Projekt 34540/01

Schüler und Bürger forschen zusammen mit Wissenschaftlern zum Thema Stickstoffbelastung von Gewässern

Projektträger

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Institut für Chemie Didaktik der Chemie
Carl-von-Ossietzky-Str. 9 - 11
26129 Oldenburg
Telefon: 0441-798-3833

Zielsetzung

Mit dem globalen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum steigt auch der Verbrauch von Rohstoffen, Flächen und Energie (Faulstich et al. 2015). Durch den Menschen werden natürliche Stoffkreisläufe beeinflusst, darunter auch der Stickstoffkreislauf. Der dadurch erhöhte Eintrag reaktiver Stickstoffverbindungen in Luft, Boden und Wasser stellt eine erhebliche Belastung von Ökosystemen dar, die sich beispielsweise in der Eutrophierung von Gewässern und Versauerung von Böden zeigt (Faulstich et al. 2015). Ein Großteil der anthropogenen Stickstoffemissionen ist in Deutschland auf die Landwirtschaft, den Verkehr, die Energieumwandlung und Industrieprozessen zurückzuführen. Dazu kommt der menschliche Konsum, mit welchem stickstoffemittierende Prozesse der Abwasserbeseitigung, Reststoff- und Abfallwirtschaft einhergehen. Durch die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere der Herstellung und Ausbringung stickstoffhaltiger Düngemittel, wird Ammoniak und Lachgas (N2O) in die Atmosphäre emittiert, sowie Nitrat in die Hydrosphäre eingetragen. Durch den Verkehr und die Industrie werden bei Verbrennungsprozessen überwiegend Stickstoffoxide freigesetzt (Umweltbundesamt 2009b). Auch in Niedersachsen sind Gewässer, das Grundwasser eingeschlossen, von einer anthropogen verursachten Nitratbelastung betroffen. Im Jahr 2017 wurde der Nitrat-Grenzwert von 50 mg/L an 16 % der niedersächsischen Grundwasser-Messstellen überschritten. Belastungsschwerpunkte bilden dabei die Geestgebiete, in deren sandigen Böden das Niederschlagswasser schnell versickert und es zur Auswaschung von Nitrat in das Grundwasser kommt (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) 2020). Da das Grundwasser eine wesentliche Ressource für die Trinkwassergewinnung darstellt, müssen Trinkwasserversorger Maßnahmen ergreifen, um den Nitrat-Grenzwert, welcher für Trinkwasser ebenfalls bei 50 mg/L liegt, einzuhalten. Zu diesen Maßnahmen gehört das Ankaufen unbelasteten Trinkwassers oder die Nutzung von Wasser aus tieferen Grundwasserschichten, um dieses mit belastetem Wasser zu verschneiden und so den Grenzwert einzuhalten (Oelmann et al. 2017). Neben dem hohen Kostenaufwand haben diese Maßnahmen den Nachteil, dass sie nur nachträglich angewandt werden können und damit keine Lösung des eigentlichen Problems, dem übermäßigen Nitrateintrag, darstellen. Eine langfristige Problemlösung muss präventiv ansetzen und die Freisetzung reaktiver Stickstoffverbindungen in die Umwelt reduzieren. Mögliche Maßnahmen wären hier eine spezifischere, dem Bedarf angepasste Düngung, die Verringerung des NOX-Ausstoßes im Verkehr und die Verringerung der Gülledüngung. Darüber hinaus würde eine Veränderung des Konsumverhaltens, z. B. ein geringerer Konsum tierischer Eiweiße und das persönliche Fahrverhalten, eine Reduzierung des Stickstoffeintrags in die Umwelt erzielen (Umweltbundesamt 2009a).
Das Citizen Science-Projekt „Schüler und Bürger forschen zusammen mit Wissenschaftlern zum Thema Stickstoffbelastung von Gewässern“ befasst sich mit dieser Stickstoffproblematik. Übergeordnet steht hierbei das Ziel, dass sich Bürger:innen umfassend und aktiv mit der Nitratbelastung in verschiedenen Gewässertypen auseinandersetzen.

Arbeitsschritte

Das Projekt gliedert sich in zwei Teilprojekte. Im Teilprojekt 1 ist aus umweltchemischer Sichtweise in den genannten Regionen ein flächendeckendes Nitrat-Monitoring über einen Zeitraum von 1,5 Jahren durchgeführt worden. Die Datengewinnung ist dabei über ein Citizen-Science-Vorhaben erfolgt: Nach einer öffentlichen Bekanntmachung des Projektes konnten sich interessierte Bürger:innen als Forschungsprojekt-Teilnehmer:innen anmelden. Schüler:innen verschiedener Gymnasien übernahmen dabei die Rolle von sog. Forschungspat:innen. Im Rahmen von Seminarfächern sollten sich die beteiligen Schüler:innen mittels diverser Formate intensiv in die Thematik einarbeiten und ein Monitoring-Set zur Erfassung der Nitratwerte kennenlernen, welches für einen Citizen-Science-Ansatz geeignet ist. Diese derartig ausgebildeten Forschungspat:innen haben die beteiligten Bürger:innen hinsichtlich der Anwendung des Sets unterstützt, damit diese das Monitoring durchführen konnten. Im weiteren Projektverlauf wurden die ermittelten Ergebnisse öffentlich präsentiert und in verschiedenen Formaten diskutiert (Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen, Lehrkräftefortbildungen, Schülerlabor-Tage etc.). Im Teilprojekt 2 wurde ein (Heim-)Experimentierset zum Stickstoffeintrag in Boden und Wasser entwickelt. Hier sollten Schüler:innen, aber auch interessierte Bürger:innen experimentell Möglichkeiten kennenlernen und diskutieren, wie die Nitratkonzentration in belastetem Wasser signifikant reduziert werden kann. Weiterhin sollte die Frage geklärt werden, ob und inwiefern sich die verschiedenen Möglichkeiten großtechnisch einsetzen lassen könnten und welche ökologischen und wirtschaftlichen Folgen zu erwarten wären. Im Sinne eines aktiven Umwelthandelns sollte ebenfalls der Fokus darauf gelenkt werden, was Bürger:innen in ihrem Umfeld konkret tun können, um den Nitrateintrag in die Umwelt zu reduzieren. Das geplante Projekt setzte in beiden Teilprojekten auf eine intensive Einbindung verschiedener Institutionen und Interessensvertretungen. So haben beispielsweise der NLWKN und der Kreislandvolkverband Cloppenburg aktiv am geplanten Vorhaben teilgenommen.

Ergebnisse

In beiden Teilprojekten sowie den gemeinsam durchgeführten Aktivitäten konnte das Potenzial des Citizen Science-Ansatzes sowie der Ergänzung durch Heimexperimentierboxen gezeigt werden.
In Teilprojekt 1 wurden anhand der Monitorings zeitliche und räumliche Einflüsse auf die Nitratbelastung untersucht und evidenzbasiert nachgewiesen. Obgleich die beprobten Messstellen kein repräsentativen Messnetz gebildet haben, geben die Daten einen Überblick über die Nitratbelastung in der beprobten Region und weisen eine gute Übereinstimmung mit anderen Messinitiativen auf. Die Nitrat-Teststäbchen haben sich in einer Begleituntersuchung als geeignete Methode zur großflächigen, kostengünstigen Untersuchung der Nitratbelastung von Gewässern herausgestellt. Eine Verbesserung kann gegebenenfalls durch die Kombination der Teststäbchen mit einem kostengünstigen Farbsensor erreicht werden. Insgesamt konnte der angewandte Citizen Science-Ansatz als innovative, geeignete Methode zur Gewässerschutzforschung und zum Monitoring verschiedener Gewässertypen, insbesondere in nicht oder wenig beprobten Gebieten, bewertet werden.
Die im zweiten Teilprojekt konzipierte Stickstoff-Box wurde von den Teilnehmer:innen des Citizen Science-Projektes im Rahmen einer ersten, quantitativen Begleitstudie positiv bewertet. Aufgrund der Heterogenität der Zielgruppe sollte zukünftig jedoch noch stärker auf eine Eignung für eine breit gefächerte Lerngruppe geachtet werden. Eine sich anschließende qualitative Begleitstudie zeigte, dass der Einsatz von Heimexperimenten insgesamt eine gute Möglichkeit bietet, vor allem fachliche Inhalte zu vertiefen und die Bürger:innen zum Austausch anzuregen. Teilweise zeigten die Teilnehmer:innen, welche die Experimente aus der Stickstoff-Box durchgeführt haben, eine erhöhte Bereitschaft, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren.

Partizipative Forschung zur Nitratbelastung: Mit Citizen Science die Nitratbelastung von Gewässern erforschen (Themenheft 1)Partizipative Forschung zur Nitratbelastung: Die Stickstoffproblematik (Themenheft 2)Partizipative Forschung zur Nitratbelastung: Ergebnisse des Nitrat-Monitorings (Themenheft 3)Internaktive, digitale Nitrat-AusstellungPartizipative Forschung zur Nitratbelastung: Der Stickstoffproblematik auf der Spur (Themenheft 5: Stickstoff-Box - Experimentierheft)Partizipative Forschung zur Nitratbelastung: Der Stickstoffproblematik auf der Spur (Themenheft 6: Schülerlabor, inkl. Begleitheft für Lehrkräfte)Partizipative Forschung zur Nitratbelastung: Der Stickstoffproblematik auf der Spur (Themenheft 4: Stickstoff-Box - Begleitheft)

Öffentlichkeitsarbeit

Entsprechend der verschiedenen Zielgruppen des Projektes wurden verschiedene Medien für die Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation genutzt. Insgesamt wurden 6 Themenhefte veröffentlicht, in denen die Ergebnisse des Nitrat-Monitorings sowie verschiedene Materialien für die teilnehmenden Bürger:innen, Lehrer:innen und Schüler:innen und weitere interessierte Personen transparent, jedoch vereinfacht dargestellt werden. Die Ergebnisse des Nitrat-Monitorings wurden darüber hinaus über verschiedene Medien (Zeitungen, Radio, Fernsehen) geteilt sowie in einer Abendveranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt. Darüber hinaus fand bei der DBU-Geschäftsstelle ein Austausch mit anderen Citizen Science Projekten statt.
Um den wissenschaftlichen Mehrwert von Citizen Science sowie das Bildungspotenzial von Citizen Science festzuhalten, wurden mehrere wissenschaftliche Paper veröffentlicht. Ergänzend wurden Fachbeiträge auf zahlreichen Tagungen, national und international, in Form von Postern und Vorträgen präsentiert. Bislang sind 10 wissenschaftliche Publikationen aus dem Projekt hervorgegangen.

Fazit

Das durchgeführte Projekt bestätigt, dass der Citizen Science-Ansatz einen wertvollen Beitrag zur Gewässerschutzforschung leisten kann. Eine Ergänzung von Citizen Science-Projekten durch Heimexperimetierboxen zeigte sich als innovative Möglichkeit für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Stickstoffproblematik sowie eine Sensibilisierung der Teilnehmenden. Das durchgeführte Citizen Science-Projekt kann damit nicht nur hinsichtlich des wissenschaftlichen Mehrwerts, sondern auch aufgrund der Sensibilisierung der Gesellschaft für die Stickstoffbelastung von Gewässern als gelungen bewertet werden.

Übersicht

Fördersumme

297.466,00 €

Förderzeitraum

12.12.2018 - 30.09.2022

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik