Projekt 35687/01

KLIMA.PROFIT NATIONAL: Entwicklung eines standardisierten Beratungsprozesses zur Planung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen auf Unternehmens- und Gewerbegebietsebene

Projektträger

EPC gGmbH
Potsdamer Platz 1
10785 Berlin
Telefon: +493038107876

Zielsetzung

Gewerbliche und industrielle Flächen machen einen hohen Anteil der Siedlungsflächen in Deutschland aus. Der hohe Versiegelungsgrad in Gewerbegebieten verstärkt ebenso wie die großflächigen Dachareale die Gefahr der Überhitzung und damit die Bildung von städtischen Hitzeinseln. Gleichzeitig wächst die Gefahr von Hochwasser und spontanen Überflutungen, etwa durch Starkregenereignisse, einhergehend mit einer möglichen Ausbreitung von Schadstoffen in Böden und Grundwasser. Somit kommt den gewerblich genutzten Flächen nicht nur städtebaulich, sondern auch stadtklimatisch eine große Bedeutung zu. Viele Gewerbeflächen und Gewerbegebiete sind zudem aufgrund ihrer historischen Entwicklung (z.B. monostrukturell) und ihrer baulichen Strukturen (z.B. großflächige Gebäude und Räume mit geringer Nachnutzbarkeit, hoher Anteil an Lager-/Stellflächen) als Unternehmensstandorte nicht mehr attraktiv und weisen infrastrukturell sowie städtebaulich einen erhöhten Sanierungsbedarf auf. Die Anforderungen an moderne und zukunftsfähige Gewerbestandorte wachsen: sie müssen gut erreichbar sein (Lieferverkehr und ÖPNV/Fahrrad) und auch die Aufenthaltsqualität (Grünflächen) und die Versorgungsinfrastruktur (öffentliche Kantinen, Lebensmitteleinzelhandel) spielt eine zunehmend wichtigere Rolle. Der Umbau bzw. die Weiterentwicklung von Bestandsgewerbegebieten bietet somit ein Möglichkeitsfenster, Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu planen, mittel- bis langfristig umzusetzen und so einen substantiellen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel im urbanen Raum zu leisten.
Die Bereitschaft von Unternehmen zur Umsetzung solcher Maßnahmen hängt jedoch vor allem von der eigenen Betroffenheit, dem Wissen um das Thema und den möglichen planerisch-baulichen Lösungen sowie insbesondere von der Wirtschaftlichkeit ab. In diesem Zusammenhang fehlt es derzeit an einem strukturierten und transparenten Begleit- und Beratungsprozess für Unternehmen, bei dem das Wissen um Planung und Technik, Fördermöglichkeiten und Umsetzungsoptionen gebündelt aus einer Hand angeboten wird. Darüber hinaus mangelt es an Möglichkeiten zum Austausch von Erfahrungen in der Planung und Umsetzung, an denen sich Unternehmen, gewerbliche Netzwerke, kommunale Vertreter:innen und Fachexpert:innen beteiligen können. An dieser Lücke setzte das Projekt KLIMA.PROFIT NATIONAL an, mit dem Ziel die Handlungsbereitschaft von Unternehmen ebenso wie die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen durch einen möglichst standardisierten und zentral moderierten Beratungsprozess zu erhöhen und damit die Klimawandelresilienz von Bestandsgewerbegebieten zu stärken.

Im Projekt KLIMA.PROFIT NATIONAL wurde - anlehnend an den Ökoprofit-Prozess – ein standardisierter Beratungsprozess für Unternehmen und Gewerbegebiete entwickelt, der die partizipative und integrierte Planung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen und den Weg zur Umsetzung fördert. Maßgeblich geschieht dies auf Unternehmensebene, aber auch im Verbund von Unternehmen innerhalb einzelner Gewerbegebiete sowie in Zusammenarbeit mit den Kommunen. Übergeordnetes Ziel dieses Vorhabens war es, die Voraussetzungen und das Konzept für den Beratungsprozess auszuarbeiten und den späteren Transfer sowie die mögliche Lizensierung des Prozesses vorzubereiten. Bestandteil des standardisierten Beratungsprozesses ist es auch, Unternehmen „KLIMA.PROFIT NATIONAL“ auszuzeichnen.

Arbeitsschritte

Im Rahmen des Vorhabens wurde ein Beratungsprozess erarbeitet, der
a) die strukturierte Durchführung eines moderierten Beratungsprozesses und
b) die Vernetzung von Unternehmen auf Gewerbegebietsebene als Teil des Beratungsprozesses vorsieht.

Die durchgeführten Arbeitsschritte sind im Vorhabenverlauf (Abbildung) dargestellt: Aufbauend auf der Analyse verschiedener Forschungsvorhaben und der Auswertung bestehender Erfahrungen und Ergebnisse aus Projekten zur Klimawandelanpassung von Unternehmen und in Gewerbegebieten wurde ein Konzept für den Beratungsprozess entwickelt. Parallel wurde der Beratungsprozess im ausgewählten Pilotgebiet unter Beteiligung aller relevanten Akteure erprobt. Auf Basis der Arbeitsergebnisse wurden Ablauf, Struktur und Inhalte des Beratungsprozesses kontinuierlich weiterentwickelt und abschließend als standardisiertes Programm beschrieben. Zum Abschluss erfolgte die Erarbeitung von Kriterien und die Festlegung des Handlungsrahmens für die Zertifizierung. Das entwickelte Programm bildet die Grundlage für den Transfer auf andere Gewerbestandorte und eine mögliche zukünftige bundesweite Verbreitung.

Ergebnisse

Ergebnisse
Zentrale Ergebnisse dieses Fördervorhabens sind: Die Erarbeitung eines Beratungsprozesses (1), der Unternehmen strukturiert zur Klimaanpassung führt. Damit wird ein Programm vorgelegt, das unter Berücksichtigung der für den Beratungsprozess technischen, rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen die Möglichkeiten einer Standardisierung aufzeigt. Weiterhin wurde der Beratungsprozess testweise umgesetzt (2) und der Handlungsrahmen und die Kriterien für die spätere Zertifizierung der Unternehmen entwickelt (3). Für letzteres wurden die entsprechenden Prüfkriterien in Form eines Prüfkatalogs erarbeitet, der die Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen definiert und anhand dessen die Auszeichnung von KLIMA.PROFIT NATIONAL Unternehmen durchgeführt werden kann.

(1) Entwicklung des Beratungsprozesses KLIMA.PROFIT NATIONAL

Der KLIMA.PROFIT NATIONAL Beratungsprozess orientiert sich in seiner Grobstruktur an dem erfolgreichen und bereits seit langem etablierten Ökoprofit-Prozess und ist in fünf Prozessbausteine (PB) unterteilt, welche in der Abbildung Prozessbausteine dargestellt sind. Der Prozess wurde kontinuierlich anhand der Erprobungsergebnisse in Hannover angepasst. Beispielsweise wurde der Fokus im Laufe des Projektes stärker auf die Beratung der Unternehmen gelegt.

(2) Testweise Umsetzung des Beratungsprozesses KLIMA.PROFIT NATIONAL

Als Modellgebiet für die pilothafte Erprobung und Durchführung eines standardisierten Beratungsprozesses wurde das Gewerbegebiet Lister Damm/ Am Listenholze in Hannover ausgewählt. Das Gebiet liegt zentrumsnah, mit angrenzender Wohnbebauung und öffentlicher Infrastruktur. Zudem verfügt das Gewerbegebiet über ein etabliertes Unternehmensnetzwerk. Auf kommunaler Seite wurde der Standort in den letzten Jahren über ein Klimaschutzmanagement und ein Klimaschutzteilkonzept weiterentwickelt. Diese Ausgangslage sowie die Mitwirkungsbereitschaft der Wirtschaftsförderung im Vorhaben boten gute Voraussetzung für die Erprobung des Beratungsprozesses.
In Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Hannover wurden ein Großteil der Veranstaltungen des KLIMA.PROFIT NATIONAL Beratungsprozesses sowie die Einzelberatungen durchgeführt.

(3) Festlegung des Handlungsrahmens und Entwicklung von Kriterien für die Zertifizierung

Als Handlungsrahmen wurde festgelegt, dass die Zertifizierung sowohl für ein Gewerbegebiet als auch gebietsunabhängig für Einzelunternehmen möglich sein soll. Das hat den Vorteil, dass Kommunen einerseits Unternehmen motivieren können, den eigenen Standort und das Gewerbegebiet im Verbund auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Auf der anderen Seite haben vom Klimawandel stark betroffene Unternehmen die Möglichkeit, auch ohne die Kommune Klimaanpassungsmaßnahmen anzugehen und eine Zertifizierung zu erlangen.
Am Ende der Beratung steht eine Roadmap zur Erreichung der für die Zertifizierung erforderlichen Kriterien. Sobald die Kriterien durch die Unternehmen erfüllt sind, kann die Zertifizierung erfolgen. Mit der in Aussicht gestellten Zertifizierung soll bei den Unternehmen und der Kommune auch nach der abgeschlossenen Beratung die Motivation zur Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen hochgehalten werden. Weiterhin soll bei Beratungsende ein vorläufiges Zertifikat ausgestellt werden, das die Teilnahme und das Ziel einer Zertifizierung nach außen darstellt.

Diskussion
Das Kernziel des Vorhabens KLIMA.PROFIT NATIONAL – die Entwicklung eines standardisierten Beratungsprozesses zur Planung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen auf Unternehmens- und Gewerbegebietsebene – wurde erreicht.
Die Ergebnisse des Vorhabens weichen lediglich insofern von den ursprünglichen Erwartungen ab, dass bei der testweisen Durchführung des Beratungsprozesses im Modellgebiet List in Hannover, der Umfang der teilnehmenden Unternehmen unter den Annahmen geblieben ist. Die geringe Beteiligung wurde auf die teilweise akute pandemische Lage zurückgeführt. Deshalb wurden im Projektverlauf die Veranstaltungsformate (digital, präsent, hybrid) angepasst. Eine stärkere Beteiligung konnte darüber allerdings nicht erreicht werden. Vor diesem Hintergrund war es im Projektverlauf nicht möglich eine nachhaltige Vernetzung zum Thema Klimaanpassung im Gebiet anzustoßen.
Die Kooperation mit der Wirtschaftsförderung war für die Projektbearbeitung insofern wertvoll, dass mit ihrer Unterstützung (kontinuierliche Rückkopplung zum Konzept und den durchgeführten Bausteinen) der Beratungsprozess praxisorientiert angepasst und anderer Fachressorts im Rahmen von Workshops eingebunden werden konnten.
Der Austausch zwischen Bund, Land und kommunaler Ebene in der Abschlussveranstaltung lieferte wichtige Hinweise für den Transfer und einen Roll-Out der KLIMA.PROFIT NATIONAL Beratung in andere Bundesländer und Kommunen. Außerdem wurde der Bedarf einer strukturierten Unternehmensberatung zur Klimaanpassung von landes- und kommunaler Ebene bestätigt.

Öffentlichkeitsarbeit

Der Beratungsprozess KLIMA.PROFIT NATIONAL wird hauptsächlich durch kommunale Akteure – wie Wirtschaftsförderungen - initiiert, weshalb diese in erster Linie über die Projektergebnisse informiert werden. Dazu sollen die Ergebnisse in Fachzeitschriften, wie den Difu-Berichten und KOMMUNAL veröffentlicht werden. Beide Fachzeitschriften haben kommunale Akteure als Hauptzielgruppe und sind deutschlandweit etabliert. So erreicht beispielsweise KOMMUNAL 300.000 Leser:innen in 11.005 deutschen Städten und Gemeinden (Quelle: KOMMUNAL Mediendaten, Stand 2021).
Die Arbeiten im Projekt KLIMA.PROFIT NATIONAL bilden eine sehr gute Grundlage für den Roll-Out des KLIMA.PROFIT NATIONAL Beratungsprozesses. Um den Roll-Out adäquat begleiten zu können wurde am 1. Juli 2022 ein Folgevorhaben durch EPC begonnen, in welchem dieser in Nordrhein-Westfalen eingeleitet wird. Dazu werden unter anderem Berater:innen aus Fachbüros ausgebildet, welche die erste Regelberatung KLIMA.PROFIT NATIONAL in Nordrhein-Westfalen durchführen und dabei eng durch EPC begleitet werden. Im Zuge dessen wird auch eine Kontaktstelle für die KLIMA.PROFIT NATIONAL Beratung geschaffen und dessen Internetpräsens aufgebaut. Hier werden neben den Angeboten der Beratung auch die Ergebnisse des Projektes KLIMA.PROFIT NATIONAL dargestellt.

Fazit

Das Projekt KLIMA.PROFIT NATIONAL – die Entwicklung eines standardisierten Beratungsprozesses zur Planung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen auf Unternehmens- und Gewerbegebietsebene wurde erfolgreich abgeschlossen. Das Vorgehen, den Beratungsprozess anhand einer praktischen Erprobung in einem Modellgebiet zu testen und weiterzuentwickeln, hat sich – trotz geringer Beteiligung – bewährt. Die allgemeine Zielsetzung des Projektes wurde dabei nicht verändert, lediglich der Fokus sowohl auf Unternehmen und Gewerbestandorte wurde zugunsten der unternehmerischen Klimaanpassung verschoben. Hintergrund dieser Änderung ist die Erkenntnis, dass die Hürden für eine Gebietszertifizierung zu hoch wären, denn dafür müsste eine ausreichende Menge an Maßnahmen umgesetzt werden. In die Zertifizierung der unternehmerischen Klimaanpassung hingegen kann niedrigschwellig eingestiegen werden und somit die Klimawandelresilienz von Bestandsgebieten sukzessive (durch Maßnahmen einzelner Unternehmen) und trotzdem erkennbar (durch die Zertifizierung von Unternehmen) verbessert werden.

Übersicht

Fördersumme

70.485,00 €

Förderzeitraum

09.06.2020 - 09.06.2022

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik