Projekt 35601/17

ESD for 2030: Fortbildung für transformative ärztliche Praxis, Planetary Health und Klimaschutz

Projektträger

KLUG - Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V.
Hainbuchenstr. 10 a
13465 Berlin
Telefon: +49 179 2374012

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Klimakrise verursacht massive gesundheitliche Schäden. Hitzewellen und andere Extremwetterereignisse nehmen an Intensität zu, tierische Vektoren breiten sich aus und tragen neue Infektionskrankheiten ein. Die Klimakrise ist nach Einschätzung von Fachexpert:innen die größte Bedrohung für die Gesundheit in unserem Jahrhundert. Bislang hat das Thema Klimawandel im Gesundheitssektor eine marginale Bedeutung. Für den Gesundheitssektor liegen Herausforderungen u. a. darin, eine klimaneutrale und ressourcenschonende Gesundheitsversorgung zu entwickeln; Prävention und Lebensstilveränderungen für Gesundheit und Klimaschutz zu priorisieren; soziale Ungleichheiten in der Versorgung zu verringern; resilient(er) gegenüber Klimawandelauswirkungen zu werden.
Das DBU geförderte Projekt „Fortbildung für transformative ärztliche Praxis, Planetary Health und Klimaschutz“ zielt darauf ab, Ärztinnen und Ärzte mittels Fortbildungsveranstaltungen für das Thema Planetary Health zu sensibilisieren, Wissen über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und globalen Umweltveränderungen zu vermitteln und sie auf die damit verbundenen Herausforderungen im Gesundheitswesen vorzubereiten. Darüber hinaus sind Ärzt:innen Multiplikator:innen mit hoher Glaubwürdigkeit. Sie können Aufklärung im Sinne von Risikokommunikation als auch Wissenschaftskommunikation übernehmen und Anleitung im Umgang mit Komplexität geben, und zwar sowohl direkt bei ihren Patient:innen als auch in der Öffentlichkeit. Als Ärzt:innen stehen sie in der Tradition, auf gesundheitsrelevante gesellschaftliche Zustände hinzuweisen und die Politik dafür in die Verantwortung zu nehmen.
Das Projekt gliedert sich in vier Schwerpunkte: I. Vorlesungsreihe zu Planetary Health; II. Lehrbuch „Planetary Health - Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän“; III. Ärztliche, transformative Fortbildung im Rahmen von Planetary Health und IV. Netzwerke und Kooperationen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Projektjahr wurden die Fortbildungen konzipiert, Materialien und ein Fachbuch erstellt, ein Referierendenpool aufgebaut, zwei Vorlesungsreihen durchgeführt und zahlreiche institutionelle Anfragen zu ärztlicher Fortbildung bearbeitet. Im zweiten Projektjahr wurden im Sinne des Agenda Settings Kontakte zu Fachgesellschaften, Landesärztekammern und anderen Einrichtungen der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung intensiviert und neben den eigen angebotenen Fortbildungen zahlreiche weitere Fortbildungen anderer Anbieter unterstützt, indem Materialien zur Verfügung gestellt und Referierende vermittelt wurden sowie Unterstützung bei der inhaltlichen und didaktischen Gestaltung gegeben wurde.

Zielgruppe sind Ärzt:innen in Klinik und Praxis (mit Fokus auf Hausärzt:innen und Kinder- und Jugendärzt:innen).

Schlüsselthemen sind
• Grundlagen zu Klima- und Biodiversitätswissenschaften und Planetary Health und deren Bedeutung für das Gesundheitswesen.
• Grundlagen der Gesundheitsfolgen bei Überschreitung der planetaren Grenzen aus der Perspektive wesentlicher medizinischer Fachrichtungen (Physiologie, Innere Medizin, Pädiatrie, Psychiatrie, Neurologie, Infektiologie, Allergologie, Public Health, Global Health, Umweltmedizin, Hygiene, Prävention u. a.). Hiermit assoziierte Nachhaltigkeitsdilemmata (z. B. Biodiversitätsschutz und Gesundheit bei Zoonosen) und resultierende Unsicherheiten (Infektionsschutz).
• Identifikation therapeutischer und präventiver Maßnahmen für Einzelpatient:innen, aber auch Maßnahmen auf kommunaler und institutioneller Ebene.

Methoden der Fortbildungen sind neben der Vermittlung von Grundlagenwissen, auf den Wissenstransfer in die ärztliche Berufspraxis sowie in ehrenamtliches Engagement, und auf die Befähigung zum transformativen Handeln ausgerichtet. Das beinhaltet immer auch der Umgang mit Unsicherheiten und Dilemmata und die Reflexion der eigenen Motivation, Werte und des Wirkungsfeldes. Dabei orientieren wir uns an Theorien der transformativen Bildung, den WBGU und unsere eigenen Erfahrungen. Die Fortbildungen sind zu großen Teilen interaktiv gestaltet und fanden sowohl online als auch in Präsenz statt. Die Referierenden stammten aus dem eigens angelegten Referierendenpool, in den viele aktive KLUG-Mitglieder und engagierte Angehörige des Gesundheitswesens mit langjähriger Planetary Health und Vortragserfahrung aufgenommen wurden.


Ergebnisse und Diskussion

Schwerpunkt I: Die Vorlesungsreihe zu Planetary Health fand als virtuelle Veranstaltung mit drei Zyklen im Projektzeitraum und 26 Vorlesungen à 90 min statt. Insgesamt haben sich pro Reihe jeweils mehr als 1000 Teilnehmende angemeldet, an den einzelnen Veranstaltungen nahmen 300-750 Personen teil. Den größten Anteil hatten darunter Medizinstudierende und Ärzt:innen, aber auch Vertreter:innen anderer Gesundheitsprofessionen (z.B. Pflegekräfte, Apotheker:innen, Veterinärmediziner:innen) und fachverwandter Disziplinen (z.B. Ernährungsberufe und Psycholog:innen). Inhaltlich orientierten sich zwei Vorlesungsreihen u.a. an Kapiteln des herausgegebenen Fachbuchs (s. Schwerpunkt II) und die jeweiligen Autor:innen wurden als Referierende eingeladen. Darüber hinaus wurde aktuellen Themen wie den Krisen unserer Zeit und Klimakommunikation einen Raum gegeben.

Für Bildungsarbeit von KLUG im Rahmen der Planetary Health Academy wurde KLUG im Frühjahr 2022 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche UNESCO-Kommission im neuen UNESCO-Programm „BNE 2030“ die Nationale Auszeichnung – Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verliehen.

Schwerpunkt II: Das Fachbuch „Planetary Health - Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän“ entstand im ersten Jahr der Projektförderung – neben der Konzeptionierung der Fortbildungsangebote – und dient als Grundlagenwerk für die medizinische Aus- und Fortbildung.

Schwerpunkt III: Im Rahmen der Planetary Health Academy wurden zum Themenfeld Planetary Health sechs Schwerpunktthemen (z.B. hitzebedingte Gesundheitsschäden, klimasensible Gesundheitsberatung, etc) konzeptionell entwickelt und in Form von online Fortbildungsveranstaltungen für Ärzt:innen als interaktive Workshops angeboten. Über die Projektlaufzeit konnten – akkreditiert durch die Berliner Landesärztekammer – elf Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden. Darüber hinaus erreichten uns zahlreiche Anfragen aus anderen Institutionen, wie beispielsweise Akademien der Landesärztekammern, Universitäten, Kompetenzzentren Weiterbildung, um die Themen in ihre eigenen Veranstaltungen zu integrieren. Zur Vermittlung wurde ein Referierendenpool angelegt und Materialien inkl. Foliensätzen zur Weitergabe entwickelt.

Dies zum Anlass nehmend verdeutlichte sich nicht zuletzt aufgrund der Dringlichkeit der Thematik, dass Planetary Health einer stärkeren Verankerung in der Fort- und Weiterbildung bedarf. Insbesondere im zweiten Teil der Projektlaufzeit wurde daher vermehrt der Schwerpunkt auf Verbreitung und Skalierung der Schwerpunkthemen gelegt, um das Thema in existierende Curricula von landesärztlichen Kammern, Fach- und Berufsverbänden und anderen ärztlichen Bildungszentren zu integrieren. Hier zeigt sich, dass zahlreiche Verbände und Institute aktiv geworden sind, eigene Arbeitsgruppen ins Leben gerufen haben, in ihren Fachzeitschriften das Thema zum Schwerpunkt gesetzt haben und eigene Fortbildungsveranstaltungen (häufig mit uns als Kooperationspartner) organisieren. Außerdem hat das Thema Planetary Health Eingang in die Hochschulen gefunden hat und viele medizinischen Fakultäten haben eigene Wahlfächer entworfen, oftmals basierend auf den Vorlesungen der Planetary Health Academy. Darüber hinaus konnten wir zahlreiche Anfragen über Referierende vermitteln.

Schwerpunkt IV: Zahlreiche Netzwerke und Kooperationen wurden im Laufe der Projektzeit mit dem Ziel der Verbreitung und Verankerung der Ergebnisse des Projektes gegründet, und einige davon über die Projektlaufzeit intensiviert. Hervorzuheben sind an dieser Stelle diverse Kooperationen mit der Allgemeinmedizin, u.a. mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), dem Institut für hausärztliche Fortbildung, der Zeitschrift „Der Allgemeinarzt“, sowie mit den Kinder- und Jugendärzten, beispielsweise dem Bundesverband der Kinder- und Jugendmedizin, der eigens gegründeten AG Pädiatrie innerhalb der Mitgliedschaft von KLUG sowie zahlreiche weitere Fachverbände und Landesärztekammern.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Alle unter dem Dach der Planetary Health Academy angebotenen Veranstaltungen sowie das Fachbuch wurden auf der Homepage der Planetary Health Academy und von KLUG sowie im KLUG-Newsletter (n=5358, Stand 09.01.2023), Social Media und über die Verteiler von KLUG-Aktiven (n=535) und der Health for Future-Aktiven (n=356) beworben. Sämtliche Vorlesungen und Symposien der Planetary Health Academy wurden aufgezeichnet und über YouTube zugänglich gemacht. Die vermittelten Workshops an anderen Institutionen wurden in der Regel über deren eigene Kanäle beworben. Darüber hinaus entstanden im Laufe des Projektes einige Artikel (s. 2.4.1).
Sämtliche entwickelte Workshop-Konzepte, Präsentationen und Begleitmaterialien werden von KLUG an Interessierte auf Anfrage frei zugänglich gemacht, um eine Verbreitung des Themas zu unterstützen. Besonders häufig wird das Thema Nachhaltige Praxis angefragt oder die Grundlagen zu gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise, zunehmend auch das Thema Klimasensible Gesundheitsberatung. Durch die Vermittlung von Referierenden und Schulungsmaterialien unterstützen wir, das Thema auf das Curriculum, Programm oder Agenda von Veranstaltungen zu setzen.


Fazit

Retrospektiv betrachtet, hat das DBU geförderte Projekt in diesem Sinne einen grundsätzlichen und wichtigen Beitrag geleistet, um das Handlungsfeld transformative Bildung für Ärzt:innen innerhalb von KLUG und dadurch auch in das KLUG Netzwerk und Wirkungsfeld hinein weiter zu entwickeln und zu einer verstärkten Wahrnehmung von der Dringlichkeit der Klimakrise für Gesundheitsberufe und transformativer Bildung innerhalb des Gesundheitssektors beizutragen. Im Laufe der Projektzeit wurden zahlreiche Arbeitsgruppen zu Klima und Gesundheit in Fachgesellschaften, bei Landesärztekammern und Verbänden initiiert und unterstützt. Es bestand Kontakt zu verschiedenen medizinischen Fakultäten, um das Thema in der medizinischen Ausbildung zu platzieren. Darüber hinaus zeichneten sich bereits während der Projektlaufzeit deutliche Synergien mit anderen KLUG Projekten (z.B. Ernährung, Hitze) ab: So konnten beispielsweise Bildungsformate, die ursprünglich für ärztliche Fortbildung entwickelt wurden, innerhalb des KLUG Projektes Hitzeschutz Allianz als Grundlage genutzt und für weitere Berufsgruppen (z.B. Pflege, Sanitäter:innen) aufbereitet und online zugänglich gemacht werden.

Abschließend lässt sich schließen, dass die Resonanz bezüglich der Teilnahme an Bildungsangeboten und die hohe Nachfrage nach Unterstützung bei der Planung von Veranstaltungen und Ausgestaltung von Curricula zeigt, dass das Thema auf Anklang, Bedarf und Interesse stößt, die es zukünftig zu bedienen gilt, um den stetig wachsenden klimawandelbedingten Herausforderungen im Gesundheitssektor entgegenzutreten. Die entwickelten Konzepte und Materialien, eine breite Vernetzung und ein umfangreicher Referierendenpool ermöglichen es KLUG Berufsbildung zu Planetarer Gesundheit zukünftig im Gesundheitssektor voranzubringen und langfristig die Wissenschaftsdisziplin Planetary Health in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Gesundheitsakteuren zu verankern und somit einen entscheidenden Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen sozial-ökologischen Transformation zu leisten.

Übersicht

Fördersumme

200.000,00 €

Förderzeitraum

01.12.2020 - 30.11.2022

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik