Projekt 35776/01

Mieterstrom für kleine Einheiten ermöglichen

Projektträger

Sterr-Kölln & Partner mbB
Emmy-Noether-Str. 2
79110 Freiburg
Telefon: 49 7 61 49 0 54 18

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Unter dem Firmennamen Vor Ort Energie GmbH (VOE) wurde am 29.03.2019 durch Steffen Kühner, Sterr-Kölln & Partner sowie regiocap ein Spinn-off gegründet. Die Mission der VOE ist die Mitgestaltung der Energiewende im Mietshaus, indem Akteure in der Energie-, Bau- und Wohnungswirtschaft befähigt werden, als Mieterstromanbieter aufzutreten.
Ziel des Projektes mit dem Titel „Mieterstrom für kleine Einheiten ermöglichen“ ist die Weiterentwicklung, Standardisierung und Automatisierung des Leistungsangebots der VOE. Die Weiterentwicklung, Standardisierung und Automatisierung des Leistungsangebots ermöglicht die Erschließung von Marktsegmenten, die bisher nicht oder nur teilweise erschlossen werden konnten.
Bisher hat die VOE, wie auch die Konkurrenz, schwerpunktmäßig individuelle Lösungen angeboten. Die VOE hatte sich bislang auf das Thema White-Label-Lösungen fokussiert. Dabei ging es vor allem darum, Akteure zu befähigen, die mehrere beziehungsweise große Projekte umsetzen.
Im Rahmen des Projekts „Mieterstrom für kleine Einheiten ermöglichen“ soll eine hoch standardisierte und automatisierte Lösung geschaffen werden, die es jedem Akteur in der Bau- und Energiewirtschaft, egal ob mit großen oder kleinen Projekten, ermöglicht, als Mieterstromanbieter aktiv zu werden.
Ziel des Projektes ist die Schaffung von Marktakzeptanz in den noch nicht oder nur teilweise erschlossenen Marktsegmenten. Dabei wollen wir

- Wirtschaftlichkeit ermöglichen,
- die Integrationsfähigkeit erhöhen,
- Modularität gewährleisten und
- Verbraucherakzeptanz und einen Bewusstseinswandel fördern.

Die Wirtschaftlichkeit entsteht durch Standardisierung und Automatisierung sowie durch das Vermeiden von Transaktionskosten. Ziel des Projektes ist es zu beweisen, dass auch kleine Projekte wirtschaftlich betrieben und projektiert werden können.
Um Integrationsfähigkeit zu gewährleisten, muss die notwendige Integrationstiefe in die bestehenden Systeme der Kunden geringgehalten werden. Dies ermöglicht eine niederschwellige Implementierung einer Mieterstromlösung in das Leistungsportfolio. Modularität ist notwendig, um verschiedene Modelle zu ermöglichen und dennoch den Standardisierungsgrad hochzuhalten. Verbraucherakzeptanz entsteht durch ein verbraucherfreundliches Endkundenportal und ein kostengünstiges Angebot. Ein Bewusstseinswandel lässt sich durch ein gut gestaltetes Endkundenportal zumindest verstärken.
Die VOE und insbesondere das Projekt „Mieterstrom für kleine Einheiten ermöglichen“ leisten durch die Schaffung von Marktakzeptanz einen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen. Das Projekt hat das Potential, die Erschließung eines Marktes anzustoßen, dessen Volumen zu einer Gesamtersparnis von mehr als 138 Mio. tCO2äq führen kann.




Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt war in 5 Arbeitspakete aufgeteilt. Im Rahmen der Konzeptionsphase sollten die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung geschaffen werden. Anschließend wurde das Resultat am Markt im Rahmen der Begleitung von Pilotprojekten getestet. Zum Abschluss wurden die Ergebnisse geprüft und kommuniziert. Folgende Arbeitspakete waren definiert:

1. Konzeption
2. Weiterentwicklung der Plattform
3. Weiterentwicklungen Tool zur Wirtschaftlichkeitsberechnung
4. Begleitung von Pilotprojekten
5. Projektabschluss.

Das Vorhaben wurde mit Hilfe eines Business Development Prozesses entwickelt und umgesetzt.

Für die Plattformentwicklung wurde laufend mit Kunden und potenziellen Kunden Gespräche geführt, damit ihre Ideen und Wünsche in den Prozess miteinfließen konnten. Daraufhin wurde ein Prototyp mit ersten Funktionen entwickelt, den das Entwicklerteam wiederum potenziellen Kunden zeigte. So konnte das Feedback gleich wieder in die Weiterentwicklung der Software einfließen. Für jede neue Funktion wurde ein User Testing angesetzt, woraufhin deren Bewertungen innerhalb des Entwicklerteams ausgewertet und in den Entwicklungsprozess zurückgeführt wurde. Die Software wurde so lange weiterentwickelt, bis keine „Schleifen“ mehr nötig und die Test-User zufrieden mit den Ergebnissen waren.

Laufend wurde zusätzlich auf Basis von Kundenfeedback das Leistungsangebot weiterentwickelt. Es wurden Kostensenkungspotenziale identifiziert, realisiert und an die Kunden weitergereicht.




Ergebnisse und Diskussion

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir im Sinne einer gelingenden Skalierung schon in der PRE-SALE-Phase, speziell beim Vertriebsweg, eine hohe Standardisierung zu schaffen, z. B. über Vertriebspartnerschaften mit den relevanten Wohnbaugesellschaften. Damit kann eine stabile Projektpipeline aufgebaut werden, die (im Regelfall) nach den immer gleichen Prozessen und Abläufen umgesetzt werden kann. Erfahrungsgemäß gelingt dies immer dann, wenn diese Vertriebspartnerschaft zum beiderseitigen Nutzen ausgestaltet ist. Dies kann z. B. über eine Pacht je installierte kWp für die Dachfläche der Immobilieneigentümer erreicht werden.

Neben der einer hohen Standardisierung bedarf es auch einer möglichst durchgängigen Digitalisierung. Diese beginnt idealerweise schon bei der Bewerbung und bei Abschluss des Stromproduktes und endet erst mit der möglichst automatisierten Abrechnung des Kunden. Dies umfasst den wesentlichen Prozess der Zähl- und Messtechnik und des hierfür verwendeten Konzeptes. Ziel sollte daher eine fernauslesbare Lösung sein, bei der die Zählerdaten sowohl für eine Visualisierung des Verbrauchs der Kunden als auch zur Erstellung der Abrechnungen zur Verfügung steht – und die dabei auch wirtschaftlich ist.

Die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Projektes ist immer das Entscheidungskriterium für eine mögliche Umsetzung. Daher muss diese verlässlich nach den immer gleichen Maßstäben ermittelt werden – und das möglichst einfach und schnell. Ansonsten entsteht schon bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Projekten der erste „Bottleneck“ und verhindert das notwendige Skalieren der Mieterstromlösung.

Schließlich würden wir mit den Erkenntnissen aus diesem Projekt die Nachfrager „kleiner Einheiten“ beim Mieterstrom in zwei Kategorien einordnen:
Auf der einen Seite sind das die Vertreter von kleinen Einheiten mit Mieterstrom(vor)kenntnis, die das Thema wie ein Produkt verstehen und denen es vor allem darum geht, eine wirtschaftliche Möglichkeit zu finden, Mieterstrom als Eigenverbrauchslösung umzusetzen. Bei dieser Gruppe sehen wir - mit hinreichenden Informationen versehen - das Potenzial, Mieterstrom wirtschaftlich umzusetzen.
Auf der anderen Seite sind das kleine Einheiten, wie z. B. WEGs mit hoher ideologischer und ökologischer Motivation und nicht selten dem Wunsch nach hoch-individuellen Lösungen. Ein konkretes Beispiel einer Anfrage: eine kleine WEG mit 4 Wohneinheiten mit einer alten PV-Anlage auf dem Dach, die aber nicht abgebaut werden soll, sondern mit der neu zu errichtenden PV-Anlage mit 4 kWp kombiniert werden soll, am besten mit gebrauchten Modulen, unter Einbindung der Wärmepumpe als EEG-umlagebefreitem Verbraucher. In diesen Fällen wäre ein sehr hoher individueller Beratungsbedarf notwendig, den der Mieterstromanbieter aufgrund der geringen Margen nicht wird leisten können, wenn er wirtschaftlich erfolgreich sein will. Diese Projekte werden also leider – trotz ihres Potenzials als Leuchtturmprojekt und der im Erfolgsfall sehr überzeugenden Kommunikationsmöglichkeiten - nicht oder selten realisiert werden.
Dies ist insofern besonders schade, als diese Projekte durchaus wirtschaftlich realisierbar wären, wenn die Initiatoren sich mit einer „normalen“ Lösung zufriedengeben würden und damit lieber den „Spatz in der Hand“ als die Taube auf dem Dach hätten.
Kleine Mehrfamilienhäuser mit bis zu 7 Wohneinheiten können nämlich je nach gewähltem Modell besonders interessant für Mieterstrom sein, da sie geringere technische Hürden zur Realisierung einer Kundenanlage aufweisen: der technische Aufbau einer Kundenanlage ist ohne eine Wandlermessung zu bewerkstelligen, wenn keine anmeldepflichtigen Stromverbraucher (z.B. Ladestationen, Wärmepumpen) vorhanden sind. Einige Netzbetreiber bieten bei Verbräuchen > 63 A beziehungsweise bei einer Dauerlast > 30 kW sogenannte Kleinwandlermessungen an, welche die Kosten der Errichtung der Kundenanlage geringhalten.
Um Mieterstrom in kleinen Einheiten wirtschaftlich umsetzen zu können, bedarf es also einer gewissen Kombination: pragmatische Initiatoren, die Mieterstrom als Produkt verstehen, eine Projektgröße von bis zu 7 Wohneinheiten oder wieder ab 15 Wohneinheiten sowie standardisierte und effiziente Prozesse und Abläufe bei Errichtung und Abrechnung. In der Projektgröße dazwischen (also 8 - 14 Wohneinheiten) sind sprungfixe Kosten für die Wandlermessung zu berücksichtigen, die die Wirtschaftlich entsprechend beeinträchtigen.




Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Mieterstrombroschüre, Vorträge und Webinare




Fazit

Im Gegensatz zum Beginn des Projektes „Mieterstrom für kleine Einheiten ermöglichen“ ist das Thema nicht mehr nur eine Frage der individuellen Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Projektes, sondern nunmehr auch eine Frage der Lieferketten, internationaler Energieentscheidungen und des politischen Willens. Der politische Wille zur regenerativen und dezentralen Energieerzeugung (und des netzdienlichen Verbrauchs) ist stärker denn je und flankiert die individuelle Nachfrage in dieser Zeit der Unsicherheit in Bezug auf die Energiezukunft. Der gegenläufige Effekt der aktuell schlechteren Verfügbarkeiten ist voraussichtlich eher temporär.
Grundsätzlich halten wir es weiterhin für erforderlich, die Bekanntheit und die Wirkungsweise von Mieterstrom im Markt zu fördern und zu erhöhen mit dem Ziel, dass Mieterstrom als Commodity wahrgenommen werden und als solche sehr standardisiert angeboten werden kann. Gleichwohl haben wir während des Projektes wahr-genommen, dass eine Bewusstseinsbildung im Markt in Teilen schon erfolgt ist und der Bekanntheitsgrad von Mieterstromlösungen und das Wissen darüber schon höher ist als zu Beginn – vor allem in den relativ gut informierten Kreisen, die sich tatsächlich für Mieterstromlösungen interessieren.
Im untersuchten Zeitraum haben wir diese Konstellation zumeist nur in einer Sonderform vorgefunden: Unternehmen der Wohnungswirtschaft mit einer größeren Anzahl von (u. a.) kleinen Einheiten. Nachdem einmal die Informationen vorhanden sind, kann ein Projekt nach dem anderen im immer gleichen Modus umgesetzt werden.
Um also die „echten“ kleinen Einheiten (die WEGs, die privaten Vermieter oder kleine Genossenschaften) zum Mieterstrom zu befähigen, bedarf einer noch viel höheren Informationsdurchdringung verbunden mit einer realistischen Erwartung der Interessenten, was sie im Rahmen einer marktüblichen Umsetzung der Projekte erwarten dürfen. Das würde helfen, das Potenzial des Mieterstrommarktes schneller zu erschließen.

Übersicht

Fördersumme

95.385,00 €

Förderzeitraum

10.08.2020 - 10.02.2022

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik