Projekt 35662/01

Materialextrusion von biobasierten Kunststoffgranulaten mit der multi-axialen additiven Fertigung zur ressourcenschonenden Produktion von Anwendungen aus der Automobilindustrie

Projektträger

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen Werkzeugmaschinenlabor (WZL) Lehrstuhl für Produktionssystematik Abteilung Fahrzeugproduktion
Campus-Boulevard 30
52074 Aachen
Telefon: +49 241 80 27404

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Einsatz von Additive Manufacturing (AM) bringt zahlreiche Vorteile mit sich, wie verkürzte Time-to-Market Zyklen, hohe Produktinnovation und Individualisierung. Es wird erwartet, dass diese Technologie zukünftig zu einer ökologischen nachhaltigeren Produktion beiträgt, um Verbesserungen durch Materialeinsparungen, Abfallvermeidung und neue Recyclingtechniken zu ermöglichen.
Ziel des Projektes war es daher…
a) …einen Granulatextruder zur Verarbeitung von biobasierten Kunststoffen zu entwickeln
b) …einen 5-Achsigen 3D-Drucker zur stützstrukturfreien Herstellung von Bauteilen zu entwickeln und aufzubauen
c) …Anwendungen aus dem automobilen Betriebsmittelbau additiv herzustellen

Das Extrusionskonzept wurde auf einem 5-Achs-Bearbeitungszentrum erarbeitet, um neben der Extrusion von Kunststoffgranulaten, eine Bahnplanungsstrategie zu entwerfen, die einen stützstrukturfreien Druck von Bauteilen anhand eines formelement-orientierten Fertigungsansatzes ermöglicht. Das Konsortium bestehend aus Anlagenentwickler, Systemhersteller und Forschungseinrichtung sah vor, einen Demonstrator der Anlage aufzubauen, um insbesondere das Extrusionskonzept und das Bahnpla-nungsmodell physisch zu untersuchen und in das Unternehmensportfolio der KMUs aufzunehmen. So wurde das Potential einer nachhaltigen Produktion im Umgang mit Kunststoffen am Beispiel des automobilen Betriebsmittelbaus dargestellt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAP1: Extrusionskonzept und Maschinenstruktur
Das Arbeitspaket 1 A war unterteilt in Vorarbeiten im Bereich der Anforderungsanalyse und die eigentliche Entwicklung des Extruders. Im Kontext des Projektes BioME wurden Anforderungen aus verschiedenen Perspektiven an das Extrusionskonzept gestellt. Diese betrafen die Eingangsmaterialien, den Prozess und den Anwendungsfall. Der zweite Schwerpunkt des ersten Arbeitspaketes lag in der Anlagenplanung und Maschinenkonzeption. Ausgehend von ausgewählten Betriebsmitteln wurden die Anlagenmodule dimensioniert und die notwendigen Bewegungsfreiheitsgrade ausgelegt.

AP2: Aufbau eines Demonstrators (3D-Drucker)
Das zweite Arbeitspaket beinhaltete den Aufbau eines Anlagendemonstrators. Im Gegensatz zu einem hohen Simulationsaufwand zur Analyse des Fließverhaltens von Kunststoffschmelze bei der Extrusion bestand das Alleinstellungsmerkmal dieses Projekts in einer physischen Validierung des Extrusionskonzepts in einer frühen Projektphase. Das Ergebnis des zweiten Arbeitspakets war der Aufbau einschließlich der Inbetriebnahme der Extrusionsanlage, sodass die Extrusion und die Bahnplanung physisch getestet werden können.

AP3: Bahnplanung zur Reduzierung von Stützstruktur
Zur Verbesserung der Ressourceneffizienz wurden im nächsten Arbeitspaket der Prozess zur Herstellung von supportfreien Betriebsmitteln mittels des Extruders zur Verarbeitung von Kunststoffgranulaten und hochvolumigen Extrusionsraten untersucht. Dazu wurde in einer Zusammenarbeit mit der Firma ModuleWorks eine sich in Entwicklung befindliche Bahnplanungssoftware auf die Anlage angepasst. Zudem wurde die Anlagentechnik auf Grundlage von Versuchsergebnissen weiter optimiert und die Leistungsfähigkeit das Systems überprüft.

AP4: Demonstration ressourceneffizienter 3D Druck für den Betriebsmittelbau
Abschließend erfolgten anhand der entwickelten Anforderungen Testdrucke der Betriebsmittel und anschließende Evaluierung der Druckqualität in Form von Testberichten. Dazu wurden verschiedene Polymere aus den Bereichen Referenz, Biobasiert und Rezykliert identifiziert und getestet. Abschließend wurden aus den Materialien gedruckte Bauteile hinsichtlich des Grads der Lebensdauer auf der Grundlage von Bauteildefekten bewertet.


Ergebnisse und Diskussion

Im Zuge des Forschungsprojekts ist eine Extrudereinheit modelliert und physisch aufgebaut worden. Drucktests gaben Aufschluss über das Plastifizierungs- und Austragsverhaltens. Zudem konnte die Extrudereinheit in eine selbst entwickelte multiaxiale Anlagentechnik erfolgreich integriert werden. Für die Extrusionsanlage wurde ebenfalls die Bettanhaftung von Druckbauteilen untersucht, da diese für den multiaxialen Druck von besonderer Wichtigkeit ist. Im Rahmen des dritten Arbeitspakets wurde die Anlagentechnik optimiert und eingefahren. Zudem erfolgte im Zuge dieses Arbeitspaketes die Auslegung der Bahnplanung. Im Zuge dessen wurde eine anwendungsfreundliche Bahnplanung als essenziell identifiziert, dem wurde mithilfe einer Mittelumwidmung zum Erhalt weiterer Kompetenzen des externen Partners ModuleWorks Rechnung getragen. Außerdem wurden Änderungen am Extruder vorgenommen, um diesen besser auf den Anwendungsfall abzustimmen. Im Zuge dessen wurde auch die Steuerung in die Anlagetechnik integriert. Die Hardware wurde im Rahmen des dritten Arbeitspakets ebenfalls optimiert, indem die Schneckengeometrie angepasst und das Dichtungskonzept verbessert wurde. Bei der Erstellung von Softwarelösungen zur Erstellung von Maschinencode, stellte die Abstimmung zwischen Software und Steuerung eine Herausforderung dar. Insgesamt haben die Arbeiten im dritten Arbeitspaket die Anlage befähigt, Bauteile herzustellen. Im Zuge des vierten Arbeitspakets wurden ausgewählte Bauteile und Betriebsmittel für die Fahrzeugproduktion demonstriert. Anhand einer Anforderungsanalyse wurden ein Dreifachverteiler, ein Grundkörper eines 3D-Shim-Knotens und ein Schraubendom für den Druck ausgewählt. Mit PLA, PE-Wood Compound und PETG Rezyklat wurden drei verschiedenen Granulate als Versuchsmaterialien ausgewählt. Die, aus den ausgewählten Materialien, gedruckten Bauteile wurden auf charakteristische Defekte und ihre Lebensdauer untersucht. Diese Ergebnisse machten einen direkten Vergleich der Lebensdauer und der Fertigbarkeit der Materialien möglich. Beispielsweise konnte festgestellt werden, dass eine niedrigere Drucktemperatur die Lebensdauer des PE-Wood Compounds verbesserte. Außerdem konnten verschiedene Ursachen für Bauteildefekte identifiziert werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Der Beitrag „Nachhaltiger 3-D-Druck durch multiaxiale Maschinensysteme und neue Stoffkreisläufe“ erschien am 15. Oktober 2021 in Ausgabe 5 der Zeitschrift maschinenbau. Weiterhin erfolgte zu Beginn des Projekts eine Pressemitteilung (https://www.wzl.rwth-aachen.de/cms/WZL/Das-WZL/Presse-und-Medien/Aktuelle-Meldungen/~oazih/Nachhaltiger-3D-Druck-durch-multiaxiale/). Auf der Formnext 2021 wurde der erste Demonstrator (Ender 3) präsentiert und erhielt großes Interesse. Weiterhin wurden in den Folgejahren auf der Formnext 2022 und 2023 Jahren 5-achsig gedruckte Bauteile von beiden Anlagen präsentiert sowie das Forschungsprojekt BioME vorgestellt. Auf der TCT 3SIXTY in Birmingham, UK wurde am 19. April 2022 der Vortrag „Material extrusion of bio-based plastic pellets with multi-axial additive manufacturing for resource-saving production of applications from the automotive industry” über das Forschungsprojekt BioME gehalten. Auf dem Aachener Werkzeugmaschinenkolloquium (AWK) mit dem Titel „Empower Green Production“ wurde am 11. und 12. Mai 2023 die BioME-Anlage und das Forschungsprojekt vor-Ort und in einem digitalen Rundgang als Demonstrator vorgestellt.


Fazit

Innerhalb des Forschungsprojektes BioME wurden während des Aufbaus des Gesamtsystems von Bahnplanung bis fertigem Bauteil einige Herausforderungen aufgedeckt und bewältigt. Dabei wurde eine funktionale Anlagentechnik erstellt, mit der Kunststoffgranulate verarbeitet werden können. Mit der Fülle der adressierten Themen war es möglich, ein Gesamtbild zum Forschungsthema aufzuzeigen, es konnte jedoch nicht jedes Thema mit großer Tiefe erforscht und mit gleich großem Erfolg umgesetzt werden.

Neben Corona und damit verbundenen Lieferengpässen stellten auch die Beschaffung von geeignetem Granulatmaterial, die komplizierte Programmierung der Siemenssteuerung und Personalwechsel während des Projekts Herausforderungen dar.

Aus den Ergebnissen des Forschungsprojekts BioME ergeben sich praktische Themenstellungen und weitere Forschungsfelder. Die Anlagentechnik kann weiter optimiert werden, insbesondere im Hinblick auf eine Kostenoptimierung von Komponenten, z. B. der Steuerung oder der Dreh- und Schwenkeinheit. Auch das Extruderkonzept besitzt weiteres Potential, das beispielsweise in einen noch leistungsfähigeren Extruder umgesetzt werden kann. Die Software zur Bahnplanung besitzt ebenfalls weiteres Potential, das erschlossen werden kann.

Aus der Betrachtung der gesamten Prozesskette eines Recyklings ergeben sich die weiteren Forschungsfelder. Während BioME sich auf die Fertigung und Nutzung von biobasierten Material konzentrierte, wurden die Forschungsfelder des Recyclings und Rohmaterials nur am Rande betrachtet. Hier bieten sich weitere potentielle Forschungsfelder an, sowohl in der tieferen Betrachtung einzelner Bereiche als auch in der gesamtheitlichen Betrachtung des Materialzyklus

Übersicht

Fördersumme

293.035,00 €

Förderzeitraum

01.01.2021 - 30.06.2023

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Umwelttechnik