig zu machen und die Faser für die Stabilisierungsreaktion vorzubereiten. Ein erneutes Aufschmelzen sollte hier verhindert werden. Wir konnten die so entwickelten Polymere durch eine Mini-Schmelzspinnanlage verarbeiten und zeigen, dass die erhaltenen Fasern thermisch stabilisiert und karbonisiert werden können. Um neben Lösungsmittel und deren Rückgewinnung weiter Energie einzusparen und den Carbonfaserherstellungsprozess umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten, sollen die thermischen Umwandlungen durch Plasma-Jet-Prozesse ersetzt werden.

Ergebnisse

Die übergeordnete Zielsetzung, den Energieaufwand bei dem Prozessschritt der Stabilisierung von rund 30% zu senken und erfolgreich zu testen, wurde weit übertroffen, da um eine Größenordnung weniger Energie als die abgeschätzten 70% zur Stabilisierung ausreichen. Zum Ende der Projektlaufzeit konnten mit einem GHz-Plasma im Niederdruckbereich eine Stabilisierung erkannt werden. Hierzu wurden konventionell gesponnene 2k aus Polyacrylnitril (2.000 Einzelfilamente) genutzt. Ein ungewünschtes Aufschmelzen war hier bei einzelnen Filamenten zu erkennen und die Stabilisierung war nicht über den kompletten Querschnitt der Faser konstant. Aufgrund der Marktveränderung durch die Corona-Pandemie, musste ein wichtiger Projektpartner die Insolvenz anmelden und es konnte somit auf weitere Versuchsmaterialien und Auswertungsmöglichkeit nicht zugegriffen werden.

Die lösungsmittelfreie Spinnlösung konnte durch den Einsatz von intrinsischen Weichmachern hergestellt und durch unterschiedliche Co-Monomere optimiert werden. Die Möglichkeit aus dieser Lösung einen Faden zu spinnen, konnte mit einer einfachen Spinneinheit gezeigt werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Aufgrund des frühen Entwicklungsstatus in diesem Projekt ist noch keine Öffentlichkeitsarbeitsarbeit durchgeführt worden.

Die jüngsten Veröffentlichungen der Projektpartner zu Vorarbeiten dieses durchgeführten Projektes sind:

Hoffmann, A., Uhl, M., Ceblin, M., Rohrbach, F., Bansmann, M., Mallah, M., Heuermann, H., Jacob, T., Kuehne, A.J.C.,
Atmospheric Pressure Plasma-Jet Treatment of PAN-Nonwovens—Carbonization of Nanofiber Electrodes,
Journal of Carbon Research, DOI: 10.3390/c8030033, June 2022,
https://doi.org/10.3390/c8030033

Hoffmann, A., Rohrbach, F., Uhl, M., Ceblin, M., Bauer, Th., Ceblin, M., Mallah, M., Jacob, T., Heuermann, H., Kuehne, A.J.C.,
Atmospheric Pressure Plasma-Jet Treatment of Polyacrylonitrile-Nonwovens—Stabilization and Roll-to-Roll Processing, DOI: 10.1002/app.52887, July 2022,
https://doi.org/10.1002/app.52887

FH Aachen / Institut für Mikrowellen- und PlasmatechnikUniversität Ulm, Institut für Organische Chemie III

Fazit

GHz-Stabilisierungsanlage: Die ursprünglich geplanten Methoden konnten anfangs nicht erfolgreich durchgeführt werden, da die Leistung zu hoch war. Jedoch war diese Erkenntnis rechtzeitig vorhanden und es konnte auf weitaus leistungsärmere Plasmaquellen für diese Anwendung optimiert werden.
Die gesetzten Ziele konnten noch nicht im vollen Umfang eingehalten werden, da die Stabilisierung nicht im vermuteten Rahmen einsetzte und abschließend aus Zeitmangel kein ausreichend optimierter Demonstrator zur Verfügung steht. Eine Weiterverfolgung der Thematik ist wichtig, da Carbonfasern Materialen der Zukunft sind, wenn der Energieaufwand während der kompletten Herstellungskette drastisch gesenkt wird. Sehr positiv ist, der der Energiesparanteil, der in der Antragserstellung mit 30% abgeschätzt wird um Größenordnungen größer ein wird. Statt der geplanten 2kW-Anlage wird es eher auf eine 20W-Anlage auslaufen.

Lösungsmittelarmer Spinnprozess: Mit den durchgeführten Arbeiten wurde ein Meilenstein erfüllt und zukünftig werden sich schmelzspinnbare Carbonfaser-Precursoren ganz ohne Lösungsmittel im Spinnverfahren herstellen lassen. Dieser neue Ansatz hat das Potential, die Carbonfaser-Herstellung zu revolutionieren. Zukünftig muss jedoch noch getestet werden, wie die mechanischen Eigenschaften der schmelzversponnenen Fasern nach der Carbonisierung sind und ob sie beispielsweise durch Verstrecken noch verbessert werden können.

Übersicht

Fördersumme

454.345,00 €

Förderzeitraum

01.08.2020 - 01.08.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik